Der Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) stellte gestern ein Ergebnispapier der so genannten Task Force „Umgang mit rechtswidrigen Hassbotschaften im Internet“ zur Bekämpfung von fremdenfeindlicher Hetze in den sozialen Netzwerken vor. Die sich der Task Force angeschlossenen Unternehmen wie Facebook, Youtube und twitter und die prominenten Organisationen werden zukünftig stärker zusammenarbeiten und zahlreiche Maßnahmen treffen. So sollen gemeldete Beiträge schneller kontrolliert und gegebenenfalls innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden.
Die im September dieses Jahres gegründete Arbeitsgruppe von Bundesjustizminister Heiko Maas verfolgt das Ziel, Hetze und Hass gegen Ausländer im Internet, insbesondere in den sozialen Netzwerken wie Facebook oder auf Youtube und twitter stärker strafrechtlich zu verfolgen und tatsächlich einzudämmen. Trotz medienwirksamer Ermittlungsverfahren und strafrechtlicher Verurteilungen in jüngster Zeit nahmen Beleidigungen und Fremdenhass auf Facebook und twitter spätestens mit der Flüchtlingskrise im deutschsprachigen Web rasant zu. Die teils überforderten Ermittlungsbehörden und Betreiber der Internet-Portale stehen folgerichtig seit Wochen unter starkem Beschuss der Politik. Und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) traf sich persönlich mit Facebook-Kopf Mark Zuckerberg am Rande einer UN-Versammlung in New York wegen dieser Problematik.
Nun konnte Heiko Maas das langersehnte Ergebnis der Gespräche und Planungen seiner Task Force der Öffentlichkeit präsentieren. So sieht das Konzept vor, dass sich die der Arbeitsgruppe angeschlossenen Internet-Anbieter Facebook, YouTube und twitter zukünftig noch stärker um die Löschung von Fremdenhass auf ihren Internet-Angeboten bemühen und gemeinsam mit weiteren Verbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen näher zusammenzuarbeiten wollen, um ein Zeichen für Weltoffenheit und Toleranz zu setzen. Unter ihnen befinden sich zahlreiche bekannte Verbände / Organisationen wie die „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter“ (FSM), jugendschutz.net, klicksafe und eco – der Verband der Internetwirtschaft e.V. Einige dieser Organisationen bemühen sich seit Jahren – mehr oder weniger erfolgreich – im Jugendschutz hierzulande um die so genannte „freiwillige Selbstkontrolle“ bzw. Selbstregulierung durch die Anbieter.
Nun also gibt es erstmals „auf Papier gedruckte“ Lösungsansätze. Obgleich die Nutzungsbedingungen der drei Unternehmen aus den USA die Löschung von strafbaren Beleidigungen und Fremdenhass in Kommentaren und Beiträgen ohnehin schon seit geraumer Zeit vorsehen, soll sich zukünftig die Bearbeitung von gemeldeten Beiträgen näher an dem deutschen Strafrecht, genauer an dem Straftatbestand der Volksverhetzung nach § 130 StGB orientieren. Hierfür sollen weitere Mitarbeiter in den Unternehmen eingestellt bzw. mit der Prüfung von Hassbotschaften beauftragt werden, um zügiger auf die Beschwerden zu reagieren.
Konkret lauten die neuen Vorgaben:
„Rechtswidrige Inhalte werden unverzüglich nach Inkenntnissetzung entfernt; die Mehrzahl der gemeldeten Inhalte werden in weniger als 24 Stunden geprüft und, falls erforderlich, entfernt.“
Dies war in jüngster Zeit häufig an Facebook kritisiert worden, denn teilweise wurden gemeldete Beiträge nicht oder nur mit zeitlichem Abstand entfernt. Facebook selber begründete diese Ungenauigkeit (unter vorgehaltener Hand) mit den sprachlichen Schwierigkeiten der zuständigen Mitarbeiter, die zumeist aus Dublin agieren, und zusätzlich mit der Fülle an täglichen Meldungen und Support-Anfragen.
Möglicherweise hatte die Staatsanwaltschaft Hamburg aus diesem Grund auch strafrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts der Anstiftung zur Volksverhetzung gegen mehrere Manager von Facebook eingeleitet und so die Verantwortlichen unter Zugzwang gesetzt.
Die richtigen Schritte
Das knapp 5-seitige Ergebnispapier beinhaltet unter anderem folgende Lösungsansätze:
- Die der Task Force angeschlossenen Unternehmen werden zukünftig technische und organisatorische Maßnahmen ergreifen, um noch besser auf Beschwerden und Beanstandungen von fremdenfeindlichen (rechtswidrigen) Inhalten zu reagieren und diese zügig – in der Regel – innerhalb von 24 Stunden zu löschen.
- Die Richtlinien der Unternehmen sollen noch transparenter werden und deutlich darauf hinweisen, dass rechtswidrige Inhalte mit Fremdenhass und Hetze überprüft und geeignete Maßnahmen hiergegen ergriffen werden wie z.B. das Löschen dieser Inhalte oder die Sperrung von Nutzerkonten.
- Auch wollen die Unternehmen und Organisationen zukünftig die Zivilcourage der Mitglieder unterstützen und sich gegen Fremdenhass und Diskriminierung von Minderheiten einsetzen. Sie werden daher die Gegenrede („Counter Speech“) als offene und respektvolle Kommunikationskultur auf Grundlage einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe aktiv aufgreifen und stärken.
- Die sich der Task Force unterworfenen Unternehmen und Organisationen versprechen nicht nur einen stärkeren Informationsaustausch untereinander, sondern werden darüber hinaus gemeinsam Informationen und insbesondere einen Leitfaden zum Thema „Hate Speech“ in den sozialen Netzwerken erarbeiten.
Die Meinungsfreiheit als wesentliche Grundlage der Gesellschaft
Gleichwohl betonten alle Mitwirkenden die elementare Bedeutung der Meinungsfreiheit und freien Meinungsäußerung für die vollständige Entwicklung der Persönlichkeit eines jeden Einzelnen als wesentliche Grundlage der freien und demokratischen Gesellschaft. Hierzu gehören natürlich auch verschiedene politische Ansichten. Um nicht der Gefahr zu laufen, sich eine Art der Internet-„Zensur“ vorwerfen zu lassen, sollten Facebook, Youtube und twitter gut daran tun, nicht jedes beanstandete Wort zu löschen, sondern weiterhin unter Achtung der geltenden Gesetzeslage auch ungeliebte Meinungen und krasse Aussagen zuzulassen. Auch die Internet-Demokratie muss dies aushalten können. Hingegen würde eine Überregulierung oder auch Klarnamenpflicht im Internet über das Ziel hinausschießen.
Nichtsdestotrotz ist damit zu rechnen, dass die geplanten Änderungen der Task Force sehr bald erste wahrnehmbare Ergebnisse bringen. Schließlich haben alle Akteure ein großes Interesse daran, Hassbotschaften und Diskriminierung zu bekämpfen und einen toleranten, fairen Umgang miteinander zu fördern. Dies spielt gewiss auch Facebook und Co. in die Karten, die als Anbieter unter negativer Publicity als Plattform für „Hassbotschaften“ und „Hetze im Internet“ in der Vergangenheit herhalten mussten.