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Kinderfotos auf Facebook – Was für rechtliche Ansprüche haben eigentlich die Kinder?

Vor wenigen Tagen sorgte ein etwaiger Rechtstreit aus dem Medienrecht für Aufsehen: So möchte angeblich eine nunmehr 18-Jährige Wienerin ihre Eltern wegen der Veröffentlichung ihrer Kinderfotos auf Facebook verklagen. So soll der Vater zahlreiche Fotos des Kindes, die teilweise in etwas „unglücklichen Momenten“ wie beim Sitzen auf der Toilette oder nackt im Kinderbett geschossen worden sind, auf Facebook veröffentlicht und seinen über 700 Facebook-Freunden präsentiert haben. Doch so stolz er auch die Kinderfotos seinen Freunden und Bekannten präsentierte, das Kind störte diese tiefen Einblicke in ihr Privatleben und erbat mehrfach eindringlich die Löschung der Bilder.

Angesichts der wachsenden und ebenso älter werdenden Facebook-Community dürfte diese (wahrscheinlich erdachte?) Geschichte längst kein Einzelfall mehr sein und die Gerichte in einigen Jahren damit beschäftigt werden. Wie ist eigentlich die deutsche Rechtslage diesbezüglich und was für eine Klage käme in Betracht?

Das Recht am eigenen Bild

Grundsätzlich richten sich die rechtlichen Ansprüche der von Fotos oder in Videos abgelichteten Personen nach dem Recht am eigenen Bild (§§ 22, 23 KUG), das als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) anerkannt ist. So ist die Herstellung von Fotos anderer Personen nur mit Einwilligung des Abgebildeten möglich, die ausdrücklich oder unter ganz bestimmten Voraussetzungen in Ausnahmefällen auch konkludent erteilt werden kann (Vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 28.06.2011, Az.: 7 U 39/11). Das Gesetz sieht des Weiteren in § 23 Abs. 1 KUG einige Ausnahmen von diesem Erfordernis vor, wenn der Betroffene beispielsweise während einer öffentlichen Veranstaltung fotografiert wurde oder er nur ein bloßes Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit darstellt. Bei Promis oder bekannten Politikern kann ebenso ein öffentliches Berichterstattungsinteresse als Bildnis „aus dem Bereich der Zeitgeschichte“ angenommen und die Herstellung und Verbreitung des Fotos durch die Presse danach rechtlich zulässig sein, wobei diesbezüglich zahlreiche Indizien und Einzelheiten entwickelt wurden, die für oder gegen diese Begünstigung sprechen.

Bei besonders schwerwiegenden Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, insbesondere wenn dadurch ein erheblicher Schaden beim Betroffenen entstanden ist, sind neben dem Anspruch auf Unterlassung der Herstellung bzw. Verbreitung dieses Bildnisses noch der Anspruch auf Schadensersatz denkbar (§ 823 Abs. 1 bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG). Dem Opfer kann der materielle und oder immaterieller Schadensersatz zugesprochen werden, wobei letzteres auch der Genugtuung bzw. Wiedergutmachung oder als Abschreckungswirkung gelten kann.

All dieses müsste bei den ordentlichen Gerichten nach dem Zivilrecht verhandelt werden, z.B. beim Amtsgericht oder Landgericht.

Kann das Kind die Eltern verklagen?

Aber was ist, wenn der Betroffene noch Minderjährig ist oder aber erst viele Jahre später nach der Veröffentlichung der Bilder klagen möchte? Derartige Umstände machen den Rechtstreit damit interessanter, ohne dabei nur die Bandbreite der Zivilprozessordnung zu durchleuchten. Minderjährige können nicht selber als Kläger auftreten, sondern müssen sich durch ihre Eltern (Erziehungsberechtigte) vor Gericht vertreten lassen (Vgl. §§ 51, 52 ZPO, § 1629 BGB). Ab dem 18. Lebensjahr können sie dann in der Regel selber klagen und dem Prozess alleine beiwohnen. Denkbar ist sogar, dass die Eltern auf beiden Seiten sitzen oder aber ein (Rechts-)Pfleger.

Die 18-Jährige Wienerin soll seit kurzem volljährig sein und wählte nun den Gang zum Gericht, da die Eltern scheinbar uneinsichtig sind/waren und auch auf ihre Bitten nicht eingehen. Maßgeblich ist für die Bestimmung des Zeitpunkts der regelmäßigen Verjährung (nach 3 Jahren) die Kenntnis vom schädigenden Ereignis bzw. des Schadeneintritts (§§ 194, 195 BGB).

In Frankreich existiert seit kurzem eine spezielle Rechtsnorm, wonach die Kinder ab dem 14. Lebensjahr ihre Eltern auf Schadensersatz von bis zu 45.000 Euro (oder ein Jahr Haft) wegen der Veröffentlichung persönlichkeitsverletzender Fotos verklagen können.

So weit geht die deutsche Rechtslage nicht.

Kinderfotos auf Facebook

Woran nur die Wenigsten denken, sind zahlreiche weitere tatsächliche Umstände bei der Veröffentlichung von Fotos auf Facebook. Zum einen wird dem Betreiber des größten Sozialen Netzwerks der Welt das Nutzungsrecht an jedem hochgeladenen Foto eingeräumt – Das US-Amerikanische Unternehmen erhält somit vom Nutzer eine Lizenz, das Foto beispielsweise für eigene Werbung (oder auch den Verkauf an Dritte?) nutzen zu können. Das mag zwar viele Mitglieder auf dem ersten Blick nicht sonderlich stören, kann doch quasi jedes im Internet veröffentlichtes Foto „geklaut“ oder von Fremden für alle denkbaren Zwecke (illegaler weise) genutzt werden. Doch im heutigen Wirtschaftszeitalter sind persönliche Daten wie auch Personenfotos oder E-Mail-Adressen von existierenden Menschen ein hohes Gut, das zunehmend von Unternehmen wirtschaftlich vorteilhaft umgesetzt werden kann. Deshalb wird auch das Datenschutzrecht berührt, wenn personenbezogene Daten an Unternehmen übermittelt werden.

Nicht zuletzt heißt es: Das Internet vergisst nie! Dank uferloser Speicherung und Filtermethoden, wie auch die steigende Verknüpfung von persönlichen Informationen (Profilbildung) kann ein einmal bei Facebook geteiltes Foto kaum wieder gelöscht werden und möglicherweise nach 20 Jahren immer noch einmal in der timeline oder an anderen Stellen im Web auftauchen. Und jeder wird sicherlich das eine oder andere Foto aus seiner Vergangenheit (oder seiner Kindheit) kennen, das ihn in unvorteilhaften Situationen zeigt und nicht unbedingt der ganzen Welt zugänglich gemacht werden soll. Bei Facebook wird es irgendwann wieder einmal in den Vordergrund gerückt werden.

Zum anderen kommen die Gefahren des Identitätsdiebstahls oder der Verwendung von Bildern für Fake-Profile oder stumpfsinnige Bloßstellungen hinzu. Bei Kinderfotos sollte ebenso daran gedacht werden, dass im Internet auch viele Personen unterwegs sind, die sich sexuell durch derartige Fotos erregen oder gar zu Straftaten verleiten lassen. Oder die Bilder für ihre heimliche Fotoserie auf dem Computer speichern.

Die Polizei wendet sich an Eltern

Die Polizei NRW Hagen warnte bereits vor rund einem Jahr mit einer medienwirksamen Kampagne vor der Veröffentlichung von Kinderfotos auf Facebook, die mittlerweile viele Millionen Menschen erreicht hat. Trotz dieser eindrucksvollen Botschaft und den einleuchtenden Argumenten halten sich viele Eltern nicht an diese Anregung, sondern laden fleißig – tagtäglich – neue Babyfotos oder Kinderbilder hoch, vielfach sogar mit einem ganz öffentlichen Profil und ohne angepasste Privatsphäre.

Folglich ist zu erwarten, dass dank Smartphones und immer neuen Apps und Communitys die Verbreitung von solchen sensiblen Bildern weiter zunehmen wird. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis die betroffenen Kinder erwachsen geworden sind und es zu Rechtstreitigkeiten sowie zu ersten Verurteilungen kommt. Bis jetzt sind lediglich die Fälle bekannt, in denen die Eltern untereinander prozessieren wegen der Veröffentlichung von Bildern des Kindes (Vgl. Amtsgericht Menden, Urteil vom 03.02.2010, Az.: 4 C 526/09) oder gegen die Presse.

Doch soweit dürfte es nicht kommen, würden die Interessen und Persönlichkeitsrechte der Kinder und Familienangehörigen besser geschützt werden. Dass das Thema juristisch schwer zu handhaben ist, liegt auch in der Minderjährigkeit der Betroffenen begründet. Gerade deshalb könnte der „französische“ Ansatz insofern richtungsweisend, als das zumindest eine teilweise Heraufstufung der Interessen der Kinder erfolgt. Denkbar wäre es in Deutschland diese juristische Selbstbestimmung an die Altersklassen aus dem Jugendschutz oder die Religionsmündigkeit, oder aber die gesetzlich nicht bestimmte Teilgeschäftsfähigkeit zu knüpfen, die schon bereits mit Vollendung des 14. Lebensjahr bestehen können.

Lesetipp: Das Fotorecht im Zeitalter von Facebook und Co.

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