Naming-Right-Sponsoring: Erfolg und Risiken – ein Ausblick

Als Fußball-Fan und Zuschauer internationaler Profi-Ligen hat man sich ja bereits daran gewöhnt, dass die Profi-Vereine ihre „Namensrechte“ an Stadien und weiteren Sportstätten an große Konzerne verkaufen und dadurch ihre Etats um viele Millionen aufstocken. Und die größten Event-Hallen in Deutschland haben alle ihre Namen von Sponsoren erhalten. Dieses Sponsoring (exakter: Naming-Right Sponsoring) wurde in Deutschland mehr oder weniger durch die „AOL Arena“ im Jahre 2001 eingeführt, dem damals neuen Stadion des Hamburger Sport-Vereins (HSV).

Die rechtliche Einordnung der Naming-Right-Verträge

Die rechtliche Grundlage des „Namensrechts“ findet sich in § 12 BGB, wonach hierzulande das personelle Namensrecht geschützt wird. Als Name gilt allgemein die sprachliche Kennzeichnung einer Person zur Unterscheidbarkeit von anderen (Vgl. Palandt/Heinrichs, § 12 BGB, Rn. 1). Es ist aber rechtlich mittlerweile unumstritten, dass auch Unternehmen, Vereine oder sonstige juristische Personen hiervon Gebrauch machen können und daher ebenfalls diesen Schutz genießen.

Nicht ganz so klar war (ist) hingegen die rechtliche Einordnung von Naming-Right-Verträgen. Nach herrschender Ansicht handelt es sich dabei um einen Rechtspachtvertrag gemäß § 581 I BGB (Vgl. Wittneben, GRUR 2006, 814), der als (Lizenz/Pacht)-Vertrag mit Bestandteilen anderer Vertragstypen eingestuft wird. Ein Kaufvertrag und Mietvertrag dürfte hingegen angesichts der festgelegten Laufzeit, beabsichtigten rechtlichen Stellung beider Parteien und der abschließenden Wirkung nicht vorliegen.

In der Regel wird der Eigentümer einer Anlage dem Sponsor für eine gewisse Laufzeit gegen Zahlung einer Lizenzsumme (Pacht) die vertragsgegenständliche Sache und die „Ziehung der Früchte“ überlassen und ihm so die Möglichkeit zur Nutzung des Namens einräumen, so dass dieser den Namen der Anlage und zusätzliche Schriftzüge etc. zu bestimmen kann. Der Pächter wird in der Regel seinen Firmennamen, sein Logo oder ein Slogan dem Objekt verleihen, um so den erwünschten Werbeeffekt zu erzielen (Vgl. Wittneben, GRUR 2006, 814). Daran knüpfen natürlich zahlreiche Vereinbarungen und Vertragsregelungen an (Laufzeit, Pachtzins, Haftung, Wettbewerbsklauseln, Vertragsstrafen usw.), die auch das Markenrecht und Wettbewerbsrecht tangieren können.

Name-Sponsoring, Branding und Werbung sind nicht mehr wegzudenken

Mittlerweile tragen 17 Vereine der ersten Fußball-Bundesliga ihre Heimspiele in Stadien aus, die sich mit dem Namen von Versicherern, Banken oder Dienstleistern schmücken. Der FC Bayern München erhält nach früheren Angaben jährlich rund 6 Millionen Euro vom Versicherungsunternehmen Allianz für die Namensgebung der Allianz Arena in München. Und im vergangenen Jahr gab der spanische Fussball-Club Real Madrid bekannt, in naher Zukunft und bis ins Jahre 2035 ihr berühmtes Stadion nun in „Abu-Dhabi-Santiago-Bernabeu“-Stadion umzubenennen. Der Golfstaat „Abu Dhabi“ zahlt dafür jährlich 25 Millionen und somit über die veranschlagte Laufzeit rund eine halbe Milliarde Euro an die „Königlichen“. Und in den USA werden jährlich hunderte Millionen Dollar für Namen-Sponsorings in den Profiligen der NBA, NFL usw. ausgeschüttet und zum Teil wird der Bau von riesigen Hallen durch den Verkauf der Namensrechte überhaupt erst finanziert, wie beispielsweise das Staples Center in Los Angeles, das Pepsi Center in Denver oder das Verizon Center in Washington D.C.

Doch auch abseits des Sports verkaufen die Inhaber großer Event-Arenen ihr Namensrecht an prominente Firmen, wie die „o2 World Arena“ in Berlin und Hamburg oder die Kölner „LANXESS Arena“ beweisen.

Naming-Right-Sponsoring abseits von Sports und Events

Linie 2 Vodafone in Madrid - Vodafone Sol
Metro in Madrid: Linie 2 vodafone  – Station vodafone Sol

Aber nicht nur bei Sporthallen oder Event-Hallen wird auf das Name-Sponsoring zurückgegriffen. Denn im Zuge der Finanzkrise verkaufte die spanische Hauptstadt Madrid das Namensrecht der roten Metro-Linie 2 an den britischen Mobilfunkanbieter „Vodafone“. Seitdem heißt diese rund 14km lange U-Bahn Strecke durch die Innenstadt Linie „Vodafone“ und der gutbesuchte Hauptplatz „Vodafone Sol“. Sowohl an den Eingängen der Stationen bzw. in den Gängen und am Gleissteg als auch in den Metro-Plänen findet sich an prominenten Stellen das rote Logo des Mobilfunkunternehmens, das sich schon nach wenigen Minuten in die Augen der Benutzer einbrennt.

Dafür sollen mit 3 Millionen Euro jährlich vergleichsweise geringe Zusatzeinnahmen für die klamme Hauptstadt erzielt werden. Die Bevölkerung hieß dies nicht einhellig gut und demonstrierte zweitweise gegen diesen Vertrag. Und auch in Italien und anderen europäischen Städten wurden vergleichbare Deals abgeschlossen, wenn auch teilweise nur für eine bestimmte Zeit.

Das ist doch etwas mehr als bedenklich, zumindest im Falle des „Verkaufs“ des Namens von quasi-staatlichen Einrichtungen der öffentlichen Infrastruktur.

Probleme & Risiken des Naming-Right-Sponsorings

Zum einen kann eine zu starke Kommerzialisierung, insbesondere im Vereinssport zu Wut und Unverständnis führen, wenn sich beispielsweise die hartgesottenen Fans auflehnen gegen die Sponsoringmaßnahme des Naming-Right. Die Vereinsführung des FC St. Pauli hat dieses vor einigen Jahren zu spüren bekommen. Und die Argumente überzeugen: Der Verein würde seine Seele verkaufen, Kommerz mache sich breit usw. hieß es, bis von der bezahlten Umbenennung des Millerntorstadions wieder Abstand genommen wurde. Auch soll die damalige Statzung des Vereins einen solchen Marketing-Schritt nicht gestattet haben.

Es besteht folglich die Gefahr, dass sich Anhänger und Besucher eher abgeschreckt fühlen durch die Namensvergabe der Sportstätte und sich vom Verein abwenden. Denn es muss nicht nur der unter Umständen der traditionsreiche Name der geliebten Sportstätte einem umstrittenen Versicherer oder amerikanischen Großunternehmen weichen, sondern es kann auch im klaren Widerspruch der Philosophie eines Vereins oder des Sports stehen.

Und bei einem schlechten Image oder branchenuntypischen Kooperationen wäre der Werbeeffekt für den Sponsor unter Umständen gleich null – Man stelle sich nur vor, ein Fußball-Verein der 1. Bundesliga bestreite seine Heimspiele fortan im „Nivea Stadion“ oder „L’Oreal Arena“ mit den passenden Bildern von Harrshampoo-Models.

Auch entstehen in der heutigen Zeit ständig Konflikte, wenn ein Wettbewerb zwischen den Sponsoren besteht. Beispielsweise wird das „Final Four“ als Handball-Pokal unter dem Namen „DKB Final Four“ in eben jener Halle stattfinden, in der Barclaycard Arena des HSV-Handballs. Bei der Berichterstattung über den Sport-Event in Hamburg werden beide Namen und Titelgeber in einem Atemzug genannt, die beide im Bankensektor tätig sind. Durch die zwangsweise Nennung eines konkurrierenden Unternehmens aus dem gleichen wirtschaftlichen Sektor entstehen Irritationen und unerwünschte Werbung, die letztlich den Wert des eigenen Naming-Rights-Sponsorings schwächen könnten. Immerhin möchte der Sponsor seinen Namen hören und lesen und nicht ständig auch noch den der Konkurrenz.

Mithin schreckt der Sponsoren-Titel eventuell andere Sponsoren, Marketinginstrumente oder die Berichterstattung ab. So möchte die erste Liga in England in Zukunft auf einen Titelsponsor der Liga als Namensgeber (derzeit: Barclays Premier League) verzichten, um die Chancen der Vermarktung im Ausland dadurch weiter zu steigern. Dadurch gehen zwar jährliche Einnahmen von 25-30 Millionen Euro verloren, allerdings könnten auch TV-Sender im Ausland und die Vermarktung der TV-Rechte an der Fußballiga darunter gelitten haben. Die deutsche Bundesliga verzichtet ohnehin auf einen Titelsponsor.

Streit über die Reichweite und Wirksamkeit des Sponsorings

Aber es können auch rechtliche Konflikte entstehen, nämlich wenn übergeordnete Lizenzvereinbarungen und Rechtsstatuten den Vereinbarungen mit dem Sponsor überlappen und die Reichweite des Sponsorings einschränken. Denn die öffentlich rechtlichen Sender hierzulande, allen voran die ARD oder das ZDF erwähnen diesen Stadionnamen ohnehin nicht oder nur selten, um nicht selbst gezwungenermaßen eine umstrittene Werbung vor dem Hintergrund der strengen Werbevorschriften des Rundfunkrechts in Deutschland zu machen, und bei der FIFA Fußball-WM 2006 in Deutschland mussten Stadionnamen und Logos abgebaut und sogar auf allen Toiletten die Logos auf den Kacheln im Stadion überklebt werden, weil dieses nationale Branding gegen die FIFA-Regularien verstößt und durchdieselben eingeschränkt wird.

Aber auch gesellschaftliche Einflüsse können die Marketing-Strategie gefährden, wie es ansatzweise bei der „Linie Vodafone“ in Madrid zu sehen ist. Und einige sprachen bereits vom „Ausverkauf der Wahrzeichen“ der Stadt, wenn nämlich bekannte Wahrzeichen, traditionelle Plätze und Touristen-Attraktionen plötzlich als Werbefläche dienen.

Naming-Right Sponsoring 3.0?

Aber vielleicht zeichnet sich bereits ein rückläufiger Trend dieses Sponsorings am Horizont ab: Die Halle oder das Fußball-Stadion soll gar nicht mehr einen fremden, eventuell ungewünschten Namen eines Unternehmens tragen, sondern stattdessen seine geschätzte oder Fan-nahe Bezeichnung zurückerhalten, um so die Akzeptanz zu fördern und positive Gedanken mit dem zahlenden Unternehmen zu verbinden. So sieht positive Werbung für das Unternehmen aus, wenn gleich unmittelbar der Werbeeffekt gemindert zu sein scheint. Der HSV wird diesen Weg möglicherweise bestreiten, wenn dank der „Kühne-Millionen“ der Bundesliga-Dino fortan die Gastmannschaft im Hamburger Volksparkstadion empfängt.

So könnten Traditionstitel und –Marken zurückkommen, respektive erhalten bleiben und mit einem verhältnismäßig kleinem „powered by SPONSOR“ versehen werden, ohne jedoch das zahlende Unternehmen in den optischen Vordergrund zu stellen. Daran anknüpfend bieten sich zahlreiche Sponsoring-Modelle an, ohne jedoch Tradition und das bekannte Branding (Werbekraft) der Marke zu verlieren. Der Erhalt der eigenen Marke hingegen ist zu fördern. Der Schritt der Premiere League ist daher bezeichnend.

Wie könnte die Zukunft des Naming-Right Sponsoring in Deutschland aussehen? Vielleicht haben Sie ja Ideen und Anregungen dazu?

Dashcam-Urteil: Verwertbarkeit von Dashcam Videoaufzeichnungen im Strafverfahren

Wer seit Jahren viel auf der Videoplattform von Youtube unterwegs ist, dürfte die sogenannten „Dashcams“ kennen. Dies sind kleine Videokameras, die viele Autofahrer – zumeist im östlichen Teil Europas – auf ihrem Armaturenbrett oder am Rückspiegel angebracht haben, um vorherfahrende Verkehrsteilnehmer und somit den Straßenverkehr zu filmen. So sollen nicht nur Videosequenzen von Verkehrsunfällen aufgezeichnet werden, die wir später auf youtube wiederfinden, sondern auch Beweise für die Versicherungsunternehmen bei etwaigen Schadensabwicklungen gesammelt werden.

Die Polizei beispielsweise nutzt vergleichbare Kamerasysteme ohnehin seit Jahren, um auffällige Verkehrsteilnehmer und Geschwindigkeitsmessungen oder gefährliche Überholmanöver zu filmen.
Dennoch sind solch Dashcams hierzulande eher die Seltenheit und so ist es schon erwähnenswert, wenn sich erstmals mit dem AG Nienburg ein deutsches Gericht im Rahmen eines Strafverfahrens mit der Verwertbarkeit von Aufzeichnungen mittels Dashcam auseinandersetzt und sogar eine recht eindeutige Meinung vertritt (AG Nienburg, Urteil vom 20.01.2015, Aktenzeichen: 4 Ds 155/14, 4 Ds 520 Js 39473/14 (155/14)).

Private Videoaufzeichnungen im Strafprozess als Beweis zulässig?

Der Hintergrund dieser Besonderheit ist, dass die Beweisverwertung von privaten Videoaufzeichnungen, die beispielsweise Diebe beim Einbruch oder den Nachbarn beim heimlichen Betreten des Gartens aufzeichnen, umstritten und ungeregelt ist nach der deutschen Strafprozessprozessordnung. Und auch dem Bundesdatenschutz (z.B. nach § 28 BDSG) unterfallen.

Die Verwertung von solchen Videobildern steht zwar nicht unter einem geschriebenen Beweisverwertungsverbot, gilt jedoch für viele als „relatives“ Beweisverwertungsverbot mit dem Ergebnis, dass eine Abwägung zwischen dem Strafverfolgungsinteresse bzw. dem Interesse an der Funktionalität der Strafrechtspflege und den Rechten des Betroffenen vorzunehmen ist. Denn der Betroffene, zumeist der Beschuldigte, kann sich insbesondere auf sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 I, Art. 1 I GG berufen, das auch sein Recht am eigenen Bild (z.B. ausgeprägt in § 22 KUG) sowie sein Recht auf „Informationelle Selbstbestimmung“, grob gesagt: seine Privatsphäre schützt. Werden nun ohne Kenntnis und gegen seinen Willen bewegte Bilder oder Fotos von ihm in der Öffentlichkeit durch Private aufgezeichnet und später als Beweis in einen Prozess eingeführt sowie verwertet, stellt dies selbstverständlich einen Eingriff in die Grundrechte dar. Denn der Einzelne soll sich grundsätzlich in der Öffentlichkeit frei bewegen dürfen und gerade nicht jederzeit damit rechnen müssen, von einer Videokamera privater Mitmenschen mit hochauflösenden Bildern beobachtet zu werden. Etwas anders sieht es an öffentlichen Plätzen aus, was hier jedoch nicht Gegenstand der Entscheidung ist.

Anders als bei Verfahren vor den Zivilgerichten, in welchen derartige Fälle rund um das Allgemeine Persönlichkeit vs. Meinungsfreiheit und Pressefreiheit seit über einem Jahrzehnt häufig verhandelt werden, sind diese Fragen im Strafprozess noch nicht abschließend geklärt. Und dies wird gewiss nach dieser Entscheidung weiterhin so bleiben, doch könnten die Urteilsausführungen ein (erster) kleiner Fingerzeig sein.

So heißt es in der „Dashcam-Entscheidung“ (AG Nienburg, Urteil vom 20.01.2015, Aktenzeichen: 4 Ds 155/14, 4 Ds 520 Js 39473/14 (155/14):

„Die zulässig angefertigte Kameraaufzeichnung darf im Strafverfahren auch verwertet werden. Es sind keine Gründe ersichtlich, die einer Verwertung entgegenstünden. Hierbei kann ohne weiteres auf die allgemeinen Grundsätze zur Verwertbarkeit von Beweismitteln mit Spannungsbezug zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht Dritter zurückgegriffen werden (sogenannte Sphärentheorie des Bundesverfassungsgerichts, vgl. bspw. BVerfG NJW 1990, 563, 564 – „Tagebuch“; BGH NJW 1996, 2940 = BGH, Beschluss vom 13.05.1996, GSSt 1/96 – „Hörfalle“; BGH NStZ 1998, 635; s.a. BAG, Beschluss vom 29.06.2004, 1 ABR 21/03 – „Videoüberwachung am Arbeitsplatz“). Da die Aufnahme Vorgänge aus dem öffentlichen Straßenverkehr abbildet, ist der absolute Kernbereich der persönlichen Lebensführung des Angeklagten nicht betroffen.

Das Gericht hat daher abzuwägen, ob im konkreten Fall das öffentliche Interesse an der effektiven Strafverfolgung oder das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht erwachsende Geheimschutzinteresse des Angeklagten überwiegt. Hierbei sind unter anderem die Schwere der angeklagten Tat, das Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit, die Verfügbarkeit sonstiger Beweismittel und die Intensität und Reichweite des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu berücksichtigen.

Im Rahmen einer Gesamtschau überwiegt bei wertender Betrachtung unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange des Angeklagten das allgemeine Interesse an der Effektivität der Strafverfolgung. Die Verwertung der Aufzeichnung ist erforderlich, da aufgrund der Unergiebigkeit der Zeugenaussagen keine anderen Beweismittel zur Verfügung stehen. Die Verwertung ist auch verhältnismäßig. Denn zum einen ist nicht der Angeklagte selbst, sondern nur sein Fahrzeug abgebildet. Ein zu berücksichtigender Verstoß gegen das KUG kommt also von Anfang an nicht in Betracht. Zum anderen bestand zum Zeitpunkt der Verwertung nach dem bisherigen Gang der Hauptverhandlung der dringende Verdacht, dass der Angeklagten im Falle eines Schuldspruchs zu einer empfindlichen Freiheitsstrafe verurteilt und ihm wegen fehlender Eignung die Fahrerlaubnis entzogen wird. Da diese Maßnahmen im konkreten Fall vor allem das Interesse aller Bürger an der zukünftigen Sicherheit des Straßenverkehrs schützen sollen, tritt das Recht des Angeklagten auf informationelle Selbstbestimmung hier hinter dem Interesse der Allgemeinheit an einer effektiven Strafverfolgung zurück.“

Dashcam-Urteil: Kein Eingriff in die Privatsphäre

Wesentlich von Bedeutung soll es nach Lesart der Entscheidung gewesen sein, dass die streitgegenständlichen Aufzeichnungen die Vorgänge aus dem öffentlichen Straßenverkehr darstellen, welcher juristisch der Öffentlichkeitsphäre und nicht der Privatsphäre im engeren Sinne oder gar der Intimsphäre zuzurechnen ist. Der „Kernbereich der persönlichen Lebensführung“ soll daher kaum bis gar nicht betroffen sein. Des Weiteren spielt es eine Rolle, ob die Kamera bzw. Dashcam grundsätzlich während der gesamten Autofahrt läuft oder eher bei Verdacht und kurz vor drohenden Rechtsgutverletzungen aktiviert wird. Es wird daher von einer „anlassbezogenen“ Kamera-Überwachung gesprochen. Inwiefern sich dies zukünftig technisch in zulässiger Weise umsetzen lässt, sei jetzt mal ausgeklammert.

Zudem wird bei der Abwägung der Interessen die Schwere der vorgeworfenen Straftat zu berücksichtigen sein, also ob lediglich ein vermeintliches Bagatelldelikt (Überholmanöver) oder ein Verbrechen im Raume steht (z.B. ein gezieltes Rammen eines anderen Autos mit Schädigungsabsicht).

Eine Einschränkung für zukünftige Fälle wird gleichwohl gemacht. Die Dashcams sollen nicht dafür verwendet werden, dass sich Private zum „Hilfssheriff“ aufschwingen, um auf diese Weise aktiv bei der Strafverfolgung mitzuwirken. Und geschäftliche Interessen des Fahrers sollen vermieden werden.

Es bleibt abzuwarten, ob und inwiefern sich weitere Gerichte dieser Entscheidung (Dashcam-Urteil) anschließen oder in eine andere Richtung vorstoßen. Vielleicht ist das Thema aber auch gar nicht so umstritten, wie von vielen immer gemeint.