Schlagwort-Archive: Internet

LG Hamburg untersagt Facebook-Nutzer weitere Hass-Kommentare

Das Landgericht Hamburg hat per einstweiliger Verfügung einem Facebook-Nutzer untersagt, Beleidigungen gegenüber der ZFD-Moderatorin Dunja Hayali auf derer Facebook-Seite zu äußern. Im Falle der Zuwiderhandlung drohe dem Betroffenen ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro. Und es gibt bereits mehrere Verurteilungen vor den Strafgerichten wegen der Facebook-Hetze.

Die Journalistin Dunja Hayali ist es längst gewohnt, Opfer von Hass-Kommentaren und Beleidigungen im Internet wie auch auf der Straße zu werden. Für ihr Engagement gegen Rassismus und offenen Diskurs in der Flüchtlingsdebatte, muss sie tagtäglich mit krassen Anfeindungen leben. In TV-Sendungen sprach die Preisträgerin der Goldenen Kamera 2016 mehrfach über ihrem Umgang mit diesen Beleidigungen und wandte sich aktiv gegen die vermeintlichen Übeltäter.

Nun ließ sie durch ihren Anwalt eine einstweilige Verfügung vor dem Landgericht Hamburg erwirken, in welcher einem Facebook-Nutzer die Äußerung von solchen Hass-Kommentaren auf der Facebook-Seite der Journalistin untersagt wird. Der Klarname des Facebook-Mitglieds konnte anhand seines Nutzernamens ermittelt und so der Betroffene identifiziert werden, an den die einstweilige Verfügung mittlerweile zugestellt worden ist. Er hatte am 7. Januar dieses Jahres unter anderem die TV-Moderatorin als „ein dummes Stück Scheiße“ und „Gehirntote in der Merkelpropaganda“ bezeichnet und den Vergleich mit der Propaganda aus dem dritten Reich gezogen.

Die Nachricht ist deshalb erwähnenswert, weil diese einen der wenigen Fälle aufzeigt, in denen sich ein Prominenter gegen Hass-Kommentare und Beleidigungen in den sozialen Netzwerken gerichtlich zur Wehr setzt und trotz des hohen Guts der Meinungsfreiheit aus Art. 5 I Grundgesetz (GG) dem Äußernden derartige Aussagen untersagt werden.

Ungeachtet etwaiger strafrechtlicher Wege, wie beispielsweise die Anzeige wegen der strafbaren Beleidigung nach § 185 StGB, dürfte das zivilrechtliche Verfahren mit dem angedrohten Ordnungsgeld bereits eine abschreckende Wirkung erzielen. Ob sich die Nutzer dadurch von Anfeindungen und Drohungen abschrecken lassen, darf jedoch bezweifelt werden. Es bleibt festzustellen: Es wird dem Nutzer zu leichtgemacht, die Meinung auf Plattformen wie Facebook durch ein paar Klicks der Welt mitzuteilen und sich an den öffentlichen Streitigkeiten in Kommentaren oder auf Facebook-Seiten zu beteiligen.

Der Fall ist längst kein Einzelfall mehr. Trotzdem gibt es in der Praxis zahlreiche Schwierigkeiten in der Rechtsverfolgung. Denn in den meisten Fällen werden Hass-Kommentare und Beleidigungen unter einem Pseudonym auf Facebook veröffentlicht, anhand dessen den Opfern nur geringe Erfolgschancen auf die Identifizierung des vermeintlichen Täters eingeräumt sind. Zwar könnte das Unternehmen Facebook die IP-Adresse eines jeden Facebook-Nutzers rekonstruieren (was sie gewiss leugnen würden) und so unter Umständen der Anschlussinhaber mittels Provider ausfindig gemacht werden, doch gehen hiermit zu viele Unwägbarkeiten einher. Es müsste die Herausgabe der IP-Adresse durch Facebook richterlich angeordnet werden und gleichfalls auch die Herausgabe von Namen und Adresse des Anschlussinhabers durch den Provider. Voraussetzung hierfür ist immer, dass die IP-Adressen auf beiden Seiten überhaupt (noch) gespeichert und rekonstruiert werden können – also innerhalb von 7 Tagen bis 4 Wochen das Verfahren vollzogen wird. Das ist ein Zeitfenster, was nur selten einzuhalten ist.

Sofern diese Hürden bewältigt sind, könnte sich der Anschlussinhaber noch darauf berufen, selber gar nicht gehandelt zu haben. Zu guter Letzt müsste also noch das Handeln des Betroffenen nachgewiesen werden. Mit einem Rechtsanwalt oder Strafverteidiger sollte sich der Tatvorwurf unter Umständen entkräften lassen. Zumal der Richter überhaupt erst einmal zur Überzeugung gelangen muss, dass beispielsweise der Straftatbestand der Beleidigung erfüllt ist und sich die fragliche Aussage nicht im zulässigen Bereich der Meinungsfreiheit bewegt.

Erste Verurteilungen wegen Hass und Hetze auf Facebook

Mittlerweile häufen sich diese Fälle: So ist vor wenigen Tagen ein 30-jähriger Mann aus Bayern vom Amtsgericht Wolfratshausen wegen der Volksverhetzung nach § 130 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Der vorbestrafte Mann versuchte sich vor Gericht zu rechtfertigen und argumentierte, er habe schlechte Erfahrungen mit Flüchtlingen gemacht.

Und im Oktober letzten Jahres verurteilte ein Amtsgericht eine 29-jährige Facebook-Nutzerin aus Berlin wegen der Volksverhetzung ebenfalls zu einer Bewährungsstrafe. Sie hatte Hetze gegen Flüchtlinge betrieben und unter anderem „Weg mit dem Dreck“ diesbezüglich geschrieben. Hier sah das Gericht die Schuld der jungen Frau für erwiesen an, nachdem sich die Angeklagte geständig einließ und zugab, sich im Ton vergriffen zu haben. Zuvor hatte schon das Amtsgericht Tiergarten im August 2015 einen Berliner zu einer Geldstrafe in Höhe von 4800 Euro wegen fremdenfeindlicher Hassbeiträge auf Facebook verurteilt.

Obwohl die Task-Force von Bundesjustizminister Heiko Maas gegen Fremdenhass und Hetze aktiv ist und auch Facebook die Unterstützung im Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit und Hass zugesagt hat, sind gerichtliche Entscheidungen gegenüber den Hetzern angesichts der Unmengen an Kommentaren bzw. Beiträgen in den sozialen Netzwerken noch rar. Dies kann sich aber bald ändern. Gleichwohl muss eine Gesellschaft solch verschiedene Meinungen mit teils krasser Wortwahl aushalten, sofern die Aussagen unterhalb der Schwelle zur Strafbarkeit liegen. Bei Formulierungen wie „der Dreck muss weg“ oder gar dem Aufruf zur Brandstiftung oder Tötung ist selbstverständlich die Strafbarkeit anzunehmen.

Es bleibt abzuwarten, ob neben der möglichen Strafverfolgung noch weitere, erfolgsversprechende Systeme installiert werden, um Fremdenfeindlichkeit und Hetze in den sozialen Netzwerken einzugrenzen oder ganz zu unterbinden. Schließlich sollte es auch im Interesse des jeweiligen Seitenbetreibers liegen, niveaulose oder anstößige Inhalte zu verhindern. Facebook hingegen dürfte sich diese Vorfälle zu Nutze machen, um damit der Forderung nach der rechtlichen Zulässigkeit der angestrebten Klarnamenpflicht im sozialen Netzwerk weiter Nachdruck zu verleihen. Fraglich ist, ob das der richtige Weg ist?

Beitrag bewerten: 1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (2 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)
Loading...

Die „SSL-Verschlüsselung“: Aus Sicht des Datenschutzes und als SEO-Erfolgsfaktor?

Dem einen oder anderen dürfte es längst aufgefallen sein, dass immer mehr Seiten im Netz und allen voran die bekanntesten Webportale mit „https://www.“ im Browser angezeigt werden. Hinter diesem zusätzlichen „s“ verbirgt sich die SSL-Verschlüsselung ( SSL, kurz für: „Secure Sockets Layer“ ), die nunmehr als das neuere TLS-Protokoll  (TLS steht für „Transport Layer Security“ ) umgesetzt wird. Dieses Übertragungsprotokoll soll für eine vermeintlich sichere Übertragung zwischen dem Server und Nutzer am heimischen PC garantieren. Und könnte sogar auch ein positiver SEO-Erfolgsfaktor sein!

Immer mehr Menschen und Unternehmen kommunizieren über das Internet, obgleich es nach wie vor nicht sicher ist angesichts der längst bewiesenen Ausspähung von Daten durch die Geheimdienste, unzähligen Hacker-Angriffen aus allen Teilen der Welt oder technischer Pannen. Dabei wird die technische Übermittlung, insbesondere zwischen Servern und Nutzern ständig kontrolliert und an neue Schutzstandards durch verbesserte technische Verfahren angepasst.

Spätestens im Zuge des Bekanntwerdens von Abhör-Maßnahmen und sonstigen Überwachungsmethoden der Geheimdienste im Internet hat sich dieser Trend zur SSL-Verschlüsselung bei Webseiten durchgesetzt und wird zurzeit gleich in mehrfacher Hinsicht in der deutschen IT-Szene diskutiert.

Denn zum einen wäre da die rechtliche Sichtweise, insbesondere in Punkto Datenschutz und Datensicherheit, zum anderen wäre da die SEO-Community, die hierin einen klaren SEO-Vorteil gegenüber der Konkurrenz im Internet sehen will.

Was ist überhaupt die SSL Verschlüsselung?

Eine erste Antwort liefert z.B. die BFDI ( Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit ):

„Das Protokoll Secure Socket Layer (SSL) ist ein Verfahren zur sicheren Kommunikation zwischen Web-Server und Browser mit dem gleichzeitig die Authentizität des Web-Servers sichergestellt werden kann.“ (Quelle: BFDI)

Vereinfacht ausgedrückt: Wenn sich der Client ( Computer des Anwenders ) mit dem Web-Server des Anbieters verbindet, auf welchem sich z.B. die besuchte Website befindet und sich öffnet, wird nach Übereinstimmung des Zertifikats eine Verschlüsselung der Datenübertragung bestimmt, auf die grundsätzlich – so der Grundgedanke – kein Dritter mehr zugreifen kann. Die Art des Verschlüsselungsverfahren, dessen Schlüsselstärke in Gestalt der jeweiligen Datenblöcke ( 1024bit oder 2048bit ) und weitere Berechnungsmethoden fließen hierbei ein.

Datenschutz: Aufsicht und drohendes Bußgeld

Die Datenschutzbehörden erteilen den Anbietern im Internet, ausgehend von der derzeitigen Rechtslage ( nach § 9 BDSG sowie den Vorschriften aus dem TMG ), mehr oder weniger die Vorgabe, sich bei technischen Vorgängen im Zusammenhang mit der Erhebung, Speicherung oder Übermittlung von personenbezogenen Daten an „technische und organisatorische Vorkehrungen“ zur Achtung des Datenschutzes zu halten.

So heißt es nach Inkrafttretens des IT-Sicherheitsgesetzes zum 25.07.2015 nunmehr in § 13 Abs. 7 TMG:

(7) Diensteanbieter haben, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, im Rahmen ihrer jeweiligen Verantwortlichkeit für geschäftsmäßig angebotene Telemedien durch technische und organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass
1. kein unerlaubter Zugriff auf die für ihre Telemedienangebote genutzten technischen Einrichtungen möglich ist und
2. diese
a) gegen Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten und
b) gegen Störungen, auch soweit sie durch äußere Angriffe bedingt sind,
gesichert sind. Vorkehrungen nach Satz 1 müssen den Stand der Technik berücksichtigen. Eine Maßnahme nach Satz 1 ist insbesondere die Anwendung eines als sicher anerkannten Verschlüsselungsverfahrens.

Daraus ergibt sich die Pflicht für die danach verantwortlichen Diensteanbieter solche technischen Möglichkeiten umzusetzen, worunter längst die SSL-Verschlüsselung fällt.

Spätestens nach Inkrafttreten des IT-Sicherheitsgesetzes gilt die „SSL-Verschlüsselung“ für viele als ein Must-Have. Denn das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat klargestellt, dass es die „SSL-Verschlüsselung“ unter gewissen Voraussetzungen ( Mindeststandard ) als ausreichend sicher einstuft. Und die BFDI gibt auch gleich den Angesprochenen ein paar Informationen zur sicheren SSL-Verschlüsselung mit auf dem Weg.

Und auch die Datenschutzbehörden hierzulande sind wachsam. So sind die deutschen Datenschutzbehörden zwar angehalten, Diensteanbieter in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsgebiet bezüglich der eventuellen Voraussetzung der „SSL-Verschlüsselung“ auf die Finger zu klopfen. Es droht sogar nach § 16 TMG ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro im Falle des Verstoßes gegen diese Anforderungen, jedoch ist bislang noch nicht viel in dieser Richtung passiert. Lediglich das LDA Bayern ist in diesem Thema nach vorne geprescht und hat seinen Standpunkt deutlich gemacht.

Es ist daher für Shop-Betreiber, größere Web-Portale und Firmen-Webseiten empfehlenswert, dieses Thema ernst zu nehmen und eine SSL-Verschlüsselung für die Webseite in naher Zukunft einzurichten. Die Zeit spielt gewissermaßen gegen sie.

Dies gilt zumindest für Kontaktformulare, Webshops, Kommentare und vergleichbare Funktionen, worin die personenbezogenen Daten der Kunden oder Mitglieder erhoben und übermittelt werden. Daher wird ein SSL-Zertifikat mit einer Schlüssellänge von über 1024bit, idealerweise von 2048bit empfohlen. Ebenso sollten sich Webserver und Mailserver an höhere Sicherheitsstandards halten, wie z.B. die Einleitung der Kommunikation über dem Mailserver mit dem STARTTLS-Verfahren.

Doch damit nicht genug: Es steht längst der neue HTTP/2-Standard aus, der eine noch sichere Übertragung und Verschlüsselung ermöglicht. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Seiten auf diesen Zug alsbald aufspringen wollen und können ( Die technische Erklärung hierzu würde den Rahmen des Artikels sprengen ).

All diese Sicherheitsstandards verlangen eine ständige Überprüfung und Anpassung, was gleichzeitig zeitintensiv und teuer ist. Die Juristen sehen hier einen kleinen Handlungsspielraum aus § 13 Abs. 7 TMG: Denn dies muss natürlich in einem technisch möglichen und wirtschaftlich angemessenen Verhältnis stehen. Schließlich stünde es außerhalb jedweden Verhältnisses, wenn die technische Umstellung oder ständige Anpassung den Geschäftsbetrieb eines Unternehmens für einen längeren Zeitraum gefährdet oder Internet-Angebote vom Netz genommen werden müssen.

SEO: besser im Ranking dank der „SSL-Verschlüsselung“?

Doch auch abgesehen von diesen Rechtsfragen dürfte vieles für die SSL-Verschlüsselung bei Webseiten sprechen.

Schon vor 1-2 Jahren kursierte in der SEO-Welt das Gerücht: diese neue Verschlüsselungstechnik sei ein positiver SEO-Faktor und würde das Ranking bei Google verbessern. So würde Google sogar Webseiten mit „SSL-Verschlüsselung“ positiv bewerten und im Ranking bevorzugen.

Inwiefern eine Webseite nun tatsächlich weiter oben positioniert dank der neuen Technologie ist, lässt sich wohl kaum beurteilen. Denn die vorderen Positionen bei Google werden ohnehin meistens von erfolgreichen Webseiten eingenommen, weswegen das Bild stets verzerrt wird. Aber allein die Tatsache, dass die führenden Anbieter längst umgestiegen sind und damit keinen Schiffbruch erlitten haben, spricht für sich.

Laut Aussagen des Google-Mitarbeiters Gary Illes wird bei zwei identischen Seiten jene mit HTTPS bevorzugt:

„If you’re in a competitive niche it can give you an edge from Google’s point of view. [HTTPS] acts more like are tie breaker. For Example: If all quality signals are equal for two results, than the one that is on HTTPS would get or may get the extra boost.“ ( Quelle: Video-Kommentar )

Viel Gutes dank SSL-Verschlüsselung?

Es bleibt also dabei, dass die Qualität der Inhalte, Backlinks und die seriösen SEO-Faktoren weiterhin den Ton angeben und die SSL-Verschlüsselung nur das I-Tüpfelchen sein kann, wie einige SEO-Experten behaupten.

Wie so oft in Leben gilt es zwischen Sicherheit und wirtschaftlichen Faktoren abzuwägen. Dennoch sollte dabei im Interesse eines jeden Unternehmens stehen, im wahren Sinne des Wortes auf der sicheren  ( Server )-Seite zu stehen und sich mit dem Thema SSL/TLS -Verschlüsselung künftig zu befassen.

Beitrag bewerten: 1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (1 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)
Loading...

BILD sperrt Adblocker Nutzer – Albern oder Diebstahl 2.0 ?

„Keiner“ liest sie und dennoch hat sie eine riesige Auflage. Das gleiche gilt für den Internetauftritt, der mit rund 181 Millionen Visits im August 2015 (laut IVW) auf Platz 2 der gelisteten deutschen Online-Angebote im Internet landete. Die Rede ist von der BILD Zeitung bzw. www.bild.de.

Trotz dieser unglaublichen Besucherzahlen hat sich der Axel Springer Konzern nun überlegt, alle Nutzer eines Adblocker Programms auszusperren. Wer also bewusst oder unbewusst beispielsweise durch ein Antiviren-Programm die Popup-Werbung oder Werbe-Banner blockiert, kann erst einmal keine Nachrichten mehr auf dem Online-Angebot der BILD Zeitung lesen.

Mit dieser Aktion möchte die BILD Zeitung auf die signifikante Notwendigkeit von Online-Werbung für das Presseangebot hinweisen, denn die Werbe-Banner machen einen großen Anteil der Einnahmen aus.

„[..]Ihr Adblocker sperrt die Werbung auf BILD.de. Doch ohne Erlöse aus dem Verkauf von Werbeplätzen können wir die Arbeit unserer Journalisten nicht finanzieren.“

Ob und inwiefern sich BILD damit nicht sogar ins eigene Fleisch schneidet, sei mal dahingestellt. Denn bei einem deutlichen Einbruch der Besucherzahlen und Page-Impressions und insgesamt auch der Reichweite dürften die Werber und Werbekunden wenig zufrieden sein. Vielleicht sogar die Konditionen senken.

Top oder Flop?

Natürlich wird nun heftig über diesen Schritt der BILD-Zeitung diskutiert, die vor wenigen Wochen auch bei einer anderen Aktion für Aufsehen sorgte, als vorübergehend sämtliche Fotos gelöscht bzw. durch Platzhalter ersetzt worden sind, um auf diese Weise auf die besondere Bedeutung von Bildern für die Presse hinzuweisen. (Wir erinnern uns: Die BILD hat das Foto eines toten Flüchtlingskindes am Strand liegend großflächig dargestellt und mit einem aufreißerischen Text überschrieben. Die Redaktion erntete daraufhin scharfe Kritik vom Presserat).

Einige Kritiker der BILD-Zeitung sehen nach dieser Aktion nun einen weiteren Grund dafür, die Seite ohnehin nicht mehr besuchen zu wollen (müssen) und einige feiern die Aktion auch in den sozialen Netzwerken.

Andere springen der BILD nun (vermeintlich) zur Seite und klatschen virtuellen, zynischen Applaus oder erkennen hierin eine Signalwirkung.

wir sind alle Diebe 2.0

So meldet sich unter anderem der Blogger Felix Geyer gestern zur Wort und spricht in seinem Artikel „Adblocker-Nutzer begehen digitalen Diebstahl“ vom so genannten „Diebstahl 2.0“.

Hier vergleicht er das Online-Surfen mit einem Supermarkt-Einkauf. Der Benutzer rufe eine Leistung ab, ohne vorher um Bezahlung gegeben zu werden, so in etwa wie das Lesen einer Zeitung im Supermarkt oder Kiosk, ohne die Zeitung dann letztlich zu kaufen, sondern sie wieder ins Regal zurückzulegen.

„Vor Allem diejenigen, die dieses Geschäftsmodell verstanden haben und trotzdem (oder gerade deswegen!?) einen Werbeblocker im Einsatz haben, sind für mich die Diebe 2.0.
Nutznießer, die richtig Geld kosten, wissentlich Informationen stehlen und stolz darauf sind. Schade, dass der aktuelle Trend in Deutschland ist, eher gegen die Seitenbetreiber zu schießen und Ihnen mit absurden Auflagen das Leben schwer und teuer zu machen, auf der anderen Seite aber diesen digitalen Diebstahl zu dulden oder zu befürworten.“ (Felix Geyer)

Mir erscheint diese Argumentation wenig durchdacht. Denn zum einen gibt es wahnsinnig viele Möglichkeiten, mit einer Webseite auf legalem Wege Geld zu verdienen (Wie viele „BILD Volks-PC, Volks-Handy, Volks-Waschmaschine“ -Aktionen gibt es da ständig?) und zum anderen steht es jedem Presseangebot selbstverständlich frei, sich ein angemessenes Bezahlmodell zu überlegen und umzusetzen, so wie es das Hamburger Abendblatt vor geraumer Zeit oder auch der Axel Springer Konzern mit BILD Plus eingeführt hat. Dafür sollte der Leser auch hochwertige Artikel und eventuell Bonus-Inhalte erwarten dürfen. Häufig ist es aber eher so, dass Artikel, Fotos und sonstige Inhalte, die nicht über 3 Sätze hinausgehen, wiederverwertet wurden, also sowohl im Print als auch beim Online-Angebot. So wirklich viel Mehrwert sehe ich da nicht – mit Ausnahme von Live-Ticker und aktuellen News über den Tag verteilt. Aber das mag ja jeder anders sehen und vielleicht auch gerne die vielen tollen Fotos der halbnackten Frauen durchklicken und die Inhalte auf der Online-Seite der BILD als exklusiv und einzigartig empfinden.

Muss Information im Internet immer Geld kosten?

Zum anderen aber fußt die oben zitierte Meinung auf einen klaren Denkfehler: Und zwar auf den Gedanken, dass sämtliche Güter eine Gegenleistung verlangen. Ob nun den Preis von 79 Cent am Kiosk oder die Einblendung von Werbung. Und zu diesen Gütern zählt nicht nur Brot oder Wasser, sondern auch die virtuelle Information (Text, Bild, Ton). Wer dies nicht akzeptiert und respektiert, verhält sich – nach der oben beschriebenen Ansicht – wie ein (virtueller) Dieb. Nur um ein Dieb zu sein, bedarf es eine Wegnahme (und Enteignung des ursprünglichen Eigentümers bzw. Aneignung einer Sache). Und wo erfolgt die Enteignung? Bei der Aneignung von Wissen und Informationen?

Man mag nun gewiss prominente Internet-Aktivisten zitieren, die vom hohen Gut der Demokratie und dafür notwendigen unentgeltlichen und jedermann frei zugänglichen „Information“ sprechen. Das Internet muss frei „sein“, alles andere sei eine Zensur oder moderner Kapitalismus (oder eine Art der Ausbeutung?). Oder auch das Totschlag-Argument, „Im Internet muss alles umsonst sein“ könnte herangezogen werden.

Aber bei einem Geschäftsmodell, welches bereits ein Bezahlmodell beinhaltet und im Konzept klar auf möglichst hohe Reichweite, Klicks und „reißerische“ Überschriften bei gleichzeitig geringem Informationsgehalt setzt, geht in meinen Augen diese Argumentation der Generierung von notwendigen Einnahmen als Rechtfertigung für die journalistische Arbeit fehl. Erst recht dann, wenn ein Großteil der Inhalte ohnehin mehrfach verwertet wird oder klar auf möglichst viele Klicks fokussiert sind.

Und auch das Presseportal oder allgemein: Jeder Blogger lebt von seinen Lesern. Denn ohne Besucher, keine Klicks, keine Banner, keine Einnahmen, kein Job. Klingt brutal, ist aber so.

Und wo liegt der Schaden oder Mehrbelastung bei dem Seitenbetreiber, der ohnehin Inhalte im Internet anbietet, wenn die Nutzer die Ads ausblenden? Bei den Mehrkosten durch die Seitenbesuche der nicht-zahlenden Nutzer?

Ungeachtet dessen „zahlen“ wir Bürger ohnehin seit Jahren mit unseren „Daten“ im Internet, die bei dem Klick im Internet im Hintergrund fleißig gesammelt und von Server zu Server gesendet werden, bis das Puzzle zusammengesetzt wird. Wie sonst wäre Facebook und Google zu dem geworden, zu dem sie nun geworden sind: Weltmarktführer auf einem (zweifelhaften) Geschäftsmodell basierend auf Einnahmen durch personalisierte Werbung, womit wir uns wieder im Kreis drehen. Die Gleichung für die Zeitung wie BILD bedeutet: Um jeden Preis, Besucher erreichen und Geld generieren! Aber ob mit der angewandten Methode tatsächlich ein Schaden abgewendet wird oder der Nutzer am Ende durch Blockade die Oberhand behält und BILD wieder einknickt, wird sicherlich die Zeit zeigen.

Nur am Rande bemerkt: Die BILD-Aktion führte zu einer vorher sicherlich nicht bedachten Sympathiewelle und Spendenbereitschaft für Adblock Unternehmen wie z.B. Eyeo, die den Werbeblocker „AdBlock Plus“ programmieren und verkaufen. Denn wie dieser heute meldete, haben sich die Spenden für das Projekt nahezu verdreifacht in den letzten Tage.

Wahrscheinlich sieht es bei den Zahlen von bild.de anders aus.

Was meint ihr? Sehen wir ein neues „Internetzeitalter“ oder nur eine missglückte PR-Kampagne?