In den letzten Wochen sorgte die schwedische Co-Pilotin Maria Pettersson für Aufsehen in den sozialen Netzwerken (Siehe: Spiegel-Online Artikel vom 09.08.2016). Mit Fotos auf ihrem Instagram Account, insbesondere mit ansprechend inszenierten Selfies aus dem Cockpit, erreicht sie mittlerweile über 270.000 Fans – und schaffte es so nach rund 9 Monaten auch in die Medien. Einen Blog gibt es auch, der jedoch weniger Aktivitäten aufweist.
Dies wirft viele interessante medienrechtliche Fragestellungen auf. Sind Selfies am Arbeitspatz überhaupt erlaubt? Und was könnte der Arbeitgeber dagegen unternehmen? Ist alles nur Eigenwerbung oder möglicherweise vom Arbeitgeber sogar gewünscht?
Medienrecht: Das private Handy während der Arbeit
Zunächst gilt es das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG in Ausprägung durch das Recht am eigenen Bild nach § 22 KUG zu achten. Danach ist grundsätzlich die Verbreitung und öffentliche Zur-Schau-Stellung von Bildnissen nur mit Einwilligung des Abgebildeten zulässig. Ausnahmen hiervon greifen, wenn der Betroffene beispielsweise eine Person des öffentlichen Interesses ist, so z.B. bei Promis oder Amtsträgern oder er nur ein bloßes Beiwerk auf dem Foto darstellt. Bei einem Selfie stellt sich diese Diskussion natürlich nicht. Und die Freunde und Kollegen der Pilotin, die zumeist freundlich mit in die Kamera lächeln, erteilen in der Regel (konkludent) damit ihre Einwilligung. Im Arbeitsverhältnis wäre diese schriftlich dem Arbeitgeber gegenüber zu erteilen, wie es bei Mitarbeiterfotos auf der Webseite der Firma verlangt wird.
Anders verhält sich die Situation jedoch während der Arbeitszeit und insbesondere am Arbeitsplatz. Und das ist nun mal das Cockpit für die 32-jährige Co-Pilotin. Allgemein hat der Arbeitnehmer pflichtgemäß seines Arbeitsvertrages während der Arbeitszeit zu handeln und seine Aufmerksamkeit auf die Verrichtung seiner Tätigkeit zu lenken. Ein Zugführer oder Pilot hat während der Fahrt/des Fluges auf die Kontrolle über das Fortbewegungsmittel zu achten und dafür Sorge zu tragen, dass die Gäste und Kollegen unversehrt bzw. plangemäß am Ziel ankommen. Das Surfen am Handy oder Fotografieren lenkt hiervon grundsätzlich ab.
Arbeitsrechtlich kommt dem Arbeitgeber das Weisungs- sowie Direktionsrecht und im Firmengebäude bzw. bei der Anwesenheit des Angestellten am Arbeitsort das Hausrecht zu. Kleiderordnung, Sicherheitskontrollen, Vorgaben hinsichtlich des Auftretens und allgemeine Weisungen zur ordentlichen Arbeit stützen sich hierauf. Maßgeblich ist die jeweilige Schutzwürdigkeit des Interesses des Arbeitnehmers. Die Fabrikation von spezieller Technologie oder das Arbeiten beim Militär ist nicht zu vergleichen mit dem „einfachen“ Bürojob oder einer Aushilfstätigkeit in der Gastronomie.
Der Arbeitnehmer kann darüber hinaus sogar durch Betriebsvereinbarungen (falls ein Betriebsrat existiert) oder Mitarbeiter-Richtlinien zusätzlich zum Arbeitsvertrag die Nutzung von privaten Mobiltelefonen durch seine Angestellten bei der Arbeit regeln. Hiermit könnte sogar die Nutzung des persönlichen Smartphones oder Facebook und Co. während der Arbeit untersagt werden.
In der Regel toleriert es der Arbeitgeber gleichwohl, wenn der Angestellte mal ab und zu auf sein privates Handy schaut oder private E-Mails abruft. Bei zu ausgiebiger Nutzung droht eine Abmahnung oder in besonderen Ausnahmen auch die fristlose Kündigung.
Mithin könnte man daran denken, dass vielleicht auf Grund von Sicherheits- und Geheimhaltungsvorschriften detailtreue Fotos aus dem Cockpit verboten sind, sofern sie die Sicherheit des Flugverkehrs oder dessen Ablauf am Boden gefährden. Das ist anzunehmen, wenn Passwörter oder technische Zugangskontrollsysteme gut erkennbar sind.
Im Übrigen häufen sich die Entscheidungen der Arbeitsgerichte zu (rechtswirksamen) Kündigungen wegen Fotos oder Äußerungen der Angestellten in den sozialen Netzwerken. Wird dem Arbeitgeber beispielsweise durch rechtsradikale Äußerungen des Mitarbeiters bei Facebook oder twitter geschadet, selbst wenn der Azubi oder Sozialarbeiter sich zu diesen Aussagen in der Freizeit hat hinreißen lassen, so spricht vieles für eine wirksame Kündigung (Vgl. Arbeitsgericht Mannheim, Urteil vom 19.02.2016). (Daher empfiehlt es sich den Mitarbeitern so genannte Social Media Guidelines vorzugeben).
Datenschutz im Arbeitsverhältnis
Und was ist mit dem Datenschutz? Nicht nur die auf Fotos klar erkennbaren Menschen zählen zu den personenbezogenen Daten im Sinne von § 3 Abs. 1 BDSG, sondern auch die Klarnamen oder aber weitere Orts- und Zeitangaben in Verbindung mit den Bildern können solche Informationen darstellen, die unter den Datenschutz fallen. Zum Teil können bereits die Flugdaten, Angaben zum Aufenthaltsort insgesamt personenbezogene Daten nach dem deutschen Datenschutzrecht enthalten.
Daran knüpft die allgegenwärtige Situation im internationalen Datenschutz an, die derzeit rund um das EU-US Privacy Shield diskutiert wird. So bestehen weiterhin Bedenken hinsichtlich einer tragfähigen Rechtsgrundlage für die Übermittlung von personenbezogenen Daten in die USA – Beispielsweise auf Server von Facebook, Instagram und weitere Social Media Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU. Unternehmen sollten hierauf achten – bei der privaten Nutzung von sozialen Netzwerken spielt diese Problematik für den Einzelnen eine eher untergewichtete Rolle.
Alles nur Werbung?
Die 32-jährige Schwedin ist seit 2 Jahren in der Crew und hat nie direkt ihren irischen Arbeitgeber erwähnt, gleichwohl sind hier und da auf den Fotos die Logos und Flugdaten der Airline zu erkennen. Eine offizielle Bestätigung dieser Aktivitäten seitens des Unternehmens gab es bislang nicht – wohlmöglich genießt man insgeheim dennoch diese Publicity. Im Wettbewerb der Fluggesellschaften und wegen des angekratzten Images manch einer „Billig-Airline“ sind positive Eindrücke gern gesehen. Und kostenlose Werbung sowieso.
Aber vielleicht steckt sogar eine Marketing-Strategie hinter den Social Media Aktivitäten der Pilotin, die Teil einer viralen Marketingkampagne ist?
Zu denken wäre in diesem Falle an Schleichwerbung und das Wettbewerbsrecht. Schließlich ist Werbung als solche klar kenntlich zu machen (Vgl. § 5a Abs. 6 UWG) und ohnehin weit gefasst, andernfalls liegt eine unlautere Handlung vor (Vgl. § 4 Nr. 3 UWG). Und wer sich nicht an die werberechtlichen Vorgaben hält, begeht unter Umständen einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht oder Telemediengesetz (Vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG). So drohen teure Abmahnungen durch Wettbewerber, die sich benachteiligt sehen. Dies setzt ein Wettbewerbsverhältnis voraus.
Die spaßvollen Fotos aus dem Cockpit oder von der Schwedin bei ihren Yoga-Übungen an den traumhaften Stränden dieser Erde sind wahrlich ein Hingucker und eigentlich fast schon zu professionell hergestellt, als dass sie eben mal so aus dem Handgelenk entstanden sein können. Deshalb sind diese Gedankenspiele gewiss nicht ganz fernliegend. Ein Nachweis wird indes wohl kaum zu erbringen sein.
Die Co-Pilotin selbst strebt keine neue Karriere als Model an, sondern ist mit ihrem Job sehr zufrieden, wie sie in den Medien verlautbaren lies. Und der Arbeitgeber scheinbar auch mit ihr, sonst hätte er im Rahmen der rechtlich zulässigen Maßnahmen diese Social Media Aktivitäten der jungen Schwedin längst unterbunden.
Fazit
Im bisherigen Ausmaße dürfte die irische Fluggesellschaft die Selfies am Arbeitsplatz (noch) tolerieren und möglicherweise auch als virale Image-Kampagne begrüßen. Im heutigen Social Media Zeitalter sind Promis mit Facebook und twitter Accounts, die den Fans und Followern häufig private Einblicke gewähren, längst nicht mehr fortzudenken. Spätestens wenn die Fotos und Beiträge zunehmen und sogar einen Werbecharakter enthalten, sollten sich die internen Juristen Gedanken machen. Ein Handy-Verbot während der Arbeitszeit und die Reglementierung der Nutzung von Smartphones am Arbeitsplatz ist rechtlich zulässig und in der Praxis keine Seltenheit.
Allerdings gilt es den Selfie-Ego-Wahn in den sozialen Netzwerken auch einmal kritisch zu beäugen – Die steigende Sensationslust mit immer spektakuläreren Bildern und Likes um jeden Preis treibt die Menschen zu bedrohlichen Manövern. Nimmt dies auch Einzug in das Berufsleben und werden Fotos an gefährlichen Arbeitsstätten auch noch in den Medien gefeiert, verschieben sich die Grenzen immer weiter. Wohin soll das noch führen?