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Das Fotorecht im Zeitalter von Facebook und Co.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main (Urt. v. 21.04.2016, Az.: 16 U 251/15) traf vor kurzem eine sehr interessante Entscheidung aus dem Medienrecht, die sich mit zahlreichen aktuellen Fragestellungen zum Recht am eigenen Bild im Zeitalter von Sozialen Netzwerken und Blogs befasst. So zeigten die Richter quasi lehrbuchartig auf, wie die rechtliche Differenzierung im Hinblick auf eine etwaige Einwilligung in die Nutzung eines fremden Fotos bei Facebook und Co. vorzunehmen ist. Und warum die Rechte des Abgebildeten gestärkt werden sollten?

Sachverhalt

Der Kläger nahm als Aktivist an der politischen Demonstration „Germany Stop Taji“ im Februar 2014 in Frankfurt teil, die sich gegen die Tötung von Delfinen in Japan richtete. Auf einem Facebook-Account veröffentlichte er sodann eine Gallery mit 74, teilweise selbst geschossenen Fotos von dieser Veranstaltung. Auf einen diese Bilder war auch der Kläger zu erkennen. Der Beklagte verwendete anschließend in einem Bericht über den Angeklagten den Bildausschnitt eines dieser Fotos, wogegen sich der Kläger wehrte und sogar in Gegenberichten (unter anderem auf twitter) auf den Artikel des Beklagten hinwies.

In vorliegender Entscheidung gab das Gericht dem Kläger (erneut) Recht und stellte fest: Der Kläger kann von dem Beklagten die Unterlassung der Verbreitung dieses Bildnisses verlangen, da er dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Denn allein der Umstand, dass der Kläger an der öffentlichen Demonstration teilnahm und hiervon erstellte Fotos auf einem Facebook-Profil veröffentlichte bzw. sogar später auf die Berichterstattung aktiv reagierte, begründet noch keine Einwilligung in die Nutzung des Fotos durch den Beklagten.

Medienrecht: Viele Details des Einzelfalls

Im Rahmen dieser lesenswerten Entscheidung wies das Gericht gleich auf mehrere Aspekte hin.

So wurde das Recht am eigenen Bild (§§ 22, 23 KUG) des Klägers durch die fremde Nutzung des ihm klar erkennbar zeigenden Bildausschnitts verletzt. In diesem konkreten Fall war die Verwendung des Bildes rechtwidrig. Und das trotz der Umstände, dass

  • a) der Kläger während der Aufnahme an einer öffentlichen Veranstaltung teilnahm,
  • b) das ursprüngliche Foto mehrere Personen auf der Demonstration zeigte und daher dem Grunde nach von den Ausnahmen der Panoramafreiheit (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG) und öffentlichen Versammlung (§ 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG) erfasst sein könnte,
  • c) er selbst Fotos (unter anderem das streitgegenständliche Foto!) auf einem Facebook-Profil veröffentlichte,
  • d) ferner er sogar selbst später dasselbe Bild auf anderen Seiten im Internet einstellte
  • e) und der Kläger wegen seiner gesellschaftlichen Aktivität von einer öffentlichen Bedeutung sein könnte.

Eine solch differenzierte Betrachtungsweise ist bemerkenswert, begründeten doch in der Vergangenheit einige dieser Argumente ganz gegenteilige Urteile zu Gunsten der Verbreitung bzw. Veröffentlichung von Informationen.

Facebook ist nicht zwingend die breite Öffentlichkeit

Vielleicht mag die Entscheidung einige überrascht haben. Immerhin vertraten die Richter damit die Ansicht: Wer eigenhändig Fotos oder Inhalte auf Facebook veröffentlicht, erteilt damit noch lange nicht die freie Nutzungserlaubnis für Jedermann. Denn solange diese Daten im soziale Netzwerk nur von angemeldeten Mitgliedern zu sehen sind, möglicherweise sogar nur von ausgewählten Freunden oder Bekannten, ist dies kein „wie ein Marktplatz öffentlicher Raum“.

Des Weiteren wurde die in der Rechtswissenschaft breitdiskutierte Interessenabwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten (nach Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG i.V.m. §§ 22, 23 KUG) und konträren Rechten des Gegenübers dargestellt – sei es die Pressefreiheit (Art. 5.  Abs. 1 S. 2 GG) oder sei es die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) eines Einzelnen. Hierzu führten die Richter aus, dass die Grundrechte einer Privatperson von weniger Gewicht seien wie die der Presse, wenn also beispielsweise die Veröffentlichung eines Bildes oder einer Information von einem öffentlichen Berichterstattungsinteresse der Allgemeinheit getragen ist. Wenn die Presse über aktuelle Themen aus der Politik oder Gesellschaft berichtet, genießt sie einen höheren Schutz als Beiträge von Privaten mit eher persönlichen Intentionen.

Des Weiteren spielten der Ausschnitt und eine etwaige begleitende Berichterstattung zu der Abbildung eine wesentliche Rolle:

„Bei dem herauskopiertes Einzelbild des Klägers handelt es sich um einen Ausschnitt, der aus dem Bildzusammenhang genommen worden ist. Es hat für sich gesehen als solches keinen Informationswert für die öffentliche Meinungsbildung, da es lediglich die Identifizierung des Klägers als Person ermöglicht. Über den Kontext der Demonstration, in dem das Bild aufgenommen wurde, wird gerade nicht berichtet.“

Das Gericht konstatierte damit auch, dass die Panoramafreiheit (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG) oder Ausnahme bei einem Bildnis der Versammlung (§ 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG) dann jedenfalls nicht mehr greifen, wenn mittels Bildausschnitt eine einzelne Person in den Vordergrund rückt.

Insgesamt stärkten die Richter damit die Rechtsposition des Abgebildeten, der trotz seiner Aktivitäten in der Öffentlichkeit und sogar die erneute Verwendung derselben Fotos nicht jedermann ein Nutzungsrecht einräumt. Dies steht zweifelsohne der Auffassung mancher entgegen: Wer etwas bei Facebook veröffentlicht, muss damit ohnehin rechnen, dass andere diese Daten später ohne oder gegen den Willen des Betroffenen verbreiten bzw. nutzen.

Und wie ist es im Datenschutzrecht?

Gleichwohl ließe sich die Entscheidung auch auf Ebene des Datenschutzrechts besprechen. Denn die erkennbare Abbildung einer Person unterliegt dem personenbezogenen Datum nach § 3 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Und für die Verwendung des Fotos durch den Beklagten bedürfe es grundsätzlich der schriftlichen Einwilligung des Abgebildeten nach §§4, 4a BDSG, sofern nicht eine andere Rechtsgrundlage greift. Hier käme möglicherweise das Medienprivileg (§ 41 BDSG) in Betracht, falls der Beklagte als „Presse“ einzustufen wäre. Oder aber § 28 BDSG, wenn der Beklagte den Bericht auf einem gewerblichen Portal zur Erfüllung eigener Geschäftszwecke veröffentlicht hätte.

Mithin bleibt es dann bei der diskussionswürdigen Koexistenz von den Vorschriften §§ 22, 23 KUG und den Regelungen nach dem BDSG.

Fazit

Der Entscheidung ist im vollen Umfang zuzustimmen, stärkt sie doch die Rechte des Einzelnen.

Der Ausgang des Prozesses wäre gewiss anders verlaufen, wenn das streitgegenständliche Foto durch die Presse im Rahmen einer sachlichen, allgemeinen Berichterstattung über dessen Person oder die Veranstaltung erfolgt wäre. Doch zeichneten die Richter alle einzelnen Einflüsse auf, die letztlich in eine Interessenabwägung Einschlag finden.

Vielleicht ist gerade in der heutigen Social Media Welt eine genauere Betrachtungsweise gefragt, wie die überzeugenden Argumente des Gerichts nahelegen. Trotz der vermeintlichen Kenntnis der Nutzungsbedingungen und Funktionsweise von Facebook, twitter und instagram möchte der Nutzer möglicherweise seine Inhalte nur einem Freundes- oder Bekanntenkreis vorstellen, aber nicht sein Leben lang befürchten müssen, dass Ausschnitte vom privaten Urlaubsfotos von Fremden aufgegriffen werden.

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Amazon arbeitet am Bezahlsystem mit Gesichtserkennung – Was ist mit dem Datenschutz?

Im Bereich der “Identitätskontrolle” einer Person im Wege der Eröffnung eines Kontos können Banken dem Kunden seit einer Weile eine neue technische Lösung präsentieren: Das PostIndent-Verfahren lässt sich online mittels Webcam durchführen. Und auch die Altersverifikationssysteme (AVS) für bestimmte Internet-Inhalte bzw. -Dienstleistungen sind auf diese Weise längst etabliert. Hier besteht ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Person. Wie ist es aber beim Shoppen?

Im Oktober letzten Jahres meldete mit Amazon der vermeintlich größte Online-Händler der Welt für Elektronik und Bücher laut Medienberichten ein neues Patent an, wodurch sich das US-Amerikanische Unternehmen diese neuartige Technik der Gesichtserkennung zur Identitätskontrolle beim Bestellvorgang sichert. Die Käufer könnten in naher Zukunft „live“ durch ein selbst aufgenommenes Video über die Frontkamera des Smartphones oder möglicherweise über eine Webcam die Käufe abschließen. So soll die Identität des Kunden geprüft und das sonst übliche Passwort zur Anmeldung und Bestätigung im Shop ersetzen werden. Die Medien schrieben bereits schon über dieses vereinfachte Bestellsystem mit knackigen Überschriften: „Selfie statt Passwort“ oder „Bezahlen per Selfie“.

Ganz neu ist das nicht: Die Kreditkartenfirma Mastercard will eine Technik zur Feststellung der Person durch ein Video/Foto noch in diesem Jahr einführen, wie jüngst auf dem Mobile World Congress (MWC) angekündigt wurde. Ebenso setzen bereits mehrere Banken und allen voran Telemedienanbieter auf Grundlage von Altersverifikationssysteme für „ü18-Inhalte“ im Internet vergleichbare Lösungen beim PostIdent-Verfahren mittels Webcam an. In erster Linie soll so der Abgleich mit dem Foto aus dem Personalausweis oder anderen Ausweispapiern stattfinden. Nicht zuletzt bieten auch die Smartphones mit Windows 10 oder die neueste Android-Version die Entsperrung der Geräte mittels Gesichtserkennung über die Frontkamera an.

Das von Amazon entwickelte Verfahren könnte die Sicherheit des Rechtsverkehrs (Vertragsabschluss im Internet) erhöhen. Denn viele Nutzer wählen ohnehin zu einfache Passwörter, die schnell gehackt werden können, oder gehen sorglos mit ihren Zugangsdaten um. Nachher heißt es immer: Ich war das gar nicht! Hingegen lässt sich wegen der Einzigartigkeit jedes Menschen auf Grundlage der biometrischen Daten ein in der Theorie unknackbarer virtueller Fingerabdruck erstellen.

Gefahren und Probleme der Gesichtserkennung

Doch wo viel Licht ist, ist auch überreichlich Schatten. Den positiven Aspekten dieser Technik stehen die Gesetze in Deutschland und Europa, insbesondere der Datenschutz gegenüber. Dies gilt zwar schon für eine „Webcam“-Session mit einem Unternehmen oder das Übermitteln eines Fotos zur Überprüfung der Person mit dessen zuvor hinterlegten Personalausweises, umso mehr aber bei automatischen Gesichtserkennungssystemen.

Schließlich erheben und speichern die Gesichtserkennungsprogramme die biometrischen Daten des Betroffenen, die sich aus der Gesichtsform und einer Vielzahl an individuellen, optischen Merkmalen des Menschen zusammensetzen und durch ein Computerprogramm berechnet werden. Aus dem Foto wird ein Hashwert erzeugt, der sich in allen zukünftigen anderen Bildern des Nutzers wiederfindet und somit verglichen werden kann. Diese Daten sind personenbezogene Daten nach § 3 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und unterfallen damit dem Datenschutzrecht. Sie sind so etwas wie ein Fingerabdruck, da sie einzigartige Merkmale darstellen und in hohem Maße schutzwürdige Interessen des Einzelnen berühren. Es ist vielmehr als nur ein Foto, sondern es ist ein elektronischer Schlüssel.

Die Datenschützer warnen vor den Folgen von Gesichtserkennungsprogrammen

Wegen der hohen Bedeutung der biometrischen Daten des Einzelnen haben die Datenschutzbehörden bereits vor Jahren gegen die Gesichtserkennungsprogramme starke Einwände vorgebracht und mit hohen Anforderungen verknüpft.

Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI), Prof. Johannes Caspar hatte beispielsweise im Jahre 2012 eine Anordnung gegen Facebook erlassen bezüglich der vom sozialen Netzwerk eingeführten Software für die Gesichtserkennung. So wurde dem Unternehmen vom Gründer Mark Zuckerberg untersagt, die von den Nutzern eingestellten Fotos durch eine spezielle Software auszulesen und die biometrischen Daten des abgebildeten Mitglieds zu erheben bzw. zu speichern, um auf dessen Grundlage unter anderen weitere Fotos der Person vorzuschlagen. Facebook verzichtete (vorläufig) auf diese Technik der automatischen Gesichtserkennung seiner Mitglieder in Deutschland.

Und auf der 87. Konferenz der Datenschutzbeauftragen des Bundes und der Länder am 27. und 28. Mai 2014 in Hamburg wurde die Entschließung „Biometrische Gesichtserkennung durch Internetdienste – nur mit Wahrung des Selbstbestimmungsrechts Betroffener“ getroffen, die einige Voraussetzungen für die datenschutzrechtlich zulässige Erzeugung so genannter biometrischer Templates der Gesichter von Personen durch Internet-Dienste und dessen Anwendung aufführt.

In diesem Arbeitspapier wird eine wirksame Einwilligung des Betroffenen im Sinne von § 4a BDSG  gefordert, die aktiv und ausdrücklich erteilt werden muss. Dies setzt eine klare und verständliche Information des Benutzers über den Zweck und Risiken des Verfahrens voraus. Diese Einwilligung darf auch nicht in Nutzungsbedingungen oder Datenschutzerklärungen des Unternehmens versteckt sein. Fehlt es hieran oder werden die biometrischen Daten von Dritten gespeichert, sind diese Daten umgehend zu löschen. Eine nachträgliche (rückwirkende) Erlaubnis ändert daran nichts.

An dieser Stelle weisen die Datenschützer noch einmal auf die uns allen aus Agenten-Kinofilmen bekannten Gefahren hin:

„Die biometrische Gesichtserkennung ist eine Technik, die sich zur Ausübung von sozialer Kontrolle eignet und der damit ein hohes Missbrauchspotential immanent ist.“

Wer diesen Schlüssel (Hashwert) besitzt, könnte unter Verwendung der genannte Verfahren nicht nur Verträge im Namen anderer abschließen und somit Missbräuche begehen, sondern gegebenenfalls die Person auch in naher Zukunft überwachen.

Es ist kein Geheimnis, dass immer mehr Videokameras und Überwachungssysteme weltweit installiert und vernetzt werden und sich beim Besitz der biometrischen Daten angesichts der zunehmenden technischen Auswertungsmethoden zukünftig auch Standorte der Person im öffentlichen Raum feststellen lassen könnten. Noch klingt das nach James Bond.

Sollten Amazon, Mastercard und auch weitere Unternehmen auf das Verfahren der Gesichtserkennung zurückgreifen oder jedenfalls einmalig die biometrischen Daten des Kunden erheben und speichern für den zukünftigen Abgleich, müssten sie die geltenden Gesetze hierzulande einhalten. Nach dem deutschen Verständnis des Datenschutzes müsste sich das Unternehmen also die ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen bei gleichzeitiger Information und Aufklärung einholen und die Grundsätze der Zweckgebundenheit und der Datensparsamkeit einhalten. Ebenfalls ist auch die Sicherheit dieser Daten vor Zugriffen Dritter zu gewährleisten.

Schon die Anforderungen an die wirksame Einwilligung sollten nicht unterschätzt werden. Mit eben einem schnellen Lächeln oder Nicken während des Videos kann der Betroffene wohl kaum in die Speicherung seiner personenbezogenen Daten einwilligen. Vielmehr müsste er jedenfalls einmalig ausdrücklich (elektronisch / schriftlich) zustimmen und zuvor in angemessener Weise aufgeklärt worden sein. Das Akzeptieren von langen Nutzungsbedingungen durch ein einfaches Kontrollfeld, wohlmöglich noch auf einer fremden Sprache, dürfte folglich nicht genügen angesichts der Sensibilität dieser biometrischen Daten.

Und dann wären da noch – abgesehen vom Missbrauchspotenzial – die Gefahren und Probleme der Technik wie die Fehlerquote beim Abgleich der Templates, die Falscherkennung oder aber ein Defekt der Kamera? Wenn wegen schlechter Lichtverhältnisse oder veränderten Typus auf einmal der Abgleich misslingt, funktioniert das System nicht (mehr). Und was ist mit denjenigen, die gar kein Smartphone besitzen oder die Teilnahmen an diesen Verfahren verweigern?

Es droht der Verlust der Anonymität

Immerhin würden die Anonymität und der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unterwandert werden, wenn man bei der Anmeldung eines Online-Shops oder beim Kauf eines Films oder bestimmter Ware sein Gesicht zeigen müsste. Schließlich sind an die Person und ihre Merkmale sehr viele sensible Faktoren geknüpft wie die Hautfarbe, das Geschlecht, ungefähre Alter usw. Aus diesen Erkenntnissen könnten die Unternehmen nicht nur sehr wertvolle Daten über die Kunden gewinnen und besser analysieren, sondern auch erhebliche Nachteile für die Betroffenen entstehen. Im schlimmsten Falle droht sogar die Gefahr der Diskriminierung. Mithin dürften diese biometrischen Daten und gespeicherten Fotos nicht mit anderen Angeboten wie Facebook oder Bildersuchmaschinen oder mit Werbezwecken verknüpft werden, selbst wenn es den Werbern in den Fingern juckt.

Diese Erkennungstechnik darf auf keinen Fall das einzige Kriterium sein, sondern muss immer nur eine zusätzliche Alternative zu anderen Identifikationskontrollen und herkömmlichen Zugangskontrollen bilden. Es ist daher zweifelhaft, dass dies Verfahren die Eingabe eines Passworts, PINs oder das einfache Login ersetzen wird, auch wenn Unternehmen wie Amazon ein immenses Interesse an der neuen Technologie haben dürften. Könnten sie sich unter Umständen auf diesem Wege zahlreiche zusätzliche Daten des einzelnen Kunden beschaffen und zur Steigerung der personalisierten Werbung einsetzen, wenngleich dies gegen das deutsche Datenschutzrecht verstößt. Trotz dieses Bestrebens der freien Wirtschaft hinsichtlich der Umsetzung dieser Technik, könnten die Überlegungen der Datenschützer lauten: Diese Verfahren sollten nur ganz bestimmten, öffentlichen Stellen vorbehalten sein, wie am Flughafen bei notwendigen Sicherheitskontrollen.

Doch jüngst tauchten bereits erste Informationen auf zu einem Nachfolgemodell auf. Eine neuartige technische Entwicklung führt bereits zu einer Art „Gesichtserkennung 2.0“. Hierbei sollen allein die Figur, Haarfarbe, Gestik, Bewegungen und sonstige messbare Merkmale des Menschen ausgewertet werden ohne dabei das Gesicht als solches erkennbar aufzunehmen. Ob dies datenschutzfreundlicher ist, lässt sich sicherlich diskutieren.

Der Schutz des Individuums und seiner Grundrechte darf aber unter keinen Umständen gefährdet werden, wie ein bekannter Datenschützer aus Hamburg betont:

„Die Bedrohung des Verlustes der Anonymität in der Öffentlichkeit hat Auswirkungen auf unser demokratisches Gemeinwesen.“ Dr. Moritz Karg, Referent beim HmbBfDI (Humbold Forum Recht, Ausgabe 7, 2012, S. 120ff).

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

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Rostocker Richter nach Facebook-Foto für befangen befunden

Ein Strafrichter aus Rostock ist durch ein Foto auf seinem persönlichen Facebook-Profil sowie weiteren Bemerkungen negativ aufgefallen, so dass der Bundesgerichtshof (BGH) nunmehr in der Revision die Besorgnis der Befangenheit annahm. Zukünftig sollten Richter also aufpassen, was sie privat im Internet veröffentlichen.

Das Themenfeld „Facebook und Arbeitsrecht“ füllt mittlerweile viele Bücher. Zahlreiche Entscheidungen deutscher Gerichte sind in den letzten Jahren ergangen, in denen beispielsweise die Kündigung eines Arbeitnehmers wegen anstößiger Beiträge gegenüber dem Chef  oder nach veröffentlichten Urlaubsfotos während einer angeblichen Krankschreibung für rechtmäßig erklärt worden sind. Aber auch mit der Frage, ob ein Arbeitnehmer während der Arbeitszeit privat im Internet und somit auch auf Facebook oder Twitter surfen darf, beschäftigen sich die Juristen seit Jahren.

Doch nun hat sich diese Thematik um einen weiteren, kuriosen Fall aus dem Strafrecht erweitert: Ein Strafrichter am Landgericht Rostock sorgte mit umstrittenen Inhalten auf seinem privaten Facebook Account für Schlagzeilen und verspielte damit seine Reputation als unvoreingenommener Richter. Dies hat nicht nur für ihn Konsequenzen, sondern auch für die damaligen Angeklagten.

Denn wie der Bundesgerichtshof (BGH) in einer erfolgreichen Revision nunmehr entschied (BGH, Az. 3 StR 482/15), wurde die Besorgnis der Befangenheit des Richters angenommen, weil sich dieser privat im Internet über die Angeklagten lustig machte.

Was war passiert? Der Richter soll sich unter anderem mit einem Foto in seinem Facebook Profil gezeigt haben, auf welchem er ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Wir geben ihrer Zukunft ein Zuhause: JVA.“ trug (JVA ist bekanntlich die Abkürzung für „Justizvollzugsanstalt“). Durch das „liken“ eines Kommentars unter diesem Bild und weiteren eigenen Kommentaren soll er seine Zustimmung ausgedrückt haben, wie das Gericht nun befand. Dabei war zu keinem Zeitpunkt umstritten, dass es sich um den Account des Richters handelte, da dieser in seinem Profil unter anderem sein Amt als Richter angegeben hatte.

In einem Prozess vor der 2. Großen Strafkammer des Landgericht Rostock unter der Leitung des fraglichen Richters wurden zwei Angeklagte im April letzten Jahres unter anderem wegen erpresserischen Menschenraub und gefährlicher Körperverletzung zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Im vorangegangenen Ablehnungsgesuch nach § 24 Abs. 2 StPO im Rahmen des Prozesses hatten die Strafverteidiger noch keinen Erfolg. Der Befangenheitsantrag wurde abgelehnt mit der Begründung, das Foto entstamme der Privatsphäre des Richters und sei als „Witz“ einzustufen. Eine Stellungnahme hatte dieser dazu nicht abgegeben. Doch in der Revision vor dem BGH kam es zu der wegweisenden Entscheidung.

Wie der 3. Strafsenat des BGH befand, mache sich der Strafrichter einen Spaß auf Kosten der Angeklagten.

„Der Inhalt der öffentlich und somit auch für jeden Verfahrensbeteiligten zugänglichen Facebook-Seite dokumentiert eindeutig eine innere Haltung des Vorsitzenden, die bei verständiger Betrachtung besorgen lässt, dieser beurteile die von ihm zu bearbeitenden Strafverfahren nicht objektiv, sondern habe Spaß an der Verhängung hoher Strafen und mache sich über die Angeklagten lustig. [..] Dessen Internetauftritt ist insgesamt mit der gebotenen Haltung der Unvorgenommenheit eines im Bereich des Strafrechts tätigen Richters nicht zu vereinbaren.“ (BGH, Az. 3 StR 482/15)

Auf Grund der erfolgreichen Revision der Strafverteidigung muss das Strafverfahren nun erneut verhandelt bzw. neu entschieden werden. Interessant ist außerdem, dass dieses Mal jedoch vor dem Landgericht Stralsund verhandelt wird, also die BGH Richter das Verfahren gleich an ein ganz anderes Gericht statt wie üblich nur an eine andere Kammer des Ausgangsgerichts verweisen.

Der Hamburger Strafverteidiger und Rechtsanwalt Dr. Böttner meint dazu:

„Bemerkenswert ist auch, dass der 3. Strafsenat des BGH das Verfahren nicht etwa an eine andere Kammer des Landgerichts Rostock verwiesen hat, sondern offenbar die Auffassung der Verteidigung teilt, dass die Angeklagten dort kein faires Verfahren erwartet, nachdem man am Landgericht durch Ablehnung des offensichtlich begründeten Befangenheitsantrages versucht hat „Schützenhilfe“ zu leisten. Der BGH hat von § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO Gebrauch gemacht und die Sache zur neuen Tatsachenverhandlung an das LG Stralsund verwiesen. Eine solche Vorgehensweise ist eher selten.“

Laut Angaben des NDR soll die fragliche Facebook-Seite des Richters inzwischen gelöscht worden sein, was natürlich keinen Einfluss auf den weiteren Fortgang des Verfahrens hat.

Auch wird der in die Kritik geratene Richter nicht sein Amt verlieren und hat auch keine dienstrechtlichen Folge zu befürchten, wie nun das Landgericht Rostock durch eine Sprecherin mitteilen ließ.

Welche Folgen können aus dieser Entscheidung entstehen?

Die meisten Strafverteidiger dürften diesen Erfolg begrüßen, wurde doch erstmals vom BGH deutlich gemacht, dass auch das „Privatleben“ eines Richters bei der Besorgnis der Befangenheit eine wesentliche Rolle spielen kann. Bisher bestand nur eine sehr geringe Erfolgschance beim Ablehnungsgesuch eines Richters. Strafverteidiger Dr. Böttner erkennt hierin eine eingeläutete Wende: „Es ist zu erwarten, dass zukünftig Befangenheitsanträge mit Substanz häufiger Erfolg haben werden.“

Zukünftig sollten sich die Richter hierzulande also achtsamer um ihre Privatsphäre geben und vor öffentlichen „Stammtisch-Meinungen“ hüten. Im Facebook-Zeitalter ist es daher umso wichtiger, auf die eigene Online-Reputation und etwaige Privatsphären-Einstellungen zu achten. Dies gilt selbstredend nicht nur für Richter oder Amtsträger.

Zudem ist dieser Fingerzeig des BGH in die Richtung des Landgerichts Rostock nicht ganz außer Acht zu lassen. Die Zurückweisung der Strafsache an ein ganz anderes Gericht lässt sich durchaus als Kritik an dem gesamten Gericht deuten.

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Datenschützer warnen vor privaten Drohnen mit Videokameras

Welche Rechtsverstöße und rechtliche Folgen drohen

Drohnen sind leise, einfach zu steuern und sehr beweglich in der Luft. Mit einer Videokamera oder Fotokamera ausgestattet an Bord können sie eindrucksvolle Bilder aufnehmen, jedoch jederzeit auch Personen und Örtlichkeiten heimlich filmen. Die Datenschützer haben nun vor wenigen Tagen beim Treffen des „Düsseldorfer Kreises“ eine Entschließung zum Datenschutz und der Rechtslage beim Drohneneinsatz getroffen und bekannt gegeben.

Während sich viele Menschen über den angeblichen „Überwachungsstaat“ und behördlicher Kameraüberwachung aufregen, verhält es sich im privaten Bereich ganz anders.

Drohnen und winzige Fluggeräte werden immer erschwinglicher und sind für manch einen Privaten bereits längst mehr als nur ein Hobby. Zur Steigerung der Action und Sensation werden mittlerweile kleine Kameras wie die GoPro Hero auf die Drohne installiert, um so beeindruckende Bilder und Videos aus der Luft anzufertigen. Wem mag man es verübeln. Manch einer will eben die Kameraführung wie bei einem Spielfilm erreichen.

Neulich sah ich sogar beim Dreh eines Hochzeitvideos zu, wie eine kleine Drohe über den Köpfen des Brautpaares und zahlreicher unbeteiligter Personen an dem öffentlichen Ort am See flog und mutmaßlich reichlich Bildmaterial für ein privates Hochzeitsvideo drehte.

Drohnen können das allgemeine Persönlichkeitsrecht anderer verletzten

An die Rechtslage wird dabei oftmals wenig bis gar nicht gedacht. Und das, wobei die Videokamera oder Fotokamera mittels Drohne sogar unter Umständen einen weitaus tiefergehenden Einblick in die vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG geschützte Privatsphäre anderer Personen ermöglicht und auf diese Weise nicht nur das Recht am eigenen Bild nach §§ 22, 23 KUG des ohne Kenntnis und ohne erteilter Einwilligung Abgebildeten verletzt wird, sondern sogar strafrechtliche Folgen drohen können. Zu denken ist z.B. an einen Drohnenflug über das Nachbarsgrundstück oder worüber jüngst in den Medien berichtet wurde: Über ein fremdes Firmengelände oder sogar das Firmengelände der NSA.

Die Deutschen Datenschützer haben jüngst bei ihrem regelmäßigen Treffen „Düsseldorfer Kreis“ diese Thematik auf die Tagesordnung gesetzt und eine Erschließung der Aufsichtsbehörden für den Datenschutz getätigt, die online auf der Webseite des „Düsseldorfer Kreises“ zu finden ist.

In diesem Beschluss warnen sie nicht nur vor möglichen Verstößen gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), sondern auch vor weiteren Rechtsverstößen aus dem allgemeinen Zivilrecht und auch aus dem Strafrecht.

Auszug aus dem Beschluss des Düsseldorfer Kreises:

“[..]Dem mit dem Drohneneinsatz verbundenen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht Betroffener kann neben den Möglichkeiten der zuständigen Aufsichts- oder Bußgeldbehörde auch zivilrechtlich begegnet werden. Vor allem dann, wenn die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in einem Eindringen in geschützte Bereiche, wie beispielsweise das befriedete und blickgeschützte Grundstück, besteht oder eine zielgerichtete Beobachtung erkennbar stattfindet.

Dem Betroffenen kann in solchen Fällen ein Abwehranspruch aus § 823 in Verbindung mit § 1004 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) analog zustehen. Auch das Kunsturhebergesetz (KUG), welches das Recht am eigenen Bild- als besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts – schützt, kann tangiert sein (§§ 22, 23 KUG), sofern eine Verbreitung oder Veröffentlichung der Aufzeichnungen erfolgt.

Die Strafverfolgungsbehörden können eingeschaltet werden, wenn durch den Drohneneinsatz die Verwirklichung von Straftatbeständen droht, wie beispielsweise bei der Anfertigung von Bildaufnahmen höchstpersönlicher Lebensbereiche (§ 201a des Strafgesetzbuches (StGB)), mithin Bereiche der Intimsphäre (im Einzelnen dazu: Bundestagsdrucksache 15/2466, S. 5.) oder der Aufzeichnung des nichtöffentlich gesprochenen Wortes (§ 201 StGB).[..]“. Quelle: Beschluss der obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich vom 15./16. September 2015).

Die Datenschützer fordern sogar die privaten Drohnenbetreiber auf, sich an das geltende Recht zu halten und grundsätzlich Niemanden ohne seine Einwilligung zu filmen bzw. zu fotografieren und auch die Privatsphäre anderer Personen zu achten. Dies ist nicht für jedermann eine Selbstverständlichkeit, denn es ist viel zu reizvoll mit der Drohne über die Nachbarschaft oder geschützte Orte zu fliegen.

Doch Rechtsverstöße und Eingriffe in die Privatsphäre anderer nehmen die meisten – in Kenntnis oder Unkenntnis – in Kauf. Dabei kennen wir doch alle aus zahlreichen Science-Fiction-Filmen herumfliegende Roboter, die „alles und jeden“ beobachten und vor denen man sich nicht einmal in der eigenen Wohnung verstecken kann. Doch offensichtlich werden in der öffentlichen Meinung hierbei keine Unterschiede erkannt, nach dem Motto: Was der Filmemacher kann, ist auch mir erlaubt!