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Rostocker Richter nach Facebook-Foto für befangen befunden

Ein Strafrichter aus Rostock ist durch ein Foto auf seinem persönlichen Facebook-Profil sowie weiteren Bemerkungen negativ aufgefallen, so dass der Bundesgerichtshof (BGH) nunmehr in der Revision die Besorgnis der Befangenheit annahm. Zukünftig sollten Richter also aufpassen, was sie privat im Internet veröffentlichen.

Das Themenfeld „Facebook und Arbeitsrecht“ füllt mittlerweile viele Bücher. Zahlreiche Entscheidungen deutscher Gerichte sind in den letzten Jahren ergangen, in denen beispielsweise die Kündigung eines Arbeitnehmers wegen anstößiger Beiträge gegenüber dem Chef  oder nach veröffentlichten Urlaubsfotos während einer angeblichen Krankschreibung für rechtmäßig erklärt worden sind. Aber auch mit der Frage, ob ein Arbeitnehmer während der Arbeitszeit privat im Internet und somit auch auf Facebook oder Twitter surfen darf, beschäftigen sich die Juristen seit Jahren.

Doch nun hat sich diese Thematik um einen weiteren, kuriosen Fall aus dem Strafrecht erweitert: Ein Strafrichter am Landgericht Rostock sorgte mit umstrittenen Inhalten auf seinem privaten Facebook Account für Schlagzeilen und verspielte damit seine Reputation als unvoreingenommener Richter. Dies hat nicht nur für ihn Konsequenzen, sondern auch für die damaligen Angeklagten.

Denn wie der Bundesgerichtshof (BGH) in einer erfolgreichen Revision nunmehr entschied (BGH, Az. 3 StR 482/15), wurde die Besorgnis der Befangenheit des Richters angenommen, weil sich dieser privat im Internet über die Angeklagten lustig machte.

Was war passiert? Der Richter soll sich unter anderem mit einem Foto in seinem Facebook Profil gezeigt haben, auf welchem er ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Wir geben ihrer Zukunft ein Zuhause: JVA.“ trug (JVA ist bekanntlich die Abkürzung für „Justizvollzugsanstalt“). Durch das „liken“ eines Kommentars unter diesem Bild und weiteren eigenen Kommentaren soll er seine Zustimmung ausgedrückt haben, wie das Gericht nun befand. Dabei war zu keinem Zeitpunkt umstritten, dass es sich um den Account des Richters handelte, da dieser in seinem Profil unter anderem sein Amt als Richter angegeben hatte.

In einem Prozess vor der 2. Großen Strafkammer des Landgericht Rostock unter der Leitung des fraglichen Richters wurden zwei Angeklagte im April letzten Jahres unter anderem wegen erpresserischen Menschenraub und gefährlicher Körperverletzung zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Im vorangegangenen Ablehnungsgesuch nach § 24 Abs. 2 StPO im Rahmen des Prozesses hatten die Strafverteidiger noch keinen Erfolg. Der Befangenheitsantrag wurde abgelehnt mit der Begründung, das Foto entstamme der Privatsphäre des Richters und sei als „Witz“ einzustufen. Eine Stellungnahme hatte dieser dazu nicht abgegeben. Doch in der Revision vor dem BGH kam es zu der wegweisenden Entscheidung.

Wie der 3. Strafsenat des BGH befand, mache sich der Strafrichter einen Spaß auf Kosten der Angeklagten.

„Der Inhalt der öffentlich und somit auch für jeden Verfahrensbeteiligten zugänglichen Facebook-Seite dokumentiert eindeutig eine innere Haltung des Vorsitzenden, die bei verständiger Betrachtung besorgen lässt, dieser beurteile die von ihm zu bearbeitenden Strafverfahren nicht objektiv, sondern habe Spaß an der Verhängung hoher Strafen und mache sich über die Angeklagten lustig. [..] Dessen Internetauftritt ist insgesamt mit der gebotenen Haltung der Unvorgenommenheit eines im Bereich des Strafrechts tätigen Richters nicht zu vereinbaren.“ (BGH, Az. 3 StR 482/15)

Auf Grund der erfolgreichen Revision der Strafverteidigung muss das Strafverfahren nun erneut verhandelt bzw. neu entschieden werden. Interessant ist außerdem, dass dieses Mal jedoch vor dem Landgericht Stralsund verhandelt wird, also die BGH Richter das Verfahren gleich an ein ganz anderes Gericht statt wie üblich nur an eine andere Kammer des Ausgangsgerichts verweisen.

Der Hamburger Strafverteidiger und Rechtsanwalt Dr. Böttner meint dazu:

„Bemerkenswert ist auch, dass der 3. Strafsenat des BGH das Verfahren nicht etwa an eine andere Kammer des Landgerichts Rostock verwiesen hat, sondern offenbar die Auffassung der Verteidigung teilt, dass die Angeklagten dort kein faires Verfahren erwartet, nachdem man am Landgericht durch Ablehnung des offensichtlich begründeten Befangenheitsantrages versucht hat „Schützenhilfe“ zu leisten. Der BGH hat von § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO Gebrauch gemacht und die Sache zur neuen Tatsachenverhandlung an das LG Stralsund verwiesen. Eine solche Vorgehensweise ist eher selten.“

Laut Angaben des NDR soll die fragliche Facebook-Seite des Richters inzwischen gelöscht worden sein, was natürlich keinen Einfluss auf den weiteren Fortgang des Verfahrens hat.

Auch wird der in die Kritik geratene Richter nicht sein Amt verlieren und hat auch keine dienstrechtlichen Folge zu befürchten, wie nun das Landgericht Rostock durch eine Sprecherin mitteilen ließ.

Welche Folgen können aus dieser Entscheidung entstehen?

Die meisten Strafverteidiger dürften diesen Erfolg begrüßen, wurde doch erstmals vom BGH deutlich gemacht, dass auch das „Privatleben“ eines Richters bei der Besorgnis der Befangenheit eine wesentliche Rolle spielen kann. Bisher bestand nur eine sehr geringe Erfolgschance beim Ablehnungsgesuch eines Richters. Strafverteidiger Dr. Böttner erkennt hierin eine eingeläutete Wende: „Es ist zu erwarten, dass zukünftig Befangenheitsanträge mit Substanz häufiger Erfolg haben werden.“

Zukünftig sollten sich die Richter hierzulande also achtsamer um ihre Privatsphäre geben und vor öffentlichen „Stammtisch-Meinungen“ hüten. Im Facebook-Zeitalter ist es daher umso wichtiger, auf die eigene Online-Reputation und etwaige Privatsphären-Einstellungen zu achten. Dies gilt selbstredend nicht nur für Richter oder Amtsträger.

Zudem ist dieser Fingerzeig des BGH in die Richtung des Landgerichts Rostock nicht ganz außer Acht zu lassen. Die Zurückweisung der Strafsache an ein ganz anderes Gericht lässt sich durchaus als Kritik an dem gesamten Gericht deuten.

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LG Hamburg untersagt Facebook-Nutzer weitere Hass-Kommentare

Das Landgericht Hamburg hat per einstweiliger Verfügung einem Facebook-Nutzer untersagt, Beleidigungen gegenüber der ZFD-Moderatorin Dunja Hayali auf derer Facebook-Seite zu äußern. Im Falle der Zuwiderhandlung drohe dem Betroffenen ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro. Und es gibt bereits mehrere Verurteilungen vor den Strafgerichten wegen der Facebook-Hetze.

Die Journalistin Dunja Hayali ist es längst gewohnt, Opfer von Hass-Kommentaren und Beleidigungen im Internet wie auch auf der Straße zu werden. Für ihr Engagement gegen Rassismus und offenen Diskurs in der Flüchtlingsdebatte, muss sie tagtäglich mit krassen Anfeindungen leben. In TV-Sendungen sprach die Preisträgerin der Goldenen Kamera 2016 mehrfach über ihrem Umgang mit diesen Beleidigungen und wandte sich aktiv gegen die vermeintlichen Übeltäter.

Nun ließ sie durch ihren Anwalt eine einstweilige Verfügung vor dem Landgericht Hamburg erwirken, in welcher einem Facebook-Nutzer die Äußerung von solchen Hass-Kommentaren auf der Facebook-Seite der Journalistin untersagt wird. Der Klarname des Facebook-Mitglieds konnte anhand seines Nutzernamens ermittelt und so der Betroffene identifiziert werden, an den die einstweilige Verfügung mittlerweile zugestellt worden ist. Er hatte am 7. Januar dieses Jahres unter anderem die TV-Moderatorin als „ein dummes Stück Scheiße“ und „Gehirntote in der Merkelpropaganda“ bezeichnet und den Vergleich mit der Propaganda aus dem dritten Reich gezogen.

Die Nachricht ist deshalb erwähnenswert, weil diese einen der wenigen Fälle aufzeigt, in denen sich ein Prominenter gegen Hass-Kommentare und Beleidigungen in den sozialen Netzwerken gerichtlich zur Wehr setzt und trotz des hohen Guts der Meinungsfreiheit aus Art. 5 I Grundgesetz (GG) dem Äußernden derartige Aussagen untersagt werden.

Ungeachtet etwaiger strafrechtlicher Wege, wie beispielsweise die Anzeige wegen der strafbaren Beleidigung nach § 185 StGB, dürfte das zivilrechtliche Verfahren mit dem angedrohten Ordnungsgeld bereits eine abschreckende Wirkung erzielen. Ob sich die Nutzer dadurch von Anfeindungen und Drohungen abschrecken lassen, darf jedoch bezweifelt werden. Es bleibt festzustellen: Es wird dem Nutzer zu leichtgemacht, die Meinung auf Plattformen wie Facebook durch ein paar Klicks der Welt mitzuteilen und sich an den öffentlichen Streitigkeiten in Kommentaren oder auf Facebook-Seiten zu beteiligen.

Der Fall ist längst kein Einzelfall mehr. Trotzdem gibt es in der Praxis zahlreiche Schwierigkeiten in der Rechtsverfolgung. Denn in den meisten Fällen werden Hass-Kommentare und Beleidigungen unter einem Pseudonym auf Facebook veröffentlicht, anhand dessen den Opfern nur geringe Erfolgschancen auf die Identifizierung des vermeintlichen Täters eingeräumt sind. Zwar könnte das Unternehmen Facebook die IP-Adresse eines jeden Facebook-Nutzers rekonstruieren (was sie gewiss leugnen würden) und so unter Umständen der Anschlussinhaber mittels Provider ausfindig gemacht werden, doch gehen hiermit zu viele Unwägbarkeiten einher. Es müsste die Herausgabe der IP-Adresse durch Facebook richterlich angeordnet werden und gleichfalls auch die Herausgabe von Namen und Adresse des Anschlussinhabers durch den Provider. Voraussetzung hierfür ist immer, dass die IP-Adressen auf beiden Seiten überhaupt (noch) gespeichert und rekonstruiert werden können – also innerhalb von 7 Tagen bis 4 Wochen das Verfahren vollzogen wird. Das ist ein Zeitfenster, was nur selten einzuhalten ist.

Sofern diese Hürden bewältigt sind, könnte sich der Anschlussinhaber noch darauf berufen, selber gar nicht gehandelt zu haben. Zu guter Letzt müsste also noch das Handeln des Betroffenen nachgewiesen werden. Mit einem Rechtsanwalt oder Strafverteidiger sollte sich der Tatvorwurf unter Umständen entkräften lassen. Zumal der Richter überhaupt erst einmal zur Überzeugung gelangen muss, dass beispielsweise der Straftatbestand der Beleidigung erfüllt ist und sich die fragliche Aussage nicht im zulässigen Bereich der Meinungsfreiheit bewegt.

Erste Verurteilungen wegen Hass und Hetze auf Facebook

Mittlerweile häufen sich diese Fälle: So ist vor wenigen Tagen ein 30-jähriger Mann aus Bayern vom Amtsgericht Wolfratshausen wegen der Volksverhetzung nach § 130 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Der vorbestrafte Mann versuchte sich vor Gericht zu rechtfertigen und argumentierte, er habe schlechte Erfahrungen mit Flüchtlingen gemacht.

Und im Oktober letzten Jahres verurteilte ein Amtsgericht eine 29-jährige Facebook-Nutzerin aus Berlin wegen der Volksverhetzung ebenfalls zu einer Bewährungsstrafe. Sie hatte Hetze gegen Flüchtlinge betrieben und unter anderem „Weg mit dem Dreck“ diesbezüglich geschrieben. Hier sah das Gericht die Schuld der jungen Frau für erwiesen an, nachdem sich die Angeklagte geständig einließ und zugab, sich im Ton vergriffen zu haben. Zuvor hatte schon das Amtsgericht Tiergarten im August 2015 einen Berliner zu einer Geldstrafe in Höhe von 4800 Euro wegen fremdenfeindlicher Hassbeiträge auf Facebook verurteilt.

Obwohl die Task-Force von Bundesjustizminister Heiko Maas gegen Fremdenhass und Hetze aktiv ist und auch Facebook die Unterstützung im Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit und Hass zugesagt hat, sind gerichtliche Entscheidungen gegenüber den Hetzern angesichts der Unmengen an Kommentaren bzw. Beiträgen in den sozialen Netzwerken noch rar. Dies kann sich aber bald ändern. Gleichwohl muss eine Gesellschaft solch verschiedene Meinungen mit teils krasser Wortwahl aushalten, sofern die Aussagen unterhalb der Schwelle zur Strafbarkeit liegen. Bei Formulierungen wie „der Dreck muss weg“ oder gar dem Aufruf zur Brandstiftung oder Tötung ist selbstverständlich die Strafbarkeit anzunehmen.

Es bleibt abzuwarten, ob neben der möglichen Strafverfolgung noch weitere, erfolgsversprechende Systeme installiert werden, um Fremdenfeindlichkeit und Hetze in den sozialen Netzwerken einzugrenzen oder ganz zu unterbinden. Schließlich sollte es auch im Interesse des jeweiligen Seitenbetreibers liegen, niveaulose oder anstößige Inhalte zu verhindern. Facebook hingegen dürfte sich diese Vorfälle zu Nutze machen, um damit der Forderung nach der rechtlichen Zulässigkeit der angestrebten Klarnamenpflicht im sozialen Netzwerk weiter Nachdruck zu verleihen. Fraglich ist, ob das der richtige Weg ist?

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BILD-Kampagne „BILD stellt die Hetzer an den Pranger“ ist zulässig – Der BILD-Pranger verletzt keine Rechte der Betroffenen

Die BILD darf Profilfotos und Facebook-Beiträge von so genannten „Hetzern“ mit Klarnamen online und auch in der Printausgabe der Zeitung veröffentlichen. Dies entschied das Landgericht München I im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Die Antragstellerin sei nach Auffassung des Gerichts nicht in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Auch läge kein Verstoß gegen das Urheberrecht vor. Dies wirft einige rechtliche Fragen auf, die es wert sind, sich näher damit zu beschäftigen.

Der Axel Springer Verlag hat in diesen Tagen gut lachen, gewann das Berliner Verlagshaus doch in den letzten Wochen gleich in mehreren medienwirksamen Rechtstreitigkeiten für das Zugpferd „BILD“ vor Gericht. So entschied jüngst das LG Hamburg in dem Rechtstreit der „BILD“ gegen den Werbeblocker adblock Plus, dass dem Anbieter aus dem Hause der Eyeo GmbH untersagt werde, die Sperre unter www.bild.de durch technische Programme zu umgehen. Die einstweilige Verfügung sieht vor, dass dem Anbieter die Verbreitung der Anleitung zur Umgehung der Adblocker-Sperre der Internetseite der BILD sowie auch die Verbreitung von Filterlisten untersagt werde. Diese einstweilige Verfügung wurde nun bestätigt.

Und vor wenigen Tagen erreichten die Anwälte der BILD-Zeitung – jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – einen weiteren vorläufigen Sieg vor Gericht. Denn das LG München I entschied (LG München I, Urt. v. 10.12.2015, Az. 7 O 20028/15), dass die BILD mit der Kampagne „Bild stellt die Hetzer an den Pranger“ auf ihrem Online-Angebot unter www.bild.de sowie in der Printausgabe nicht gegen das geltende Recht verstoße. Die Antragstellerin sei demnach nicht in Ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt und ebenso sei keine Urheberrechtsverletzung begangen worden, soweit das Gericht dies im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes überhaupt zu prüfen vermochte.

Landgericht München I
Das Landgericht München I entschied

Die Antragstellerin war – wie 39 andere Personen auch – mit ihrem Foto und auf Facebook veröffentlichten Kommentar (Beitrag) in der BILD sowie auch online unter www.bild.de abgebildet worden im Rahmen der genannten BILD-Kampagne, nachdem sie sich vorher öffentlich in der hitzigen Diskussion um Flüchtlinge in Deutschland beteiligt hatte. Dabei sind „grenzüberschreitende Ausdrücke“ der jungen Frau gefallen, wie wir tagtäglich in den sozialen Netzen beobachten und lesen können. Solche fremdenfeindlichen Äußerungen im Internet und insbesondere die Hetze gegen Flüchtlinge nahm die BILD sodann vor wenigen Wochen zum Anlass, einige krasse Aussagen aufzugreifen und 40 Personen beispielshaft „an den Pranger“ zu stellen.

Diese Form der Berichterstattung der BILD wirft viele juristische Fragen aus dem Medienrecht auf, welche den Fall so interessant erscheinen lassen. Es ist durchaus vorstellbar, dass ein etwaiges Hauptsacheverfahren tiefergehende Überlegungen zutage bringen würde (wird), und die möglicherweise zu einem anderen Urteil führen werden.

Einige Rechtsfragen seien an dieser Stelle einmal aufgeführt und kurz angerissen. Das Gericht hat nicht all nachstehende Rechtsfragen zu klären, beschränkt es sich mehr oder weniger im Verfahren vor dem ordentlichen Gericht auf die zivilrechtlichen Aspekte.

Verstößt die Verbreitung des Fotos der Abgebildeten gegen das Recht am eigenen Bild nach §§ 22, 23 KUG? und somit gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht?

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) umfasst in seiner Ausprägung auch grundsätzlich das Recht am eigenen Bild, das seinen Schutz in §§ 22, 23 KUG wiederfindet.

Nach diesen Vorschriften ist es unzulässig, Bildnisse zu verbreiten oder öffentlich zur Schau zu stellen, sofern es an der Einwilligung des Abgebildeten oder einer Ausnahme nach § 23 I KUG fehlt. Denn eine Einwilligung des Betroffenen bedarf es dann nicht, wenn es sich beispielsweise um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt oder die abgebildeten Personen nur ein Beiwerk neben einer Landschaft oder Öffentlichkeit bei einer Versammlung darstellen.

Ob die betroffene Facebook-Nutzerin nun hier eine (absolute oder relative) Person der Zeitgeschichte ist, mag sicherlich diskutabel sein. Vermutlich ist diese junge Frau erst durch diese Aktion zu einer relativen Person der Zeitgeschichte geworden, wenn „halb“ Deutschland ihr Foto in der BILD sieht und ihre Aussage diskutiert. Aber einerseits ist diese Rechtsfigur der „relativen Person der Zeitgeschichte“ wohl in den Hintergrund getreten (Vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.02.2008, Az. 1 BvR 1602/07, Anders aber: BGH, Urt. v. 08.04.2014, Az. VI ZR 197/13 – Mieterfest) und zum anderen war sie es wohl nicht, bevor und während die Redaktion der BILD den Screenshot erstellte und später publizierte. Derweil sich nach Vorgabe des EGMR diese Ausnahmevorschrift nur auf „public figure“ als Personen der Öffentlichkeit beschränkt wie z.B. Politiker oder hochrangige Amtsträger (Vgl. EGMR, Urt. v. 07.02.2012, Az. 40660/08; 60641/08). Promis und selbst Politiker in klar erkennbaren privaten Situationen wie z.B. am Strand beim Spielen mit den Kindern oder beim Dinner im gedimmten Raum eines romantischen Restaurants unterfallen danach wohl zumeist dem Schutzbereich der Privatsphäre (Vgl. EGMR, Urt. v. 24.06.2004, Az. 59320/00; BGH, 06.03.2007, Az. VI ZR 52/06).

Doch selbst wenn diese o.a. Bedingungen erfüllt sind, so darf durch die Verbreitung oder zur Schaustellung nicht das berechtigte Interesse der Abgebildeten verletzt sein (§ 23 Abs. 2 KUG).

Allgemein: Die Interessenabwägung (Presserecht vs. Rechte des Betroffenen)

Hieran knüpft nun oftmals die im Presserecht bzw. Medienrecht schwerwiegende Abwägung zwischen den Rechten der Betroffenen (z.B. Art. 2 Abs. 1, 1. Abs. 1 GG i.V.m. §§ 22, 23 KUG) und den Rechten der Presse (aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG), in die zahlreiche Umstände einfließen können, die sich aus der Person als solche und dessen Bekanntheit, der Art der Berichterstattung sowie dem öffentlichen Interesse an dieser Berichterstattung ergeben wie z.B.:

  • Entstammt das Bild bzw. die Information aus dem Bereich der Intimsphäre, Privatsphäre oder Sozialsphäre? Was öffentlich auf twitter oder Facebook eingestellt oder geschrieben wird, entstammt in der Regel der weniger schützenwürdigen Sozialsphäre – gilt als virtuelle Öffentlichkeit.
  • Was sind Rolle und Verhalten des Betroffenen? Geht er aktiv in die Medien, stellt er sich selbst zur Diskussion oder hat er sich immer zurückhaltend verhalten?
  • Steht der Betroffene ohnehin wegen seiner Funktion im Fokus der Medien oder ist er ein unscheinbarer Privatbürger?
  • Besteht ein öffentliches Interesse an diesem Bild bzw. Informationen der Person? Vorliegend nahm das Gericht angesichts der derzeitigen Diskussion um die Flüchtlingskrise und den Fremdenhass ein solches öffentliches Interesse an.
  • Ist die Berichterstattung sachlich oder hetzerisch mit Prangerwirkung? Wie sind Art und Ausmaß der Berichterstattung? Zeigt der Bericht Pro/contra auf oder ist er durchweg einseitig zu Ungunsten der Person verfasst?
  • Findet z.B. eine Vorverurteilung statt?
  • Sind die Fotos z.B. heimlich durch Weitwinkel-Kameras oder Drohnen aufgenommen wurden oder war der Fotograf in dieser Funktion erkennbar? Musste der Betroffene damit rechnen oder war es nicht wahrnehmbar?
  • Welcher zeitlicher Abstand besteht zwischen dem Ereignis und dem Bericht bzw. den Fotos?

Je nach Erkenntnis schlägt das Pendel im konkreten Einzelfall in die eine oder andere Richtung aus. Hier wäre es auch gut vertretbar gewesen, das persönliche Interesse der betroffenen „Opfer“ der Kampagne überwiegen zu lassen, da sie sich trotz ihrer Aussage im Internet (vielleicht gar) nicht bewusst an die gesamte Öffentlichkeit, respektive der Leserschaft der größten Zeitung des Landes wenden wollten und auch in ihrem schutzwürdigen Interesse daher verletzt sind. Es mag wohl das Interesse eines jeden Einzelnen sein, nicht als „Hetzer“ in den Medien vorgeführt zu werden.

Und was ist mit der Unschuldsvermutung?

Zwar kann die BILD als Presse unter anderem auf die Grundsätze der so genannten Verdachtsberichterstattung zurückgreifen, muss sich gleichwohl diesbezüglich aber an strenge Vorgaben halten. So darf die Unschuldsvermutung nicht unterlaufen werden, sondern gilt ein Tatverdächtiger bis zum Urteilsspruch (genauer: Bis zur Feststellung seiner Schuld durch das Urteil) als unschuldig. Selbst wenn die von der BILD an den „Pranger“ gestellten Personen durch ihre Aussagen auf Facebook oder in anderen sozialen Netzwerken möglicherweise eine strafbare Handlung begangen haben könnten, denn als solche steht die strafbare Beleidigung nach § 185 StGB oder die Volksverhetzung nach § 130 StGB freilich im Raume, darf keine Vorverurteilung oder einseitige Berichterstattung erfolgen. Erst Recht darf nicht der Eindruck erweckt werden, die Strafbarkeit stünde eindeutig fest. Mithin darf weder Selbstjustiz noch eine Hetze gegen die Tatverdächtigen betrieben werden, was bei einem großflächigen Bericht in der Zeitung mit der größten Auflage in Deutschland und der Stigmatisierung der Personen („Bild stellt die Hetzer an den Pranger“) naheliegend möglich erscheint. Die Presse ist kein Organ der Rechtspflege und Niemand darf im Vorfelde (etwaiger) strafrechtlicher Ermittlungen als Täter aufgeführt werden.

Mithin wird man jedoch hier zu berücksichtigen haben, dass die BILD die Äußerungen der 40 Personen klar erkennbar als Zitat (Screenshot) unverfälscht wiedergibt und sich hiermit inhaltlich und nicht einseitig auseinandersetzt, jedenfalls nicht die Betroffenen als Straftäter bezeichnet. Es wird sachlich abgebildet, was die Personen auf Facebook öffentlich geschrieben haben. Somit dürfte sich diese Aktion im Rahmen der zulässigen Meinungsäußerung bzw. Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) bewegen.

Liegt ein Verstoß gegen das Urheberrecht vor?

Und was ist mit dem Urheberrecht? Schließlich druckt die BILD mehrere Screenshots vom Profilfoto und der Person ab. Ein Urheberrechtsverstoß kommt z.B. in Betracht, wenn ein nach § 2 UrhG geschütztes Werk ohne Einwilligung des Urhebers vervielfältigt oder verbreitet wird (§§ 15, 31 UrhG). Unterstellt sei an dieser Stelle einmal, dass die Facebook-Profilfotos den Nutzer abbilden und somit als Lichtbildwerk (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG) oder jedenfalls als Lichtbild nach § 72 Abs. 1 UrhG anzuerkennen sind. Der Urheber hat (wohl) der BILD nicht das Recht zur Verbreitung (§17 UrhG) bzw. Vervielfältigung (§ 16 UrhG) des Werks eingeräumt, so dass vorläufig von einem Verstoß gegen das Urheberrechtrecht auszugehen ist, falls keine Schranke des Urheberrechts greift.

Ob dies der Fall ist, wird von vielen Medienrechtlern diskutiert (z.B. kritisch von RA Lampmann, RA Härting).

Schnell kann man an folgende Paragraphen aus dem UrhG denken:

Ist die Abbildung von Bild und Text vom Zitatrecht nach § 51 UrhG umfasst?

Gleichwohl darf ein öffentliches Werk auch ohne Einwilligung des Urhebers zum Zwecke des Zitats vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergegeben werden (§ 51 UrhG). Dies setzt zunächst einmal das Werk als solches voraus und ebenso die Wiedergabe zum Zwecke des Zitats. Ein einfacherer Abdruck eines Bildes oder eines Textausschnitts reicht dafür allerdings nicht aus. Vielmehr muss sich der Autor mit dem Zitat auseinandersetzen, „so dass der Zitierende eine innere Verbindung zwischen dem fremden Werk und den eigenen Gedanken herstellt und das Zitat als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbständige Ausführungen des Zitierenden erscheint“ (BGH, Urt. v. 30.11.2011, Az. I ZR 212/10). Das Zitat muss als solches dargestellt werden, idealerweise den Urheber benennen und das Ganze in einen redaktionellen Rahmen eingebunden werden.

Neben dem Zitatrecht lassen sich noch weitere Schranken des Urheberrechts heranziehen. So ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig, wenn sie der Berichterstattung über Tagesereignisse (§ 50 UrhG) dient. Ebenso dürfen nach § 48 UrhG Reden vervielfältigt und verbreitet werden, die bei „bei öffentlichen Versammlungen gehalten oder durch öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 19a oder § 20 veröffentlicht worden sind“.

Wie den Medienberichten zu entnehmen ist, nahm das Gericht gleich mehrere dieser Schranken an: Demnach sei die Veröffentlichung der Screenshots aus Facebook vom Zitatrecht (§ 51 UrhG) und als Tagesereignis von § 50 UrhG wie auch als analoge Anwendung des § 48 UrhG für die Wiedergabe öffentlicher Reden durch die Medien umfasst und somit keine Urheberrechtsverletzung begründet (Urt. v. 10.12.2015, Az. 7 O 20028/15).

Des Weitern bezogen sich die Richter auch noch auf eine Entscheidung des EuGH zu den „embedded“-Youtube-Videos (EuGH, Beschluss v. 21.10.2014, Az. C-348/13), die sogar die Verlinkung auf Inhalte anderer Seiten erlaubt, wenn sie auf der eigenen Webseite eingebunden ist und als Inline-Link erscheint. Wer also auf der eigenen Webseite z.B. Youtube-Videos erkennbar durch Inline-Links „einbettet“ in Form von spezielle Skripten / Programmierungszeilen, begeht danach keine Urheberrechtsverletzung. Dies auf Screenshots und Grafiken ohne Links und eingebettete Ausschnitte anzuwenden, erscheint äußerst fragwürdig.

Ein Schwenk zum öffentlichen Recht: Könnte ein Verstoß gegen das Datenschutzrecht vorliegen?

Was die Richter nicht prüfen, aber rechtlich diskutiert werden mag: Hat die BILD möglicherweise gegen Vorschriften aus dem Datenschutz verstoßen, indem sie personenbezogene Daten der Betroffenen ohne dessen Einwilligung oder sonstiger Rechtfertigung erhoben, gespeichert und verbreitet hat? Denn Klarnamen sowie das Foto des Betroffenen, sofern er erkennbar ist, stellen personenbezogene Daten im Sinne von § 3 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) dar, weil sie „Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener)“ sind. Eine Einwilligung des Betroffenen gemäß § 4a BDSG fehlt hier. Inwieweit das Medienprivileg nach § 41 BDSG greift und die sich BILD als Presse nur eingeschränkt an die Bestimmungen des BDSG zu halten hat, müsste diskutiert werden. Derartige Privilegierungen der Presse sind aber wohl vertretbar, insbesondere wenn die personenbezogenen Daten im Kontext der Pressearbeit stehen.
Selbstverständlich wäre ein etwaiger datenschutzrechtlicher Verstoß erst einmal durch den Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zu beanstanden aufgrund des Hauptsitzes des Axel Springer Verlags in Berlin und nicht Gegenstand dieses Verfahrens vor dem Zivilgericht. Interessant wäre dennoch zu sehen, was sich aus einer solchen Eingabe des betroffenen Petenten ergibt.

Welche Folgen könnte diese Entscheidung haben?

Man wird wohl mit einem kritischen Auge auf diesen „Freispruch“ der BILD schauen müssen, die sich mit ihrem reißerischen Stil dieses Mal als eine Art Sprachrohr der Gesellschaft sieht und gewollt Fotos bzw. Meinungen von Dritten ohne dessen Einwilligung verbreitet. Jetzt kam ihr zu Gute, dass diese Daten auf Grundlage einer öffentlichen Berichterstattung über eines der meistdiskutierten Themen der letzten Monate (Stichwort: Flüchtlingskrise) verbreitet wurden und diese Kampagne „gegen Ausländer-Hetze“ von vielen gefeiert werden dürfte. So hat sich beispielsweise eine Task Force vom Bundesjustizminister Heiko Maas zu Bekämpfung von fremdenfeindlicher Hetze in den sozialen Netzwerken gegründet, der sich auch Facebook angeschlossen hat. In einem anderen Kontext der Berichterstattung über persönliche Informationen von Nutzern sieht die Sache aber wieder ganz anders aus. Denn nicht jeder Beitrag ist Teil der gesellschaftlichen Diskussion, auch wenn manche das gerne so hätten.

Was auf Facebook steht ...
Was erst einmal auf Facebook steht …

Ebenso darf bezweifelt werden, ob die „Freundesliste“ oder „Öffentlichkeit“ bei Facebook, woran auch eine ungenügende Privatsphären-Einstellung des sozialen Netzwerks einen Teil dazu beiträgt, gleichzusetzen ist mit der allgemeinen Öffentlichkeit, aus welcher sich Presse und Unternehmen bedienen können. Was im Internet über die Suchmaschinen zu finden ist, gilt gemeinhin als öffentlich (allgemeinzugängliche Quelle). Gleiches mag für denjenigen gelten, der über Twitter seine paar Zeichen über das Internet verschickt. Wer allerdings unter individueller Privatsphären-Einstellung auf Facebook nur für seine 200 Freunde eine Statusmeldung von sich gibt, muss nicht automatisch damit rechnen dürfen, dies dadurch der gesamten deutschen Öffentlichkeit auf dem silbernen Tablett zu präsentieren und übermorgen in Presse oder Rundfunk mit Klarnamen und Foto aufzutauchen. Selbst in den Zeiten der gewohnten Selbstdarstellung im Internet sollte zwischen ausgewählter und allgemeiner Öffentlichkeit unterschieden werden.

Was wir daraus in jedem Fall lernen sollten: Alles was im Internet, insbesondere auch bei Facebook oder Twitter veröffentlicht wird, kann der Allgemeinheit frei zugänglich sein und jedem auch schaden. Es sind schon viele Fälle bekannt, in denen eine „unglückliche“ Formulierung oder Information auf Facebook zur Kündigung im Job führte.

Erst Recht gilt dies bei krassen Aussagen unter dem eigenen Klarnamen mit eigenen Profilfoto und sonstigen persönlichen Informationen. Diese Problematik sollte sich jeder vor Veröffentlichung der Infos vor Auge halten. Leichter gesagt, denn in der Hitze der Diskussion, sind vermutlich jedem von uns hier und da einmal „unbedachte Wörter“ herausgerutscht. Als Rat kann ich nur geben: Kühlen Kopf bewahren und zweimal überlegen, bevor man auf „senden“ drückt. Denn jede Ursache hat auch ihre Wirkung, und die kann nicht nur die Umgebung (Freundeskreis), sondern eben auch die BILD Zeitung erreichen.

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Task Force zur Bekämpfung von Hassbotschaften und Hetze im Internet stellt erste Maßnahmen vor

Der Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) stellte gestern ein Ergebnispapier der so genannten Task Force „Umgang mit rechtswidrigen Hassbotschaften im Internet zur Bekämpfung von fremdenfeindlicher Hetze in den sozialen Netzwerken vor. Die sich der Task Force angeschlossenen Unternehmen wie Facebook, Youtube und twitter und die prominenten Organisationen werden zukünftig stärker zusammenarbeiten und zahlreiche Maßnahmen treffen. So sollen gemeldete Beiträge schneller kontrolliert und gegebenenfalls innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden.

 

Die im September dieses Jahres gegründete Arbeitsgruppe von Bundesjustizminister Heiko Maas verfolgt das Ziel, Hetze und Hass gegen Ausländer im Internet, insbesondere in den sozialen Netzwerken wie Facebook oder auf Youtube und twitter stärker strafrechtlich zu verfolgen und tatsächlich einzudämmen. Trotz medienwirksamer Ermittlungsverfahren und strafrechtlicher Verurteilungen in jüngster Zeit nahmen Beleidigungen und Fremdenhass auf Facebook und twitter spätestens mit der Flüchtlingskrise im deutschsprachigen Web rasant zu. Die teils überforderten Ermittlungsbehörden und Betreiber der Internet-Portale stehen folgerichtig seit Wochen unter starkem Beschuss der Politik. Und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) traf sich persönlich mit Facebook-Kopf Mark Zuckerberg am Rande einer UN-Versammlung in New York wegen dieser Problematik.

Nun konnte Heiko Maas das langersehnte Ergebnis der Gespräche und Planungen seiner Task Force der Öffentlichkeit präsentieren. So sieht das Konzept vor, dass sich die der Arbeitsgruppe angeschlossenen Internet-Anbieter Facebook, YouTube und twitter zukünftig noch stärker um die Löschung von Fremdenhass auf ihren Internet-Angeboten bemühen und gemeinsam mit weiteren Verbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen näher zusammenzuarbeiten wollen, um ein Zeichen für Weltoffenheit und Toleranz zu setzen. Unter ihnen befinden sich zahlreiche bekannte Verbände / Organisationen wie die „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter“ (FSM), jugendschutz.net, klicksafe und eco – der Verband der Internetwirtschaft e.V. Einige dieser Organisationen bemühen sich seit Jahren – mehr oder weniger erfolgreich – im Jugendschutz hierzulande um die so genannte „freiwillige Selbstkontrolle“ bzw. Selbstregulierung durch die Anbieter.

Nun also gibt es erstmals „auf Papier gedruckte“ Lösungsansätze. Obgleich die Nutzungsbedingungen der drei Unternehmen aus den USA die Löschung von strafbaren Beleidigungen und Fremdenhass in Kommentaren und Beiträgen ohnehin schon seit geraumer Zeit vorsehen, soll sich zukünftig die Bearbeitung von gemeldeten Beiträgen näher an dem deutschen Strafrecht, genauer an dem Straftatbestand der Volksverhetzung nach § 130 StGB orientieren. Hierfür sollen weitere Mitarbeiter in den Unternehmen eingestellt bzw. mit der Prüfung von Hassbotschaften beauftragt werden, um zügiger auf die Beschwerden zu reagieren.

Konkret lauten die neuen Vorgaben:

„Rechtswidrige Inhalte werden unverzüglich nach Inkenntnissetzung entfernt; die Mehrzahl der gemeldeten Inhalte werden in weniger als 24 Stunden geprüft und, falls erforderlich, entfernt.“

Dies war in jüngster Zeit häufig an Facebook kritisiert worden, denn teilweise wurden gemeldete Beiträge nicht oder nur mit zeitlichem Abstand entfernt. Facebook selber begründete diese Ungenauigkeit (unter vorgehaltener Hand) mit den sprachlichen Schwierigkeiten der zuständigen Mitarbeiter, die zumeist aus Dublin agieren, und zusätzlich mit der Fülle an täglichen Meldungen und Support-Anfragen.

Möglicherweise hatte die Staatsanwaltschaft Hamburg aus diesem Grund auch strafrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts der Anstiftung zur Volksverhetzung gegen mehrere Manager von Facebook eingeleitet und so die Verantwortlichen unter Zugzwang gesetzt.

Die richtigen Schritte

Das knapp 5-seitige Ergebnispapier beinhaltet unter anderem folgende Lösungsansätze:

  • Die der Task Force angeschlossenen Unternehmen werden zukünftig technische und organisatorische Maßnahmen ergreifen, um noch besser auf Beschwerden und Beanstandungen von fremdenfeindlichen (rechtswidrigen) Inhalten zu reagieren und diese zügig – in der Regel – innerhalb von 24 Stunden zu löschen.
  • Die Richtlinien der Unternehmen sollen noch transparenter werden und deutlich darauf hinweisen, dass rechtswidrige Inhalte mit Fremdenhass und Hetze überprüft und geeignete Maßnahmen hiergegen ergriffen werden wie z.B. das Löschen dieser Inhalte oder die Sperrung von Nutzerkonten.
  • Auch wollen die Unternehmen und Organisationen zukünftig die Zivilcourage der Mitglieder unterstützen und sich gegen Fremdenhass und Diskriminierung von Minderheiten einsetzen. Sie werden daher die Gegenrede („Counter Speech“) als offene und respektvolle Kommunikationskultur auf Grundlage einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe aktiv aufgreifen und stärken.
  • Die sich der Task Force unterworfenen Unternehmen und Organisationen versprechen nicht nur einen stärkeren Informationsaustausch untereinander, sondern werden darüber hinaus gemeinsam Informationen und insbesondere einen Leitfaden zum Thema „Hate Speech“ in den sozialen Netzwerken erarbeiten.

Die Meinungsfreiheit als wesentliche Grundlage der Gesellschaft

Gleichwohl betonten alle Mitwirkenden die elementare Bedeutung der Meinungsfreiheit und freien Meinungsäußerung für die vollständige Entwicklung der Persönlichkeit eines jeden Einzelnen als wesentliche Grundlage der freien und demokratischen Gesellschaft. Hierzu gehören natürlich auch verschiedene politische Ansichten. Um nicht der Gefahr zu laufen, sich eine Art der Internet-„Zensur“ vorwerfen zu lassen, sollten Facebook, Youtube und twitter gut daran tun, nicht jedes beanstandete Wort zu löschen, sondern weiterhin unter Achtung der geltenden Gesetzeslage auch ungeliebte Meinungen und krasse Aussagen zuzulassen. Auch die Internet-Demokratie muss dies aushalten können. Hingegen würde eine Überregulierung oder auch Klarnamenpflicht im Internet über das Ziel hinausschießen.

Nichtsdestotrotz ist damit zu rechnen, dass die geplanten Änderungen der Task Force sehr bald erste wahrnehmbare Ergebnisse bringen. Schließlich haben alle Akteure ein großes Interesse daran, Hassbotschaften und Diskriminierung zu bekämpfen und einen toleranten, fairen Umgang miteinander zu fördern. Dies spielt gewiss auch Facebook und Co. in die Karten, die als Anbieter unter negativer Publicity als Plattform für „Hassbotschaften“ und „Hetze im Internet“ in der Vergangenheit herhalten mussten.

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Sind Menschen ohne Facebook glücklicher? Ein Selbsttest

Vor allem die ältere Generation wird diese Frage gewiss mit „ja“ beantworten. Aber sind Menschen wirklich ohne Aktivitäten und Mitgliedschaft auf Facebook zufriedener oder gar ruhiger? Ja, sind sie, sagt nun eine aktuelle Studie aus Dänemark.

Zumindest wollen dies dänische Wissenschaftler des „Happiness Research Institutes“ vor kurzem herausgefunden haben. In dieser Studie wurden 1095 dänische Teilnehmer einbezogen, von denen die Hälfte der Teilnehmer eine Woche lang auf Facebook verzichtet hat, während die andere Hälfte der Probanden das größte soziale Netzwerk der Welt wie gewohnt weiterhin nutzen sollte.

Bei der Auswertung der Fragenkataloge stellten die Wissenschaftler in Kopenhagen fest, dass sich die Personen auf „Facebook-Entzug“ zufriedener und weniger gestresst fühlten als die andere Hälfte der aktiven Facebook-Nutzer. In der Mehrheit haben sie sich als ausgeglichener beurteilt.

Sicherlich lässt sich über das Ergebnis dieser Studie streiten, da sie weder als Langzeitstudie angelegt war noch die konkreten Daten zu den einzelnen Probanden bekannt sind und sicherlich nicht wissenschaftlichen Kriterien genügt.

Das Thema ist natürlich nicht neu und wird seit Jahren immer wieder „aus der Schublade“ hervorgeholt. Und dennoch haben gefühlte 90 Prozent aller Kids und Jugendlichen ein Smartphone, das sie auf dem Weg zur Arbeit oder selbst während des so genannten „Fernsehgenusses“ nicht aus der Hand legen (Stichwort „Second Screen“). So kann ein ständiger Kontakt via Whatsapp, Facebook und E-Mails gehalten werden, um permanent an der „News-line“ zu hängen und um jederzeit (re)agieren zu können. Häufig verhalten sich diese „Android-Junkies“ genervt, wenn der/die Kommunikationspartner nicht innerhalb von wenigen Sekunden/Minuten auf die Nachricht antworten. Zumeist lauern diese auf ihre Facebook-Freunde, um immer „uptodate“ zu sein. Newsticker, Live-Ergebnisse sowie insgesamt die Medien geben ihrerseits Vollgas, die Nutzer bei der Stange zu halten.

Was sind die Gründe, warum Menschen ohne Facebook glücklicher seien könnten?

Enthaltsamkeit gegenüber dem ständigen Vibrieren oder Blicken zum Handy, wenn wieder jemand den eigenen Beitrag geliked oder kommentiert hat. Was bei letzteren dazu führt, sich ständig veranlasst zu sehen, unverzüglich zu antworten wie z.B. bei der Facebook-Chatfunktion (Messenger). Die User werden von Treibenden zum Getriebenen und die Interaktion regelt offensichtlich die Herzfrequenz, währenddessen der Enthaltsame sich in Ruhe anderen Themen widmen kann.

Auch macht dieser Zustand des Getriebenseins nicht in den eigenen vier Wänden halt. Zumeist tritt noch die typische „Mitteilungssucht oder besser Geltungssucht“ hinzu, also die ständige Suche im Alltag nach Situationen, Bildern, aufgefangenen Wortfetzen anderer Personen beim Vorbeigehen auf der Straße oder neuesten Informationen, die es sofort über Facebook den Freunden und Kollegen mitzuteilen gilt, gerade um ein positives Feedback zu erhalten (Ein typisches schulisches Verhalten) Hier möchte ich mich – fairerweise – auch nicht von freisprechen – währenddessen der Enthaltsame sich in Ruhe anderen Themen widmen kann.

Zu bedenken gebe ich dabei: Wie jeder User selbst bereits erfahren hat: Es kommen nicht nur positive Kommentare zurück, sondern möglicherweise „shitstorms“, was selbstverständlich wieder zu einer (Un)gerechtigkeitsdebatte oder zu Frust führt.

Wie steht es eigentlich mit Kommunikation? Ich meine damit: Wieder miteinander zu sprechen statt zu chatten. Aber dazu mehr in meinem Selbsttest.

Der Selbsttest: Es gibt eine Welt da draußen

Also mein Selbsttest vor einigen Monaten unterstrich das Ergebnis dieser Studie. Es waren zwar nur 2 Wochen „ohne“ Facebook, jedoch fühlte ich mich spürbar entspannter, das Handy lag auch mal mehrere Stunden im anderen Raum und es steigerte sich das Interesse an der direkten Kommunikation mit meinen Mitmenschen. Die innere Ruhe stieg. Und auch der Joghurt schmeckte wieder besser, wenn man ihn ohne Handy in der Hand genießen konnte. Es blieb mehr Zeit für persönliche Kommunikation und direkte Wahrnehmung von Eindrücken, Bildern und zwischenmenschlichen Gefühlen.

Ich war nicht nur ruhiger, sondern nahm eine gesteigerte Aufmerksamkeit der Kommunikation mit Menschen wahr ohne irritiert oder beeinflusst zu sein von virtuellen Likes und Postings.

Auch muss ja nicht immer jeder Schritt in der Öffentlichkeit preisgegeben werden.

Was wäre die Alternative zu Facebook?

Telefonat, persönliches Gespräch, E-Mail, Briefpost usw. sind die Ausweichmöglichkeiten. Diese Alternativen erscheinen in der heutigen Zeit offensichtlich als überholt und zu langsam, zumal diverse Bekannte und Freundschaften mittlerweile weltumspannend sind und eigentlich im Übertragenden in diesem verflixten kleinen Gerät Smartphone so herrlich vereint sind, welches nur wenig Gewicht und Platz in Anspruch nimmt. „Fortschritt durch Technik?“ keine Ahnung? Auf jeden Fall sehr bequem!

Warum wir Facebook vielleicht doch alle brauchen?

Aber seien wir mal ehrlich? Dem stehen andere Aspekte gegenüber, die nicht zu verachten sind. Wie viele Kontakte, Job-Angebote oder Ebay-Auktionen sind dank Facebook erst zustande gekommen? Für uns „Selbständige wie auch Angestellte“ ist das soziale Netzwerk eine gute Plattform als breites Spektrum im Privat- und Berufsleben.

Der gesunde Mittelweg ist gefragt. Selbstbegrenzung auf ein gutes Maß anstatt Maßlosigkeit. Eine gute Auswahl an Apps zu treffen und nicht in millionenfachen multimedialen (Un)Möglichkeiten zu surfen.

Das hat auch den Vorteil, dass man nicht impulsiv oder durch die Stimmung beeinflusst reagiert, negative oder peinliche Beiträge oder Fotos postet, die einen nicht nur Freundschaften (oder gar Beziehungen), sondern sogar auch unter Umständen den Job kosten können. Schließlich zeichnen einige Gerichtsentscheidungen aus dem Arbeitsrecht bereits vor, dass Beleidigungen gegenüber dem Chef oder Mitarbeiter bei Facebook zu Abmahnungen oder fristlosen Kündigungen führen können.

Und einmal ganz wahrhaft gesprochen: Muss ein jeder von uns ständig auf dem so genannten letzten Stand von „allem und jedem“ sein. Im privaten wie auch beruflichen Umfeld? Verhält es sich nicht gerade so, wie eine mediale Weisheit sehr treffend besagt: „nichts ist so alt wie die Nachricht von gestern“, was übertragen auf Facebook etc. wohl so viel bedeutet: Viele Posts sind bereits überholt (man kann fast den Eindruck bekommen, diese überholen sich selbst ständig gegenseitig!), bevor sie gelesen werden können, da die Flut an Nachrichten von kaum einem bewältigbar sind. Wie so vieles im Leben!

Hassbotschaften und Volksverhetzung auf Facebook – Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt gegen Facebook-Manager

Facebook bietet seinen angemeldeten Nutzern als größtes soziales Netzwerk der Welt eine scheinbar unbeschränkte Plattform der Selbstdarstellung und Meinungskundgabe. Und grundsätzlich ist dies auch im Verständnis der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Deutschland zu begrüßen, die Jedermann das Grundrecht der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG) zuspricht. Die Grenze zwischen der zulässigen Meinungsfreiheit und der unzulässigen Meinungsäußerung, beispielsweise bei der strafbaren Beleidigung (§ 185 StGB) bzw. Schmähkritik ist teilweise schwierig zu ziehen und hängt vom Einzelfall ab. In der Rechtsprechung gibt es bislang tausende Entscheidungen hierzu.

Aber: Die Beleidigung und die Volksverhetzung (§ 130 StGB) fallen ganz klar aus diesem großen Schutzbereich heraus und werden bei krassen Fällen im Internet regelmäßig strafrechtlich von der Staatsanwaltschaft verfolgt, auch wenn der mutmaßliche Täter nicht immer ermittelt oder belangt werden kann.

Facebook hat eine soziale Verantwortung

Seit einiger Zeit wird bereits in der deutschen Politik über die so genannten „Hassbotschaften“ auf Facebook diskutiert. So forderten Justizminister Heiko Maas, aber auch die Bundeskanzlerin Angela Merkel jüngst mehrfach die US-amerikanischen Betreiber des bekanntesten sozialen Netzwerks oder Mark Zuckerberg persönlich auf, sich diesen Problemen anzunehmen und Hassbotschaften und Beiträge bzw. Fansites mit der Intention der Volksverhetzung zu löschen, jedenfalls schneller als bislang bei der Prüfung zu reagieren. Denn angesichts der zunehmenden Anzahl der Flüchtlingscamps und der in einigen Kreisen der Bevölkerung auch sinkenden Akzeptanz der „Willkommenskultur in Deutschland“, gewinnt die Thematik rasant an Fahrt. Mittlerweile gibt es zahlreiche Fansites und Gruppen, die unter dem Deckmantel der vermeintlichen Meinungsfreiheit fremdenfeindliche Beiträge publizieren, mit vielen Anhängern teilen oder sogar zu Gewalttaten gegen Ausländer oder Minderheiten aufrufen.

Dabei habe Facebook eine soziale Verantwortung, wie Maas in der TV-Sendung „Günther Jauch“ abermals bekräftigte. Eine Strafbarkeit sehe er allerdings nicht.

Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt gegen Facebook

Nun hat die Staatsanwaltschaft Hamburg, laut Medienberichten (SPON), ihrerseits Ermittlungen gegen drei Manager von Facebook wegen des Verdachts der Volksverhetzung aufgenommen. Das Interessante an der Geschichte ist, dass es sich hierbei um drei Manager der in Hamburg ansässigen Facebook Germany GmbH handeln soll. Die Personen sind der Geschäftsführer oder Vertreter der deutschen Firma, die eigentlich nur als Büro in Deutschland die Werbung und Akquise regelt. Eine Rechtsabteilung besitzt die Facebook Germany GmbH nicht, sondern rechtliche Streitigkeiten und sonstige juristische Angelegenheiten werden an die Facebook Ltd. in Dublin, Irland oder gar in die USA zum Hauptsitz verwiesen.

So soll ein Würzburger Anwalt Anzeige erstattet haben wegen des Verdachts der Volkshetze, da das Unternehmen in seinen Augen nicht korrekt mit der Beanstandung von fremdenfeindlichen Inhalten umgeht und richtet sich damit gegen die deutsche Firma. In seiner Anzeige heißt es demnach: „Die Facebook Germany GmbH fördert somit die Verbreitung von volksverhetzenden, strafbaren Inhalten durch Handlungen in Deutschland ausgehend vom deutschen Unternehmenssitz in Hamburg“.

Die Kritik richtet sich dabei an dem Umgang mit gemeldeten Beiträgen durch Mitglieder. So steht es allen facebook-Nutzern zu, unangemessene Beiträge, z.B. Fotos, Verlinkungen oder geteilte Inhalte zu melden. Daraufhin werden, mutmaßlich in Handarbeit, alle Beiträge durch Mitarbeiter des Konzerns geprüft und gegebenenfalls innerhalb von 24 Stunden entfernt. Gelangt der Prüfer jedoch zum Ergebnis, der Beitrag stelle keine Rechtsverletzung dar oder sei noch zulässig, passiert nichts. Nach den Beobachtungen des Würzburger Anwalts wird nämlich nur ein Bruchteil der beanstandeten Inhalte tatsächlich gelöscht, hingegen bleibt ein Großteil weiterhin im Netz. Inwiefern diese Angaben stimmen, lässt sich nicht überprüfen.

Schwierigkeiten der rechtlichen Kontrolle

Dies mag auch daran liegen, dass nicht jeder Prüfer ein ähnliches rechtliches Verständnis der deutschen Rechtslage zur Meinungsfreiheit bzw. dessen Grenze hat und wohlmöglich auch ein anderes Empfinden für Fremdenhass. Möglicherweise fehlt es auch an der Zeit, jede Beanstandung umfangreich zu prüfen, möglicherweise ist auch nicht jeder der deutschen Sprache mächtig. Und vielleicht sind wir in Deutschland auch übersensibilisiert bei dieser Debatte. Daher lässt sich kein Ergebnis – der strafrechtlichen Ermittlungen der StA Hamburg – voraussagen, obgleich die Konstruktion schon etwas ungewöhnlich ist.

Allerdings entsteht so ein kurioses Bild. So sollen laut Aussagen einiger Medienbeobachter von Facebook zwar Fotos mit angedeuteten „Nippeln“ von nackten Frauen, selbst wenn es sich dabei um eigene Fotos vom Fotoshooting als Models handelt, sofort gelöscht werden, hingegen Hasspredigen und fremdenfeindliche Parolen aus der rechten Szene oftmals tagelang bei Facebook durch eine Vielzahl an Profilen umherschwirren oder stehen bleiben.

Man muss selbstverständlich berücksichtigen, wie viele Beiträge und Fotos tagtäglich wohl als unangemessen gemeldet werden und die Mitarbeiter von Facebook beschäftigen, zumal es sich bei politischen oder gesellschaftlichen Meinungsäußerungen oftmals um grenzwidrige Fälle handelt, die der „Otto-Normal-Bürger“ gewiss unterschiedlich einstuft. Das kennen wir ja bereits von Songtexten von Bushido oder anderen „Gangsta-Rappern“, bei denen selbst die deutschen Gerichte uneins waren im Hinblick auf die Kunstfreiheit und Meinungsfreiheit der Musiker.

Alles nur ein PR-Gag?

Ob und inwiefern die „Klarnamen-Pflicht“ für Mitglieder, auf die Facebook trotz juristischer Bedenken hierzulande hinarbeitet, daran etwas ändern vermag oder stärkere Kontrollen oder sogar ein Wort-Filter Abhilfe leisten könnten, sei an dieser Stelle einmal offen gelassen. Und bei zu viel Kontrolle und Löschungen heißt dann wieder der Vorwurf „Zensur bei Facebook!“.

Eines dürfte aber jetzt schon klar sein: Facebook wird sich der Kritik stellen müssen, vielleicht aber auch deswegen bald wieder einmal mit – aufregenden – Neuerungen und PR-Kampagnen die Mitglieder und Leser überraschen, wenn nicht sogar überrumpeln.

Apropos PR-Kampagne – Es steht natürlich auch noch der Gedanke im Raum, der Würzburger Anwalt, über den heute alle reden, hat bei dieser Anzeige mehr als nur die Strafverfolgung im Auge. Wollen wir hoffen, dass dem nicht so ist.

Datenschutz: EuGH erklärt „Safe-Harbor“-Abkommen mit den USA für unzulässig

Spektakuläres EuGH-Urteil im Fall „Max Schrems vs. Facebook“

Das mit Spannung erwartete EuGH-Urteil im Datenschutzrecht sorgte für Aufsehen und übertraf sogar die Erwartungen vieler Kritiker von Facebook. Wird Facebook, Google und Co. nun der Stecker gezogen? Die Juristen und Datenschützer diskutieren bereits erste Lösungsmöglichkeiten und prüfen rechtliche Folgen. Bis zu ersten Ergebnissen werden wohl noch einige Tage vergehen. Das Internet läuft bis dahin weiter wie bisher.

Die Meldungen überschlugen sich am gestrigen Tag. Die Sueddeutsche spricht von einem „sensationellem Urteil“, SPON betitelt in einem Artikel die Sache als „Triumph für Snowden, Blamage für Merkel“ und stern.de feiert einen „Etappensieg gegen die Internet-Spione“.

Was war passiert?

Der Wiener Jurist Max Schrems befindet sich seit Jahren mit Facebook im Rechtstreit. Nun erreichte er einen „großen Sieg“, wenngleich die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs sogar über sein vermeintliches Ziel hinausgehen könnte. Ich sage bewusst „könnte“, denn so ganz sind sich die Datenschützer, Juristen und Politiker noch nicht im Klaren über die Auswirkungen dieser Entscheidung.

Im vorliegenden Fall zog Schrems vor den irischen High Court wegen etwaiger Datenschutzverstöße von Facebook. Unter anderem sollte geklärt werden, ob das Recht in den Vereinigten Staaten ein ausreichendes Datenschutzniveau angesichts der durch die Edward Snowden bekannt gewordenen NSA Überwachungsmethoden garantiere und somit ein angemessenes Schutzniveau der in die USA übermittelten personenbezogenen Daten gewährleiste. Nach den Vorgaben des Datenschutzes dürfen personenbezogene Daten erstmal nicht in ein Land übermittelt werden, was dem deutschen (europäischen) Schutzstandard nicht gerecht wird.

Nach vielem hin und her und Schrems Beschwerde gegen eine vorherige Entscheidung legte das irische Gericht schließlich die Klärung dieser Frage dem EuGH vor, die sich nun weitreichend damit auseinandergesetzt und festgestellt haben, dass das so genannte „Safe Habor“-Abkommen, welches auf Druck der Regierungen zwischen den USA und der europäischen Kommission im Jahre 2000 geschlossen wurde, unwirksam sei. Als Grund wird unter anderem angegeben, dass die US-Amerikanischen Geheimdienste wie die NSA nachweislich Zugriff auf die Server der Unternehmen haben und auch Nutzerdaten abfragen.

Die USA ist kein sicherer Hafen mehr

Nun stützen sich zu einem Großteil der Unternehmen in Deutschland auf Grundlage dieses „Safe Habor“ Abkommens die Übertragung der Daten in den USA.

Fällt diese nun weg und fehlt es an einer anderen Rechtsgrundlage, gelten – simpel gesagt – sämtliche datenschutzrechtliche Vorgänge im Zusammenhang mit der Übermittlung von personenbezogenen Daten in die USA als rechtswidrig. Und das gilt nicht nur für Facebook.

Wäre dem so – zumindest ist dies eine Deutungsmöglichkeit des heutigen Urteils – dürften grundsätzlich sämtliche Unternehmen hierzulande, die personenbezogene Daten beispielsweise via Cloud-Computing, E-Mail oder auf Server in den USA übermitteln, gegen den deutschen Datenschutz und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) verstoßen. Theoretisch könnten die einzelnen Datenschutz-Behörden aus Deutschland diese Unternehmen nun auf die datenschutzrelevanten Vorgänge prüfen und bei einem etwaigen Verstoß Maßnahmen bis hin zum Bußgeld androhen, respektive verhängen.

Es gibt zwar Lösungswege im Datenschutzrecht, aber….?

Allerdings könnten den betroffenen Unternehmen die so genannten „EU-Standard-Vertragsklauseln“ oder die „Binding Coperate Rules“ helfen, also anerkannte Verträge und Selbsteinstufungen, wie auch die (wohl) umstrittene Möglichkeit, die Übermittlung der personenbezogenen Daten in die USA im Rahmen der „Einwilligung“ des Nutzers vorzunehmen. Wer ausdrücklich im Rahmen der AGB / Nutzungsbedingungen in diesen technischen Vorgang in voller Kenntnis oder beispielsweise zum Zwecke der Vertragsdurchführung, könnte den in der Internet-Praxis so wertvollen Daten-Transfer zu Gunsten der Unternehmen erlauben (Zu denken ist z.B. an die im BDSG eher verstecke Ausnahmevorschrift nach §4c Abs. 1 Nr. 3 BDSG, auf die eventuell zurückgegriffen werden könnte). Aber Facebook war diesbezüglich ja bislang immer sehr hartnäckig, oder sagen wir: kreativ.

Allen drei „Rettungsringen“ ist gemein, dass sie nach dem Empfinden manch Datenschützers allerdings voraussetzen, dass in den USA ein angemessenes Datenschutzniveau bestehe, woran es aber unter Umständen fehle, wie die Richter am EuGH gestern haben durchblicken lassen.

Die juristischen Feinheiten und etwaigen Konstruktionen aus dem BDSG oder Telemediengesetz (TMG) möchte ich an dieser Stelle bewusst ausklammern, da sich die Juristen wohl noch einige Zeit mit der EuGH-Entscheidung und dessen Tragweite beschäftigen müssen, bis ein wenig Licht ins Dunkle kommt. Wichtig: Es ist damit nicht garantiert, ob Irland überhaupt den Datenschutz bei Facebook prüft und/oder die Datenschutzbehörden als Aufsichtsbehörden gegen betroffene Unternehmen einschreiten. Man kann es zwar vermuten, es kann aber auch erstmal eine Weile nichts passieren.

Ein weiterer Aspekt: Ob es zu einer finalen juristischen oder letztlich politischen transatlantischen Entscheidung führt, ist zurzeit nicht geklärt. Die Kommission arbeitet bereits an einem neuen transatlantischem Abkommen und auch die europäische Datenschutzgrundverordnung befindet sich in den letzten Zügen vor der Verabschiedung.

Ich werde gegebenenfalls demnächst einen tiefergehenden, juristischen Artikel zu diesem Thema nachreichen. In jedem Fall werde ich euch auf dem Laufenden halten!

Bis es so weit ist, verweise ich gerne auf guten Lesestoff:

Spam-E-Mails von Facebook: Du hast mehr Freunde auf Facebook als du denkst?

Zugegeben, sich über Spam-E-Mails und nervige Werbe-E-Mails zu echauffieren ist – wie man ja heutzutage so zu sagen pflegt – „voll 90er ey“. Denn mittlerweile sind nicht nur Spamfilter und Antiviren Programme kostenlos und gut praktikabel, sondern auch bei den bekanntesten E-Mail-Systemen und Anbietern längst automatisch integriert.

Und wenn dann immer noch eine nervige Mail durchrutscht, dann kann man sie sekundenschnell löschen. Auch dürften sich die meisten Unternehmen hierzulande an die Deutsche Rechtslage halten oder dieses zumindest versuchen, so dass man mit einem Klick auf die „klein leserliche“ Schrift unterhalb des Textfeldes der E-Mail aus irgendwelchen Newsletter Systemen entfernen lassen kann.

Bei der E-Mail Werbung soll es auf die vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten ankommen (Vgl. Ohly/Sosnitza, UWG, § 7 Rn. 61 ff), andernfalls drohen rechtliche Konsequenzen aus dem UWG (Vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG) wie beispielsweise Abmahnungen und Ansprüche auf Unterlassen und Schadensersatz. Ebenso ist der Datenschutz betroffen, z.B. die Voraussetzungen an die Einwilligung nach §4a BDSG. Eine solche Einwilligung habe ich eigentlich nicht wissentlich erteilt, aber wer liest schon die AGB und Nutzungsbedingungen bei Portalen und in den sozialen Netzwerken, erst Recht nicht bei der Anmeldung. In diesem Fall willigt man ja in sehr vieles ein, wie die Einwilligung der Nutzung all meiner Fotos, Informationen und Kontaktdaten und setzt schnell sein Häkchen an den ganzen Checkboxen. Aber es könnte durchaus sein, dass sich diese Benachrichtungen eigentlich unter der unzumutbaren Belästigung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG subsumieren lassen.

Aber über das rechtskonforme E-Mail Marketing lässt sich seitenweise diskutieren – ich werde dies bei Zeiten einmal anreißen und/oder gute Artikel in diesem Blog verlinken.

Über eine Sache möchte ich an dieser Stelle dennoch sprechen, weil sie mich schon lange nicht mehr nervt, sondern eher belustigt.

Vor geraumer Zeit habe ich mich mit einem „Fake-Profil“ bei Facebook angemeldet, um diesen kurzfristig im Zuge von Recherchearbeiten einiger Apps und Programme zu nutzen, auch unter anderem für einen Artikel über den Datenschutz bei Apps. Der Facebook-Account wurde nie genutzt, nur mit ganz wenigen Informationen gefüllt und ist einer dieser ungeliebten Karteileichen, wobei er ja doch irgendwie die Statistiken „User-Zahlen in Deutschland“ positiv beeinflusst.

Seitdem bekomme ich regelmäßig immer wieder dieselbe Info-E-Mail von Facebook „Du hast mehr Freunde auf Facebook als du denkst“. Auch oder gerade wegen der Inaktivität des Accounts möchte man mich seitens facebook über diese erfreuliche Nachricht unterrichten!

Es wäre untertrieben zu behaupten, diese Mails kämen ab und zu. Nein, ich habe angefangen vor einigen Monaten sie zu speichern und zu zählen.

Alle 3 Tage klingelt der DHL-Paketbote

E-Mail Spam durch Facebook. Alle Tage wieder, kommt..
E-Mail Spam durch Facebook. Alle Tage wieder, kommt..

Die Zahlen lesen sich nicht schlecht: Zwischen dem 12.03.2015 und heute (17.8.2015) habe ich diese Info-E-Mail 58 Mal (!!!) erhalten. Ja, ihr lest richtig, 58 Mal.

Allein 15 Mal im Monat Juli 2015, z.B. am:
08.07.2015
10.07.2015
13.07.2015
14.07.2015
16.07.2015
18.07.2015
20.07.2015

Es sieht danach aus, dass der August dies sogar noch toppen dürfte! Ranhalten Facebook!

Also man sollte sich überlegen, ob dies nicht bereits einen Eintrag im Guinness Buch der Rekorde verdient hat. Nur noch DHL ist nerviger.

Nun wird man mir entgegen halten, dass man sich problemlos im Facebook-Profil einloggen und die Benachrichtigungen via E-Mail deaktivieren kann.

Und den vielen Einstellungen hinsichtlich der Benachrichtigungen und des Datenschutzes sei Dank, kann man jedenfalls solch E-Mails verhindern. Oder man löscht einfach sein Profil – dann hat man ohnehin Ruhe, was ich auch getan habe.

Privatsphäre: Facebook-Einstellungen zu den Benachrichtigungen

Die Facebook „Du hast mehr Freunde auf Facebook als du denkst“-Mails lassen sich wie folgt deaktivieren:

Unter den Privatsphäre-Einstellungen „Weitere Einstellungen“ finden sich die Benachrichtigungen zu den einzelnen Konten (Mail, Handy). Dort können (in guter „Opt-In“-Lösung) sich jedwede Benachrichtigungen einstellen, respektive deaktivieren. Gleichzeitig zeigt sich natürlich, was alles eigentlich mal vorgesehen war. Hätte ich alles aktiviert, kämen wohl locker 100 Mails am Tag von Facebook in meinem Mail-Postfach an.

Facebook: Benachrichtigungen per Mail deaktivieren
Facebook: Benachrichtigungen per Mail deaktivieren

Facebook und der Datenschutz

Erwähnenswert ist allerdings, dass sich auch die deutschen Gerichte schon das eine oder andere Mal mit diesem Thema zu befassen hatte.

So wurde der frühere Facebook „Freundefinder“ bereits im Jahre 2010 von der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) beanstandet. Und in einem Gerichtsprozess unterlag Facebook 2014 dann diesem Verband auch in zweiter Instanz vor dem Kammergericht Berlin (Az. 5 U 42/12). Denn die Richter sahen in dieser Funktion einen Rechtsverstoß, weil es unter anderem an der notwendigen vorherigen Einwilligung des Nutzers fehle in der Weitergabe des Adressbuches zur Kontaktaufnahme mit „Freunden“ aus den Kontaktdaten. Ohne (korrekter) Einwilligung selbstverständlich.

Und auch die „tell a friend“-Funktion soll nach Ansicht des Bundesgerichtshof eine Art „Spam“ als unzumutbare Belästigung darstellen, die nach dem UWG (Wettbewerbsrecht) abgemahnt werden kann und ebenjene Ansprüche von Unterlassen und Schadensersatz ermöglicht (BGH, Urt. v. 12.9.2013 – I ZR 208/12).

Ebenso kritisieren viele die Datenschutzbestimmungen bei Facebook, was ich an dieser Stelle einmal sein lasse, denn das füllt ganze Bücher.

Aber Facebook ist natürlich nicht mit den Info-Mails allein, denn ich erinnere mich auch an einige ältere Online-Shops, die mich teilweise täglich mit Angeboten per E-Mail „vollgemüllt“ haben.

Und irgendwie hat Facebook ja auch sogar Recht: Denn ich habe gewiss mehr Freunde auf Facebook als ich denke. Allerdings ist meine Definition von Freundschaft eben eine andere. Was will ich mit 2000 Facebook-Freunden?!