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Social Media Recht – Der richtige Umgang mit den sozialen Netzwerken wie Facebook, twitter und Snapchat

In nahezu allen größeren Live-Sendungen im deutschen Fernsehen wird auf die sozialen Netzwerke, insbesondere auf Facebook oder twitter verwiesen. Die Zuschauer sollen ihre Meinung abgeben und so mit der Moderation oder unter sich kommunizieren. Selbst über den Tatort soll „getwittert“ werden. Aber auch viele Prominente, gleich ob Profisportler oder Schauspieler, sind bereits seit längerem auf Facebook mit ihrer eigenen Seite vertreten. Einige beschränken sich dabei auf Beiträge zu ihren beruflichen Tätigkeiten, andere geben tiefe Einblicke in ihr Privatleben. Der deutsche Sportmoderator Frank „Buschi“ Buschmann ist sogar während der von ihm als Co-Moderator begleitenden Pro7 Sendung mit seinem Smartphone aktiv und gibt seinen Fans auf Facebook einen zusätzlichen Einblick aus der Reporterkabine.

Diese Nähe zu den Zuschauern und vermeintlichen „Fans“ auf Facebook, Snapchat oder twitter hat natürlich auch Schattenseiten, wie es beispielsweise die TV-Moderation und Journalistin Dunja Hayali fast tagtäglich erfahren muss. Die sich deutlich gegen Fremdenhass aussprechende junge Frau wird nicht nur wegen ihrer irakischen Herkunft, sondern auch für ihr Engagement für eine weltoffene Gesellschaft immer wieder Opfer von Beleidigungen und Hassbotschaften.

Doch nicht nur Personen, sondern auch Unternehmen werden schnell Opfer von Shitstorms, wenn z.B. irgendwo in einer Filiale ein Haar in der Suppe gefunden wird, das Funknetz wieder einmal down ist oder das erwartete Paket tagelang in einer Halle verweilt. Grund für die Unzufriedenheit kann natürlich ein schlechter Service sein oder die Nichteinhaltung von versprochener Leistung.
Die Social Media Aktivitäten können positive Publicity bringen, gehen jedoch auch mit rechtlichen Risiken und Gefahren einher. Daran anknüpfend stellen sich für Unternehmen sowie Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens etliche Fragen in der Praxis:

  • Sollte man überhaupt auf Facebook, twitter und Co. präsent und aktiv sein?
  • Sollten sich die Beiträge bzw. Inhalte auf berufliche Themen beschränken oder doch lieber der
  • Einblick in das Privatleben gewährt werden? Wo sind die Grenzen?
  • Wie ist es mit politischen Themen?
  • Wie geht man am besten um, wenn sich „Fans“ und User gegenseitig beleidigen oder ein Shitstorm droht?
  • Wie ist es mit persönlichen, strafbaren Beleidigungen? Sollte man eine Strafanzeige stellen?
  • Und wer haftet für „eigene oder fremde“ Beiträge?

Hierfür gibt es gewiss keine Musterlösung. Vieles muss der Betroffene oder das Unternehmen selber entscheiden und ausloten. Es hängt auch davon ab, wie viel Zeit und Kraft jeweils in die Social Media Aktivitäten gesteckt werden und welche Rolle diese Instrumente spielen sollen. Bleibt es bei der Selbstdarstellung oder Eigenwerbung oder soll ein Produktverkauf angekurbelt werden? Möchte man sogar vielleicht neue Jobs und Aufträge ergattern und daher den Medien „im Kopf“ bleiben?

Promis und Schauspieler in den sozialen Netzwerken

Viel so genannte Promis zeigen sich gern möglichst privat auf ihrem Facebook Profil und veröffentlichen Urlaubsbilder oder Fotos beim Feiern in der Mannschaftskabine, um eine Nähe zu den Fans vorzuspielen. Selbstverständlich sollte angesichts von Persönlichkeitsrechten und Privatsphäre irgendwo eine Grenze gezogen werden. Dies dient letztlich auch dem Schutz des Betroffenen. Die genaue Anschrift, Fotos aus dem Wohnzimmer oder von Kindern sollten grundsätzlich nicht im Internet veröffentlicht werden. Auch bei der persönlichen Meinung scheiden sich schnell die Geister. Wer sich immer mit einer deutlichen Meinung äußert, muss im Internet auch mit Gegenmeinungen oder gar Anfeindungen leben. Dies gilt umso mehr für politische Themen.

Trotz aller „journalistischer Objektivität“ äußert Frank Buschmann oftmals klar seine persönliche Meinung, wofür ihn viele schätzen – aber auch manchmal leichte Kritik aufkommt. So versucht auch er sich daraufhin noch einmal zu rechtfertigen:

Frank Buschmann auf Facebook (Screenshot: 11.05.2016)
Frank Buschmann auf Facebook (Screenshot: 11.05.2016)

Für die berühmten Persönlichkeiten wird es jedenfalls dann heikel, wenn sie sich abseits von ihrer Person oder Tätigkeit zu gesellschaftlichen oder politischen Themen äußern. Dann mag angesichts drohender, hitziger Debatten auf Facebook die Thematik aus dem Ruder laufen und in den Hintergrund treten.

Natürlich spielt diesbezüglich auch die Meinungsfreiheit im Internet eine große Rolle. Wo liegen die Grenzen der Meinungsfreiheit und wann drohen strafrechtliche Folgen? Damit mussten sich in den vergangenen Wochen und Monaten viele Gerichte hierzulande befassen. So kam es beispielsweise zu Verurteilungen wegen Volksverhetzung oder strafbaren Beleidigungen.

Unternehmen und Behörden

Für Unternehmen oder Behörden, die sich aktiv mit einem offiziellen Auftritt in den sozialen Medien der Allgemeinheit stellen, empfiehlt es sich so genannte Social Media Richtlinien bzw. Social Media Guidelines zu erstellen. Darin sollten Regelung für das Verhalten der Mitarbeiter und Angestellten enthalten sein, wie auch viele rechtliche Fragestellungen geklärt werden. Insgesamt wird so mehr Rechtssicherheit für das Unternehmen oder die Behörde erreicht.

Welche Fragen in ein Social Media Guide gehören und wie eine Musterformular aussehen kann, können unter „Social Media Richtlinien – Social Media Guidelines“ nachgelesen werden. Selbstverständlich obliegt dies immer der jeweiligen Philosophie und Ausrichtung des Unternehmens. Doch im Kern unterscheiden sich die grundlegenden Regelungen kaum.

Viele Unternehmen setzen bereits auf vergleichbare interne Regelungen, um für Klarheit zu sorgen. Letztlich sollte dies auch als eine gute Hilfestellung für die Mitarbeiter gesehen werden.

Und wie sieht es in der Praxis der Social Media Agenturen aus, die für Kunden oder im Rahmen von Projekten dann Unternehmen Strategien und Konzepte entwickeln oder sogar eigenhändig umsetzen?

[title size=“2″]Interview mit der Expertin Anja Reimers[/title]

Zu diesem Thema führte ich ein Interview mit Anja Reimers, Projekt Managerin Digital aus Hamburg (XING-Kontakt). Sie hat bereits für mehrere Unternehmen bzw. bei Agenturen aus Hamburg im Bereich „Social Media“ mitgewirkt und kennt die Schwierigkeiten im alltäglichen Umgang mit den sozialen Netzwerken, die individuelle Lösungen und Konzepte im digitalen Bereich erfordern.


Frage: Wie wichtig ist es heutzutage für ein modernes Unternehmen, auf den sozialen Kanälen wie Facebook oder Instagram präsent und aktiv zu sein?

Anja Reimers: Je nach Zielgruppe kann die Nutzung von sozialen Media essential sein. Ist die Anspruchsgruppe des Unternehmens über soziale Media erreichbar? Meistens schon. Dann ist es nur die Frage, auf welcher Plattform genau. Facebook, Twitter, Instagram, Snapchat oder vielleicht sogar Xing und LinkedIn. Es gibt viele Optionen, wo sich potentielle Kunden aufhalten können. Dies herauszufinden ist ein wichtiger Teil der Strategie, die definitiv jedes Unternehmen vorher festlegen muss.
Wenn das Unternehmen weiß, über welche Plattform sie ihre potentiellen Kunden erreichen können, gibt es viele Möglichkeiten, dies zu nutzen. Unternehmen sollten sich nur von dem Gedanken verabschieden, dass Facebook der Mittelpunkt aller Aktivitäten ist. Facebook kann es sein, muss es aber nicht. Die jeweilige Zielgruppe entscheidet.


Viele Unternehmen haben – wie du selbst sagtest – einen Social Media Account und legen einfach mal drauf los. Aber wie wichtig ist es, eine genaue Social Media Strategie zu haben?

Einfach mal ein Facebook-Profil erstellen, weil das gerade alle tun, ist der falsche Weg. Wichtig ist vorab zu definieren, welche Zielgruppe angesprochen werden soll, wo diese Zielgruppe aktiv ist, was genau mit dem Profil erreicht werden soll (Zieldefinition), welcher Content das Profil zum Leben erwecken soll, wie mit den Fans und Followern interagiert werden soll und wie stark diese evtl. auch in Entscheidungen mit einbezogen werden können, wie der Erfolg gemessen wird, etc.

Ebenso wichtig ist die Frage, wer die sozialen Kanäle betreut, also Content erstellt, mit Usern interagiert usw. Ein großer Fehler hierbei ist leider immer noch, dass dies als „Praktikanten-Tätigkeit“ abgetan wird, obwohl viel mehr dahintersteckt. Schließlich handelt es sich auch hierbei um einen Teil von Unternehmenskommunikation, nur eben der über soziale Medien und näher am Kunden.
Wenn ein Unternehmen eine konkrete Strategie verfolgt, deren Ziele auf einer bestimmten Plattform erreicht werden können, ist dies eine tolle Möglichkeit für Unternehmen und Kunden gleichzeitig. Was vermieden werden sollte, ist das so genannte Content-Recycling. Also bitte nicht einfach Texte kopieren und auf mehreren Plattformen nutzen. Wie bereits erwähnt, jeder soziale Kanal hat eine eigene Zielgruppe, an die gedacht und adressiert werden muss.


Die größeren Unternehmen arbeiten mittlerweile mit sogenannten  „Social Media Guidelines“ bzw. Social Media Richtlinien, in denen sie unter anderem den korrekten Umgang der Mitarbeiter mit den Social Media Accounts regeln. Diese beinhalten Fragen wie: Wem gehört der Account, wer darf ihn verwalten, was dürfen die Mitarbeiter sagen und was nicht? Hast du auch dergleichen genutzt und welche Erfahrung konntest du damit machen?

Die Regelung, wem der Account gehört, sollte ganz einfach sein: Dem Unternehmen.

Vor einigen Jahren war dies auf Facebook noch sehr umständlich und jeder musste mit seinem persönlichen Account als Administrator für die Seite hinterlegt werden. Es gab immer wieder Schwierigkeiten, wenn Mitarbeiter gekündigt haben bzw. wurden. Plus: Die Person, die eine Facebook-Page angelegt hat, wurde nochmals besonders hinterlegt. Spricht: Wenn der Gründer der Facebook-Page nicht mehr für das Unternehmen gearbeitet hat, ist meistens ein großes Chaos entstanden.

Über den jetzt verfügbaren Facebook Business Manager ist nun alles viel einfacher. Mitarbeiter können hinzugefügt oder gelöscht werden, Rechte werden hinzugefügt oder entfernt. Diese Professionalisierung macht den Arbeitsalltag wesentlich einfacher. Bei anderen Plattformen, wie bspw. Twitter, ist es ratsam einen allgemeinen Account zu nutzen, der nicht Mitarbeiter-bezogen ist, falls dieser das Unternehmen verlässt.

Guidelines machen die Arbeit mit Social Media Netzwerken auf jeden Fall einfacher, wenn es um bspw. allgemeine Regelungen geht (wer tut was), wie schnell geantwortet werden muss oder allgemein verwendete FAQs. Ebenfalls sinnvoll ist das Festhalten von Regelungen in Krisenzeiten oder wie mit Negativität umzugehen ist. Hierbei ist es wichtig zu klären, wer was wann mit wem absprechen muss, welche Aussagen getätigt werden dürfen etc. Von daher ist die Nutzung von Guidelines ratsam. Diese sollten nur den Social Media Manager nicht in seiner Arbeit einschränken, sondern eher entlasten.


Worauf sollte denn geachtet werden, also was müsste jedenfalls in solchen Richtlinien enthalten sein? Und wie ist es mit der Umsetzung?

Wichtige Inhalte sollten sein: Allgemeine FAQs, Abstimmungswege, Antwortzeiten, Berechtigungen der einzelnen Mitarbeiter, Wording („Du“ vs. „Sie“), Do’s (Ehrlichkeit, Wahrheit), Don’ts (z.B. Aussagen gegen die Konkurrenz, Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen, Falschaussagen, Beleidigungen), rechtliche Bestimmungen oder Beschlüsse und Hausregeln der jeweiligen Plattformen (was wird geduldet, was nicht?).


Angesichts von ständig drohenden Shitstorms und rechtlichen Auseinandersetzungen – sind solche Regelungen nicht sogar mittlerweile notwendig für ein Unternehmen? Sowohl bei der Agentur als erst Recht auch bei einem Unternehmen, das eine eigene Social Media Abteilung hat?

Unternehmen können sich durch die Nutzung von Social Media Guidelines absichern, so dass alle Beteiligten, ob interne Mitarbeiter, Agenturen oder Freelancer, genau wissen, wie zu handeln ist. Eine Garantie, dass dies Shitstorms vermeidet, gibt es leider nicht, aber das Risiko wird dadurch vermindert. Jedoch sollte die Angst vor potentiellen Shitstorms nicht die Kreativität der Beteiligten einschränken. Viel zu viele gute Ideen wurden bereits im Keim erstickt, weil auf Unternehmensseite die Angst zu groß war. Manchmal kommt dann aber tatsächlich ein Konkurrent mit einer ähnlichen Idee daher und wird dafür mit Reichweite und Engagement belohnt. Von daher: Guidelines sind hilfreich, aber sie sollten noch genügend Spielraum für kreative Ideen und spontane Aktionen lassen.


Wie weit sollten also Juristen mitwirken bei der Social Media Strategie oder etwaigen parallel dazu laufenden Konzepten/Schulungen? Oder stecken wir diesbezüglich noch in den Kinderschuhen?

Meiner Meinung nach ist es sinnvoll, einen beratenden Juristen bei der Entstehung von Social Media Strategien mit ins Projektteam zu holen. Potentiell kritische Punkte können so von Anfang an in den Guidelines festgelegt werden, sodass es später nicht zu rechtlichen Überraschungen kommt. Da es aber besonders im digitalen Zeitalter viele Gesetzesanpassungen oder –Änderungen gibt, ist es ebenfalls wichtig, dass diese ggf. vom gleichen Juristen permanent verfolgt werden, sodass die Guidelines im Zweifelsfall zeitnah angepasst werden können.

Dies wird in meinen Augen derzeit zu wenig bis gar nicht realisiert. Viele Social Media Manager bilden sich regelmäßig auf diesem Gebiet weiter, was richtig und gut ist. Jedoch, besonders für große Konzerne, sollte die Investition in einen juristischen Berater mindestens in der Strategieentwicklungsphase getätigt werden, um spätere Schädigungen zu vermindern oder gar vorzubeugen. Zusätzlich kann es hilfreich sein, dass Juristen regelmäßig Schulungen zu rechtlichen Aspekten im Social Web geben, besonders wenn es gerade Anpassungen oder Änderungen gegeben hat.


Wie siehst du die Zukunft vom Social Media? Sollten Schauspieler, Sportler und Politiker immer mehr auf den sozialen Kanälen aktiv werden und so einen privaten Einblick gewähren oder gibt es gewisse Grenzen, unter anderem in der Privatsphäre?

Wie viel privaten Einblick eine Person im Social Web von sich gibt, sollte jedem selbst überlassen sein. Egal ob Schauspieler, Politiker oder die Dame aus der Bäckerei nebenan. Kein Dritter sollte das Recht haben, zu bestimmen, wie viel privater Content auf einer sozialen Plattform veröffentlicht wird. Personen des öffentlichen Lebens sind (meistens) für etwas bekannt, was sie besonders gut können. Alles, was über diese berufliche Informationsweitergabe hinausgeht, ist freiwillig. Dies variiert von Person zu Person, ob bspw. nichts Persönliches veröffentlicht wird (z.B. Stefan Raab) oder ob das ganze Leben digital festgehalten wird (z.B. Kim Kardashian). Besonders in Zeiten von Snapchat, womit ein Promi seine Fans mit in alltägliche Situationen nehmen kann, ist hier die Fan-Promi-Bindung wesentlich höher als noch vor Jahren. Die Person muss dies aber mit sich vereinbaren können und nur das veröffentlichen, was sie auch wirklich öffentlich stehen haben möchten. Druck von außen sollte es meiner Meinung nach nicht geben, jeder hat das Recht seine eigene Privatsphäre zu wahren.

Vielen Dank für das Interview.

 

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