Der Bundesrat will strengere Rechtsvorschriften für Facebook, WhatsApp, Skype und Co.

Die Medien berichten seit geraumer Zeit von den rechtlichen Gefahren und datenschutzrechtlichen Bedenken bei der Nutzung von Facebook, WhatsApp, Skype und Co. Dennoch geht deren Wachstum unbegrenzt weiter. Laut neuesten Quartalszahlen von Facebook sind derzeit rund 1,65 Milliarden Menschen im Monat auf Facebook aktiv und nutzen rund eine Milliarde Personen monatlich WhatsApp sowie 900 Millionen den Facebook Messenger. Nun müssen sich die bekannten Anbieter wohl auf strengere Regelungen gefasst machen.

Dass die zumeist in den USA ansässigen Anbieter von Messenger-Diensten gleich in mehrfacherweise gegen den deutschen bzw. europäischen Datenschutz verstoßen, hält den Großteil der Nutzer nicht davon ab, private und damit sensible Daten, Selfies aus dem Badezimmer oder Fotos von wichtigen Dokumenten darüber zu versenden. Längst ist so etwas wie Resignation eingetreten, möglicherweise auch mangels Alternativen?

Ein Grund für die offenkundige Rechtsproblematik liegt in der Tatsache, dass sich derartige Unternehmen nicht den deutschen Gesetzen, insbesondere dem Telemediengesetz (TMG) und Telekommunikationsgesetz (TKG) nicht verpflichtet fühlen und häufig auch nicht müssen. Hier klaffen wegen der unterschiedlichen rechtlichen Einordnung der Dienste im Gegensatz zu den klassischen Telekommunikationsanbietern deutliche Rechtslücken. Zudem besteht derzeit immer noch eine gewisse Rechtsunsicherheit nach der „Safe-Harbor“-Entscheidung im Hinblick auf die Übermittlung von personenbezogenen Daten in die USA. Und ohnehin wird WhatsApp dafür kritisiert, dass die vor kurzem eingeführte Verschlüsselung nicht vollumfänglichen Schutz gewährleistet und beispielsweise die Meta-Daten nicht betrifft.

Auf nationaler Ebene könnte sich zumindest hinsichtlich der rechtlichen Einordnung der modernen Chat-Dienste bald etwas ändern, wenn der deutsche Gesetzgeber zeitnah tätig wird. Denn auf Initiative des Bundeslandes Hessen, das vor wenigen Wochen eine Resolution in den Deutschen Bundesrat einbrachte, könnte sich in absehbarer Zeit eine Gesetzänderung anbahnen. Demnach sollen sich unter anderem die sogenannten „Over-the-Top“ (OTT)-Anbieter, die nach und nach die klassischen Telekommunikationswege ersetzen, den Gesetzen für die herkömmlichen Telekommunikationsanbieter unterwerfen. Dies würde bedeuten, dass sich die modernen und zumeist App-basierten Messenger-Dienste auch an die Regelungen des TKG zu halten hätten. Derzeit bieten diese Anbieter ein „deutlich geringeres Schutzniveau“.

Schließlich galten für WhatsApp, Skype, Facebook-Messenger und Co. auf Grund ihrer Technik und Infrastruktur bislang nur die Vorschriften des TMG. Dies Gesetz sieht zwar auch einige Regelungen hinsichtlich der technischen Anforderungen, Datensicherheit und dem Datenschutz vor, erlaubt den Anbietern jedoch auch die Erstellung von Nutzer-Profilen sowie die Auswertung und Nutzung von Kundendaten (Vgl. § 15 TMG). Das TKG beinhaltet hingegen unter anderem konkrete Ausgestaltungen des Fernmeldegeheimnisses (§ 88 TKG), konkrete Anforderungen an den Datenschutz (§§ 91 ff TKG), welche auch den rechtssicheren Umgang mit Standortdaten vorschreiben (§ 108 TKG), und seit Ende letzten Jahres auch zwingende Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung (§ 113b TKG). Allgemein wird daher bei der Umsetzung der Vorgaben aus dem TKG von einem höheren Schutzniveau gesprochen.

Der Bundesrat setzt sich für die Anwendung strengerer Vorschriften ein

Der Bundesrat hat sich dem Bestreben „zur Anpassung des Rechtsrahmens an das Zeitalter der Digitalisierung im Telekommunikationsbereich“ in einer letzten Sitzung angenommen und bereits erste Vorstellungen ausformuliert. Gemäß dem Beschluss vom Bundesrat vom 22. April 2016 sieht der Bundesrat konkreten Änderungsbedarf bei:

“[..]Messengerdienste wie beispielsweise WhatsApp, Line, Telegram. Diese werden zunehmend als Substitut für Kurznachrichten (SMS) und klassische Sprachtelefonie verwendet. In Abhängigkeit von der technischen Ausgestaltung des Messengerdienstes ist die Anwendbarkeit und Durchsetzung des TKG nicht sichergestellt. Messengerdienste, die nach bisheriger Abgrenzung nicht dem TKG unterliegen, haben bezüglich der Verkehrsdaten und vor allem der Inhalte der Kommunikation ein deutlich geringeres Schutzniveau. Für Nutzer ist nicht unterscheidbar, welche technische Lösung bei welchem Messengerdienst greift. Deshalb sollte ein dem TKG entsprechendes Schutzniveau bei allen Diensten mit entsprechender Funktionalität sichergestellt werden.“

Durch die dem technischen Wandel bedingte, angestrebte Angleichung der Rechtslage dürften sich die Messenger-Dienste auf strengere Vorgaben vorbereiten. So wird unter anderem in diesem Zusammenhang vom Bundesrat gefordert, dass sich die ausländischen App-Betreiber auch der deutschen und nicht unumstrittenen Vorratsdatenspeicherung annehmen müssen, die hierzulande auch der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr dienen soll.

Demnach müssten WhatsApp, Facebook und Co. für vier bzw. zehn Wochen anlasslos die Standort- bzw. Verkehrsdaten speichern. Davon umfasst sind beispielsweise die Standortdaten (Ort und Funkzelle) sowie die Rufnummer, Verbindungsdauer und Uhrzeit des Telefonates oder der übermittelten SMS (hier im Überblick).

In der Wirklichkeit bedeutet es angesichts der riesigen Nutzerzahlen viele, viele Millionen Datensätze, die zusätzliche Server beanspruchen. Zumal in der Praxis weitere zahlreiche Fragen daran anknüpfen, inwieweit z.B. tatsächlich im Inland die Datenspeicherung erfolgt und sowohl technische als auch organisatorische Sicherheit gewährleistet wird. Und wie lassen sich die exakten Daten überhaupt rechtskonform speichern? Und wird dadurch der Zugriff von Dritten, insbesondere den amerikanischen Geheimdiensten erleichtert? Jedenfalls bedeutet dies zusätzliche Verfahren und Kosten. Die hiesigen Internet-Provider und Telekommunikationsanbieter können von diesen aufwendigen und teuren Verfahren ein Lied singen.

Allein der Inhalt der Kommunikation und die Daten der aufgerufenen Internetseiten beim mobilen Surfen auf dem Smartphone sind wegen der Grundrechte aus Art. 10 Grundgesetz (GG) von der Speicherung ausgenommen. Die im Inland gesammelten und gespeicherten Daten sind mithin nach Ablauf der jeweiligen Frist zu löschen, was neue technische Systeme und dessen Kontrolle erfordert.

Ganz interessant ist übrigen: Anders als bei vielen Vorschriften aus der Strafprozessordnung (StPO) bedarf es zur Herausgabe dieser Daten zum Zwecke der Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung keiner richterlichen Anordnung.

Die Anpassung der Rechtslage könnte indes noch weitergehen. Grundsätzlich könnten nicht nur die Messenger-Dienste, sondern auch das weite Feld an Apps mit Standortdaten wie Navigations-Apps, Flirt-Apps und mobile Spiele von diesem Vorhaben betroffen sein. Es wird sogar ausdrücklich die „Maschine-to-Maschine“-Kommunikation, auch bekannt als das „Internet der Dinge“ in dem Beschluss des Bundesrates erwähnt. Damit wird ein Ausblick auf uns bevorstehende technische Neuerungen gewagt, also wenn zukünftig der Kühlschrank, das Fahrzeug oder auch die Fernüberwachung über Strom-, Gas- und Wasserzähler untereinander kommunizieren. Denn auch diese könnten personenbezogene Daten sammeln und darüberhinaus auch eine Art „Telekommunikation“ darstellen.

Gleichwohl soll mit diesem Vorhaben ein angemessenes, europäisches Schutzniveau auf Grundlage des digitalen Binnenmarktes erreicht werden, wie der Bundesrat betonte. Ein deutscher Alleingang dürfte indes wohl wenig erfolgsversprechend sein, insbesondere vor dem Hintergrund, dass unter Umständen sowohl das deutsche Bundesverfassungsgericht (BVerfG) als auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Vorschriften der Vorratsdatenspeicherung in der derzeitigen Ausgestaltung kippen werden.

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Die Grenzen der Meinungsfreiheit im Internet – und wann rechtliche Konsequenzen drohen

Wer im Eifer des Gefechts auf Facebook oder auf anderen sozialen Kanälen seine Meinung äußert und dabei kein Blatt vor dem Mund nimmt, kann sich nicht immer auf die Kunst- oder Meinungsfreiheit berufen. Neben strafrechtlichen Ermittlungen drohen sogar häufig arbeitsrechtliche Konsequenzen wie die Kündigung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses, wie aktuelle Gerichtsentscheidungen beweisen.

 

Ganz Deutschland diskutiert seit Tagen über den Fall Böhmermann und damit einhergehend auch die Frage, wieweit die Meinungsfreiheit und Kunstfreiheit gehen darf. Doch abseits dieser Debatte um den jungen Satiriker sind in jüngster Zeit einige weitere Gerichtsentscheidungen zum so genannten Äußerungsrecht ergangen, die das zulässige Feld weiter abstecken.

Es ist wohl der aktuellen Zeit und Technik geschuldet, dass immer mehr Menschen über die sozialen Kanäle, allen voran auf Facebook ihre Meinung kundtun – und sich mittlerweile auch dafür vor Gericht zu verantworten haben. Das Internet ist eben doch kein rechtsfreier Raum, wie es jahrelang immer wieder geheißen hat.

Die Gerichte betonen immer wieder die für die Gesellschaft und Demokratieenorm wichtige Bedeutung der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG).  Jeder soll grundsätzlich das Recht haben, „seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten“ wie es im Grundgesetz vorgesehen ist.

Gleichwohl kann nicht jedes Wort erlaubt sein. Die Grenzen der Meinungsfreiheit finden sich unter anderem in den allgemeinen Gesetzen wieder. Verletzt die Äußerung z.B. die Rechte eines Anderen oder erfüllt sie den Tatbestand der Beleidigung (§ 185 Strafgesetzbuch (StGB)) in Form von Schmähkritik, so kann sich der Äußernde nicht mehr auf die Meinungsfreiheit berufen. Dies ist gegeben, wenn eine Diffamierung und Herabwürdigung des Gegenübers oder einer anderen Person erfolgt und es längst nicht mehr um eine Auseinandersetzung in der Sache geht.

Ferner gilt es, bei sich gegenüberstehenden Grundrechten eine Interessenabwägung vorzunehmen, wie die Praxis im Presserecht zeigt. Hier kollidiert unter anderem das öffentliche Berichterstattungsinteresse mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des „Opfers“ nach Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG.

Was ist erlaubt? Was nicht?

So entschied gestern das Landgericht Düsseldorf (LG Düsseldorf, Urt. v. 19.04.2016, Az. 6 O 226/15), dass der frühere DFB-Präsident und ehemaliges Mitglied des Exekutivkomitees der FIFA, Dr. Theo Zwanziger das umstrittene Land Katar als „Krebsgeschwür des Weltfußballs“ bezeichnen darf. Die Klage der Qatar Football Association (QFA) auf Unterlassung dieser Aussage wies das Gericht damit ab. Zwar räumte der Richter ein, dass die Bezeichnung „Krebsgeschwür“ ein so genanntes Werturteil und letztlich eine strafbare Beleidigung im Sinne von § 185 StGB sei, jedoch wegen der anhaltenden öffentlichen Debatte über die Vergabe der Fußball-WM nach Katar durch die Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG geschützt.

„Der Vergleich der Klägerin mit einem Krebsgeschwür übersteige (noch) nicht die Grenze der Erforderlichkeit und Angemessenheit und sei keine Schmähkritik. Es habe nicht die öffentliche Diffamierung der Qatar Football Association, sondern die Rechtmäßigkeit und Überprüfung der Vergabeentscheidung für die Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar im Vordergrund gestanden.“
(Auszug aus der Pressemitteilung vom 19.04.2016; LG Düsseldorf, Urteil vom 19.04.2016, Az. 6 O 226/15)

Inwieweit ein Verband oder eine unbestimmte Personengruppe überhaupt „Opfer“ einer Beleidigung werden können, ist in der Rechtswissenschaft umstritten. Die Personengruppe muss dabei hinreichend bestimm- und überschaubar sein und auch ein Ehrgefühl entwickeln können (Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2015, Az. 1 BvR 1036/14). Diskutiert wurde dies unter anderem bei einer Kollektivbeleidigung der „Cops“ und „Soldaten“. Hier hatte Theo Zwanziger den Vorteil auf seiner Seite, dass viele Politiker nachwievor eine Neuvergabe der WM fordern und die Medien über Missstände in Katar berichten. Das öffentliche Berichterstattungsinteresse überwog folgerichtig.

Aber es gibt auch andere Beispiele: Üblicherweise stellen Betroffene sodann Strafanzeige bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft wegen der fraglichen Äußerung. Die Strafgerichte haben dann im Falle der Anklage z.B. die Beleidigungsdelikte oder den Straftatbestand der Volksverhetzung zu prüfen und müssen teilweise auch einen Blick für das Medienrecht entwickeln.

So wurde Youtube-Blogger “Julien” S. vor wenigen Wochen vom Amtsgericht Tecklenburg wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung sowie zur Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 15.000 Euro verurteilt, nachdem er in einem Youtube-Video nicht nur die GDL mit krassen Schimpfwörtern betitelte („Mistviecher“, „Drecksbastarde“), sondern andeutete, diese sogar eigenhändig nach Ausschwitz fahren zu wollen. Ein solcher KZ-Vergleich dürfte wohl in keinem Kontext zulässig sein.

Und auch der PEGIDA-Mitgründer Lutz Bachmann ist derzeit vor dem Amtsgericht Dresden unter anderem wegen Volksverhetzung angeklagt. Er soll im September 2014 auf Facebook in mehreren Kommentaren sowie auf seiner Seite Flüchtlinge beleidigt und zum Hass gegen sie angestachelt haben. Dabei sollen seinerseits Worte wie „Dreckspack“ und „Viehzeug“ gefallen sein. Durch diese Herabwürdigung der Flüchtlinge und dem Aufruf zur Gewalt gegen diese Menschengruppe könnte der Tatbestand der Volksverhetzung nach § 130 StGB erfüllt sein. Dabei wird wohl auch das gesamte Auftreten von Lutz Bachmann zu berücksichtigen sein, wie auch vorherige Strafverfahren gegen den „umstrittenen“ politischen Aktivisten. Ihm droht im Falle der Verurteilung eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.

Auch an das Arbeitsrecht denken!

In vielen Fällen sind nicht nur strafrechtliche Konsequenzen, sondern auch arbeitsrechtliche Folgen denkbar. Neben einer arbeitsrechtlichen Abmahnung steht auch die fristlose Kündigung im Raum, wenn der Arbeitnehmer durch seine – selbst im Privatleben – getätigte Äußerung das Ansehen des Unternehmens oder seiner Position im erheblichen Maße gefährdet und die weitere Zusammenarbeit mit ihm nicht mehr zumutbar ist. Zu denken sind dabei an krasse Beleidigungen des Vorgesetzten oder von Mitarbeitern oder sonstige rufschädigende Handlungen.

So wurde in der Vergangenheit eine Erfurter AWO-Mitarbeiterin wegen eines fremdenfeindlichen Facebook-Postings in der Freizeit gekündigt wie auch einem 17-jährigen Azubi von Porsche, der ein Foto eines syrischen Mädchens im Regen eines Wasserwerfers mit den folgenschweren Worten kommentierte: „Flammenwerfer währe [Originalschreibweise] da die bessere Lösung„. Es dürfte klar sein, dass solche Entgleisungen nicht hinzunehmen sind. Da hilft auch die spätere Entschuldigung nur in den seltensten Fällen.

In einem anderen Rechtstreit hatte ein Lokführer der Deutschen Bahn Regio auf seinem privaten Facebook-Account ein Foto des KZ Ausschwitz mit der Bildunterschrift auf polnischer Sprache „Polen ist bereit für die Flüchtlingsaufnahme“ eingestellt. Da er in seinem Profil auch den Arbeitgeber ausdrücklich angegeben hatte, erklärte ihm die Deutsche Bahn daraufhin die ordentliche und außerordentliche Kündigung. Das Arbeitsgericht (Arbeitsgericht Mannheim, Urteil vom 19.02.2016) befand zwar beide Kündigungen in der Sache für unwirksam, stellte jedoch klar: Das KZ-Foto im Zusammenhang mit der Bildunterschrift seien „menschenverachtend“ und weder Satire noch von der Meinungsfreiheit gedeckt. Ferner könne sich dies zu Lasten des Arbeitgebers „ruf- und geschäftsschädigend“ auswirken. Das positive „Nachtatverhalten“ und auch die mehrjährige Angehörigkeit im Unternehmen wurden letztlich zu Gunsten des Angestellten berücksichtigt.
Die Entscheidungen machen deutlich, wieviel trotz eines kleinen Satzes im Netz auf dem Spiel stehen kann. Ein Rechtsanwalt oder Strafverteidiger sollte in jedem Fall konsultiert werden, um strafrechtliche und arbeitsrechtliche Folgen bestmöglich abzuwehren.

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Das Gedicht „Schmähkritik“ über Erdoğan – Hat sich Jan Böhmermann strafbar gemacht? Und wie weit darf die Kunstfreiheit gehen? *UPDATE*

Der deutsche Journalist und TV-Moderator Jan Böhmermann ist seit Jahren bekannt für seine provokanten Beiträge in den Medien und sozialen Netzwerken. So zeigt er sich in vermeintlich sarkastischen Youtube-Videos als Gangsta-Rapper, Aufklärer der Presse oder mischt sich mit auffälligen Aktionen in brisante Themen der Politik und Gesellschaft ein. Dafür wird er von vielen Menschen bejubelt. Diesmal könnte er aber über das Ziel deutlich hinausgeschossen sein.

In einer jüngeren Ausgabe von „Extra 3“ im NDR präsentierte der Moderator Christian Ehring eine Parodie auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Das Lied und fortgeführte Skizzen füllten tags darauf die sozialen Netzwerke. Als sich laut Medienberichten das türkische Staatsoberhaupt mit diesen Bildern in seiner Ehre verletzt sah, holte der Satiriker Böhmermann zum medialen Konter aus. In der Sendung „Neo Magazin Royale“ vom 30. März 2016 des Senders ZDF richtete sich der 35-jährige Satiriker deshalb an den türkischen Präsidenten, um ihm den Unterschied zwischen der Presse-/Meinungsfreiheit und der Schmähkritik zu erklären. Hierzu las er ein schmähliches Gedicht vor, welches nach seinen Erläuterungen den Titel „Schmähkritik“ trage und in Deutschland verboten sei. (Die Dichtung trägt unter anderem vor, dass der türkische Staatspräsident Sex mit Ziegen habe usw.).

Der „Trick“, Unerlaubtes möglicherweise durch die eigene Distanzierung und Einstufung als „verboten“ doch folgenlos auszusprechen und so in die Öffentlichkeit „erlaubt“ einzubringen, ist nicht ganz neu (Man denke an den Prozess Galileo Galilei, Dialogo i due Massimi Sistemi del Mondo, Tolemaico, e Copernicano, 1632). Diskutiert werden kann nun, ob dieser „Disclaimer“ ausreichend ist, das bewusst als verboten Dargestellte nicht strafrechtlich relevant werden zu lassen, und es sich dabei um eine geniale Einkleidung als Satire handelt, oder ob die gesamte Szene eine strafbare Schmähkritk darstellt. Immerhin gibt Böhmermann in dieser Szene mehrmals zu bedenken, dass das von ihm beispielshaft vorgelesene Gedicht nicht zulässig sei. Reicht dies bereits aus, um die gesamte Sequenz als Satire einzustufen?
Ferner stellt sich die Frage, ob die Aussage von Böhmermann in seiner Funktion als Teil der Sendung getroffen wurde oder sie ihm als Privatperson zuzurechnen ist. Letzteres wird wohl auszuschließen sein.

Die Geschichte ist damit also noch nicht zu Ende. Denn die Verantwortlichen des Senders waren offensichtlich wenig erfreut über die erneute Konfrontation mit dem türkischen Präsidenten bzw. dessen Folgen und entfernten kurzerhand den fraglichen TV-Beitrag aus der Sendung, sowie somit auch aus der ZDF Mediathek. Dies führte wiederum dazu, dass einige Medien anfänglich von einer „Zensur“ sprachen und die Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz (GG)) zur Diskussion gestellt wurde. Von einer eigentlichen und vom Grundgesetz erfassten (verbotenen) Zensur im Sinne des Presserechts ( Art. 5. Abs. 1 S. 3 GG) kann indes nur dann gesprochen werden, wenn der Inhalt durch ein staatliches Eingreifen vor der Erstveröffentlichung gesperrt bzw. entfernt wird.

Das Bundesverfassungsgericht führt hierzu aus:

„Die Verfassung verbietet nur die Vorzensur, also die Vorschaltung eines präventiven Verfahrens, vor dessen Abschluß ein Werk nicht veröffentlicht werden darf (vgl. BVerfGE 33, 52 [71 ff.]; 73, 118 [166]; 83, 130 [155])“.
(Vgl. BVerfGE 87, 209 – Tanz der Teufel)

Das ZDF ist selbst als öffentlich-rechtliche Anstalt nicht dem Staat gleichzustellen und eine Erstveröffentlichung dieser Sequenz fand im TV bereits statt. Vielmehr darf von einer internen Überarbeitung oder journalistischen „Qualitätssicherung“ der Sendung gesprochen werden, die vielleicht kritisiert, jedenfalls aber nicht für unzulässig erachtet werden darf.

Mittlerweile nimmt die Brisanz an diesem Thema zu. Gemäß einigen Medienberichten gab bereits das Auswärtige Amt ein Rechtsgutachten in Auftrag, das nunmehr die rechtliche Unzulässigkeit dieses TV-Beitrags konstatierte und darüber hinaus sogar eine mögliche Strafbarkeit vermutet. Konkret heißt es: Das von Jan Böhmermann vorgetragene Gedicht über Erdoğan erfüllt den Straftatbestand der Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten nach § 103 Strafgesetzbuch (StGB). Diese Vorschrift ist lex specialis zu der allgemeinen Vorschrift der Beleidigung nach § 185 StGB und mit einer Strafe von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe, unter anderen Umständen sogar bis zu fünf Jahren Haft bedroht. Auch sollen derzeit 20 Strafanzeigen gegen den Journalisten gestellt worden sein.

Möglicherweise ist dies auch der Grund, warum die Staatsanwaltschaft Mainz bereits strafrechtliche Ermittlungen gegen Jan Böhmermann aufgenommen haben soll. Ihm drohen nun juristische Konsequenzen – und wohl unabhängig davon, ob der türkische Präsident als Betroffener (Opfer) einen Strafantrag stellt oder die Staatsanwaltschaft über Umwege des Strafrechts die Ermittlungen aufnimmt. Im Falle der Beleidigungsdelikte müsste hingegen der Geschädigte (in Deutschland) einen Strafantrag stellen. Die türkische Regierung hat anscheinend schon verlauten lassen, einen Strafprozess wegen des Gedichts zu fordern, so dass die deutsche Bundesregierung nun die Staatsanwaltschaft zu den Ermittlungen ermächtigen müsste.

Kunstfreiheit vs. Persönlichkeitsrechte des Betroffenen

Dieser umstrittene TV-Beitrag wirft abermals die Frage auf, wo die Grenzen der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) liegen und ab wann ein Presse-/Medien-Inhalt nicht mehr von diesem Schutzgut der Kunstfreiheit umfasst ist. Denn trotz des offenen Kunstbegriffs ist dieser verfassungsrechtlich verankerte Schutz nicht grenzenlos (Vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2007, Az. 1 BvR 1783/05). Sie findet ihre Grenzen unter anderem in der strafbaren Schmähkritik.

Diese Thematik wurde vor kurzem erst im Rahmen der Verurteilung des Youtube-Bloggers “Julien” S. diskutiert. Hier verurteilte das Amtsgericht Tecklenburg den selbsternannten Youtube-Star wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung sowie Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 15.000 Euro. Der Youtuber hatte es im vergangenen Jahr für humorvoll empfunden, in einem seiner Video-Blogs die Angehörigen der Gewerkschaft für Lokführer (GDL) nach diversen Bahn-Streiks eigenhändig in ein KZ zu schicken und zog sodann Vergleiche mit den Schreckenstaten der Nazis. Das Gericht sah die Schwelle zur Strafbarkeit überschritten.

Und auch ein 28-jähriger Bochumer wurde vor wenigen Tagen vor dem Amtsgericht Bochum zu einer Geldstrafe von 2.000 Euro verurteilt wegen einer Äußerung auf Facebook gegenüber der Bundeskanzlerin Angela Merkel. Er hatte unter anderem gegen die Kanzlerin Hetze betrieben und gefordert, Angela Merkel „öffentlich zu steinigen. Hiermit seien gleich mehrere Straftatbestände erfüllt gewesen.

Im Falle des Gedichts über das türkische Staatsoberhaupt dürften die Juristen zu einem ähnlichen Ausgang im Zwiespalt zwischen der schützenswerten Kunst in Gestalt von Satire und den Rechten des Betroffenen gelangen. Trotz zulässiger Stilmittel der Übertreibung oder krasser Worte im klar erkennbaren Kontext der Satire wurde der rechtlich erlaubte Korridor mit Anspielungen auf (verbotene) sexuelle Vorgänge, dem Geschlechtsteil usw. deutlich verlassen. Überdies ist nicht mal ansatzweise erkennbar, inwiefern die gewählten Worte überhaupt einen gesellschaftlichen Beitrag zur Diskussion über die Person Erdoğan und dessen Funktion/Politik liefern (Hierzu ausführlicher zum nachlesen).

Vielmehr ist das Gedicht für sich genommen bereits eine strafbare Beleidigung, die in strengeren Glaubensrichtungen, in denen Familie, Ehre und Religion eine größere Rolle spielen als hierzulande, noch deutlich schwerer wiegt. Anders als bei den umstrittenen Karikaturen von „Charlie Hebdo“ ist die vorgetragene „Dichtkunst“ weder von künstlerischen, überzogenen Stilmittel geprägt noch steht sie in einem gesellschaftlichen Diskurs über den türkischen Amtsträger.

Zudem haben die jüngsten TV-Beiträge auch auf politischer Ebene für Gesprächsstoff gesorgt. So soll die Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich mit dem türkischen Regierungschef telefoniert haben, nachdem zuvor der deutsche Botschafter in Ankara eingestellt und sogar das Auslandsstudio des ZDF mit „faulen Eiern“ beworfen worden war.

In der derzeitigen Lage der Weltpolitik, während politische Abkommen mit der Türkei getroffen und gleichwohl die türkische Regierung für vermeintliche Beschränkungen der Pressefreiheit im eigenen Land kritisiert wird, sind zusätzliche Spannungen zwischen den Ländern nicht gerade förderlich. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der Überlegungen, den derzeit meist diskutiertesten TV-Journalisten nun zu bestrafen und somit stückweit die Pressefreiheit in Deutschland „eingrenzen“.

Ob das ZDF in naher Zukunft die Reißleine ziehen wird und wie sich Jan Böhmermann selbst zu den drohenden juristischen Folgen äußert, steht immer noch in den Sternen. In der letzten Sendung des „Neo Magazin Royale“ vom 7.04.2016 zeigte sich Böhmermann deutlich beeindruckt von der Diskussion und beließ es bei versteckten Anspielungen. Und auch der Studio-Gast Anne Will konnte ihm keine Bemerkung zu Erdoğan und den ihm drohenden rechtlichen Konsequenzen herauskitzeln.

An diesem Wochenende hat sich sodann der Vorstandsvorsitzende des Axel Springer Konzerns, Mathias Döpfer zu diesem Streit um die Pressefreiheit in einer Kolumne geäußert und klare Position auf Seiten der Kunst- und Pressefreit bezogen. So zeigt er Solidarität mit Jan Böhmermann und geht sogar noch einen Schritt weiter:

„Ich möchte mich, Herr Böhmermann, vorsichtshalber allen Ihren Formulierungen und Schmähungen inhaltlich voll und ganz anschließen und sie mir in jeder juristischen Form zu eigen machen. Vielleicht lernen wir uns auf diese Weise vor Gericht kennen. Mit Präsident Erdogan als Fachgutachter für die Grenzen satirischer Geschmacklosigkeit.“
(Mathias Döpfer, Welt am Sonntag / Offener Brief vom 10.04.2016)

Döpfer nimmt es damit nicht nur billigend in Kauf, ebenfalls juristisch für den Inhalt des fraglichen Gedichts zur Verantwortung gezogen zu werden, sondern greift in seinem Beitrag fragwürdige Gedanken (unter anderem die Religionskritik) auf. Möglicherweise strebt er auf diese Weise auch die angesprochene gerichtliche Klärung der Angelegenheit an, die von wegweisender Bedeutung für die Kunst- und Pressefreiheit sein könnte. Bislang mussten sich die Gerichte schon mit prominenten Skizzen befassen, die beispielsweise Politiker als „ein sexuell-belästigendes Schwein“ (Vgl. BVerfGE 75, 369 – Strauß-Karikatur), einen extrem langhalsigen Vorstandsvorsitzenden eines DAX-Konzerns oder einen an das Kreuz genagelten Fußballtrainer zeigten.

Das weitere Prozedere wird wohl bald auf höchster, politischer Ebene entschieden.

UPDATE 11.04.2016:

Der türkische Präsident Erdoğan hat durch seine Anwalte persönlich einen Strafantrag gestellt und beruft sich dabei unter anderem auf § 103 StGB. Auch heißt es, es seien 78 Millionen Türken durch das Gedicht beleidigt worden. Nun gilt es abzuwarten, ob die Bundesregierung die Ermächtigung erteilt, so dass die Staatsanwaltschaft die notwendigen Ermittlungen aufnehmen kann.

Indes ist auch die nächste Ausgabe des ZDF „Neo Magazin Royale“ abgesagt worden und der Moderator abgetaucht. Er stünde derzeit unter Polizeischutz, will die BILD-Zeitung wissen. Derweil sind die Anzeigen gegen Böhmermann und Verantwortliche des ZDF bei der Staatsanwaltschaft Mainz auf deutlich über 100 in der Anzahl gestiegen. Weiter heißt es, die Bundesregierung nehme sich einige Tage Zeit, um das weitere Vorgehen zu erörtern. Davon unbeirrt betonte die Kanzlerin am heutigen Tag erneut die große Bedeutung der Meinungs- und Pressefreiheit in Deutschland. Und die SPD erwägt, die auch als „Schah“-Paragrafen bezeichnete Vorschrift ( § 103 StGB ) aus dem Gesetz zu streichen.

UPDATE 14.04.2016:

Während immer mehr „Comedians“ ihrem Kollegen Böhmermann zur Seite springen und Medienrechtler sowie Strafrechtler zu teils unterschiedlichen Ergebnissen in der Streitfrage kommen, veröffentlichte das ZDF ein eigens in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten über die im Raum stehende Strafbarkeit in Zusammenhang mit dem vorgelesenen „Schmähgedicht“. Darin gelangen die Juristen zu dem Ergebnis, dass die in Rede stehende Sequenz einschließlich des sogenannten Schmähgedichts rechtlich zulässig war und daher die Grenzen zur Strafbarkeit nicht überschritten worden sind“.
Weiter heißt es: Es liege „im Wesen der Satire, durch gezielte Überzeichnungen, die auch darauf angelegt sind, Emotionen und Reaktionen beim Publikum auszulösen, auf ein Thema aufmerksam zu machen und Kritik zu üben“.

Vor diesem Gedanken ist es jedoch verwunderlich, dass dieser fragwürdige Teil der Sendung weiterhin nicht in der ZDF Mediathek auffindbar ist – die Verantwortlichen der Sendung argumentieren erneut mit den Qualitätsansprüchen des ZDF. Trotz interner Kritik bleibt das Gedicht also weiterhin gelöscht.

Auch sei die Frage erlaubt: Auf welches Thema wollte die Redaktion von „Neo Magazin Royal“ denn konkret aufmerksam machen, wenn es obszöne sexuelle Praktiken bzw. das private Sexualleben des türkischen Präsidenten auf überzogene Weise darstellt? Für die Veranschaulichung von „verbotener“ Schmähkritik hätten auch die sonstigen, gesellschaftlichen Bezüge des Gedichts ausgereicht, ohne auf die Metaebene der Sexualität auszuweichen. Gleiches gilt auch der Satire.

UPDATE 15.04.2016:

Wie so eben seitens der Bundesregierung mitgeteilt wurde, lässt die Kanzlerin Angela Merkel die Ermittlungen gegen Jan Böhmermann zu, also erteilt der zuständigen Staatsanwaltschaft die Ermächtigung für die strafrechtlichen Ermittlungen. Damit entspricht sie grundsätzlich dem Wunsch des türkischen Regierungschefs.

Das Argument: Nicht die Regierung, sondern die Justiz möge die Frage der Strafbarkeit klären. „Im Rechtsstaat ist es nicht Sache der Regierung, sondern von Staatsanwaltschaften und Gerichten, das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und andere Belange gegen die Presse- und Kunstfreiheit abzuwägen“, so die deutsche Kanzlerin. Gleichwohl betonte sie während der Pressekonferenz die Bedeutung der Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit sowie die geltende Unschuldsvermutung in einem Rechtsstaat.

Nun ist es also Sache der Staatsanwaltschaft und sollte diese letztlich die Anklage erheben, sodann auch Sache der Justiz.

Des Weiteren fordern prominente Politiker der SPD die Abschaffung des § 103 StGB. So könnte nachträglich deine Strafe wegfallen? Dies ist jedoch nur teilweise der Fall, denn die allgemeinen Beleidigungsdelikte nach §§ 185 StGB blieben ja bestehen.

UPDATE 03.05.2016:

Nun hat sich auch der Jan Böhmermann sein Schweigen gebrochen und sich zu den Ereignissen der letzten Wochen gemeldet. Im Interview mit der ZEIT spricht er unter anderem über seine Abschottung und kritisierte die Bundeskanzlerin Angela Merkel für ihre Äußerung kurz nach Ausstrahlung. Sie habe ihn „filetiert“ und „einem nervenkranken Despoten zum Tee serviert und einen deutschen Ai WeiWei“ aus ihm gemacht. Die Kanzlerin hatte unter anderem gegenüber Recep Tayyip Erdoğan gesagt, das Schmähgedicht sei „bewusst verletzend“. Für viele sei sie daher vor dem türkischen Staatsoberhaupt eingeknickt und ließ später auch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu.

Indes streiten die Juristen über die Forderung, den Paragrafen § 103 StGB zu streichen. Der Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) beabsichtigt, die Vorschrift so schnell wie möglich, spätestens aber zum 1. Januar 2018 aus dem Gesetz zu streichen. Letzteres hätte gewiss den Vorteil, nicht einen möglichen Prozess gegen den Satiriker zu gefährden bzw. auf die Justiz Einfluss auszuüben. Trotz der über 100 Strafanzeigen dürfte dem Journalisten wegen des Gedichts nur eine Geldstrafe drohen.

So halten einige das „politische Strafrecht“ für überholt und sehen hingegen ausreichend Schutz durch die allgemeinen Vorschriften aus dem Strafrecht gegeben wie z.B. § 185 StGB und befürworten eine grundsätzliche Reform des Strafrechts und keine übereilte, politische Entscheidung in der Causa Böhmermann.

Ferner fanden in den letzten Wochen mehrere Demos und provokante Veranstaltungen statt, mit denen Kritik an dem türkischen Präsidenten und dessen Vorgehen gegen das fragliche Gedicht scharf kritisiert wurden. Auf einer Veranstaltung wurden Teile aus dem besagten Gedicht vorgetragen, ehe die Polizei schnell einschritt und dies verhinderte sowie die Veranstaltung auflöste. Die Polizei nahm wohl an, das Vorlesen der fragwürdigen Zeilen des Gedichts erfülle (erneut) den Straftatbestand und müsse daher verhindert werden. Auch kam es zu kurzfristigen Festnahmen von Rednern wie dem Vorsitzenden der Berliner Piraten-Partei, Bruno Kramm. Ähnliche Protestaktionen fanden vielerorts statt. Und auch ein provokantes Plakat nicht unweit der türkischen Bootschaft sorgte für Aufsehen.

Die nächste ZDF Neo Magazin Royale Sendung soll nach der kurzen Sendepause am 12.5.2016 ausgestrahlt werden. Böhmermann wird wohl wieder mit von der Partie sein. Wenn man seine jüngsten Aktivitäten, insbesondere auch auf twitter und Facebook beobachtet, dürfte er sich wieder sehr „angriffslustig“ geben.

Warten wir ab, wie es weiter geht.

Bildquelle: ZDF / zdf.de

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