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Die Grenzen der Meinungsfreiheit im Internet – und wann rechtliche Konsequenzen drohen

Wer im Eifer des Gefechts auf Facebook oder auf anderen sozialen Kanälen seine Meinung äußert und dabei kein Blatt vor dem Mund nimmt, kann sich nicht immer auf die Kunst- oder Meinungsfreiheit berufen. Neben strafrechtlichen Ermittlungen drohen sogar häufig arbeitsrechtliche Konsequenzen wie die Kündigung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses, wie aktuelle Gerichtsentscheidungen beweisen.

 

Ganz Deutschland diskutiert seit Tagen über den Fall Böhmermann und damit einhergehend auch die Frage, wieweit die Meinungsfreiheit und Kunstfreiheit gehen darf. Doch abseits dieser Debatte um den jungen Satiriker sind in jüngster Zeit einige weitere Gerichtsentscheidungen zum so genannten Äußerungsrecht ergangen, die das zulässige Feld weiter abstecken.

Es ist wohl der aktuellen Zeit und Technik geschuldet, dass immer mehr Menschen über die sozialen Kanäle, allen voran auf Facebook ihre Meinung kundtun – und sich mittlerweile auch dafür vor Gericht zu verantworten haben. Das Internet ist eben doch kein rechtsfreier Raum, wie es jahrelang immer wieder geheißen hat.

Die Gerichte betonen immer wieder die für die Gesellschaft und Demokratieenorm wichtige Bedeutung der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG).  Jeder soll grundsätzlich das Recht haben, „seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten“ wie es im Grundgesetz vorgesehen ist.

Gleichwohl kann nicht jedes Wort erlaubt sein. Die Grenzen der Meinungsfreiheit finden sich unter anderem in den allgemeinen Gesetzen wieder. Verletzt die Äußerung z.B. die Rechte eines Anderen oder erfüllt sie den Tatbestand der Beleidigung (§ 185 Strafgesetzbuch (StGB)) in Form von Schmähkritik, so kann sich der Äußernde nicht mehr auf die Meinungsfreiheit berufen. Dies ist gegeben, wenn eine Diffamierung und Herabwürdigung des Gegenübers oder einer anderen Person erfolgt und es längst nicht mehr um eine Auseinandersetzung in der Sache geht.

Ferner gilt es, bei sich gegenüberstehenden Grundrechten eine Interessenabwägung vorzunehmen, wie die Praxis im Presserecht zeigt. Hier kollidiert unter anderem das öffentliche Berichterstattungsinteresse mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des „Opfers“ nach Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG.

Was ist erlaubt? Was nicht?

So entschied gestern das Landgericht Düsseldorf (LG Düsseldorf, Urt. v. 19.04.2016, Az. 6 O 226/15), dass der frühere DFB-Präsident und ehemaliges Mitglied des Exekutivkomitees der FIFA, Dr. Theo Zwanziger das umstrittene Land Katar als „Krebsgeschwür des Weltfußballs“ bezeichnen darf. Die Klage der Qatar Football Association (QFA) auf Unterlassung dieser Aussage wies das Gericht damit ab. Zwar räumte der Richter ein, dass die Bezeichnung „Krebsgeschwür“ ein so genanntes Werturteil und letztlich eine strafbare Beleidigung im Sinne von § 185 StGB sei, jedoch wegen der anhaltenden öffentlichen Debatte über die Vergabe der Fußball-WM nach Katar durch die Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG geschützt.

„Der Vergleich der Klägerin mit einem Krebsgeschwür übersteige (noch) nicht die Grenze der Erforderlichkeit und Angemessenheit und sei keine Schmähkritik. Es habe nicht die öffentliche Diffamierung der Qatar Football Association, sondern die Rechtmäßigkeit und Überprüfung der Vergabeentscheidung für die Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar im Vordergrund gestanden.“
(Auszug aus der Pressemitteilung vom 19.04.2016; LG Düsseldorf, Urteil vom 19.04.2016, Az. 6 O 226/15)

Inwieweit ein Verband oder eine unbestimmte Personengruppe überhaupt „Opfer“ einer Beleidigung werden können, ist in der Rechtswissenschaft umstritten. Die Personengruppe muss dabei hinreichend bestimm- und überschaubar sein und auch ein Ehrgefühl entwickeln können (Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2015, Az. 1 BvR 1036/14). Diskutiert wurde dies unter anderem bei einer Kollektivbeleidigung der „Cops“ und „Soldaten“. Hier hatte Theo Zwanziger den Vorteil auf seiner Seite, dass viele Politiker nachwievor eine Neuvergabe der WM fordern und die Medien über Missstände in Katar berichten. Das öffentliche Berichterstattungsinteresse überwog folgerichtig.

Aber es gibt auch andere Beispiele: Üblicherweise stellen Betroffene sodann Strafanzeige bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft wegen der fraglichen Äußerung. Die Strafgerichte haben dann im Falle der Anklage z.B. die Beleidigungsdelikte oder den Straftatbestand der Volksverhetzung zu prüfen und müssen teilweise auch einen Blick für das Medienrecht entwickeln.

So wurde Youtube-Blogger “Julien” S. vor wenigen Wochen vom Amtsgericht Tecklenburg wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung sowie zur Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 15.000 Euro verurteilt, nachdem er in einem Youtube-Video nicht nur die GDL mit krassen Schimpfwörtern betitelte („Mistviecher“, „Drecksbastarde“), sondern andeutete, diese sogar eigenhändig nach Ausschwitz fahren zu wollen. Ein solcher KZ-Vergleich dürfte wohl in keinem Kontext zulässig sein.

Und auch der PEGIDA-Mitgründer Lutz Bachmann ist derzeit vor dem Amtsgericht Dresden unter anderem wegen Volksverhetzung angeklagt. Er soll im September 2014 auf Facebook in mehreren Kommentaren sowie auf seiner Seite Flüchtlinge beleidigt und zum Hass gegen sie angestachelt haben. Dabei sollen seinerseits Worte wie „Dreckspack“ und „Viehzeug“ gefallen sein. Durch diese Herabwürdigung der Flüchtlinge und dem Aufruf zur Gewalt gegen diese Menschengruppe könnte der Tatbestand der Volksverhetzung nach § 130 StGB erfüllt sein. Dabei wird wohl auch das gesamte Auftreten von Lutz Bachmann zu berücksichtigen sein, wie auch vorherige Strafverfahren gegen den „umstrittenen“ politischen Aktivisten. Ihm droht im Falle der Verurteilung eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.

Auch an das Arbeitsrecht denken!

In vielen Fällen sind nicht nur strafrechtliche Konsequenzen, sondern auch arbeitsrechtliche Folgen denkbar. Neben einer arbeitsrechtlichen Abmahnung steht auch die fristlose Kündigung im Raum, wenn der Arbeitnehmer durch seine – selbst im Privatleben – getätigte Äußerung das Ansehen des Unternehmens oder seiner Position im erheblichen Maße gefährdet und die weitere Zusammenarbeit mit ihm nicht mehr zumutbar ist. Zu denken sind dabei an krasse Beleidigungen des Vorgesetzten oder von Mitarbeitern oder sonstige rufschädigende Handlungen.

So wurde in der Vergangenheit eine Erfurter AWO-Mitarbeiterin wegen eines fremdenfeindlichen Facebook-Postings in der Freizeit gekündigt wie auch einem 17-jährigen Azubi von Porsche, der ein Foto eines syrischen Mädchens im Regen eines Wasserwerfers mit den folgenschweren Worten kommentierte: „Flammenwerfer währe [Originalschreibweise] da die bessere Lösung„. Es dürfte klar sein, dass solche Entgleisungen nicht hinzunehmen sind. Da hilft auch die spätere Entschuldigung nur in den seltensten Fällen.

In einem anderen Rechtstreit hatte ein Lokführer der Deutschen Bahn Regio auf seinem privaten Facebook-Account ein Foto des KZ Ausschwitz mit der Bildunterschrift auf polnischer Sprache „Polen ist bereit für die Flüchtlingsaufnahme“ eingestellt. Da er in seinem Profil auch den Arbeitgeber ausdrücklich angegeben hatte, erklärte ihm die Deutsche Bahn daraufhin die ordentliche und außerordentliche Kündigung. Das Arbeitsgericht (Arbeitsgericht Mannheim, Urteil vom 19.02.2016) befand zwar beide Kündigungen in der Sache für unwirksam, stellte jedoch klar: Das KZ-Foto im Zusammenhang mit der Bildunterschrift seien „menschenverachtend“ und weder Satire noch von der Meinungsfreiheit gedeckt. Ferner könne sich dies zu Lasten des Arbeitgebers „ruf- und geschäftsschädigend“ auswirken. Das positive „Nachtatverhalten“ und auch die mehrjährige Angehörigkeit im Unternehmen wurden letztlich zu Gunsten des Angestellten berücksichtigt.
Die Entscheidungen machen deutlich, wieviel trotz eines kleinen Satzes im Netz auf dem Spiel stehen kann. Ein Rechtsanwalt oder Strafverteidiger sollte in jedem Fall konsultiert werden, um strafrechtliche und arbeitsrechtliche Folgen bestmöglich abzuwehren.

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EGMR: Zur Haftung des Seitenbetreibers für Hass-Kommentare

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg entschied vor wenigen Tagen (EGMR, Urteil vom 02.02.2016, Az. 22947/13), dass ungarische Seitenbetreiber nicht für Hass-Kommentare ihrer Nutzer haften sollen. Demnach haben die Gerichte in Ungarn nicht hinreichend die Rechte der Beteiligten miteinander abgewogen und die Portale zu Unrecht verurteilt.

Irgendwie scheint das Thema „Internet und Hass“ als Teil der Meinungsäußerung seit geraumer Zeit ein juristischer Dauerbrenner zu sein, das längst nicht nur in Zeitschriften zum Medienrecht besprochen wird, sondern mittlerweile auch in der Tagespresse angekommen ist. Nicht ohne Grund hatte Bundesjustizminister Heiko Maas vor wenigen Wochen erste Ergebnisse seiner Task Force vorgestellt.

Da trifft es sich gut, dass sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit einem hierzu passenden Fall zu befassen hatte (EGMR, Urteil vom 02.02.2016, Az. 22947/13), der für Gesprächsstoff sorgt und von Medienrechtlern diskutiert wird.

Das kennen wir noch von der im vergangenen Jahr ergangenen „Delfi-Entscheidung“ (EGMR, Urteil vom 16.06.2015, Az. 64569/09) zur Haftung eines Forenbetreibers für rechtswidrige Inhalte auf seiner Seite. In dieser Entscheidung erachtete der EGMR den Schadensersatzanspruch gegenüber einem Nachrichten-Portal, betrieben von der der Delfi AS aus Estland, für rechtmäßig, weil der Seitenbetreiber für die anonymen Kommentare auf seiner Seite zu haften habe und diese sogar im konkreten Fall sogar ohne Hinweis von Betroffenen zu löschen seien. Danach seien Hass-Beiträge und Hetze immer gleich direkt zu entfernen und nicht erst auf Beanstandungen hin.

Wurde nun in der aktuellen Entscheidung aus der vergangenen Woche ein auf dem ersten Blick widersprüchliches Resultat erzielt, wie einige Überschriften in den Medien suggerieren?

Schließlich hatte sich der EGMR in diesem Verfahren abermals mit dem Spannungsverhältnis zwischen der Meinungsfreiheit eines Einzelnen und den Rechten eines Unternehmens aus seinem Unternehmerpersönlichkeitsrecht zu befassen, allerdings dieses Mal in einer anderen Konstellation:

Die Beschwerdeführer waren die Selbstregulierungsorganisation der ungarischen Internet Service Provider, Magyar Tartalomszolgáltatók Egyesülete (MTE), und das ungarische Nachrichten-Portal index.hu, die jeweils als Plattformbetreiber von einem ungarischen Unternehmen in Haftung genommen worden sind, nachdem zuvor Nutzer der Seite im Jahre 2010 anonym in den Kommentaren die Machenschaften eines Unternehmens verhöhnt hatten. Dabei sind sinngemäß Formulierungen verwendet worden wie:

„Diese beiden Müll Immobilen-Seiten [..] Diese Leute sollen einen Igel scheißen …und ihr ganzes Geld auf die Gräber ihrer Mutter verwenden, bis sie tot umfallen“. (Im englischen Wortlaut der Entscheidung lautet das Zitat: “People like this should go and shit a hedgehog and spend all their money on their mothers’ tombs until they drop dead.”)

Das kritisierte Unternehmen betreibt ein Immobilen-Portal und empfand diese Kommentare als geschäftsschädigend, weswegen es rechtlich gegen beide Betreiber vorging. Und obgleich die Seitenbetreiber die beanstandeten Kommentare zeitnah entfernt hatten, zog sich dieser Rechtsstreit durch alle nationalen Instanzen – und immer standen die Richter auf der Seite des Immobilen-Vermittlers. Bis sich die Beklagten wegen der Verletzung von Art. 10 EMRK an den EGMR wandten und sich der Gerichtshof der Sache annahm.

Um die Antwort gleich vorweg zu nehmen: Die Straßburger Richter befanden die streitgegenständlichen Äußerungen zwar für anstößig und vulgär, jedoch nicht für überschritten über die Schwelle der strafbaren Beleidigung. Auch haben die nationalen Gerichte in Ungarn keine ausreichende Interessenabwägung vorgenommen und seien voreilig zum Ergebnis gelangt, dass ein Rechtsverstoß und somit die Rechtswidrigkeit der Kommentare allein schon deshalb bestünden, weil sie den Ruf des Unternehmens gefährdeten. Denn zum einen seien die kritischen Kommentare – noch – rechtmäßig gewesen und zum anderen würde das anerkannte Kontrollsystem des „notice and take down“-Verfahrens außer Acht gelassen, das index.hu sowie MTE verwendeten. Zudem habe das ungarische Nachrichten-Portal seinen Usern durch Nutzungsbedingungen vorgeschrieben, dass vulgäre, aggressive und bedrohende Kommentare verboten seien.

Gleichwohl möchte sich der EGMR so verstanden sehen, dass das Urteil keine grundlegende Bedeutung haben soll, sondern vielmehr nur einen bestimmten Einzelfall abbildet. Denn die Interessenabwägung zwischen der Meinungsfreiheit des Einzelnen, die hierzulande in Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG) (und Art. 10 Abs. 1 EMRK) verfassungsrechtlich verankert ist, und den Rechten Dritter aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG oder – wie in diesem Fall – dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht obliegt unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände dem jeweiligen Einzelfall.

Der an der Entscheidung mitwirkende Richter Egidijus Kuris geht sogar noch einen Schritt weiter und warnt Content-Provider in einem anschließenden “Sondervotum“ davor, dieses Urteil zukünftig für die eigene Geschäftsmäßigkeit zu missbrauchen (instrumentalisieren) und sich so vor der (Mit-)Haftung zu „schützen“.

„Consequently, this judgment should in no way be employed by Internet providers, in particular those who benefit financially from the dissemination of comments, whatever their contents, to shield themselves from their own liability, alternative or complementary to that of those persons who post degrading comments, for failing to take appropriate measures against these envenoming statements. If it is nevertheless used for that purpose, this judgment could become an instrument for (again!) whitewashing the Internet business model, aimed at profit at any cost.” (EGMR, Urteil vom 02.02.2016, Az. 22947/13, CONCURRING OPINION OF JUDGE KURIS)

In jedem Fall wird aber deutlich, dass die Gerichte im Einzelfall den Konflikt der Rechtsgüter hinreichend umfassend aufzulösen haben und sich aus einer kritischen oder anstößigen Meinungsäußerung noch per se keine Haftungspflicht des verantwortlichen Seitenbetreibers ergibt.

Haftung für rechtswidrige Inhalte: Wie ist die Rechtslage in Deutschland?

Grundsätzlich bestehen Prüfpflichten für einen Seitenbetreiber; jedoch sind daran keine allzu hohen Gradmesser zu stellen. Müsste ein Seitenbetreiber jeden Kommentar, Foren-Beitrag und jedes Foto vor der Veröffentlichung erst auf die Rechtmäßigkeit prüfen, bestünden die Gefahren einer „quasi-Zensur“ (zumindest deren Anschein) und der gravierenden Einschränkung eines Portals, das von Aktivitäten der Nutzer im Web 2.0 Zeitalter (user generated content) elementar abhängig ist. Aber derartige unangemessenen Anforderungen kosten Geld, hemmen die Aktivität der Mitglieder/User und können folglich die Geschäftsmäßigkeit des Angebots massiv gefährden.

Ausreichend soll es vielmehr nach ständiger Rechtsprechung sein, dass der Seitenbetreiber verschiedene – und den meisten wohl bekannte – technische Vorkehrungen trifft, wie die „Melde-Funktion“ und Moderation von Foren und Kommentaren, aber auch Word-Filter und Spam-Schutz. Dies setzt allerdings voraus, dass der fragliche Inhalt fremd ist, also einem Dritten zuzurechnen ist und sich der Seitenbetreiber diesen nicht zu eigen gemacht hat. Es muss daher für einen durchschnittlichen Laien erkennbar sein, dass es sich bei dem Kommentar, Beitrag oder sonstigen Inhalt um solchen des Nutzers handelt. Die Rechtsprechung hat für diese Abgrenzung verschiedene Kriterien entwickelt.

Demzufolge kann sich der Seitenbetreiber fremde Inhalte zu eigen machen, wenn er sie wirtschaftlich verwertet, optisch derart in seine Seite integriert, dass sie wie eigene Inhalte wirken oder beispielsweise eine Auswahl bzw. Bearbeitung der Inhalte vornimmt und somit Einfluss auf dessen Gestaltung ausübt. Diskutiert und bejaht wurde dies vom Bundesgerichtshof (BGH) beispielsweise bei einem Online-Kochbuch, wenn nämlich der Seitenbetreiber Rezepte und Anleitungen der Mitglieder auf Vollständigkeit und Richtigkeit prüft und freischaltet bzw. sich sogar Lizenzen (z.B. für den Druck als Print-Version) daran einräumen lässt (BGH, Urteil vom 12. November 2009, Az. I ZR 166/07 – marions-kochbuch).

In der Regel sind aber heutzutage alle gängigen Internet-Portale und sozialen Netzwerke derart optisch und technisch gestaltet, dass der Autor des jeweiligen Inhalts mit Namen und/oder Profilfoto eindeutig als solcher erkennbar angezeigt wird und der Seitenbetreiber hierauf keinen Einfluss auszuüben vorgibt. Zudem tragen auffällige Hinweise („Bitte erstellt keine rechtwidrigen Inhalte“ usw.) und Nutzungsbedingungen einen Teil hierzu bei (So z.B. bei Facebook Fanseiten).

Bei der richtigen Verwendung dieser etablierten Funktionen kommt der Anbieter seinen gesetzlich geforderten Prüfpflichten nach, wenn sich Mitglieder oder Betroffene über anstößige Inhalte bei dem Plattformbetreiber beschweren und er daraufhin zeitnah innerhalb von wenigen Tagen – je nach Größe des Angebots – reagiert sowie gegebenenfalls rechtswidrige oder anstößige Inhalte löscht. Die auch als „notice and take down“-Verfahren bezeichnete Haftungsprivilegierung ist längst Praxis und z.B. in § 10 TMG gesetzlich normiert.

Der BGH bestätigte letztes Jahr in seiner Entscheidung – über die Haftung für die Bewertung auf einem Hotelbewertungsportal – diese Haftungsprivilegierung des Seitenbetreibers:

„Der Annahme einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG für die von Nutzern auf ihre Server eingestellten fremden Daten steht jedoch § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift, die auf Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr beruht, sind Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Danach ist es dem Betreiber eines Bewertungsportals grundsätzlich nicht zuzumuten, jeden Beitrag vor der Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Nicht ausgeschlossen sind hingegen Überwachungspflichten in spezifischen Fällen. Diensteanbieter, die von Nutzern bereitgestellte Informationen speichern, müssen außerdem die nach vernünftigem Ermessen von ihnen zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegte Sorgfaltspflicht anwenden, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern (Erwägungsgrund 48 der Richtlinie 2000/31/EG; vgl. BGH, Urteil vom 18. November 2010 I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 40 = WRP 2011, 881 Sedo). Diese vom Senat aufgestellten Grundsätze stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 C324/09, Slg. 2011, I6011 = GRUR 2011, 1025 Rn. 109 ff., 139, 144 = WRP 2011, 1129 L’Oréal/eBay; Urteil vom 24. November 2011 C-70/10, Slg. 2011, I-11959 = GRUR 2012, 265 Rn. 36 ff. Scarlet/SABAM; Urteil vom 16. Februar 2012 C360/10, GRUR 2012, 382 Rn. 34 ff. = WRP 2012, 429 SABAM/Netlog; vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2011 I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 22 ff. Stiftparfüm).“ (BGH, Urteil vom 19.03.2015, Az. I ZR 94/13 – Hotelbewertungsportal)

Es ist nicht ersichtlich, warum sich an dieser Linie etwas ändern sollte. Die gewählte Konstruktion der Haftungsprivilegierung von Seitenbetreibern im Internet und das „notice and take down“- Verfahren werden im jeweiligen Einzelfall der Interessenabwägung einem ausgewogenen und angemessenen System gerecht.

Was bedeutet das nun für Webmaster und Seitenbetreiber?

Können jetzt Webmaster und Betreiber von Foren und Webportalen aufatmen? Die Antwort lautet „jein“ – denn es bleibt alles beim Alten.

Die Verantwortlichen sollten sich weiterhin nicht durch die unterschiedlichen Schlagzeilen wie „Seitenbetreiber haften nicht für Hass-Kommentare“ oder „EGMR spricht News-Portal von Haftung für Nutzerkommentare frei“  irritieren und sich in Sicherheit oder Unsicherheit wiegen lassen. Auch zukünftig sollten zeitgemäße und praxistaugliche „Melde-Systeme“, Kontroll-Funktionen, Foren-Moderation nebst entsprechender AGB/Nutzungsbedingungen einen notwendigen Bestandteil des Internetangebots sein und Mitarbeiter/Verantwortliche innerhalb von 1-3 Tagen auf Beanstandungen reagieren, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen. Dann haben Sie grundsätzlich erst einmal nichts zu befürchten.

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Hassbotschaften und Volksverhetzung auf Facebook – Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt gegen Facebook-Manager

Facebook bietet seinen angemeldeten Nutzern als größtes soziales Netzwerk der Welt eine scheinbar unbeschränkte Plattform der Selbstdarstellung und Meinungskundgabe. Und grundsätzlich ist dies auch im Verständnis der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Deutschland zu begrüßen, die Jedermann das Grundrecht der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG) zuspricht. Die Grenze zwischen der zulässigen Meinungsfreiheit und der unzulässigen Meinungsäußerung, beispielsweise bei der strafbaren Beleidigung (§ 185 StGB) bzw. Schmähkritik ist teilweise schwierig zu ziehen und hängt vom Einzelfall ab. In der Rechtsprechung gibt es bislang tausende Entscheidungen hierzu.

Aber: Die Beleidigung und die Volksverhetzung (§ 130 StGB) fallen ganz klar aus diesem großen Schutzbereich heraus und werden bei krassen Fällen im Internet regelmäßig strafrechtlich von der Staatsanwaltschaft verfolgt, auch wenn der mutmaßliche Täter nicht immer ermittelt oder belangt werden kann.

Facebook hat eine soziale Verantwortung

Seit einiger Zeit wird bereits in der deutschen Politik über die so genannten „Hassbotschaften“ auf Facebook diskutiert. So forderten Justizminister Heiko Maas, aber auch die Bundeskanzlerin Angela Merkel jüngst mehrfach die US-amerikanischen Betreiber des bekanntesten sozialen Netzwerks oder Mark Zuckerberg persönlich auf, sich diesen Problemen anzunehmen und Hassbotschaften und Beiträge bzw. Fansites mit der Intention der Volksverhetzung zu löschen, jedenfalls schneller als bislang bei der Prüfung zu reagieren. Denn angesichts der zunehmenden Anzahl der Flüchtlingscamps und der in einigen Kreisen der Bevölkerung auch sinkenden Akzeptanz der „Willkommenskultur in Deutschland“, gewinnt die Thematik rasant an Fahrt. Mittlerweile gibt es zahlreiche Fansites und Gruppen, die unter dem Deckmantel der vermeintlichen Meinungsfreiheit fremdenfeindliche Beiträge publizieren, mit vielen Anhängern teilen oder sogar zu Gewalttaten gegen Ausländer oder Minderheiten aufrufen.

Dabei habe Facebook eine soziale Verantwortung, wie Maas in der TV-Sendung „Günther Jauch“ abermals bekräftigte. Eine Strafbarkeit sehe er allerdings nicht.

Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt gegen Facebook

Nun hat die Staatsanwaltschaft Hamburg, laut Medienberichten (SPON), ihrerseits Ermittlungen gegen drei Manager von Facebook wegen des Verdachts der Volksverhetzung aufgenommen. Das Interessante an der Geschichte ist, dass es sich hierbei um drei Manager der in Hamburg ansässigen Facebook Germany GmbH handeln soll. Die Personen sind der Geschäftsführer oder Vertreter der deutschen Firma, die eigentlich nur als Büro in Deutschland die Werbung und Akquise regelt. Eine Rechtsabteilung besitzt die Facebook Germany GmbH nicht, sondern rechtliche Streitigkeiten und sonstige juristische Angelegenheiten werden an die Facebook Ltd. in Dublin, Irland oder gar in die USA zum Hauptsitz verwiesen.

So soll ein Würzburger Anwalt Anzeige erstattet haben wegen des Verdachts der Volkshetze, da das Unternehmen in seinen Augen nicht korrekt mit der Beanstandung von fremdenfeindlichen Inhalten umgeht und richtet sich damit gegen die deutsche Firma. In seiner Anzeige heißt es demnach: „Die Facebook Germany GmbH fördert somit die Verbreitung von volksverhetzenden, strafbaren Inhalten durch Handlungen in Deutschland ausgehend vom deutschen Unternehmenssitz in Hamburg“.

Die Kritik richtet sich dabei an dem Umgang mit gemeldeten Beiträgen durch Mitglieder. So steht es allen facebook-Nutzern zu, unangemessene Beiträge, z.B. Fotos, Verlinkungen oder geteilte Inhalte zu melden. Daraufhin werden, mutmaßlich in Handarbeit, alle Beiträge durch Mitarbeiter des Konzerns geprüft und gegebenenfalls innerhalb von 24 Stunden entfernt. Gelangt der Prüfer jedoch zum Ergebnis, der Beitrag stelle keine Rechtsverletzung dar oder sei noch zulässig, passiert nichts. Nach den Beobachtungen des Würzburger Anwalts wird nämlich nur ein Bruchteil der beanstandeten Inhalte tatsächlich gelöscht, hingegen bleibt ein Großteil weiterhin im Netz. Inwiefern diese Angaben stimmen, lässt sich nicht überprüfen.

Schwierigkeiten der rechtlichen Kontrolle

Dies mag auch daran liegen, dass nicht jeder Prüfer ein ähnliches rechtliches Verständnis der deutschen Rechtslage zur Meinungsfreiheit bzw. dessen Grenze hat und wohlmöglich auch ein anderes Empfinden für Fremdenhass. Möglicherweise fehlt es auch an der Zeit, jede Beanstandung umfangreich zu prüfen, möglicherweise ist auch nicht jeder der deutschen Sprache mächtig. Und vielleicht sind wir in Deutschland auch übersensibilisiert bei dieser Debatte. Daher lässt sich kein Ergebnis – der strafrechtlichen Ermittlungen der StA Hamburg – voraussagen, obgleich die Konstruktion schon etwas ungewöhnlich ist.

Allerdings entsteht so ein kurioses Bild. So sollen laut Aussagen einiger Medienbeobachter von Facebook zwar Fotos mit angedeuteten „Nippeln“ von nackten Frauen, selbst wenn es sich dabei um eigene Fotos vom Fotoshooting als Models handelt, sofort gelöscht werden, hingegen Hasspredigen und fremdenfeindliche Parolen aus der rechten Szene oftmals tagelang bei Facebook durch eine Vielzahl an Profilen umherschwirren oder stehen bleiben.

Man muss selbstverständlich berücksichtigen, wie viele Beiträge und Fotos tagtäglich wohl als unangemessen gemeldet werden und die Mitarbeiter von Facebook beschäftigen, zumal es sich bei politischen oder gesellschaftlichen Meinungsäußerungen oftmals um grenzwidrige Fälle handelt, die der „Otto-Normal-Bürger“ gewiss unterschiedlich einstuft. Das kennen wir ja bereits von Songtexten von Bushido oder anderen „Gangsta-Rappern“, bei denen selbst die deutschen Gerichte uneins waren im Hinblick auf die Kunstfreiheit und Meinungsfreiheit der Musiker.

Alles nur ein PR-Gag?

Ob und inwiefern die „Klarnamen-Pflicht“ für Mitglieder, auf die Facebook trotz juristischer Bedenken hierzulande hinarbeitet, daran etwas ändern vermag oder stärkere Kontrollen oder sogar ein Wort-Filter Abhilfe leisten könnten, sei an dieser Stelle einmal offen gelassen. Und bei zu viel Kontrolle und Löschungen heißt dann wieder der Vorwurf „Zensur bei Facebook!“.

Eines dürfte aber jetzt schon klar sein: Facebook wird sich der Kritik stellen müssen, vielleicht aber auch deswegen bald wieder einmal mit – aufregenden – Neuerungen und PR-Kampagnen die Mitglieder und Leser überraschen, wenn nicht sogar überrumpeln.

Apropos PR-Kampagne – Es steht natürlich auch noch der Gedanke im Raum, der Würzburger Anwalt, über den heute alle reden, hat bei dieser Anzeige mehr als nur die Strafverfolgung im Auge. Wollen wir hoffen, dass dem nicht so ist.

Keine strafbare Beleidigung! „Wollen Sie mich ficken?“ ist nicht strafbar, zumindest nicht wenn…

Bereits auf dem Schulhof sind Beleidigungen und Beschimpfungen unter den Kids und Jugendlichen Gang und Gäbe und auch in (politischen) Diskussionen neigen die Menschen oftmals auch dazu, scharfe Worte zu wählen.

Schnell wird der Betroffene dann mit der strafbaren Beleidigung nach § 185 StGB bzw. den allgemein als „Beleidigungsdelikte“ geltenden Vorschriften aus dem Strafgesetzbuch (§§ 185 ff StGB) konfrontiert, insbesondere dann, wenn der Gegenüber ein Polizist, Staatsanwalt oder Staatsdiener ist. Dann wird oftmals auch bei einer einfachen wörtlichen Beleidigung eine Strafanzeige erstattet und ein Strafverfahren in Gang gesetzt.

Strafbare Beleidigung und Schmähkritik

Hierzulande haben sich die Gerichte recht häufig mit dem Vorwurf der strafbaren Beleidigung zu befassen, wenngleich sie auch teilweise nur eine Straftat neben anderen ist (z.B. auch Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Hausfriedensbruch, Körperverletzung usw). Die entscheidende Wortwahl muss sodann – jedenfalls in höherinstanzlichen Strafverfahren – vor dem Hintergrund der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetz (GG) ausgelegt und nach dem konkreten Umstand bemessen werden, in welchem sie getroffen wurde. Dabei ist jedes Wort für sich genommen zu betrachten, also auch zwischen „Du“ oder „Sie“ zu differenzieren, was zu teils belustigenden Ergebnissen führen kann. Ein Dieter Bohlen soll angeblich Polizisten duzen dürfen. Auch sind übertriebene Wortwahl im Kontext von Dialogen, Übertreibungen (im Rahmen von Kunst und Satire), weitere Stilmittel der Kommunikation (und Presse) sowie auch die Intention und Deutung der Worte aus Sicht des Aussagenden mit zu berücksichtigen. Eben Wort für Wort und Bild für Bild. Eine Strafbarkeit und Beurteilung hängt somit immer vom Einzelfall ab.

Bekannte Gerichtsentscheidungen zur Beleidigung

Formulierungen wie der „durchgeknallte Staatsanwalt“ (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2009, Az.: 1 BvR 2272/04) oder „Soldaten sind Mörder“ (BVerfG, Beschluss vom 25.08.94, Az: 2 BvR 1423/92) galt es schon vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zu überprüfen und sollten (teilweise) als zulässig eingestuft werden, so dass entgegen der Auffassung vorheriger Gerichtsentscheidungen eben keine Straftat der Beleidigung nach § 185 StGB gegeben war.

Die Grenzen der Meinungsfreiheit findet sich gemäß Art. 5 Abs. 2 GG unter Anderem in der so genannten Schranke der allgemeinen Gesetze, die jene einschränken können, also beispielsweise in den einschlägigen Normen aus dem Strafgesetzbuch (§§ 185 ff StGB). Natürlich auch in anderen einfachgesetzlichen Rechten des Betroffenen.

So ist die Kollektivbeleidigung allerdings nur bei eindeutigem Bezug zu „einer hinreichend überschaubaren und abgegrenzten Personengruppe“ anzuerkennen, woran es dann fehlt, je größer die möglicherweise betroffene Personengruppe ist und je ungenauer diese bezeichnet wird, wie beispielsweise bei der Bezeichnung „Cops“.

„Je größer das Kollektiv ist, auf das sich die herabsetzende Äußerung bezieht, desto schwächer kann auch die persönliche Betroffenheit des einzelnen Mitglieds werden, weil es bei den Vorwürfen an große Kollektive meist nicht um das individuelle Fehlverhalten oder individuelle Merkmale der Mitglieder, sondern um den aus der Sicht des Sprechers bestehenden Unwert des Kollektivs und seiner sozialen Funktion sowie der damit verbundenen Verhaltensanforderungen an die Mitglieder geht. Auf der imaginären Skala, deren eines Ende die individuelle Kränkung einer namentlich bezeichneten oder erkennbaren Einzelperson bildet, steht am anderen Ende die abwertende Äußerung über menschliche Eigenschaften schlechthin oder die Kritik an sozialen Einrichtungen oder Phänomenen, die nicht mehr geeignet sind, auf die persönliche Ehre des Individuums durchzuschlagen (BVerfGE 93, 266 ). Es ist verfassungsrechtlich nicht zulässig, eine auf Angehörige einer Gruppe im Allgemeinen bezogene Äußerung allein deswegen als auf eine hinreichend überschaubare Personengruppe bezogen zu behandeln, weil eine solche Gruppe eine Teilgruppe des nach der allgemeineren Gattung bezeichneten Personenkreises bildet“ (vgl. BVerfGE 93, 266 ).“ (Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2015, Az. 1 BvR 1036/14„FCK CPS“)

Andere Formulierungen wie „Idiot“ oder „Arschloch“ als Formalbeleidigung oder aus dem Bereich der Schmähkritik, die die Herabstufung des Gegenübers, Kundgabe der Missachtung oder Verunglimpfung bedeuten, sind natürlich strafbar und unterfallen nicht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 I GG. Der durch die Beleidigungsdelikte geschützte „persönliche Ehrschutz“ ist dann verletzt.

Freispruch: „Wollen Sie mich ficken“ ist keine Straftat

Ab und zu kommt es sodann in der Justiz zu interessanten, teils skurrilen Fällen, in denen sich die Richter mit grenzwidriger Wortwahl im Prozess wegen des Vorwurfs der Beleidigung usw. zu befassen haben.

Im einem aktuellen Fall hatte ein 71-Jähriger während einer Verkehrskontrolle gegenüber dem Polizisten die unschönen Worte geäußert: „Wollen Sie mich ficken? Haben Sie nichts anderes zu tun?“. Diese Beleidigung resultierte unter Anderem daraus, dass der Fahrer erst von dem Polizeibeamten mittels Verkehrskontrolle gestoppt wurde und dann noch einen Alkoholtest machen sollte. Da er nicht angeschnallt war und einen Atemalkoholtest mehrfach verweigerte, kontrollierten die Polizeibeamten das Fahrzeug etwas übergenau, woraufhin der Mann sodann ein wenig die Beherrschung verloren haben könnte mit den zitierten Worten. Es folgten die Strafanzeige, ein Strafverfahren und eine Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht in Neu-Ulm (Amtsgericht Neu-Ulm, AZ.: 5 CS 116 JS 5440/15).

Das Urteil war dann doch erwähnenswert: Der Richter des Amtsgerichts in Neu-Ulm folgte der Strafverteidigung des Angeklagten und sprach diesen frei. Denn angesichts der verfassungsrechtlich geschützten Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG sei diese Äußerung dahingehend auszulegen, dass der Rentner mit dieser Formulierung nur darstellen wollte, sich durch den Vorgang der Polizei „schikaniert“ zu fühlen. Auch erinnere ihn das an seine Zeit bei der Bundeswehr, wo das F-Wort mal andere Bedeutung haben konnte.

Was lernen wir daraus? Eine Freche Wortwahl der Umgangssprache kann mit gut argumentierter Erklärung das Gericht überzeugen und zum Freispruch führen.

Die Entscheidung zum Nachlesen: Amtsgericht Neu-Ulm, AZ.: 5 CS 116 JS 5440/15