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Volljurist aus Hamburg

EGMR: Zur Haftung des Seitenbetreibers für Hass-Kommentare

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg entschied vor wenigen Tagen (EGMR, Urteil vom 02.02.2016, Az. 22947/13), dass ungarische Seitenbetreiber nicht für Hass-Kommentare ihrer Nutzer haften sollen. Demnach haben die Gerichte in Ungarn nicht hinreichend die Rechte der Beteiligten miteinander abgewogen und die Portale zu Unrecht verurteilt.

Irgendwie scheint das Thema „Internet und Hass“ als Teil der Meinungsäußerung seit geraumer Zeit ein juristischer Dauerbrenner zu sein, das längst nicht nur in Zeitschriften zum Medienrecht besprochen wird, sondern mittlerweile auch in der Tagespresse angekommen ist. Nicht ohne Grund hatte Bundesjustizminister Heiko Maas vor wenigen Wochen erste Ergebnisse seiner Task Force vorgestellt.

Da trifft es sich gut, dass sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit einem hierzu passenden Fall zu befassen hatte (EGMR, Urteil vom 02.02.2016, Az. 22947/13), der für Gesprächsstoff sorgt und von Medienrechtlern diskutiert wird.

Das kennen wir noch von der im vergangenen Jahr ergangenen „Delfi-Entscheidung“ (EGMR, Urteil vom 16.06.2015, Az. 64569/09) zur Haftung eines Forenbetreibers für rechtswidrige Inhalte auf seiner Seite. In dieser Entscheidung erachtete der EGMR den Schadensersatzanspruch gegenüber einem Nachrichten-Portal, betrieben von der der Delfi AS aus Estland, für rechtmäßig, weil der Seitenbetreiber für die anonymen Kommentare auf seiner Seite zu haften habe und diese sogar im konkreten Fall sogar ohne Hinweis von Betroffenen zu löschen seien. Danach seien Hass-Beiträge und Hetze immer gleich direkt zu entfernen und nicht erst auf Beanstandungen hin.

Wurde nun in der aktuellen Entscheidung aus der vergangenen Woche ein auf dem ersten Blick widersprüchliches Resultat erzielt, wie einige Überschriften in den Medien suggerieren?

Schließlich hatte sich der EGMR in diesem Verfahren abermals mit dem Spannungsverhältnis zwischen der Meinungsfreiheit eines Einzelnen und den Rechten eines Unternehmens aus seinem Unternehmerpersönlichkeitsrecht zu befassen, allerdings dieses Mal in einer anderen Konstellation:

Die Beschwerdeführer waren die Selbstregulierungsorganisation der ungarischen Internet Service Provider, Magyar Tartalomszolgáltatók Egyesülete (MTE), und das ungarische Nachrichten-Portal index.hu, die jeweils als Plattformbetreiber von einem ungarischen Unternehmen in Haftung genommen worden sind, nachdem zuvor Nutzer der Seite im Jahre 2010 anonym in den Kommentaren die Machenschaften eines Unternehmens verhöhnt hatten. Dabei sind sinngemäß Formulierungen verwendet worden wie:

„Diese beiden Müll Immobilen-Seiten [..] Diese Leute sollen einen Igel scheißen …und ihr ganzes Geld auf die Gräber ihrer Mutter verwenden, bis sie tot umfallen“. (Im englischen Wortlaut der Entscheidung lautet das Zitat: “People like this should go and shit a hedgehog and spend all their money on their mothers’ tombs until they drop dead.”)

Das kritisierte Unternehmen betreibt ein Immobilen-Portal und empfand diese Kommentare als geschäftsschädigend, weswegen es rechtlich gegen beide Betreiber vorging. Und obgleich die Seitenbetreiber die beanstandeten Kommentare zeitnah entfernt hatten, zog sich dieser Rechtsstreit durch alle nationalen Instanzen – und immer standen die Richter auf der Seite des Immobilen-Vermittlers. Bis sich die Beklagten wegen der Verletzung von Art. 10 EMRK an den EGMR wandten und sich der Gerichtshof der Sache annahm.

Um die Antwort gleich vorweg zu nehmen: Die Straßburger Richter befanden die streitgegenständlichen Äußerungen zwar für anstößig und vulgär, jedoch nicht für überschritten über die Schwelle der strafbaren Beleidigung. Auch haben die nationalen Gerichte in Ungarn keine ausreichende Interessenabwägung vorgenommen und seien voreilig zum Ergebnis gelangt, dass ein Rechtsverstoß und somit die Rechtswidrigkeit der Kommentare allein schon deshalb bestünden, weil sie den Ruf des Unternehmens gefährdeten. Denn zum einen seien die kritischen Kommentare – noch – rechtmäßig gewesen und zum anderen würde das anerkannte Kontrollsystem des „notice and take down“-Verfahrens außer Acht gelassen, das index.hu sowie MTE verwendeten. Zudem habe das ungarische Nachrichten-Portal seinen Usern durch Nutzungsbedingungen vorgeschrieben, dass vulgäre, aggressive und bedrohende Kommentare verboten seien.

Gleichwohl möchte sich der EGMR so verstanden sehen, dass das Urteil keine grundlegende Bedeutung haben soll, sondern vielmehr nur einen bestimmten Einzelfall abbildet. Denn die Interessenabwägung zwischen der Meinungsfreiheit des Einzelnen, die hierzulande in Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG) (und Art. 10 Abs. 1 EMRK) verfassungsrechtlich verankert ist, und den Rechten Dritter aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG oder – wie in diesem Fall – dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht obliegt unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände dem jeweiligen Einzelfall.

Der an der Entscheidung mitwirkende Richter Egidijus Kuris geht sogar noch einen Schritt weiter und warnt Content-Provider in einem anschließenden “Sondervotum“ davor, dieses Urteil zukünftig für die eigene Geschäftsmäßigkeit zu missbrauchen (instrumentalisieren) und sich so vor der (Mit-)Haftung zu „schützen“.

„Consequently, this judgment should in no way be employed by Internet providers, in particular those who benefit financially from the dissemination of comments, whatever their contents, to shield themselves from their own liability, alternative or complementary to that of those persons who post degrading comments, for failing to take appropriate measures against these envenoming statements. If it is nevertheless used for that purpose, this judgment could become an instrument for (again!) whitewashing the Internet business model, aimed at profit at any cost.” (EGMR, Urteil vom 02.02.2016, Az. 22947/13, CONCURRING OPINION OF JUDGE KURIS)

In jedem Fall wird aber deutlich, dass die Gerichte im Einzelfall den Konflikt der Rechtsgüter hinreichend umfassend aufzulösen haben und sich aus einer kritischen oder anstößigen Meinungsäußerung noch per se keine Haftungspflicht des verantwortlichen Seitenbetreibers ergibt.

Haftung für rechtswidrige Inhalte: Wie ist die Rechtslage in Deutschland?

Grundsätzlich bestehen Prüfpflichten für einen Seitenbetreiber; jedoch sind daran keine allzu hohen Gradmesser zu stellen. Müsste ein Seitenbetreiber jeden Kommentar, Foren-Beitrag und jedes Foto vor der Veröffentlichung erst auf die Rechtmäßigkeit prüfen, bestünden die Gefahren einer „quasi-Zensur“ (zumindest deren Anschein) und der gravierenden Einschränkung eines Portals, das von Aktivitäten der Nutzer im Web 2.0 Zeitalter (user generated content) elementar abhängig ist. Aber derartige unangemessenen Anforderungen kosten Geld, hemmen die Aktivität der Mitglieder/User und können folglich die Geschäftsmäßigkeit des Angebots massiv gefährden.

Ausreichend soll es vielmehr nach ständiger Rechtsprechung sein, dass der Seitenbetreiber verschiedene – und den meisten wohl bekannte – technische Vorkehrungen trifft, wie die „Melde-Funktion“ und Moderation von Foren und Kommentaren, aber auch Word-Filter und Spam-Schutz. Dies setzt allerdings voraus, dass der fragliche Inhalt fremd ist, also einem Dritten zuzurechnen ist und sich der Seitenbetreiber diesen nicht zu eigen gemacht hat. Es muss daher für einen durchschnittlichen Laien erkennbar sein, dass es sich bei dem Kommentar, Beitrag oder sonstigen Inhalt um solchen des Nutzers handelt. Die Rechtsprechung hat für diese Abgrenzung verschiedene Kriterien entwickelt.

Demzufolge kann sich der Seitenbetreiber fremde Inhalte zu eigen machen, wenn er sie wirtschaftlich verwertet, optisch derart in seine Seite integriert, dass sie wie eigene Inhalte wirken oder beispielsweise eine Auswahl bzw. Bearbeitung der Inhalte vornimmt und somit Einfluss auf dessen Gestaltung ausübt. Diskutiert und bejaht wurde dies vom Bundesgerichtshof (BGH) beispielsweise bei einem Online-Kochbuch, wenn nämlich der Seitenbetreiber Rezepte und Anleitungen der Mitglieder auf Vollständigkeit und Richtigkeit prüft und freischaltet bzw. sich sogar Lizenzen (z.B. für den Druck als Print-Version) daran einräumen lässt (BGH, Urteil vom 12. November 2009, Az. I ZR 166/07 – marions-kochbuch).

In der Regel sind aber heutzutage alle gängigen Internet-Portale und sozialen Netzwerke derart optisch und technisch gestaltet, dass der Autor des jeweiligen Inhalts mit Namen und/oder Profilfoto eindeutig als solcher erkennbar angezeigt wird und der Seitenbetreiber hierauf keinen Einfluss auszuüben vorgibt. Zudem tragen auffällige Hinweise („Bitte erstellt keine rechtwidrigen Inhalte“ usw.) und Nutzungsbedingungen einen Teil hierzu bei (So z.B. bei Facebook Fanseiten).

Bei der richtigen Verwendung dieser etablierten Funktionen kommt der Anbieter seinen gesetzlich geforderten Prüfpflichten nach, wenn sich Mitglieder oder Betroffene über anstößige Inhalte bei dem Plattformbetreiber beschweren und er daraufhin zeitnah innerhalb von wenigen Tagen – je nach Größe des Angebots – reagiert sowie gegebenenfalls rechtswidrige oder anstößige Inhalte löscht. Die auch als „notice and take down“-Verfahren bezeichnete Haftungsprivilegierung ist längst Praxis und z.B. in § 10 TMG gesetzlich normiert.

Der BGH bestätigte letztes Jahr in seiner Entscheidung – über die Haftung für die Bewertung auf einem Hotelbewertungsportal – diese Haftungsprivilegierung des Seitenbetreibers:

„Der Annahme einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG für die von Nutzern auf ihre Server eingestellten fremden Daten steht jedoch § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift, die auf Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr beruht, sind Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Danach ist es dem Betreiber eines Bewertungsportals grundsätzlich nicht zuzumuten, jeden Beitrag vor der Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Nicht ausgeschlossen sind hingegen Überwachungspflichten in spezifischen Fällen. Diensteanbieter, die von Nutzern bereitgestellte Informationen speichern, müssen außerdem die nach vernünftigem Ermessen von ihnen zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegte Sorgfaltspflicht anwenden, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern (Erwägungsgrund 48 der Richtlinie 2000/31/EG; vgl. BGH, Urteil vom 18. November 2010 I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 40 = WRP 2011, 881 Sedo). Diese vom Senat aufgestellten Grundsätze stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 C324/09, Slg. 2011, I6011 = GRUR 2011, 1025 Rn. 109 ff., 139, 144 = WRP 2011, 1129 L’Oréal/eBay; Urteil vom 24. November 2011 C-70/10, Slg. 2011, I-11959 = GRUR 2012, 265 Rn. 36 ff. Scarlet/SABAM; Urteil vom 16. Februar 2012 C360/10, GRUR 2012, 382 Rn. 34 ff. = WRP 2012, 429 SABAM/Netlog; vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2011 I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 22 ff. Stiftparfüm).“ (BGH, Urteil vom 19.03.2015, Az. I ZR 94/13 – Hotelbewertungsportal)

Es ist nicht ersichtlich, warum sich an dieser Linie etwas ändern sollte. Die gewählte Konstruktion der Haftungsprivilegierung von Seitenbetreibern im Internet und das „notice and take down“- Verfahren werden im jeweiligen Einzelfall der Interessenabwägung einem ausgewogenen und angemessenen System gerecht.

Was bedeutet das nun für Webmaster und Seitenbetreiber?

Können jetzt Webmaster und Betreiber von Foren und Webportalen aufatmen? Die Antwort lautet „jein“ – denn es bleibt alles beim Alten.

Die Verantwortlichen sollten sich weiterhin nicht durch die unterschiedlichen Schlagzeilen wie „Seitenbetreiber haften nicht für Hass-Kommentare“ oder „EGMR spricht News-Portal von Haftung für Nutzerkommentare frei“  irritieren und sich in Sicherheit oder Unsicherheit wiegen lassen. Auch zukünftig sollten zeitgemäße und praxistaugliche „Melde-Systeme“, Kontroll-Funktionen, Foren-Moderation nebst entsprechender AGB/Nutzungsbedingungen einen notwendigen Bestandteil des Internetangebots sein und Mitarbeiter/Verantwortliche innerhalb von 1-3 Tagen auf Beanstandungen reagieren, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen. Dann haben Sie grundsätzlich erst einmal nichts zu befürchten.

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Dashcam im Auto: Was ist erlaubt und was nicht? Und was bringt die Zukunft?

Seit rund 3 Jahren haben die Gerichte hierzulande über die rechtliche Zulässigkeit von so genannten Dashcams in Autos, also festinstallierten Kameras auf dem Armaturenbrett oder an der Windschutzscheibe mit Blick auf den vorherfahrenden Straßenverkehr, zu entscheiden. Doch während die bekannten Automobilhersteller mit Rückfahrkameras, automatischer Einpark-Hilfe und Zukunftsvisionen der selbstfahrenden Fahrzeuge werben, streiten sich Juristen über den Einsatz dieser Minikameras.

Denn das durchgehende Filmen im Straßenverkehr kann gleich in mehrfacher Hinsicht rechtlich bedenklich sein. Die Aufnahme von Fahrzeugen und dessen Autokennzeichen sowie möglicherweise auch deren Fahrern betrifft das Datenschutzrecht sowie grundsätzlich auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Einzelnen. Schließlich zeichnet die Dashcam auf diese Weise personenbezogene Daten gemäß § 3 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) auf, die durch diesen technischen Vorgang auch sodann erhoben, gespeichert und gegebenenfalls auch durch das Hochladen (z.B. auf youtube im Internet) an Dritte übermittelt werden können. Außerdem kann die Vorschrift des § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG – also die „Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung)“– bei diesem Thema von Relevanz sein.

Und unabhängig des Datenschutzrechts steht jedem das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG zu, welches auch das Recht am eigenen Bild (§§ 22, 23 KUG) und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung schützt. Danach steht es jedem selbst zu, über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten bestimmen zu können. Und selbst in der Öffentlichkeit sollte Niemand damit rechnen müssen, durch eine andere Privatperson und in seinem eigenen Bewegungsablauf ohne Einwilligung und Kenntnis hiervon gefilmt zu werden. Zudem betrifft dies ja nicht nur andere Autofahrer, sondern es können ja auch Passanten und Fußgänger an Kreuzungen oder beim Einparken aufgenommen werden. Anders als bei etwaigen Bodycams der Polizei liegt bei dem privaten Gebrauch von Dashcams aber die Macht über die Wiedergabe des Bildmaterials bei der Privatperson, die jeweils unterschiedliche Interessen damit verfolgen könnte.

Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff hält das dauerhafte Filmen des Straßenverkehrs für unzulässig und viele Datenschützer stimmen ihr zu.

Gleichwohl soll nicht verheimlicht werden, dass auf der anderen Seite der Einsatz von Dashcams auch berechtigte Interessen begründen mag, denn beispielsweise können die Aufnahmen als Beweismittel in einem Rechtsstreit oder im Strafverfahren z.B. wegen eines Verkehrsunfalls eingesetzt werden, wenn sie den Unfallhergang und etwaiges schuldhaftes (oder strafrechtlich relevantes) Handeln der Fahrer aufzeigen. Gleiches gilt für Bußgeldverfahren. Und auch die Versicherungsunternehmen freuen sich über eine solche Aufklärungshilfe bei der Bestimmung des Verschuldens des Unfalls, weswegen sie dem Kunden möglicherweise Rabatt bei den Versicherungsprämien gewähren könnten im Falle dessen Installation.

Aber auch für gewerbliche oder selbstständige Fahrer, Taxi-Unternehmen und Lieferanten ist eine interne Überwachungskamera sehr interessant. Hier entstehen riesige wirtschaftliche Schäden mit noch größeren juristischen Folgen durch Verkehrsunfälle während des Transports oder der Auslieferung von Kunden oder Ware. In vielen Fällen stellen sich dann auch gleich interne Fragen der Haftung durch Mitarbeiter und deren Selbstbeteiligung am Schaden. Aber auch bei der Aufklärung von Straftaten oder Vandalismus am Fahrzeug mag eine Filmaufnahme nützlich sein, sofern sie dann aktiviert ist. Allenfalls bleibt es jedoch bei der nicht zu unterschätzenden Abschreckungswirkung.

Videobilder als Beweis im Gerichtsverfahren?

Ob die Aufzeichnungen der Dashcam jedoch als Beweismittel im Zivilprozess (und Strafprozess) zulässig sind, beurteilen die Gerichte noch uneins. Von entscheidender Bedeutung soll es sein, ob die Dashcam„anlasslos“ durchgängig filmt oder nur „anlassbezogen“ z.B. einen kurzen Moment vor dem erwarteten Unfall aktiviert wird. Die damit einhergehende Breitenwirkung der ständigen Aufzeichnung großer personenbezogener Daten gilt es demnach zu berücksichtigen. Eine wahllose, systematische Überwachung des Straßenverkehrs durch die fortdauernde Aufzeichnung lässt Bewegungsprofile anderer Personen und eine unbändige Datenansammlung entstehen.

Das Amtsgericht Nienburg (AG Nienburg, Urteil vom 20.01.2015, Az. 4 Ds 155/14, 4 Ds 520 Js 39473/14 (155/14) ließ trotz dieser Bedenken die Verwertbarkeit der Videoaufzeichnung im Strafverfahren zu mit der Begründung:

„Im Rahmen einer Gesamtschau überwiegt bei wertender Betrachtung unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange des Angeklagten das allgemeine Interesse an der Effektivität der Strafverfolgung“.

Und das Landgericht Landshut (LG Landshut, Az. 12 S 2603/15) erkennt unter dem konkreten Umstand der wahllosen Aufzeichnung bei gleichzeitiger durchgehender Überschreibung der Filmaufnahmen keinen gravierenden Grundrechtseingriff:

„Abgesehen davon sind die vom Kläger verursachten Grundrechtseingriffe geringfügig. Das laufende Filmen von Auto aus erfolgt wahllos und ohne bestimmte Absicht. Eine systematische Erfassung anderer Verkehrsteilnehmer zur Erstellung von Bewegungsprofiten findet nicht statt. Die Filmaufnahmen werden, soweit es nicht zu einem Unfall kommt, immer wieder überschrieben.“

Das Landgericht Heilbronn (LG Heilbronn, Urteil vom 3.2.2015, Az. I 3 S 19/14) entschied hingegen gegenteilig und sah das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung für überwiegend an und lässt die Filmaufnahme nicht als Beweismittel zu und macht deutlich:

„Eine solche großflächige Beobachtung von öffentlichen Straßen stellt schon deshalb einen schwerwiegenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen dar, weil durch die hier vorgenommene, permanente Aufzeichnung mit der Videokamera eine Vielzahl von Personen in kurzer Zeit in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht betroffen wird.“

Zudem verstoße die Aufzeichnung gegen § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG, §§ 22 S. 1 KUG, so das Gericht, das folglich  auch ins Datenschutzrecht schaute, jedoch keine „Erlaubnis“ nach § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG annahm.

Gesetzliche Regelungen werden gefordert

Auf dem 54. Verkehrsgerichtstag vergangener Woche in Goslar forderten die Experten eine klare gesetzliche Regelung zum Einsatz von Dashcams und befürworteten grundsätzlich angesichts des offenkundigem Beweisinteresses die Verwendung der Minikameras in Autos. Allerdings machten sie eine gewisse Einschränkung: Es sollte nur eine anlassbezogene Aufnahme erfolgen, also beim unmittelbaren Bevorstehen eines Unfalls.

Für diese möglicherweise juristisch korrekte, aber wenig praxistaugliche Lösung erntete das Expertengremium viel Kritik. Denn in welchen Moment liegen diese Voraussetzungen vor und wie soll der Fahrer wenige Sekunden vor einem möglichen Zusammenstoß mit einem anderen Autofahrer noch die Dashcam aktivieren? Würde das nicht sogar die Sicherheit und Gesundheit des Fahrers gefährden?

Dabei kommen einige technische Lösungen mit unterschiedlicher Praxistauglichkeit in Betracht:

  • Die Minikamera könnte verplombt oder die Aufzeichnung verschlüsselt sein und z.B. nur von der Polizei oder bestimmten (amtlichen) Personengruppen ausgewertet werden. Fraglich ist allerdings, ob solche Zugangsbarrieren nicht ohnehin übergangen werden könnten.
  • Die Dashcam ist mit der Elektronik des Fahrzeugs und etwaigen „distance control“- Systemen verbunden und aktiviert sich nur bei geringer Distanz zu einem anderen Verkehrsteilnehmer. Allerdings würde diese Variante von sehr vielen technischen Faktoren abhängen und eventuell fehlerhaft aufzeichnen. Auch wären Besitzer von älteren Fahrzeugen benachteiligt.
  • Auch könnte die Speicherdauer so angelegt sein, dass die Kamera nur wenige Minuten filmt und den Speicher immer wieder überschreibt, so dass sich nur ein sehr kurzer Zeitraum rückwirkend wiedergeben lässt.
  • Die Kamera besitzt eine Software, die Gesichter und bestimmte personenbezogene Daten, wie das Autokennzeichen „sperrt“, wie es z.B. von Google Streetview vormacht. Aber dann wäre der Beweiswert der Bilder erheblich verringert.
  • Das Sichtfeld der Kamera könnte seitlich und in der Ferne begrenzt werden, um so auszuschließen, dass Schriftzüge und Personengesichter seitlich des Fahrzeugs von der Kamera erfasst werden.
  • Der Fahrer kann die Kamera am Lenkrad oder per Sprachsteuerung aktivieren, wenn er einen Zusammenprall mit einem anderen Verkehrsteilnehmer befürchtet. Allerdings müsste dies in wenigen Sekunden erfolgen und ist abhängig vom menschlichen Eingreifen, was wohl bedenklich wäre.
  • Die Dashcam ist zwar durchgängig aktiv, aber zeichnet erst auf, wenn sie mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Unfall vorhersieht. Inwieweit dies technische Programme berechnen und umsetzen können, sei mal dahingestellt. Aber denkbar wäre es in wenigen Jahren.
  • Auch könnte die kleine Kamera beispielsweise erst bei einem Zusammenstoß oder bei einer plötzlichen Geschwindigkeitsreduzierung aktiviert werden. Dann wäre aber der vorherige Ablauf nicht auf dem „Band“, was zur Verringerung des Beweiswerts führen würde.

Die meisten dieser Lösungsansätze dürften wenig erfolgsversprechend und selbst bei gutem Willen nicht umsetzbar sein – ganz zu schweigen von technischen Unwägbarkeiten.

In einem Punkt sind sich jedoch alle einig: Die eigenen Aufzeichnungen sollten in keinem Fall online veröffentlicht werden dürfen und  bestenfalls nach einer gewissen Dauer gelöscht bzw. automatisch überschrieben werden, falls der Unfall ausbleibt. Wegen dieser unklaren Rechtslage rät der Rechtsanwalt Andreas Krämer von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) vom Veröffentlichen der Filmaufnahmen im Internet oder in anderen Kreisen ab. Andernfalls drohen dem Dashcam-Besitzer zivilrechtliche Ansprüche des Abgebildeten, die vom Unterlassen bis hin zum Schadensersatz reichen könnten. Zweifelsfrei mag dies viele nicht davon abhalten, „lustige“ oder skurrile Crashvideos bei youtube zu veröffentlichen. Dann greifen aber die allgemeinen zivilrechtlichen Ansprüche. In der Regel bleibt es wohl beim Sperren bzw. Löschen des Videos.

Eine Zukunftsvision – Die Technik regelt es schon

Doch könnte sich mit zunehmender technischer Entwicklung das Problem bald von selbst gelöst haben. Wenn also intelligente Fahrzeuge und Überwachungssysteme mögliche Unfälle schon vorher, anhand von Bewegungen und Fahrlinien der Verkehrsteilnehmer berechnen können, wie es derzeit schon bei einigen großen Automobilherstellern bei „Ausweichassistenten“ getestet und erfolgreich eingesetzt wird, dann stellt sich jedoch die Frage, ob die Diskussion über die Zulässigkeit von Dashcams überhaupt noch geführt werden muss oder die „intelligenten“ Fahrzeuge nicht gleich den Zusammenstoß von Verkehrsteilnehmern durch Ausweichmanöver und Bremsen verhindern können. Autonomes Fahren und Fahrerassistenzsysteme könnten dann die Anzahl an Autounfälle erheblich verringern. Solch Szenario wirft selbstverständlich viele Fragen auf. Und für eine rechtliche Neubewertung derartige Zukunftsvisionen muss ein einheitlicher Weg gefunden werden, was offensichtlich nur auf europäischer Ebene möglich erscheint. Aber dort steht ja erst einmal die neue EU Datenschutz-Grundverordnung an, während hingegen zivilrechtliche Aspekte eher nur mittelbar Einfluß ausüben dürften.

Und etwas Gutes könnte eine Welt „voller“ Dashcams auch haben: Das Fahrverhalten der einzelnen Verkehrsteilnehmer dürfte sich nachhaltig positiv verändern, wenn nämlich jedermann wissentlich des wachenden Auges hinter sich bewusst vorsichtiger und regelkonform fährt – aber dies ist wohl auch wieder nur eine Zukunftsvision.

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BILD-Kampagne „BILD stellt die Hetzer an den Pranger“ ist zulässig – Der BILD-Pranger verletzt keine Rechte der Betroffenen

Die BILD darf Profilfotos und Facebook-Beiträge von so genannten „Hetzern“ mit Klarnamen online und auch in der Printausgabe der Zeitung veröffentlichen. Dies entschied das Landgericht München I im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Die Antragstellerin sei nach Auffassung des Gerichts nicht in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Auch läge kein Verstoß gegen das Urheberrecht vor. Dies wirft einige rechtliche Fragen auf, die es wert sind, sich näher damit zu beschäftigen.

Der Axel Springer Verlag hat in diesen Tagen gut lachen, gewann das Berliner Verlagshaus doch in den letzten Wochen gleich in mehreren medienwirksamen Rechtstreitigkeiten für das Zugpferd „BILD“ vor Gericht. So entschied jüngst das LG Hamburg in dem Rechtstreit der „BILD“ gegen den Werbeblocker adblock Plus, dass dem Anbieter aus dem Hause der Eyeo GmbH untersagt werde, die Sperre unter www.bild.de durch technische Programme zu umgehen. Die einstweilige Verfügung sieht vor, dass dem Anbieter die Verbreitung der Anleitung zur Umgehung der Adblocker-Sperre der Internetseite der BILD sowie auch die Verbreitung von Filterlisten untersagt werde. Diese einstweilige Verfügung wurde nun bestätigt.

Und vor wenigen Tagen erreichten die Anwälte der BILD-Zeitung – jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – einen weiteren vorläufigen Sieg vor Gericht. Denn das LG München I entschied (LG München I, Urt. v. 10.12.2015, Az. 7 O 20028/15), dass die BILD mit der Kampagne „Bild stellt die Hetzer an den Pranger“ auf ihrem Online-Angebot unter www.bild.de sowie in der Printausgabe nicht gegen das geltende Recht verstoße. Die Antragstellerin sei demnach nicht in Ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt und ebenso sei keine Urheberrechtsverletzung begangen worden, soweit das Gericht dies im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes überhaupt zu prüfen vermochte.

Landgericht München I
Das Landgericht München I entschied

Die Antragstellerin war – wie 39 andere Personen auch – mit ihrem Foto und auf Facebook veröffentlichten Kommentar (Beitrag) in der BILD sowie auch online unter www.bild.de abgebildet worden im Rahmen der genannten BILD-Kampagne, nachdem sie sich vorher öffentlich in der hitzigen Diskussion um Flüchtlinge in Deutschland beteiligt hatte. Dabei sind „grenzüberschreitende Ausdrücke“ der jungen Frau gefallen, wie wir tagtäglich in den sozialen Netzen beobachten und lesen können. Solche fremdenfeindlichen Äußerungen im Internet und insbesondere die Hetze gegen Flüchtlinge nahm die BILD sodann vor wenigen Wochen zum Anlass, einige krasse Aussagen aufzugreifen und 40 Personen beispielshaft „an den Pranger“ zu stellen.

Diese Form der Berichterstattung der BILD wirft viele juristische Fragen aus dem Medienrecht auf, welche den Fall so interessant erscheinen lassen. Es ist durchaus vorstellbar, dass ein etwaiges Hauptsacheverfahren tiefergehende Überlegungen zutage bringen würde (wird), und die möglicherweise zu einem anderen Urteil führen werden.

Einige Rechtsfragen seien an dieser Stelle einmal aufgeführt und kurz angerissen. Das Gericht hat nicht all nachstehende Rechtsfragen zu klären, beschränkt es sich mehr oder weniger im Verfahren vor dem ordentlichen Gericht auf die zivilrechtlichen Aspekte.

Verstößt die Verbreitung des Fotos der Abgebildeten gegen das Recht am eigenen Bild nach §§ 22, 23 KUG? und somit gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht?

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) umfasst in seiner Ausprägung auch grundsätzlich das Recht am eigenen Bild, das seinen Schutz in §§ 22, 23 KUG wiederfindet.

Nach diesen Vorschriften ist es unzulässig, Bildnisse zu verbreiten oder öffentlich zur Schau zu stellen, sofern es an der Einwilligung des Abgebildeten oder einer Ausnahme nach § 23 I KUG fehlt. Denn eine Einwilligung des Betroffenen bedarf es dann nicht, wenn es sich beispielsweise um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt oder die abgebildeten Personen nur ein Beiwerk neben einer Landschaft oder Öffentlichkeit bei einer Versammlung darstellen.

Ob die betroffene Facebook-Nutzerin nun hier eine (absolute oder relative) Person der Zeitgeschichte ist, mag sicherlich diskutabel sein. Vermutlich ist diese junge Frau erst durch diese Aktion zu einer relativen Person der Zeitgeschichte geworden, wenn „halb“ Deutschland ihr Foto in der BILD sieht und ihre Aussage diskutiert. Aber einerseits ist diese Rechtsfigur der „relativen Person der Zeitgeschichte“ wohl in den Hintergrund getreten (Vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.02.2008, Az. 1 BvR 1602/07, Anders aber: BGH, Urt. v. 08.04.2014, Az. VI ZR 197/13 – Mieterfest) und zum anderen war sie es wohl nicht, bevor und während die Redaktion der BILD den Screenshot erstellte und später publizierte. Derweil sich nach Vorgabe des EGMR diese Ausnahmevorschrift nur auf „public figure“ als Personen der Öffentlichkeit beschränkt wie z.B. Politiker oder hochrangige Amtsträger (Vgl. EGMR, Urt. v. 07.02.2012, Az. 40660/08; 60641/08). Promis und selbst Politiker in klar erkennbaren privaten Situationen wie z.B. am Strand beim Spielen mit den Kindern oder beim Dinner im gedimmten Raum eines romantischen Restaurants unterfallen danach wohl zumeist dem Schutzbereich der Privatsphäre (Vgl. EGMR, Urt. v. 24.06.2004, Az. 59320/00; BGH, 06.03.2007, Az. VI ZR 52/06).

Doch selbst wenn diese o.a. Bedingungen erfüllt sind, so darf durch die Verbreitung oder zur Schaustellung nicht das berechtigte Interesse der Abgebildeten verletzt sein (§ 23 Abs. 2 KUG).

Allgemein: Die Interessenabwägung (Presserecht vs. Rechte des Betroffenen)

Hieran knüpft nun oftmals die im Presserecht bzw. Medienrecht schwerwiegende Abwägung zwischen den Rechten der Betroffenen (z.B. Art. 2 Abs. 1, 1. Abs. 1 GG i.V.m. §§ 22, 23 KUG) und den Rechten der Presse (aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG), in die zahlreiche Umstände einfließen können, die sich aus der Person als solche und dessen Bekanntheit, der Art der Berichterstattung sowie dem öffentlichen Interesse an dieser Berichterstattung ergeben wie z.B.:

  • Entstammt das Bild bzw. die Information aus dem Bereich der Intimsphäre, Privatsphäre oder Sozialsphäre? Was öffentlich auf twitter oder Facebook eingestellt oder geschrieben wird, entstammt in der Regel der weniger schützenwürdigen Sozialsphäre – gilt als virtuelle Öffentlichkeit.
  • Was sind Rolle und Verhalten des Betroffenen? Geht er aktiv in die Medien, stellt er sich selbst zur Diskussion oder hat er sich immer zurückhaltend verhalten?
  • Steht der Betroffene ohnehin wegen seiner Funktion im Fokus der Medien oder ist er ein unscheinbarer Privatbürger?
  • Besteht ein öffentliches Interesse an diesem Bild bzw. Informationen der Person? Vorliegend nahm das Gericht angesichts der derzeitigen Diskussion um die Flüchtlingskrise und den Fremdenhass ein solches öffentliches Interesse an.
  • Ist die Berichterstattung sachlich oder hetzerisch mit Prangerwirkung? Wie sind Art und Ausmaß der Berichterstattung? Zeigt der Bericht Pro/contra auf oder ist er durchweg einseitig zu Ungunsten der Person verfasst?
  • Findet z.B. eine Vorverurteilung statt?
  • Sind die Fotos z.B. heimlich durch Weitwinkel-Kameras oder Drohnen aufgenommen wurden oder war der Fotograf in dieser Funktion erkennbar? Musste der Betroffene damit rechnen oder war es nicht wahrnehmbar?
  • Welcher zeitlicher Abstand besteht zwischen dem Ereignis und dem Bericht bzw. den Fotos?

Je nach Erkenntnis schlägt das Pendel im konkreten Einzelfall in die eine oder andere Richtung aus. Hier wäre es auch gut vertretbar gewesen, das persönliche Interesse der betroffenen „Opfer“ der Kampagne überwiegen zu lassen, da sie sich trotz ihrer Aussage im Internet (vielleicht gar) nicht bewusst an die gesamte Öffentlichkeit, respektive der Leserschaft der größten Zeitung des Landes wenden wollten und auch in ihrem schutzwürdigen Interesse daher verletzt sind. Es mag wohl das Interesse eines jeden Einzelnen sein, nicht als „Hetzer“ in den Medien vorgeführt zu werden.

Und was ist mit der Unschuldsvermutung?

Zwar kann die BILD als Presse unter anderem auf die Grundsätze der so genannten Verdachtsberichterstattung zurückgreifen, muss sich gleichwohl diesbezüglich aber an strenge Vorgaben halten. So darf die Unschuldsvermutung nicht unterlaufen werden, sondern gilt ein Tatverdächtiger bis zum Urteilsspruch (genauer: Bis zur Feststellung seiner Schuld durch das Urteil) als unschuldig. Selbst wenn die von der BILD an den „Pranger“ gestellten Personen durch ihre Aussagen auf Facebook oder in anderen sozialen Netzwerken möglicherweise eine strafbare Handlung begangen haben könnten, denn als solche steht die strafbare Beleidigung nach § 185 StGB oder die Volksverhetzung nach § 130 StGB freilich im Raume, darf keine Vorverurteilung oder einseitige Berichterstattung erfolgen. Erst Recht darf nicht der Eindruck erweckt werden, die Strafbarkeit stünde eindeutig fest. Mithin darf weder Selbstjustiz noch eine Hetze gegen die Tatverdächtigen betrieben werden, was bei einem großflächigen Bericht in der Zeitung mit der größten Auflage in Deutschland und der Stigmatisierung der Personen („Bild stellt die Hetzer an den Pranger“) naheliegend möglich erscheint. Die Presse ist kein Organ der Rechtspflege und Niemand darf im Vorfelde (etwaiger) strafrechtlicher Ermittlungen als Täter aufgeführt werden.

Mithin wird man jedoch hier zu berücksichtigen haben, dass die BILD die Äußerungen der 40 Personen klar erkennbar als Zitat (Screenshot) unverfälscht wiedergibt und sich hiermit inhaltlich und nicht einseitig auseinandersetzt, jedenfalls nicht die Betroffenen als Straftäter bezeichnet. Es wird sachlich abgebildet, was die Personen auf Facebook öffentlich geschrieben haben. Somit dürfte sich diese Aktion im Rahmen der zulässigen Meinungsäußerung bzw. Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) bewegen.

Liegt ein Verstoß gegen das Urheberrecht vor?

Und was ist mit dem Urheberrecht? Schließlich druckt die BILD mehrere Screenshots vom Profilfoto und der Person ab. Ein Urheberrechtsverstoß kommt z.B. in Betracht, wenn ein nach § 2 UrhG geschütztes Werk ohne Einwilligung des Urhebers vervielfältigt oder verbreitet wird (§§ 15, 31 UrhG). Unterstellt sei an dieser Stelle einmal, dass die Facebook-Profilfotos den Nutzer abbilden und somit als Lichtbildwerk (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG) oder jedenfalls als Lichtbild nach § 72 Abs. 1 UrhG anzuerkennen sind. Der Urheber hat (wohl) der BILD nicht das Recht zur Verbreitung (§17 UrhG) bzw. Vervielfältigung (§ 16 UrhG) des Werks eingeräumt, so dass vorläufig von einem Verstoß gegen das Urheberrechtrecht auszugehen ist, falls keine Schranke des Urheberrechts greift.

Ob dies der Fall ist, wird von vielen Medienrechtlern diskutiert (z.B. kritisch von RA Lampmann, RA Härting).

Schnell kann man an folgende Paragraphen aus dem UrhG denken:

Ist die Abbildung von Bild und Text vom Zitatrecht nach § 51 UrhG umfasst?

Gleichwohl darf ein öffentliches Werk auch ohne Einwilligung des Urhebers zum Zwecke des Zitats vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergegeben werden (§ 51 UrhG). Dies setzt zunächst einmal das Werk als solches voraus und ebenso die Wiedergabe zum Zwecke des Zitats. Ein einfacherer Abdruck eines Bildes oder eines Textausschnitts reicht dafür allerdings nicht aus. Vielmehr muss sich der Autor mit dem Zitat auseinandersetzen, „so dass der Zitierende eine innere Verbindung zwischen dem fremden Werk und den eigenen Gedanken herstellt und das Zitat als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbständige Ausführungen des Zitierenden erscheint“ (BGH, Urt. v. 30.11.2011, Az. I ZR 212/10). Das Zitat muss als solches dargestellt werden, idealerweise den Urheber benennen und das Ganze in einen redaktionellen Rahmen eingebunden werden.

Neben dem Zitatrecht lassen sich noch weitere Schranken des Urheberrechts heranziehen. So ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig, wenn sie der Berichterstattung über Tagesereignisse (§ 50 UrhG) dient. Ebenso dürfen nach § 48 UrhG Reden vervielfältigt und verbreitet werden, die bei „bei öffentlichen Versammlungen gehalten oder durch öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 19a oder § 20 veröffentlicht worden sind“.

Wie den Medienberichten zu entnehmen ist, nahm das Gericht gleich mehrere dieser Schranken an: Demnach sei die Veröffentlichung der Screenshots aus Facebook vom Zitatrecht (§ 51 UrhG) und als Tagesereignis von § 50 UrhG wie auch als analoge Anwendung des § 48 UrhG für die Wiedergabe öffentlicher Reden durch die Medien umfasst und somit keine Urheberrechtsverletzung begründet (Urt. v. 10.12.2015, Az. 7 O 20028/15).

Des Weitern bezogen sich die Richter auch noch auf eine Entscheidung des EuGH zu den „embedded“-Youtube-Videos (EuGH, Beschluss v. 21.10.2014, Az. C-348/13), die sogar die Verlinkung auf Inhalte anderer Seiten erlaubt, wenn sie auf der eigenen Webseite eingebunden ist und als Inline-Link erscheint. Wer also auf der eigenen Webseite z.B. Youtube-Videos erkennbar durch Inline-Links „einbettet“ in Form von spezielle Skripten / Programmierungszeilen, begeht danach keine Urheberrechtsverletzung. Dies auf Screenshots und Grafiken ohne Links und eingebettete Ausschnitte anzuwenden, erscheint äußerst fragwürdig.

Ein Schwenk zum öffentlichen Recht: Könnte ein Verstoß gegen das Datenschutzrecht vorliegen?

Was die Richter nicht prüfen, aber rechtlich diskutiert werden mag: Hat die BILD möglicherweise gegen Vorschriften aus dem Datenschutz verstoßen, indem sie personenbezogene Daten der Betroffenen ohne dessen Einwilligung oder sonstiger Rechtfertigung erhoben, gespeichert und verbreitet hat? Denn Klarnamen sowie das Foto des Betroffenen, sofern er erkennbar ist, stellen personenbezogene Daten im Sinne von § 3 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) dar, weil sie „Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener)“ sind. Eine Einwilligung des Betroffenen gemäß § 4a BDSG fehlt hier. Inwieweit das Medienprivileg nach § 41 BDSG greift und die sich BILD als Presse nur eingeschränkt an die Bestimmungen des BDSG zu halten hat, müsste diskutiert werden. Derartige Privilegierungen der Presse sind aber wohl vertretbar, insbesondere wenn die personenbezogenen Daten im Kontext der Pressearbeit stehen.
Selbstverständlich wäre ein etwaiger datenschutzrechtlicher Verstoß erst einmal durch den Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zu beanstanden aufgrund des Hauptsitzes des Axel Springer Verlags in Berlin und nicht Gegenstand dieses Verfahrens vor dem Zivilgericht. Interessant wäre dennoch zu sehen, was sich aus einer solchen Eingabe des betroffenen Petenten ergibt.

Welche Folgen könnte diese Entscheidung haben?

Man wird wohl mit einem kritischen Auge auf diesen „Freispruch“ der BILD schauen müssen, die sich mit ihrem reißerischen Stil dieses Mal als eine Art Sprachrohr der Gesellschaft sieht und gewollt Fotos bzw. Meinungen von Dritten ohne dessen Einwilligung verbreitet. Jetzt kam ihr zu Gute, dass diese Daten auf Grundlage einer öffentlichen Berichterstattung über eines der meistdiskutierten Themen der letzten Monate (Stichwort: Flüchtlingskrise) verbreitet wurden und diese Kampagne „gegen Ausländer-Hetze“ von vielen gefeiert werden dürfte. So hat sich beispielsweise eine Task Force vom Bundesjustizminister Heiko Maas zu Bekämpfung von fremdenfeindlicher Hetze in den sozialen Netzwerken gegründet, der sich auch Facebook angeschlossen hat. In einem anderen Kontext der Berichterstattung über persönliche Informationen von Nutzern sieht die Sache aber wieder ganz anders aus. Denn nicht jeder Beitrag ist Teil der gesellschaftlichen Diskussion, auch wenn manche das gerne so hätten.

Was auf Facebook steht ...
Was erst einmal auf Facebook steht …

Ebenso darf bezweifelt werden, ob die „Freundesliste“ oder „Öffentlichkeit“ bei Facebook, woran auch eine ungenügende Privatsphären-Einstellung des sozialen Netzwerks einen Teil dazu beiträgt, gleichzusetzen ist mit der allgemeinen Öffentlichkeit, aus welcher sich Presse und Unternehmen bedienen können. Was im Internet über die Suchmaschinen zu finden ist, gilt gemeinhin als öffentlich (allgemeinzugängliche Quelle). Gleiches mag für denjenigen gelten, der über Twitter seine paar Zeichen über das Internet verschickt. Wer allerdings unter individueller Privatsphären-Einstellung auf Facebook nur für seine 200 Freunde eine Statusmeldung von sich gibt, muss nicht automatisch damit rechnen dürfen, dies dadurch der gesamten deutschen Öffentlichkeit auf dem silbernen Tablett zu präsentieren und übermorgen in Presse oder Rundfunk mit Klarnamen und Foto aufzutauchen. Selbst in den Zeiten der gewohnten Selbstdarstellung im Internet sollte zwischen ausgewählter und allgemeiner Öffentlichkeit unterschieden werden.

Was wir daraus in jedem Fall lernen sollten: Alles was im Internet, insbesondere auch bei Facebook oder Twitter veröffentlicht wird, kann der Allgemeinheit frei zugänglich sein und jedem auch schaden. Es sind schon viele Fälle bekannt, in denen eine „unglückliche“ Formulierung oder Information auf Facebook zur Kündigung im Job führte.

Erst Recht gilt dies bei krassen Aussagen unter dem eigenen Klarnamen mit eigenen Profilfoto und sonstigen persönlichen Informationen. Diese Problematik sollte sich jeder vor Veröffentlichung der Infos vor Auge halten. Leichter gesagt, denn in der Hitze der Diskussion, sind vermutlich jedem von uns hier und da einmal „unbedachte Wörter“ herausgerutscht. Als Rat kann ich nur geben: Kühlen Kopf bewahren und zweimal überlegen, bevor man auf „senden“ drückt. Denn jede Ursache hat auch ihre Wirkung, und die kann nicht nur die Umgebung (Freundeskreis), sondern eben auch die BILD Zeitung erreichen.

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Marketing & Recht: Interview mit dem Marketing-Spezialisten Christian Faller

Werbung, Marketing sowie auch Social Media gehen längst einher mit rechtlichen Fragestellungen, insbesondere berührt das Marketing hierzulande das Datenschutzrecht und IT-Recht. Obgleich wohl weiterhin beide Themenbereiche von jeweiligen Spezialisten ausgeübt werden, sollten Werber und Werbeagenturen einige rechtliche Aspekte im Auge behalten. Warum das so ist und welche Sichtweise die Werber vom Datenschutz haben, wollte ich einmal näher herausfinden. Hierzu führte ich ein Interview mit einem seit vielen Jahren (auch international erfolgreichen) kreativen Kopf – Christian Faller ist Gründer und Geschäftsführer von deepr, einer digitalen Werbeagentur aus Stuttgart, die sich schwerpunktmäßig um Websites, Digitalstrategie und Social Media Kampagnen für kleine und mittelständische Unternehmen kümmert. Zusätzlich wirkt(e) er bei diversen Blogs (gefahrgut blog) und Online-Aktivitäten mit und weiß, wie die virtuelle Welt so tickt.

 

Christian Faller, Gründer von deepr (Bild: © deepr)
Christian Faller, Gründer von deepr (Bild: © deepr)

Frage: Hallo Chris, Ich hoffe du hast die Feiertage gut und stressfrei überstanden bei angemessener „Work-Life-Balance“. Gab es denn noch Bücher oder nur noch eBooks unter dem Weihnachtsbaum?

Christian Faller: Das habe ich, ich hoffe du auch! Es gab wie jedes Jahr viele Bücher. Leider gibt es im deutschen Kindle Store noch immer keine Möglichkeit eBooks zu verschenken. Das ist sehr schade und längst überfällig – im US Store geht das schon seit Jahren.

Pünktlich zum Jahreswechsel stellt sich natürlich die Frage: Wie sieht die perfekte Marketing-Strategie im Jahre 2016 aus? Wie haben virale Kampagnen, Facebook und Co. das Internet in den vergangenen 12 Monaten verändert und was für Rückschlüsse lassen sich daraus für 2016 gewinnen?

In 2015 gab es vor allem eine bedeutende Veränderung für Social Media Kampagen. Der Einsatz von Mediabudget für den Kauf von Reichweite hat enorm an Wichtigkeit gewonnen. Facebook und auch andere Plattformen schnüren den Gürtel der organischen Reichweite immer enger und zwingen Unternehmen immer mehr dazu, Geld in die Hand zu nehmen, um die gewünschte Reichweite zu erzeugen. Ohne Mediaspending geht fast nichts mehr. Positiv gesehen lässt sich mit etwas Geld aber relativ viel erreichen und die Targeting Möglichkeiten gerade von Facebook sind nach wie vor exzellent und verbessern sich weiterhin. Eine erfolgreiche Kampagne stützt sich also auf eine gute Idee mit exzellenter Umsetzung, steht und fällt aber in den meisten Fällen mit dem schlauen Einsatz von Werbebudgets.

Bleiben wir noch mal kurz persönlich: Wie viele Stunden muss man dafür täglich auf Facebook oder twitter unterwegs sein, um immer auf dem neuesten Stand zu sein? Oder muss man gar nicht alle 5min auf twitter gucken?

Wichtig ist meiner Meinung nach nicht, wie aktiv oder nicht aktiv man ein Netzwerk nutzt, sondern wie gut man dessen Nutzer versteht, die Demografie dahinter kennt und die Mechanik der Werbemöglichkeiten und Content-Distribution durchschaut hat. Es ist für uns wesentlich wichtiger uns durch den Dialog mit Kollegen, anderen Agenturen und Bloggern über Best-Practice Beispiele auszutauschen als alles selbst zu erproben. Schlussendlich lernt man am meisten immer aus Erfahrung – diese muss aber nicht immer zwangsläufig die eigene sein.

Derzeit rollt ja wieder eine weltweite Marketing-Welle für den neuen Star Wars Film. Die Supermarkt-Kette REWE verteilt an der Kasse je Einkaufswert solch „Shells“ und Spielerhersteller wie auch LEGO haben ihre Sondereditionen zu Star Wars. Und auch bereits die Marketing-Strategen der „Minions“ zeigten uns, wie umfassend Werbung sein kann. Es gab Tic Tacs von Minions wie auch Überaschungseier-Figuren, nebenbei noch Minions Figuren beim Kauf von Bananen und Amazon hatte zum Start des Films gleich das gesamte Design der Startseite dieser Kampagne angepasst. Funktioniert ein solches Konzept nachhaltig oder stößt es nicht nach einer gewissen Zeit auf Ablehnung? Oder ist es eine WIN-WIN-Situation in der Werbung?

Zuerst einmal ist ein solcher Werbedruck natürlich nur von ganz, GANZ wenigen Unternehmen finanzierbar. Außerdem funktioniert das auch nicht für jedes Produkt, sondern nur ausgesprochen hedonistische Dinge – wie zum Beispiel einen Kinofilm – mit denen wir im Alltag gerne konfrontiert werden. Das muss man vorsichtig abwägen, ob es funktioniert oder nicht. Gerade beim Thema „Minions“ wurde ja aber bereits so derart viel im Vorfeld mit Merchandise gearbeitet, dass eine breite Beliebtheit in der Bevölkerung quasi nachgewiesen war. Wenn z.B. ein Waschmaschinen-Hersteller einen solchen Werbedruck aufbauen würde, würde sich der Effekt sehr schnell ins Gegenteil verkehren, da wir hier ein sehr nüchternes, unemotionales Produkt haben, das völlig anders beworben werden muss. Kategorisch kann man also nicht sagen, ob so etwas gut oder schlecht ist.

Warum sollte ich denn zu Subway Essengehen oder einen VW kaufen, weil da jemand – etwas platt formuliert – in der Werbung mit einem Lichtschwert herumhantiert? Oder ist dies eher nur „Image-Pflege“?

Diese Marken nutzen „Star Wars“ aus genau einem Grund als Werbebotschaft: Selektive Aufmerksamkeit. Die Menschen werden im Alltag von zahllosen Werbebotschaften bombardiert. Sie können nicht einmal einen Bruchteil davon wahrnehmen. Das, was sie wahrnehmen, muss zu ihrem sogenannten situativen Involvement passen. Und das ist für das Thema Star Wars gerade immens hoch. Der neue Film ist in aller Munde, Lichtschwerter sind sozusagen Magnete für die Augen. Subway nutzt dieses Momentum, um auf der Welle der Aufmerksamkeit Augen anzuziehen. Mehr als es ein bloßes Sandwich tun würde. Und dass es dann noch Spielzeug zu bestimmten Subs gibt, schadet natürlich auch nicht, um die Hardcore Fans tatsächlich zu einem Extrabesuch zu animieren. Ich glaube nicht zwangsweiße, dass Subway im Laufe der Kampagne signifikant mehr Subs verkauft. Allerdings erhalten sie viel Aufmerksamkeit für ihre Marke, die auf das langfristige Image beim Verbraucher einzahlt.

Personalisierte Werbung vs. Datenschutz

Apropos Werbung: „Personalisierte Werbung“ ist ja gemeinhin so ein Keyword, womit die Unternehmen nahezu jede Aktivität und Nutzerauswertung/Analyse rechtfertigen. Wer im Internet nach Schuhen oder Flügen suchte, kann sich die nächsten Stunden im Internet über passende Angebote auf anderen Seiten erfreuen. Wie steht ihr dazu?

Ich bin hier geteilter Meinung. Personalisierte Werbung nach generellen Interessen oder meinen demografischen Daten, finde ich gut. Ich selber sehe lieber Werbung von Dingen, die mich halbwegs interessieren. Und ich glaube – wenn auch unterbewusst – den meisten Leuten geht es hier so. Aber das Retargeting, was du oben beschreibst, sehe ich kritisch. Zum einen, da es wirklich derart spezifisch ist, dass es der auf diese Weise werbenden Marke eine negative Assoziation gibt, da es einen Touch von Big Brother hat. Zu anderen, weil es ganz oft so ist, dass ich diese Produkte der Marke bereits gekauft habe und mich dann die Werbung über dieselben Sneaker, an denen ich ja nun kein Interesse mehr habe nach dem Kauf, regelrecht stört. Es kommt nur selten vor, dass wir Kunden zu Retargeting raten.

Im Doku-Film „Democracy“ zur kommenden Datenschutz-GrundVerordnung der EU heißt es unter anderem „Daten sind das neue Öl“. Man kann es wohl kaum treffender ausdrücken. Als Werbe-Industrie oder Marketing-Abteilung möchte man gewiss möglichst viele Daten von Kunden und potentiellen Kunden sammeln oder nicht?

Ja, absolut. Allerdings natürlich nur relevante Daten. Alle Daten, die ich besitze, die aber irrelevant sind, machen es für mich de facto schwerer eine informierte Entscheidung zu treffen. Es gibt meiner Meinung nach auch wenige Unternehmen, die mit Big Data bereits wirklich gut umgehen können. Das ist ein sehr spannendes Feld! Ich finde bei diesem Punkt aber den Aspekt sehr wichtig, hier fair vorzugehen. Es sollte dem Verbraucher immer möglich sein, zu entscheiden, was für Daten gesammelt werden und dies sollte auch transparent geschehen. Und beim Werbetreibenden liegt eine große Verantwortung, mit diesen Daten verantwortungsbewusst umzugehen, sie nicht unrechtmäßig einzusetzen oder gar weiterzuverkaufen. Seth Godin hat in seinem Buch „All Marketers Are Liars“ eine sehr treffliche Analyse zum Thema Verantwortung von Marketingverantwortlichen geschrieben. Würde das Buch heute noch einmal neu geschrieben, würde sich Herr Godin sicher auch dem Thema Big Data widmen.

Setzt ihr da euch bzw. dem Kunden diesbezüglich gewisse Grenzen oder überlässt ihr diese Entscheidung dem Kunden?

Wir sammeln immer nur das Nötigste an Daten. In den meisten Fällen sind das anonyme Website Statistiken. Manchmal sammeln wir noch E-Mail Adressen oder Namen, die aber ausschließlich zum vereinbarten Zweck eingesetzt werden und denen sich der Kunde jederzeit wieder auf eigenen Wunsch gemäß den geltenden Bestimmungen (z.B. mittels Auskunftsrecht und Widerspruchsrecht, die sich in Datenschutzbestimmungen oder Nutzungsbestimmungen wiederfinden) entziehen kann. Wir achten da auf Klarheit und einen sorgsamen Umgang mit den Daten zum beschriebenen Zweck wie einem Gewinnspiel.

Bei der Beratung von Unternehmen, insbesondere hinsichtlich ihrer Online-Präsenz kommt ihr ja auch mit rechtlichen Fragestellungen in Berührung. Inwieweit berücksichtigt ihr dabei das geltende Recht und erteilt Hinweise bezüglich der Einhaltung von zwingenden Vorschriften?

Wir halten uns hier regelmäßig über einschlägige Websites und Blogs auf dem Laufenden, sprechen aber bei Fragen auch häufig mit unserem Anwalt. Gleichzeitig weisen wir Kunden aber stets darauf hin, dass die Sorgfaltspflicht, dies alles zu überprüfen, letztendlich bei Ihnen liegt und legen nahe, dies von einem unabhängigen Anwalt prüfen zu lassen. Immerhin sind wir keine Juristen und es ist auch wichtig das klarzustellen. Das Thema Recht ist ein überaus komplexes Konstrukt, das sich so häufig ändert, dass es einfach eines Spezialisten bedarf. Wir kümmern uns um eine technisch sauber Umsetzung und beraten fachgerecht, verweisen bei diesem Thema aber an anderen Ansprechpartner. Wir würden z.B. nie die AGB oder Datenschutzbestimmungen des Auftraggebers selber schreiben, sondern bauen diesbezüglich auf die Leistung von Anwälten oder Fachleuten.

Empfehlt ihr den Kunden die Einbindung von Google Analytics oder greift ihr zu anderen Anbietern? Und wie sieht es mit sonstigen Tracking-Tools aus?

Wir arbeiten im Idealfall mit Google Analytics, da es das stärkste Tool ist. Wenn datenschutzrechtliche Bedenken bestehen, nutzen wir zum Teil auch Piwik. Andere Tools kommen in der Regel nicht zum Einsatz.

Die Technik schreitet immer weiter voran. Vieles ist möglich, gleichwohl rechtlich umstritten. Verwendet ihr bzw. eure Kunden z.B. Facebook Custom Audiences?

Nein, wir haben noch nie mit Custom Audiences gearbeitet. Die Targeting Möglichkeiten von Facebook sind auch abseits davon so gut, dass wir hier noch nie Bedarf gesehen haben. Wenn uns eine rechtmäßige E-Mail Liste vorliegt, dann eigentlich immer, weil Leute sich für einen Newsletter unter den korrekten Bedingungen (mit Opt-In Verfahren) angemeldet haben. Und dann ist der Newsletter selbst auch ein weitaus besseres Tool, um diese Leute direkt zu erreichen.

Social Media Recht – worauf Unternehmen achten sollten

Seit geraumer Zeit hat sich das „Social Media Recht“ entwickelt. Unternehmen sowie deren Mitarbeiter müssen sich bei ihrem Social Media Auftritt und insbesondere bei Gewinnspielen oder sonstigen Aktivitäten an zahlreiche Gesetze halten. Es empfiehlt sich daher, so genannte „Social Media Guidline“ für das Unternehmen zu entwerfen. Wie steht ihr dazu und habt ihr bereits Erfahrung in diesem Zusammenhang sammeln können?

Wir erstellen häufig Richtlinien. Diese beziehen sich aber eher auf inhaltliche Punkte wie Frequenz, Plattformen, Umgangston, Dos und Don’ts etc. Rechtlich gesehen weisen wir auch an dieser Stelle auf bestehende Gesetze hin, die uns bekannt sind, stellen aber sicher, dass ein Jurist mit im Boot ist, der die Details fachgerecht wiedergeben und ggf. verschriftlichen kann. Wir würden selbst keine Guidelines erstellen, die rechtliche Aspekte abdecken. Schon allein, weil diese sehr häufig geprüft und aktualisiert werden müssen und ansonsten eine große Gefahr darstellen können.

Ja das stimmt wohl. Social Media Richtlinien stellen ja einen Katalog an Rechtsfragen dar, derer sich eher ein Anwalt oder Datenschutzbeauftragter annehmen sollte. Dennoch: Inwiefern findet immer mehr eine Verknüpfung von unterschiedlichen Dienstleistungen statt? Muss der Werber bald auch noch Jurist sein oder der Jurist auch gleichzeitig Werber?

Am besten wäre das! Allerdings wird das nicht möglich sein. Ich denke daher, dass sich schlicht die Zusammenarbeit dieser beider Berufsgruppen intensivieren muss.

Nun denn. Vielen Dank für das Interview! Ich wünsche Dir bzw. deinem Team auch zukünftig tolle und spannende Aufträge und viel Erfolg!

Hinweis: Die Bildrechte liegen bei deepr

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Task Force zur Bekämpfung von Hassbotschaften und Hetze im Internet stellt erste Maßnahmen vor

Der Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) stellte gestern ein Ergebnispapier der so genannten Task Force „Umgang mit rechtswidrigen Hassbotschaften im Internet zur Bekämpfung von fremdenfeindlicher Hetze in den sozialen Netzwerken vor. Die sich der Task Force angeschlossenen Unternehmen wie Facebook, Youtube und twitter und die prominenten Organisationen werden zukünftig stärker zusammenarbeiten und zahlreiche Maßnahmen treffen. So sollen gemeldete Beiträge schneller kontrolliert und gegebenenfalls innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden.

 

Die im September dieses Jahres gegründete Arbeitsgruppe von Bundesjustizminister Heiko Maas verfolgt das Ziel, Hetze und Hass gegen Ausländer im Internet, insbesondere in den sozialen Netzwerken wie Facebook oder auf Youtube und twitter stärker strafrechtlich zu verfolgen und tatsächlich einzudämmen. Trotz medienwirksamer Ermittlungsverfahren und strafrechtlicher Verurteilungen in jüngster Zeit nahmen Beleidigungen und Fremdenhass auf Facebook und twitter spätestens mit der Flüchtlingskrise im deutschsprachigen Web rasant zu. Die teils überforderten Ermittlungsbehörden und Betreiber der Internet-Portale stehen folgerichtig seit Wochen unter starkem Beschuss der Politik. Und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) traf sich persönlich mit Facebook-Kopf Mark Zuckerberg am Rande einer UN-Versammlung in New York wegen dieser Problematik.

Nun konnte Heiko Maas das langersehnte Ergebnis der Gespräche und Planungen seiner Task Force der Öffentlichkeit präsentieren. So sieht das Konzept vor, dass sich die der Arbeitsgruppe angeschlossenen Internet-Anbieter Facebook, YouTube und twitter zukünftig noch stärker um die Löschung von Fremdenhass auf ihren Internet-Angeboten bemühen und gemeinsam mit weiteren Verbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen näher zusammenzuarbeiten wollen, um ein Zeichen für Weltoffenheit und Toleranz zu setzen. Unter ihnen befinden sich zahlreiche bekannte Verbände / Organisationen wie die „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter“ (FSM), jugendschutz.net, klicksafe und eco – der Verband der Internetwirtschaft e.V. Einige dieser Organisationen bemühen sich seit Jahren – mehr oder weniger erfolgreich – im Jugendschutz hierzulande um die so genannte „freiwillige Selbstkontrolle“ bzw. Selbstregulierung durch die Anbieter.

Nun also gibt es erstmals „auf Papier gedruckte“ Lösungsansätze. Obgleich die Nutzungsbedingungen der drei Unternehmen aus den USA die Löschung von strafbaren Beleidigungen und Fremdenhass in Kommentaren und Beiträgen ohnehin schon seit geraumer Zeit vorsehen, soll sich zukünftig die Bearbeitung von gemeldeten Beiträgen näher an dem deutschen Strafrecht, genauer an dem Straftatbestand der Volksverhetzung nach § 130 StGB orientieren. Hierfür sollen weitere Mitarbeiter in den Unternehmen eingestellt bzw. mit der Prüfung von Hassbotschaften beauftragt werden, um zügiger auf die Beschwerden zu reagieren.

Konkret lauten die neuen Vorgaben:

„Rechtswidrige Inhalte werden unverzüglich nach Inkenntnissetzung entfernt; die Mehrzahl der gemeldeten Inhalte werden in weniger als 24 Stunden geprüft und, falls erforderlich, entfernt.“

Dies war in jüngster Zeit häufig an Facebook kritisiert worden, denn teilweise wurden gemeldete Beiträge nicht oder nur mit zeitlichem Abstand entfernt. Facebook selber begründete diese Ungenauigkeit (unter vorgehaltener Hand) mit den sprachlichen Schwierigkeiten der zuständigen Mitarbeiter, die zumeist aus Dublin agieren, und zusätzlich mit der Fülle an täglichen Meldungen und Support-Anfragen.

Möglicherweise hatte die Staatsanwaltschaft Hamburg aus diesem Grund auch strafrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts der Anstiftung zur Volksverhetzung gegen mehrere Manager von Facebook eingeleitet und so die Verantwortlichen unter Zugzwang gesetzt.

Die richtigen Schritte

Das knapp 5-seitige Ergebnispapier beinhaltet unter anderem folgende Lösungsansätze:

  • Die der Task Force angeschlossenen Unternehmen werden zukünftig technische und organisatorische Maßnahmen ergreifen, um noch besser auf Beschwerden und Beanstandungen von fremdenfeindlichen (rechtswidrigen) Inhalten zu reagieren und diese zügig – in der Regel – innerhalb von 24 Stunden zu löschen.
  • Die Richtlinien der Unternehmen sollen noch transparenter werden und deutlich darauf hinweisen, dass rechtswidrige Inhalte mit Fremdenhass und Hetze überprüft und geeignete Maßnahmen hiergegen ergriffen werden wie z.B. das Löschen dieser Inhalte oder die Sperrung von Nutzerkonten.
  • Auch wollen die Unternehmen und Organisationen zukünftig die Zivilcourage der Mitglieder unterstützen und sich gegen Fremdenhass und Diskriminierung von Minderheiten einsetzen. Sie werden daher die Gegenrede („Counter Speech“) als offene und respektvolle Kommunikationskultur auf Grundlage einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe aktiv aufgreifen und stärken.
  • Die sich der Task Force unterworfenen Unternehmen und Organisationen versprechen nicht nur einen stärkeren Informationsaustausch untereinander, sondern werden darüber hinaus gemeinsam Informationen und insbesondere einen Leitfaden zum Thema „Hate Speech“ in den sozialen Netzwerken erarbeiten.

Die Meinungsfreiheit als wesentliche Grundlage der Gesellschaft

Gleichwohl betonten alle Mitwirkenden die elementare Bedeutung der Meinungsfreiheit und freien Meinungsäußerung für die vollständige Entwicklung der Persönlichkeit eines jeden Einzelnen als wesentliche Grundlage der freien und demokratischen Gesellschaft. Hierzu gehören natürlich auch verschiedene politische Ansichten. Um nicht der Gefahr zu laufen, sich eine Art der Internet-„Zensur“ vorwerfen zu lassen, sollten Facebook, Youtube und twitter gut daran tun, nicht jedes beanstandete Wort zu löschen, sondern weiterhin unter Achtung der geltenden Gesetzeslage auch ungeliebte Meinungen und krasse Aussagen zuzulassen. Auch die Internet-Demokratie muss dies aushalten können. Hingegen würde eine Überregulierung oder auch Klarnamenpflicht im Internet über das Ziel hinausschießen.

Nichtsdestotrotz ist damit zu rechnen, dass die geplanten Änderungen der Task Force sehr bald erste wahrnehmbare Ergebnisse bringen. Schließlich haben alle Akteure ein großes Interesse daran, Hassbotschaften und Diskriminierung zu bekämpfen und einen toleranten, fairen Umgang miteinander zu fördern. Dies spielt gewiss auch Facebook und Co. in die Karten, die als Anbieter unter negativer Publicity als Plattform für „Hassbotschaften“ und „Hetze im Internet“ in der Vergangenheit herhalten mussten.

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Geo-Blocking: Sind Streaming-Angebote und Online-Inhalte bald in ganz Europa frei verfügbar?

Die EU-Kommission hat am vergangenen Mittwoch neue Pläne vorgelegt, wonach sie ab 2017 das so genannte Geo-Blocking abschaffen und den digitalen Binnenmarkt in der EU von diesen rechtlichen Hürden befreien will. Dann könnten Kunden von Netflix oder vergleichbaren Online-Diensten innerhalb des Gebiets der Europäischen Union diese Angebote endlich nutzen – und nicht wie bisher nur in ihrem Herkunftsland. Überwunden werden sollen damit die bisherigen lizenzrechtlichen und urheberrechtlichen Beschränkungen.

Den Nutzern von Netflix, Sky oder Youtube ist die Meldung „Dieses Video ist in Ihrem Land nicht verfügbar“ schon lange ein Dorn im Auge. Viele aus dem Ausland eingestellte Youtube-Videos oder Links funktionieren in Deutschland nicht oder verweisen auf diese Sperre. Und wer Mitglied von Bezahldiensten ist, dürfte sich das eine oder andere Male tierisch darüber aufgeregt haben, während eines Urlaubs in einem anderen EU-Mitgliedstaat nicht auf sein Nutzerkonto zugreifen zu können. Denn der Betreiber sperrt in der Regel solche Zugriffe von IP-Adressen aus dem Ausland.

Geo-Blocking zum Schutze des Urheberrechts

Diese überregionale Sperrung der Online-Inhalte ausgehend von der Geolokalisierung anhand der IP-Adresse, das so genannte Geo-Blocking, dient primär dem Schutz des Urheberrechts bzw. des Lizenzrechts und folglich der Verhinderung von Urheberrechtsverletzungen bzw. Lizenzverstößen.

Denn grundsätzlich bestimmt der Urheber oder Lizenzgeber, in welchem Land und unter welchen Bedingungen sein Werk (egal ob Ton oder Bild) angeboten, vervielfältigt oder veröffentlicht wird. Daraus ergeben sich je nach Rechtstyp einerseits vielschichtige Urheber- und Nutzungsrechte oder Lizenzmodelle, andererseits dürfen urheberrechtlich geschützte Werke wie z.B. Musikvideos nicht ohne Einwilligung des Urhebers vervielfältigt oder verbreitet werden.

Urheberrechtsverstöße auf Youtube

Nur mal ein kurzer Blick in das Gesetz (Urheberrechtsgesetz) geworfen: Urheberrechtsverletzungen geschehen massenhaft durch die von Nutzern eingestellten Videos bei Youtube oder anderen Video-Portalen. Das Hochladen von kopierten, mitgeschnittenen oder abgefilmten Videos stellt in der Regel ein Verstoß gegen §§ 15 ff. UrhG (i.V.m. § 31 UrhG) dar, der auch nur unter strengen Voraussetzungen vom Zitatrecht aus § 51 UrhG umfasst wird, wenn man sich nämlich umfangreich inhaltlich mit dem „Zitat“ als solches auseinandersetzt und Quelle / Urheber angibt. Dies betrifft jedes Werk nach § 2 UrhG (Sprachwerke, Musikwerke, Kunstwerke, Lichtbildwerke, Darstellungen wissentlicher oder technischer Art usw.) und die verwandten Schutzrechte nach § 70 ff. UrhG. Derartige Urheberechtsverstöße sind mit Strafe bedroht und können zu diversen Ansprüchen des Urhebers von Unterlassen bis hin zum Schadensersatz führen.

Vor diesem Hintergrund setzen die Urheber und Lizenzgeber – je nach Typus – strenge Schutzvorkehrungen in Gestalt des Geo-Bölocking ein. So können beispielsweise die beliebten TV-Produktionen von US-Amerikanischen TV-Sendern wie CBS nicht von Deutschland aus über deren Online-Angebote betrachtet werden, weil der Sender die Lizenzen hierfür teuer an deutsche Sender verkauft und so jeweils Einnahmequellen durch möglichst viele regionale Verträge schaffen will. Und auch deutsche TV-Sender und an den deutschen Rechtsverkehr gerichtete Online-Inhalte werden in der Regel auf unser Land beschränkt, damit die Betreiber sich nicht erwähnten Urheberrechtsverstößen durch die Nutzung im Ausland ausgesetzt sehen.

Natürlich führt dies zu einer Beschränkung des Internets und stößt für viele im Zeitalter des europäischen Binnenmarktes auf Unverständnis.

„Menschen, die Inhalte legal kaufen, müssen in der Lage sein, sie überall in Europa mitzunehmen“ erklärte jüngst der Vizepräsident der EU-Kommission, Andrus Ansip.

Und auch der deutsche EU-Kommissar Günter Oettinger, der bei diesem Entwurf mitwirkte, spricht sich für dieses digitale Mitnahmerecht aus und zeigt sich überdies positiv gestimmt, innerhalb des nächsten Jahres diese Vorschläge umzusetzen.

Und was ist mit Fußball?

Allerdings gilt dieser Vorstoß nicht uneingeschränkt, sondern soll nach hiesiger Lesart nur für kostenpflichtige Angebote gelten. Unentgeltliche und nicht einmal im Herkunftsland angebotene Inhalte sind hiervon auch weiterhin ausgenommen wie auch Angebote der öffentlich-rechtlichen Sender (z.B. die Live-Streams oder Mediatheken der ARD und des ZDF).

Doch nicht zu früh gefreut: Mit Nichten ist damit die Tür geöffnet für den freien und europaweiten Zugang zu Pay-TV Angeboten, wie sich viele nun erhofft haben mögen. Der Hauptwohnsitz muss weiterhin beachtlich sein, wie Günther Oettinger sinngemäß darstellte, sonst könne man sich ja den billigsten Anbieter in Europa für Sportrechte oder Fernsehangebote aussuchen. Dies sei aber mit Sicherheit nicht im Sinne aller Beteiligten. Er stellte jedoch Überlegungen für die Erteilung von Lizenzen für den grenzüberschreitenden Zugang zu solchen Online-Angeboten in Aussicht.

Gleichwohl sei die Frage erlaubt, wie es sich zukünftig mit Pay-TV Sendern verhält, die zumeist auch aus rechtlichen Gründen auf das Geo-Blocking zurückgreifen müssen, damit der Kunde von Sky Deutschland beispielsweise nicht in Italien, Spanien oder England das Angebot nutzen kann, in welchen andere TV-Sender die Lizenzen für Sport oder TV-Produktionen erworben haben. Andernfalls könnte das bisherige Lizenzmodell für jedes einzelne Land unterlaufen werden. Also demnach dürfte man wohl auch als deutscher Kunde von Sky Deutschland nicht während des Urlaubs in Paris oder in Mailand sein Sky Go benutzen können.

Unklare Rechtslage: Ist die Umgehung der Sperre erlaubt?

Auch das ist kein Geheimnis: Durch bestimmte Einstellungen im Browser wie z.B. durch die Anonymisierungsfunktion oder die Nutzung eines Proxy-Servers oder VPN-Clients lassen sich diese technischen Schranken umgehen. Allerdings ist diesbezüglich die Rechtslage umstritten und noch nicht höchstrichterlich entschieden worden, ob derartige technische Methoden legal sind oder eine unzulässige Umgehung von wirksamen technischen Maßnahmen zum Schutz des Urhebers gemäß § 95a UrhG darstellen. Daran hat sich auch nichts durch diesen Vorschlag geändert.

Doch es bleibt ja noch ein wenig Zeit für die juristische Aufarbeitung. Denn der Entwurf der EU-Kommission muss als nächstes das EU-Parlament und ebenso den Rat der Europäischen Union passieren, wo sicherlich noch das eine oder andere Wort geändert werden dürfte. Dies ist zurzeit auch gut an den Entwürfen der EU-Datenschutz-Grundverordnung zu erkennen. Und auch die Diskussion um das europäische Leistungsschutzrecht oder die Novellierung des Urheberrechts auf Ebene der EU wird ebenso nicht abebben. Schließlich nimmt die Thematik um die geplante Aufhebung des Geo-Blocking nur einen wesentlich geringen Teil der noch bevorstehenden Novellierung des digitalen Binnenmarktes ein, kann jedoch große Auswirkungen haben.

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Die „SSL-Verschlüsselung“: Aus Sicht des Datenschutzes und als SEO-Erfolgsfaktor?

Dem einen oder anderen dürfte es längst aufgefallen sein, dass immer mehr Seiten im Netz und allen voran die bekanntesten Webportale mit „https://www.“ im Browser angezeigt werden. Hinter diesem zusätzlichen „s“ verbirgt sich die SSL-Verschlüsselung ( SSL, kurz für: „Secure Sockets Layer“ ), die nunmehr als das neuere TLS-Protokoll  (TLS steht für „Transport Layer Security“ ) umgesetzt wird. Dieses Übertragungsprotokoll soll für eine vermeintlich sichere Übertragung zwischen dem Server und Nutzer am heimischen PC garantieren. Und könnte sogar auch ein positiver SEO-Erfolgsfaktor sein!

Immer mehr Menschen und Unternehmen kommunizieren über das Internet, obgleich es nach wie vor nicht sicher ist angesichts der längst bewiesenen Ausspähung von Daten durch die Geheimdienste, unzähligen Hacker-Angriffen aus allen Teilen der Welt oder technischer Pannen. Dabei wird die technische Übermittlung, insbesondere zwischen Servern und Nutzern ständig kontrolliert und an neue Schutzstandards durch verbesserte technische Verfahren angepasst.

Spätestens im Zuge des Bekanntwerdens von Abhör-Maßnahmen und sonstigen Überwachungsmethoden der Geheimdienste im Internet hat sich dieser Trend zur SSL-Verschlüsselung bei Webseiten durchgesetzt und wird zurzeit gleich in mehrfacher Hinsicht in der deutschen IT-Szene diskutiert.

Denn zum einen wäre da die rechtliche Sichtweise, insbesondere in Punkto Datenschutz und Datensicherheit, zum anderen wäre da die SEO-Community, die hierin einen klaren SEO-Vorteil gegenüber der Konkurrenz im Internet sehen will.

Was ist überhaupt die SSL Verschlüsselung?

Eine erste Antwort liefert z.B. die BFDI ( Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit ):

„Das Protokoll Secure Socket Layer (SSL) ist ein Verfahren zur sicheren Kommunikation zwischen Web-Server und Browser mit dem gleichzeitig die Authentizität des Web-Servers sichergestellt werden kann.“ (Quelle: BFDI)

Vereinfacht ausgedrückt: Wenn sich der Client ( Computer des Anwenders ) mit dem Web-Server des Anbieters verbindet, auf welchem sich z.B. die besuchte Website befindet und sich öffnet, wird nach Übereinstimmung des Zertifikats eine Verschlüsselung der Datenübertragung bestimmt, auf die grundsätzlich – so der Grundgedanke – kein Dritter mehr zugreifen kann. Die Art des Verschlüsselungsverfahren, dessen Schlüsselstärke in Gestalt der jeweiligen Datenblöcke ( 1024bit oder 2048bit ) und weitere Berechnungsmethoden fließen hierbei ein.

Datenschutz: Aufsicht und drohendes Bußgeld

Die Datenschutzbehörden erteilen den Anbietern im Internet, ausgehend von der derzeitigen Rechtslage ( nach § 9 BDSG sowie den Vorschriften aus dem TMG ), mehr oder weniger die Vorgabe, sich bei technischen Vorgängen im Zusammenhang mit der Erhebung, Speicherung oder Übermittlung von personenbezogenen Daten an „technische und organisatorische Vorkehrungen“ zur Achtung des Datenschutzes zu halten.

So heißt es nach Inkrafttretens des IT-Sicherheitsgesetzes zum 25.07.2015 nunmehr in § 13 Abs. 7 TMG:

(7) Diensteanbieter haben, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, im Rahmen ihrer jeweiligen Verantwortlichkeit für geschäftsmäßig angebotene Telemedien durch technische und organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass
1. kein unerlaubter Zugriff auf die für ihre Telemedienangebote genutzten technischen Einrichtungen möglich ist und
2. diese
a) gegen Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten und
b) gegen Störungen, auch soweit sie durch äußere Angriffe bedingt sind,
gesichert sind. Vorkehrungen nach Satz 1 müssen den Stand der Technik berücksichtigen. Eine Maßnahme nach Satz 1 ist insbesondere die Anwendung eines als sicher anerkannten Verschlüsselungsverfahrens.

Daraus ergibt sich die Pflicht für die danach verantwortlichen Diensteanbieter solche technischen Möglichkeiten umzusetzen, worunter längst die SSL-Verschlüsselung fällt.

Spätestens nach Inkrafttreten des IT-Sicherheitsgesetzes gilt die „SSL-Verschlüsselung“ für viele als ein Must-Have. Denn das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat klargestellt, dass es die „SSL-Verschlüsselung“ unter gewissen Voraussetzungen ( Mindeststandard ) als ausreichend sicher einstuft. Und die BFDI gibt auch gleich den Angesprochenen ein paar Informationen zur sicheren SSL-Verschlüsselung mit auf dem Weg.

Und auch die Datenschutzbehörden hierzulande sind wachsam. So sind die deutschen Datenschutzbehörden zwar angehalten, Diensteanbieter in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsgebiet bezüglich der eventuellen Voraussetzung der „SSL-Verschlüsselung“ auf die Finger zu klopfen. Es droht sogar nach § 16 TMG ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro im Falle des Verstoßes gegen diese Anforderungen, jedoch ist bislang noch nicht viel in dieser Richtung passiert. Lediglich das LDA Bayern ist in diesem Thema nach vorne geprescht und hat seinen Standpunkt deutlich gemacht.

Es ist daher für Shop-Betreiber, größere Web-Portale und Firmen-Webseiten empfehlenswert, dieses Thema ernst zu nehmen und eine SSL-Verschlüsselung für die Webseite in naher Zukunft einzurichten. Die Zeit spielt gewissermaßen gegen sie.

Dies gilt zumindest für Kontaktformulare, Webshops, Kommentare und vergleichbare Funktionen, worin die personenbezogenen Daten der Kunden oder Mitglieder erhoben und übermittelt werden. Daher wird ein SSL-Zertifikat mit einer Schlüssellänge von über 1024bit, idealerweise von 2048bit empfohlen. Ebenso sollten sich Webserver und Mailserver an höhere Sicherheitsstandards halten, wie z.B. die Einleitung der Kommunikation über dem Mailserver mit dem STARTTLS-Verfahren.

Doch damit nicht genug: Es steht längst der neue HTTP/2-Standard aus, der eine noch sichere Übertragung und Verschlüsselung ermöglicht. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Seiten auf diesen Zug alsbald aufspringen wollen und können ( Die technische Erklärung hierzu würde den Rahmen des Artikels sprengen ).

All diese Sicherheitsstandards verlangen eine ständige Überprüfung und Anpassung, was gleichzeitig zeitintensiv und teuer ist. Die Juristen sehen hier einen kleinen Handlungsspielraum aus § 13 Abs. 7 TMG: Denn dies muss natürlich in einem technisch möglichen und wirtschaftlich angemessenen Verhältnis stehen. Schließlich stünde es außerhalb jedweden Verhältnisses, wenn die technische Umstellung oder ständige Anpassung den Geschäftsbetrieb eines Unternehmens für einen längeren Zeitraum gefährdet oder Internet-Angebote vom Netz genommen werden müssen.

SEO: besser im Ranking dank der „SSL-Verschlüsselung“?

Doch auch abgesehen von diesen Rechtsfragen dürfte vieles für die SSL-Verschlüsselung bei Webseiten sprechen.

Schon vor 1-2 Jahren kursierte in der SEO-Welt das Gerücht: diese neue Verschlüsselungstechnik sei ein positiver SEO-Faktor und würde das Ranking bei Google verbessern. So würde Google sogar Webseiten mit „SSL-Verschlüsselung“ positiv bewerten und im Ranking bevorzugen.

Inwiefern eine Webseite nun tatsächlich weiter oben positioniert dank der neuen Technologie ist, lässt sich wohl kaum beurteilen. Denn die vorderen Positionen bei Google werden ohnehin meistens von erfolgreichen Webseiten eingenommen, weswegen das Bild stets verzerrt wird. Aber allein die Tatsache, dass die führenden Anbieter längst umgestiegen sind und damit keinen Schiffbruch erlitten haben, spricht für sich.

Laut Aussagen des Google-Mitarbeiters Gary Illes wird bei zwei identischen Seiten jene mit HTTPS bevorzugt:

„If you’re in a competitive niche it can give you an edge from Google’s point of view. [HTTPS] acts more like are tie breaker. For Example: If all quality signals are equal for two results, than the one that is on HTTPS would get or may get the extra boost.“ ( Quelle: Video-Kommentar )

Viel Gutes dank SSL-Verschlüsselung?

Es bleibt also dabei, dass die Qualität der Inhalte, Backlinks und die seriösen SEO-Faktoren weiterhin den Ton angeben und die SSL-Verschlüsselung nur das I-Tüpfelchen sein kann, wie einige SEO-Experten behaupten.

Wie so oft in Leben gilt es zwischen Sicherheit und wirtschaftlichen Faktoren abzuwägen. Dennoch sollte dabei im Interesse eines jeden Unternehmens stehen, im wahren Sinne des Wortes auf der sicheren  ( Server )-Seite zu stehen und sich mit dem Thema SSL/TLS -Verschlüsselung künftig zu befassen.

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Datenschutz beim Smart-TV: Die elektronische Überwachung des Wohnzimmers durch Microsoft, SAMSUNG und Barbie-Puppen – Eine bedrohliche Zukunftsvision

Selten passte der Vergleich mit George Orwells „1984“ wie zurzeit. Denn während Winston Smith beim morgendlichen Sport vor dem telescreen beobachtet wird, speichern Microsoft, SAMSUNG und Co. schon heute unser Fernsehprogramm und jedes gesprochene Wort. Und die Menschen tragen freiwillig die elektronischen Spione in der Hand.

Die technische Entwicklung – das heißt die von der Industrie technisch umsetzbaren Neuerungen, die anschließend durch geschicktes Marketing zu „gewünschten Nutzeranforderungen“ umgedeutet, oktroyiert und implementiert werden – bringt uns seit 2-3 Jahren das so genannte Smart-TV ins Wohnzimmer. Insbesondere die modernen Fernsehgeräte von SAMSUNG mit eingebauter Front-Kamera für etwaige Skype-Sessions, Spiele oder Sport-Apps führen uns wieder einmal vor Augen, welche Gefahren dem Individuum und letztlich der Gesellschaft drohen.

Längst kein Roman mehr: George Orwell 1984 ist Alltag
Längst keine Vision mehr: George Orwell „1984“ ist Alltag

Einst noch in Romanen und Kinofilmen belächelt, holen „wir“ uns nun die Überwachungstechnologie Stück für Stück ins Haus. Die neuesten elektronischen Geräte dieser Branche sind sprachgesteuert, reagieren auf Gestik und surfen selbst im abgeschalteten Modus im Internet weiter, sofern man nicht den Stecker zieht.

In jedem Fall liefern die an das Internet angeschlossenen Fernseher den Herstellern zahlreiche personenbezogene Daten wie die IP-Adresse des Nutzers und beispielsweise besuchte Webseiten und Apps und wohlmöglich auch die betrachteten Fernsehprogramme (so genanntes Nutzerverhalten). So können exakte (zumindest anonymisierte) Profile des Kunden erstellt werden, was für die Nutzerauswertung(-ausbeutung) in Hinsicht auf Werbung und sonstige Marketing-Methoden Goldwert ist. Und das häufig in mehrfacher Art: denn unter Umständen (vermutlich zumeist) sammelt und speichert nicht nur der Gerätehersteller diese Daten, sondern auch weitere „Zwischenhändler“ wie z.B. Google bei Geräten mit dem Android Betriebssystem. Dieselben Möglichkeiten besitzen beispielsweise Google mit dem Chromecast sowie Amazon mit dem Amazon Firestick, weswegen diese Geräte in der Regel günstig zu kaufen sind.

Dabei ist die Thematik nicht einmal neu. Bereits 2013 ließ Microsoft die XBOX One Kinect mit einer Kamera ausstatten, um vergleichbar mit den stärksten Konkurrenten wie SONY mit der Playstation oder die Nintendo Wii diverse Games anzubieten, die die meisten von lustigen Partyrunden kennen dürften. Der Spieler kann mittels Spielekonsole am Fernseher z.B. Golf oder Tennis spielen gegen den Computer oder andere Mitspieler oder nach Punkten tanzen bei „dancestar“ oder „justdance“. Hierfür wird idealerweise dann eine Kamera benötigt, die die Bewegungen des Spielers bemisst.

Schnell sickerten Infos zu „Datenschutzproblemen bei der Xbox One Kinect“ durch die Medien, dass Microsoft sich möglicherweise das Recht in versteckten Nutzungsbedingungen einräumen ließ, die Geräte auch für die Auswertung des Nutzerverhaltens und letztlich für Werbezwecke nutzen zu dürfen. Zur Funktionsweise: Die Kamera und auch das Mikrofon sammeln sämtliche Daten, die über das Internet an die Server von Microsoft in den USA übermittelt werden. Anhand von Geräuschen, Bewegungen und weiteren Techniken wie z.B. Gesichtserkennung vereint kann folglich zugeordnet werden, welche Person, welcher Altersgruppe und welchen Geschlechts zugehörig wie viele Stunden im Zimmer sitzt, welches Programm dabei anschaut oder allgemein wie die Person auf gewisse Umstände reagiert. Sogar Emotionen sollen grob erkennt werden können. Und angesichts der rasanten Zunahme an technischen Finessen ist viel Spielraum nach oben offen. Wer weiß, vielleicht können sogar mit feiner „Terminator“-Fähigkeit menschliche Bedürfnisse wie Hunger oder Fieber allein durch diese Instrumente erkannt und ausgewertet werden.

Doch Microsoft soll dann zurückgerudert sein? Und es bleibt ja jedem selbst überlassen, diese Geräte (nicht) zu kaufen oder die Front-Kamera mit einem Klebestreifen abzudecken.

Dies sei auch ratsam, wie es in einem ARD „plusminus“ Beitrag heißt. Dort wurde aufgezeigt, wie leicht sich Hacker in den Smart-TV Fernseher einhacken und beispielsweise die Front-Kamera aktivieren können, ohne dass es der Nutzer mitbekommt.

Big Brother is watching (and hearing) you

Damit noch nicht genug. Denn wie eingangs beschrieben arbeiten mittlerweile auch die Smart-TV Geräte größerer Hersteller auf ähnliche Weise.

Die Datenschützer in Deutschland werfen bereits seit einiger Zeit ihr „kritisches Auge“ auf diese modernen TV-Geräte und haben jüngst eine umfangreiche Orientierungshilfe „zu den Datenschutzanforderungen an Smart-TV Dienste“ veröffentlicht, die im Rahmen der Sitzung des Düsseldorfer Kreises am 15. / 16. September 2015 beschlossen wurde und sich sowohl an Gerätehersteller als auch App-Anbieter richtet.

Dieses Arbeitspapier stellt nicht nur die rechtliche Bewertung von Smart-TV und hbbTV dar, sondern enthält auch konkrete Vorgaben hinsichtlich der Einwilligung des Nutzers nach § 4a BDSG sowie § 13 Abs. 2, 3 TMG im Falle der Reichweitenmessung des Nutzers (S. 16-17). Diese Vorlage soll sicherstellen, dass sich zukünftig Betreiber und Hersteller von Smart-TV an die deutsche Rechtslage im Datenschutz hält.

Zudem wird auch die anonyme Nutzung von hbbTV gefordert:

„Im Ergebnis müssen die HbbTV-Anbieter als verantwortliche Stellen, ggf. in Kooperation mit den Geräteherstellern es dem Nutzer ermöglichen, anonym d.h. ohne dass personenbezogene Daten wie IP-Adressen und /oder Nutzungsdaten beim Einsatz von Verfahren zur Reichweitenmessung an den HbbTV Anbieter fließen fernsehen zu können“

Und auch die Verbraucherschutz-Zentrale NRW hat vor wenigen Tagen nach vorheriger Beanstandung nunmehr Klage gegen den südkoreanischen Elektronikkonzern SAMSUNG erhoben wegen des rechtlich bedenklichen Einsatzes von Smart-TV Geräten.

Konkret wird die fehlende oder unzureichende Einwilligung des Nutzers in die Erhebung bzw. Speicherung der personenbezogenen Daten kritisiert, denn das Gerät hat diese Einstellung von Werk an aktiviert. So sendet der Fernseher bereits personenbezogene Daten nach dem Einschalten. Ebenso sind die Datenschutzbestimmungen nur unzureichend transparent und verständlich:

„Für die Erhebung und Verwendung dieser Daten fehlt es nach Ansicht der Verbraucherzentrale NRW mangels Einwilligung der Nutzer jedoch an einer rechtlichen Grundlage. „Nutzern muss klar gemacht werden, dass – anders als bei den klassischen – bei den internetfähigen Fernsehgeräten schon nach dem ersten Anschließen und der Inbetriebnahme die Datenübertragung in Gang kommt“, so Schuldzinski. Die Verbraucherschützer wollen erreichen, dass Samsung vor der Nutzung der HbbTV-Funktion in verständlichen und gut wahrnehmbaren Datenschutzbestimmungen über die Erhebung und Verwendung von Daten informieren muss. Außerdem müsse erst eine entsprechende Zustimmung vorliegen, bevor es zu einer Übertragung von Daten kommt.“ (Vgl. Pressemeldung der Verbraucherschutzbehörde NRW).

„Spion im Kinderzimmer“ – die lauschende Barbie-Puppe

Wer glaubt, das sei bereits alles, irrt gewaltig! Selbst Mattel bietet seit kürzerem eine Version der Barbie Puppe mit dem Namen „Hello Barbie“ an, die über W-LAN mit dem Internet und den Cloud-Servern des Herstellers verbunden ist und sprachgesteuert wird. Dabei verwendet sie das Spracherkennungssystem ToyTalk. So reagiert die Barbie-Puppe auf die Spracheingabe und speichert auf diese Weise sämtliche aufgenommenen Geräusche auf diesen Servern. Was Hersteller und Werbe-Unternehmen damit für ein mächtiges Instrument in Händen liegt, sei der Fantasie des Lesers überlassen.

Der Hersteller erhielt dafür schon mal im April diesen Jahres vom Bürgerrechtsverein Digitalcourage diesen ungeliebten Big Brother“ -Award im Bereich Technik für die datenschutzrechtlich schlechteste (oder gefährlichste?) Technologie. Der Verein wies gleichzeitig auf die Gefahr hin, dass zukünftig noch weiteres Spielzeug im Kinderzimmer mit dieser Spionage-Technik ausgestattet werden wird.

…und bald auch im Auto

Es dürfte jedoch davon auszugehen sein, dass diese Technologie weiterhin Verwendung findet und uns immer mehr im Alltag begleiten wird. Zu denken ist nicht nur an die herkömmlichen Eingabegeräte, wie Computer oder Smartphone, sondern auch an die in naher Zukunft erstmals rollenden selbstfahrenden Autos. Es ist auch kein Geheimnis, wie wichtig der moderne Automobilmarkt ist: Bereits Google versucht das Android System für Fahrzeuge immer mehr im Markt einzuführen. Aber nicht jeder Hersteller beugt sich dem, denn wie jüngst bekannt wurde, stattet Porsche die neueste Generation des Porsche 911 nicht mit Android-Technik aus, weil Google angeblich viel zu viele Verkehrs- und Nutzerdaten sammeln und an die Server übertragen soll. Zumal bereits die Datenschutzbehörden den Datenschutz bei den modernen Fahrzeugen prüfen, die z.B. durch eCall oder herstellereigene „smart“-Systeme ständig verknüpft sind und dabei personenbezogene Daten des Fahrers übertragen. Und dies nicht nur aus Sicherheitsgründen, sondern sicherlich mit mehreren Intentionen. Und bald stehen die „selbstfahrenden“ Autos auf dem Plan. Natürlich mischt Google da ganz vorne mit.

„Daten sind das neue Öl“

In dem derzeit in den Kinos laufenden Doku-Film „Democracy – Im Rausch der Daten“ von David Bernet, der die Entstehungsgeschichte der geplanten Datenschutz Grundverordnung der EU und den Machtkampf zwischen Politik und Wirtschaft in Brüssel eindrucksvoll aufzeigt, heißt es gleich zu Beginn: „Daten sind das neue Öl“. Personenbezogene Daten und solche Nutzerdaten, die sich für mehr als nur die Werbung von Technologieunternehmen und Industrie sammeln und auswerten lassen, sind die wichtigste Ressource des 21. Jahrhunderts und haben bereits die elementaren Rohstoffe wie Öl und Gas abgelöst. Wir profitieren von kostenlosen Angeboten im Internet, nutzen diese und sind gleichzeitig der Lieferant.

Aber seien wir mal ehrlich mit uns: Wir Nutzer sind doch selber „Mittäter“, wenn wir uns die Fitnessarmbänder ans Handgelenk legen, das Smartphone ständig dabei haben und unser Mittagsessen samt Position auf Facebook veröffentlichen, obgleich wir uns nur zu sehr gern in der „Opfer“-Rolle sehen wollen. Und inwieweit ein jeder von uns in welcher Rolle (Mittäter oder Opfer) mitspielt, kann er für sich selber entschieden? Falls man überhaupt noch eine Wahl hat.

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Verkehrsminister Dobrindt will Drohnenführerschein und schärfere Regelungen für Drohnenbesitzer einführen

Wie vor wenigen Tagen bekannt wurde, plant der Verkehrsminister Alexander Dobrindt eine Art „Führerschein“ für Drohnen einzuführen. Auch sollen stärkere Regelungen für Drohnenbesitzer insgesamt mehr Sicherheit und Schutz der Bevölkerung bringen.

So sind Drohnen mittlerweile erschwinglich und werden nicht nur von professionellen Kameraleuten für Dreharbeiten genutzt, sondern auch von Privatpersonen für schöne Hobby-Aufnahmen. Dabei können die kleinen Flugkörper leise im Himmel schweben und über das Nachbargrundstück oder sogar Firmengelände fliegen, ohne dass es jemand mitbekommt.

Es liegt auf der Hand, dass so Einblicke in die Privatsphäre oder Betriebsgeheimnisse möglich sind. Aus diesem Grund warnten bereits die Datenschützer vor den Drohneneinsatz und zeigten auf, welche rechtlichen Ansprüche den Opfern zustehen bzw. wie diese sich gerichtlich wehren können.

Nun soll also der Luftraum für Drohnen stärker reglementiert werden. Unter anderem sieht der Plan vor, dass die Drohnen zukünftig gekennzeichnet werden sollen. Auch benötigen Drohnenbesitzer, die solche Drohnen aus gewerblichen Gründen nutzen, z.B. für professionelle Video- oder Fotoaufnahmen, wohl künftig einen Führerschein.

Führerscheinprüfung für Drohnenbesitzer

Der Benutzer muss folglich erst einmal eine Führerscheinprüfung erfolgreich ablegen, in welcher er „fliegerische und luftrechtliche Kenntnisse“ nachzuweisen hat. Wie dies genauer aussehen könnte, ist bislang nicht bekannt. Die Genehmigung soll dann zwischen 200 und 300 Euro kosten. Damit gehen weitere Beschränkungen einher. So dürfen Drohnen nur noch auf Sichtweite und nicht höher als 100 Meter in der Luft fliegen.

Des Weiteren soll es verboten sein, mit der Drohne über sensible Orte zu fliegen wie z.B. Industriegebäude, Gefängnisse oder Massenveranstaltungen. Sogar Wohngebiete stehen angeblich auf der Liste. Wird dieser Vorstoß bald Realität, dürften die einzig noch erlaubten Lufträume für Drohnen sehr überschaubar sein.

Diese Regelung bezweckt nicht nur den Schutz der Rechte von Privatpersonen oder Unternehmen, sondern dient der Sicherheit im Luftverkehr. Denn es ist bereits mehrfach vorgekommen, dass Rettungsflieger oder Hubschrauber durch eine Drohne in mehreren hundert Meter Höhe behindert wurden. So soll laut SPON in jüngster Vergangenheit ein Rettungshubschrauber während eines Rettungseinsatzes auf dem Weg in ein Krankenhaus fast mit einer Drohne kollidiert sein. Während der Pilot blitzschnell ausweichen und so die Gefahr eines Absturzes verhindern konnte, lässt sich der Besitzer der Drohne nicht ermitteln.

Ebenso flogen mehrfach Drohnen auf Firmenkomplexen oder in der Nähe von Atomkraftwerken. Die mögliche Spionage und heimliche Überwachung sollen nun durch die geplanten Regelungen eingeschränkt werden.

Der richtige Ansatz

Obwohl diese Gedankenspielerei auf dem ersten Blick befremdlich wirken, denn die Nutzer von ferngesteuerten Spielzeugautos oder Segelboten benötigen auch keinen Führerschein, sind die Forderungen konsequent und rechtlich nachvollziehbar. Spätestens wenn Nachbarn im Garten die heimliche Videoaufzeichnung mittels Drohe fürchten müssen, Firmen ausspioniert werden oder Rettungshubschrauber einen Beinahe-Unfall erleben, muss der Gesetzgeber reagieren. Die Nachbarshecke und der Sichtschutz sollen weiterhin ihren Zweck erfüllen und nicht überflogen werden. Darauf müssen wir uns alle verlassen können.

Ob sich die Drohnenbesitzer dann jedoch an diese Vorgaben halten, mag bezweifelt werden. Zu reizvoll ist der Flug über die Dächer. Allerdings führen die Ideen vom CSU-Politiker zur Sensibilisierung der Thematik. Wie die Idee letztlich umgesetzt wird, bleibt abzuwarten.

Sind Menschen ohne Facebook glücklicher? Ein Selbsttest

Vor allem die ältere Generation wird diese Frage gewiss mit „ja“ beantworten. Aber sind Menschen wirklich ohne Aktivitäten und Mitgliedschaft auf Facebook zufriedener oder gar ruhiger? Ja, sind sie, sagt nun eine aktuelle Studie aus Dänemark.

Zumindest wollen dies dänische Wissenschaftler des „Happiness Research Institutes“ vor kurzem herausgefunden haben. In dieser Studie wurden 1095 dänische Teilnehmer einbezogen, von denen die Hälfte der Teilnehmer eine Woche lang auf Facebook verzichtet hat, während die andere Hälfte der Probanden das größte soziale Netzwerk der Welt wie gewohnt weiterhin nutzen sollte.

Bei der Auswertung der Fragenkataloge stellten die Wissenschaftler in Kopenhagen fest, dass sich die Personen auf „Facebook-Entzug“ zufriedener und weniger gestresst fühlten als die andere Hälfte der aktiven Facebook-Nutzer. In der Mehrheit haben sie sich als ausgeglichener beurteilt.

Sicherlich lässt sich über das Ergebnis dieser Studie streiten, da sie weder als Langzeitstudie angelegt war noch die konkreten Daten zu den einzelnen Probanden bekannt sind und sicherlich nicht wissenschaftlichen Kriterien genügt.

Das Thema ist natürlich nicht neu und wird seit Jahren immer wieder „aus der Schublade“ hervorgeholt. Und dennoch haben gefühlte 90 Prozent aller Kids und Jugendlichen ein Smartphone, das sie auf dem Weg zur Arbeit oder selbst während des so genannten „Fernsehgenusses“ nicht aus der Hand legen (Stichwort „Second Screen“). So kann ein ständiger Kontakt via Whatsapp, Facebook und E-Mails gehalten werden, um permanent an der „News-line“ zu hängen und um jederzeit (re)agieren zu können. Häufig verhalten sich diese „Android-Junkies“ genervt, wenn der/die Kommunikationspartner nicht innerhalb von wenigen Sekunden/Minuten auf die Nachricht antworten. Zumeist lauern diese auf ihre Facebook-Freunde, um immer „uptodate“ zu sein. Newsticker, Live-Ergebnisse sowie insgesamt die Medien geben ihrerseits Vollgas, die Nutzer bei der Stange zu halten.

Was sind die Gründe, warum Menschen ohne Facebook glücklicher seien könnten?

Enthaltsamkeit gegenüber dem ständigen Vibrieren oder Blicken zum Handy, wenn wieder jemand den eigenen Beitrag geliked oder kommentiert hat. Was bei letzteren dazu führt, sich ständig veranlasst zu sehen, unverzüglich zu antworten wie z.B. bei der Facebook-Chatfunktion (Messenger). Die User werden von Treibenden zum Getriebenen und die Interaktion regelt offensichtlich die Herzfrequenz, währenddessen der Enthaltsame sich in Ruhe anderen Themen widmen kann.

Auch macht dieser Zustand des Getriebenseins nicht in den eigenen vier Wänden halt. Zumeist tritt noch die typische „Mitteilungssucht oder besser Geltungssucht“ hinzu, also die ständige Suche im Alltag nach Situationen, Bildern, aufgefangenen Wortfetzen anderer Personen beim Vorbeigehen auf der Straße oder neuesten Informationen, die es sofort über Facebook den Freunden und Kollegen mitzuteilen gilt, gerade um ein positives Feedback zu erhalten (Ein typisches schulisches Verhalten) Hier möchte ich mich – fairerweise – auch nicht von freisprechen – währenddessen der Enthaltsame sich in Ruhe anderen Themen widmen kann.

Zu bedenken gebe ich dabei: Wie jeder User selbst bereits erfahren hat: Es kommen nicht nur positive Kommentare zurück, sondern möglicherweise „shitstorms“, was selbstverständlich wieder zu einer (Un)gerechtigkeitsdebatte oder zu Frust führt.

Wie steht es eigentlich mit Kommunikation? Ich meine damit: Wieder miteinander zu sprechen statt zu chatten. Aber dazu mehr in meinem Selbsttest.

Der Selbsttest: Es gibt eine Welt da draußen

Also mein Selbsttest vor einigen Monaten unterstrich das Ergebnis dieser Studie. Es waren zwar nur 2 Wochen „ohne“ Facebook, jedoch fühlte ich mich spürbar entspannter, das Handy lag auch mal mehrere Stunden im anderen Raum und es steigerte sich das Interesse an der direkten Kommunikation mit meinen Mitmenschen. Die innere Ruhe stieg. Und auch der Joghurt schmeckte wieder besser, wenn man ihn ohne Handy in der Hand genießen konnte. Es blieb mehr Zeit für persönliche Kommunikation und direkte Wahrnehmung von Eindrücken, Bildern und zwischenmenschlichen Gefühlen.

Ich war nicht nur ruhiger, sondern nahm eine gesteigerte Aufmerksamkeit der Kommunikation mit Menschen wahr ohne irritiert oder beeinflusst zu sein von virtuellen Likes und Postings.

Auch muss ja nicht immer jeder Schritt in der Öffentlichkeit preisgegeben werden.

Was wäre die Alternative zu Facebook?

Telefonat, persönliches Gespräch, E-Mail, Briefpost usw. sind die Ausweichmöglichkeiten. Diese Alternativen erscheinen in der heutigen Zeit offensichtlich als überholt und zu langsam, zumal diverse Bekannte und Freundschaften mittlerweile weltumspannend sind und eigentlich im Übertragenden in diesem verflixten kleinen Gerät Smartphone so herrlich vereint sind, welches nur wenig Gewicht und Platz in Anspruch nimmt. „Fortschritt durch Technik?“ keine Ahnung? Auf jeden Fall sehr bequem!

Warum wir Facebook vielleicht doch alle brauchen?

Aber seien wir mal ehrlich? Dem stehen andere Aspekte gegenüber, die nicht zu verachten sind. Wie viele Kontakte, Job-Angebote oder Ebay-Auktionen sind dank Facebook erst zustande gekommen? Für uns „Selbständige wie auch Angestellte“ ist das soziale Netzwerk eine gute Plattform als breites Spektrum im Privat- und Berufsleben.

Der gesunde Mittelweg ist gefragt. Selbstbegrenzung auf ein gutes Maß anstatt Maßlosigkeit. Eine gute Auswahl an Apps zu treffen und nicht in millionenfachen multimedialen (Un)Möglichkeiten zu surfen.

Das hat auch den Vorteil, dass man nicht impulsiv oder durch die Stimmung beeinflusst reagiert, negative oder peinliche Beiträge oder Fotos postet, die einen nicht nur Freundschaften (oder gar Beziehungen), sondern sogar auch unter Umständen den Job kosten können. Schließlich zeichnen einige Gerichtsentscheidungen aus dem Arbeitsrecht bereits vor, dass Beleidigungen gegenüber dem Chef oder Mitarbeiter bei Facebook zu Abmahnungen oder fristlosen Kündigungen führen können.

Und einmal ganz wahrhaft gesprochen: Muss ein jeder von uns ständig auf dem so genannten letzten Stand von „allem und jedem“ sein. Im privaten wie auch beruflichen Umfeld? Verhält es sich nicht gerade so, wie eine mediale Weisheit sehr treffend besagt: „nichts ist so alt wie die Nachricht von gestern“, was übertragen auf Facebook etc. wohl so viel bedeutet: Viele Posts sind bereits überholt (man kann fast den Eindruck bekommen, diese überholen sich selbst ständig gegenseitig!), bevor sie gelesen werden können, da die Flut an Nachrichten von kaum einem bewältigbar sind. Wie so vieles im Leben!