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Das Fotorecht im Zeitalter von Facebook und Co.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main (Urt. v. 21.04.2016, Az.: 16 U 251/15) traf vor kurzem eine sehr interessante Entscheidung aus dem Medienrecht, die sich mit zahlreichen aktuellen Fragestellungen zum Recht am eigenen Bild im Zeitalter von Sozialen Netzwerken und Blogs befasst. So zeigten die Richter quasi lehrbuchartig auf, wie die rechtliche Differenzierung im Hinblick auf eine etwaige Einwilligung in die Nutzung eines fremden Fotos bei Facebook und Co. vorzunehmen ist. Und warum die Rechte des Abgebildeten gestärkt werden sollten?

Sachverhalt

Der Kläger nahm als Aktivist an der politischen Demonstration „Germany Stop Taji“ im Februar 2014 in Frankfurt teil, die sich gegen die Tötung von Delfinen in Japan richtete. Auf einem Facebook-Account veröffentlichte er sodann eine Gallery mit 74, teilweise selbst geschossenen Fotos von dieser Veranstaltung. Auf einen diese Bilder war auch der Kläger zu erkennen. Der Beklagte verwendete anschließend in einem Bericht über den Angeklagten den Bildausschnitt eines dieser Fotos, wogegen sich der Kläger wehrte und sogar in Gegenberichten (unter anderem auf twitter) auf den Artikel des Beklagten hinwies.

In vorliegender Entscheidung gab das Gericht dem Kläger (erneut) Recht und stellte fest: Der Kläger kann von dem Beklagten die Unterlassung der Verbreitung dieses Bildnisses verlangen, da er dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Denn allein der Umstand, dass der Kläger an der öffentlichen Demonstration teilnahm und hiervon erstellte Fotos auf einem Facebook-Profil veröffentlichte bzw. sogar später auf die Berichterstattung aktiv reagierte, begründet noch keine Einwilligung in die Nutzung des Fotos durch den Beklagten.

Medienrecht: Viele Details des Einzelfalls

Im Rahmen dieser lesenswerten Entscheidung wies das Gericht gleich auf mehrere Aspekte hin.

So wurde das Recht am eigenen Bild (§§ 22, 23 KUG) des Klägers durch die fremde Nutzung des ihm klar erkennbar zeigenden Bildausschnitts verletzt. In diesem konkreten Fall war die Verwendung des Bildes rechtwidrig. Und das trotz der Umstände, dass

  • a) der Kläger während der Aufnahme an einer öffentlichen Veranstaltung teilnahm,
  • b) das ursprüngliche Foto mehrere Personen auf der Demonstration zeigte und daher dem Grunde nach von den Ausnahmen der Panoramafreiheit (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG) und öffentlichen Versammlung (§ 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG) erfasst sein könnte,
  • c) er selbst Fotos (unter anderem das streitgegenständliche Foto!) auf einem Facebook-Profil veröffentlichte,
  • d) ferner er sogar selbst später dasselbe Bild auf anderen Seiten im Internet einstellte
  • e) und der Kläger wegen seiner gesellschaftlichen Aktivität von einer öffentlichen Bedeutung sein könnte.

Eine solch differenzierte Betrachtungsweise ist bemerkenswert, begründeten doch in der Vergangenheit einige dieser Argumente ganz gegenteilige Urteile zu Gunsten der Verbreitung bzw. Veröffentlichung von Informationen.

Facebook ist nicht zwingend die breite Öffentlichkeit

Vielleicht mag die Entscheidung einige überrascht haben. Immerhin vertraten die Richter damit die Ansicht: Wer eigenhändig Fotos oder Inhalte auf Facebook veröffentlicht, erteilt damit noch lange nicht die freie Nutzungserlaubnis für Jedermann. Denn solange diese Daten im soziale Netzwerk nur von angemeldeten Mitgliedern zu sehen sind, möglicherweise sogar nur von ausgewählten Freunden oder Bekannten, ist dies kein „wie ein Marktplatz öffentlicher Raum“.

Des Weiteren wurde die in der Rechtswissenschaft breitdiskutierte Interessenabwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten (nach Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG i.V.m. §§ 22, 23 KUG) und konträren Rechten des Gegenübers dargestellt – sei es die Pressefreiheit (Art. 5.  Abs. 1 S. 2 GG) oder sei es die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) eines Einzelnen. Hierzu führten die Richter aus, dass die Grundrechte einer Privatperson von weniger Gewicht seien wie die der Presse, wenn also beispielsweise die Veröffentlichung eines Bildes oder einer Information von einem öffentlichen Berichterstattungsinteresse der Allgemeinheit getragen ist. Wenn die Presse über aktuelle Themen aus der Politik oder Gesellschaft berichtet, genießt sie einen höheren Schutz als Beiträge von Privaten mit eher persönlichen Intentionen.

Des Weiteren spielten der Ausschnitt und eine etwaige begleitende Berichterstattung zu der Abbildung eine wesentliche Rolle:

„Bei dem herauskopiertes Einzelbild des Klägers handelt es sich um einen Ausschnitt, der aus dem Bildzusammenhang genommen worden ist. Es hat für sich gesehen als solches keinen Informationswert für die öffentliche Meinungsbildung, da es lediglich die Identifizierung des Klägers als Person ermöglicht. Über den Kontext der Demonstration, in dem das Bild aufgenommen wurde, wird gerade nicht berichtet.“

Das Gericht konstatierte damit auch, dass die Panoramafreiheit (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG) oder Ausnahme bei einem Bildnis der Versammlung (§ 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG) dann jedenfalls nicht mehr greifen, wenn mittels Bildausschnitt eine einzelne Person in den Vordergrund rückt.

Insgesamt stärkten die Richter damit die Rechtsposition des Abgebildeten, der trotz seiner Aktivitäten in der Öffentlichkeit und sogar die erneute Verwendung derselben Fotos nicht jedermann ein Nutzungsrecht einräumt. Dies steht zweifelsohne der Auffassung mancher entgegen: Wer etwas bei Facebook veröffentlicht, muss damit ohnehin rechnen, dass andere diese Daten später ohne oder gegen den Willen des Betroffenen verbreiten bzw. nutzen.

Und wie ist es im Datenschutzrecht?

Gleichwohl ließe sich die Entscheidung auch auf Ebene des Datenschutzrechts besprechen. Denn die erkennbare Abbildung einer Person unterliegt dem personenbezogenen Datum nach § 3 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Und für die Verwendung des Fotos durch den Beklagten bedürfe es grundsätzlich der schriftlichen Einwilligung des Abgebildeten nach §§4, 4a BDSG, sofern nicht eine andere Rechtsgrundlage greift. Hier käme möglicherweise das Medienprivileg (§ 41 BDSG) in Betracht, falls der Beklagte als „Presse“ einzustufen wäre. Oder aber § 28 BDSG, wenn der Beklagte den Bericht auf einem gewerblichen Portal zur Erfüllung eigener Geschäftszwecke veröffentlicht hätte.

Mithin bleibt es dann bei der diskussionswürdigen Koexistenz von den Vorschriften §§ 22, 23 KUG und den Regelungen nach dem BDSG.

Fazit

Der Entscheidung ist im vollen Umfang zuzustimmen, stärkt sie doch die Rechte des Einzelnen.

Der Ausgang des Prozesses wäre gewiss anders verlaufen, wenn das streitgegenständliche Foto durch die Presse im Rahmen einer sachlichen, allgemeinen Berichterstattung über dessen Person oder die Veranstaltung erfolgt wäre. Doch zeichneten die Richter alle einzelnen Einflüsse auf, die letztlich in eine Interessenabwägung Einschlag finden.

Vielleicht ist gerade in der heutigen Social Media Welt eine genauere Betrachtungsweise gefragt, wie die überzeugenden Argumente des Gerichts nahelegen. Trotz der vermeintlichen Kenntnis der Nutzungsbedingungen und Funktionsweise von Facebook, twitter und instagram möchte der Nutzer möglicherweise seine Inhalte nur einem Freundes- oder Bekanntenkreis vorstellen, aber nicht sein Leben lang befürchten müssen, dass Ausschnitte vom privaten Urlaubsfotos von Fremden aufgegriffen werden.

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Social Media Recht – Der richtige Umgang mit den sozialen Netzwerken wie Facebook, twitter und Snapchat

In nahezu allen größeren Live-Sendungen im deutschen Fernsehen wird auf die sozialen Netzwerke, insbesondere auf Facebook oder twitter verwiesen. Die Zuschauer sollen ihre Meinung abgeben und so mit der Moderation oder unter sich kommunizieren. Selbst über den Tatort soll „getwittert“ werden. Aber auch viele Prominente, gleich ob Profisportler oder Schauspieler, sind bereits seit längerem auf Facebook mit ihrer eigenen Seite vertreten. Einige beschränken sich dabei auf Beiträge zu ihren beruflichen Tätigkeiten, andere geben tiefe Einblicke in ihr Privatleben. Der deutsche Sportmoderator Frank „Buschi“ Buschmann ist sogar während der von ihm als Co-Moderator begleitenden Pro7 Sendung mit seinem Smartphone aktiv und gibt seinen Fans auf Facebook einen zusätzlichen Einblick aus der Reporterkabine.

Diese Nähe zu den Zuschauern und vermeintlichen „Fans“ auf Facebook, Snapchat oder twitter hat natürlich auch Schattenseiten, wie es beispielsweise die TV-Moderation und Journalistin Dunja Hayali fast tagtäglich erfahren muss. Die sich deutlich gegen Fremdenhass aussprechende junge Frau wird nicht nur wegen ihrer irakischen Herkunft, sondern auch für ihr Engagement für eine weltoffene Gesellschaft immer wieder Opfer von Beleidigungen und Hassbotschaften.

Doch nicht nur Personen, sondern auch Unternehmen werden schnell Opfer von Shitstorms, wenn z.B. irgendwo in einer Filiale ein Haar in der Suppe gefunden wird, das Funknetz wieder einmal down ist oder das erwartete Paket tagelang in einer Halle verweilt. Grund für die Unzufriedenheit kann natürlich ein schlechter Service sein oder die Nichteinhaltung von versprochener Leistung.
Die Social Media Aktivitäten können positive Publicity bringen, gehen jedoch auch mit rechtlichen Risiken und Gefahren einher. Daran anknüpfend stellen sich für Unternehmen sowie Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens etliche Fragen in der Praxis:

  • Sollte man überhaupt auf Facebook, twitter und Co. präsent und aktiv sein?
  • Sollten sich die Beiträge bzw. Inhalte auf berufliche Themen beschränken oder doch lieber der
  • Einblick in das Privatleben gewährt werden? Wo sind die Grenzen?
  • Wie ist es mit politischen Themen?
  • Wie geht man am besten um, wenn sich „Fans“ und User gegenseitig beleidigen oder ein Shitstorm droht?
  • Wie ist es mit persönlichen, strafbaren Beleidigungen? Sollte man eine Strafanzeige stellen?
  • Und wer haftet für „eigene oder fremde“ Beiträge?

Hierfür gibt es gewiss keine Musterlösung. Vieles muss der Betroffene oder das Unternehmen selber entscheiden und ausloten. Es hängt auch davon ab, wie viel Zeit und Kraft jeweils in die Social Media Aktivitäten gesteckt werden und welche Rolle diese Instrumente spielen sollen. Bleibt es bei der Selbstdarstellung oder Eigenwerbung oder soll ein Produktverkauf angekurbelt werden? Möchte man sogar vielleicht neue Jobs und Aufträge ergattern und daher den Medien „im Kopf“ bleiben?

Promis und Schauspieler in den sozialen Netzwerken

Viel so genannte Promis zeigen sich gern möglichst privat auf ihrem Facebook Profil und veröffentlichen Urlaubsbilder oder Fotos beim Feiern in der Mannschaftskabine, um eine Nähe zu den Fans vorzuspielen. Selbstverständlich sollte angesichts von Persönlichkeitsrechten und Privatsphäre irgendwo eine Grenze gezogen werden. Dies dient letztlich auch dem Schutz des Betroffenen. Die genaue Anschrift, Fotos aus dem Wohnzimmer oder von Kindern sollten grundsätzlich nicht im Internet veröffentlicht werden. Auch bei der persönlichen Meinung scheiden sich schnell die Geister. Wer sich immer mit einer deutlichen Meinung äußert, muss im Internet auch mit Gegenmeinungen oder gar Anfeindungen leben. Dies gilt umso mehr für politische Themen.

Trotz aller „journalistischer Objektivität“ äußert Frank Buschmann oftmals klar seine persönliche Meinung, wofür ihn viele schätzen – aber auch manchmal leichte Kritik aufkommt. So versucht auch er sich daraufhin noch einmal zu rechtfertigen:

Frank Buschmann auf Facebook (Screenshot: 11.05.2016)
Frank Buschmann auf Facebook (Screenshot: 11.05.2016)

Für die berühmten Persönlichkeiten wird es jedenfalls dann heikel, wenn sie sich abseits von ihrer Person oder Tätigkeit zu gesellschaftlichen oder politischen Themen äußern. Dann mag angesichts drohender, hitziger Debatten auf Facebook die Thematik aus dem Ruder laufen und in den Hintergrund treten.

Natürlich spielt diesbezüglich auch die Meinungsfreiheit im Internet eine große Rolle. Wo liegen die Grenzen der Meinungsfreiheit und wann drohen strafrechtliche Folgen? Damit mussten sich in den vergangenen Wochen und Monaten viele Gerichte hierzulande befassen. So kam es beispielsweise zu Verurteilungen wegen Volksverhetzung oder strafbaren Beleidigungen.

Unternehmen und Behörden

Für Unternehmen oder Behörden, die sich aktiv mit einem offiziellen Auftritt in den sozialen Medien der Allgemeinheit stellen, empfiehlt es sich so genannte Social Media Richtlinien bzw. Social Media Guidelines zu erstellen. Darin sollten Regelung für das Verhalten der Mitarbeiter und Angestellten enthalten sein, wie auch viele rechtliche Fragestellungen geklärt werden. Insgesamt wird so mehr Rechtssicherheit für das Unternehmen oder die Behörde erreicht.

Welche Fragen in ein Social Media Guide gehören und wie eine Musterformular aussehen kann, können unter „Social Media Richtlinien – Social Media Guidelines“ nachgelesen werden. Selbstverständlich obliegt dies immer der jeweiligen Philosophie und Ausrichtung des Unternehmens. Doch im Kern unterscheiden sich die grundlegenden Regelungen kaum.

Viele Unternehmen setzen bereits auf vergleichbare interne Regelungen, um für Klarheit zu sorgen. Letztlich sollte dies auch als eine gute Hilfestellung für die Mitarbeiter gesehen werden.

Und wie sieht es in der Praxis der Social Media Agenturen aus, die für Kunden oder im Rahmen von Projekten dann Unternehmen Strategien und Konzepte entwickeln oder sogar eigenhändig umsetzen?

[title size=“2″]Interview mit der Expertin Anja Reimers[/title]

Zu diesem Thema führte ich ein Interview mit Anja Reimers, Projekt Managerin Digital aus Hamburg (XING-Kontakt). Sie hat bereits für mehrere Unternehmen bzw. bei Agenturen aus Hamburg im Bereich „Social Media“ mitgewirkt und kennt die Schwierigkeiten im alltäglichen Umgang mit den sozialen Netzwerken, die individuelle Lösungen und Konzepte im digitalen Bereich erfordern.


Frage: Wie wichtig ist es heutzutage für ein modernes Unternehmen, auf den sozialen Kanälen wie Facebook oder Instagram präsent und aktiv zu sein?

Anja Reimers: Je nach Zielgruppe kann die Nutzung von sozialen Media essential sein. Ist die Anspruchsgruppe des Unternehmens über soziale Media erreichbar? Meistens schon. Dann ist es nur die Frage, auf welcher Plattform genau. Facebook, Twitter, Instagram, Snapchat oder vielleicht sogar Xing und LinkedIn. Es gibt viele Optionen, wo sich potentielle Kunden aufhalten können. Dies herauszufinden ist ein wichtiger Teil der Strategie, die definitiv jedes Unternehmen vorher festlegen muss.
Wenn das Unternehmen weiß, über welche Plattform sie ihre potentiellen Kunden erreichen können, gibt es viele Möglichkeiten, dies zu nutzen. Unternehmen sollten sich nur von dem Gedanken verabschieden, dass Facebook der Mittelpunkt aller Aktivitäten ist. Facebook kann es sein, muss es aber nicht. Die jeweilige Zielgruppe entscheidet.


Viele Unternehmen haben – wie du selbst sagtest – einen Social Media Account und legen einfach mal drauf los. Aber wie wichtig ist es, eine genaue Social Media Strategie zu haben?

Einfach mal ein Facebook-Profil erstellen, weil das gerade alle tun, ist der falsche Weg. Wichtig ist vorab zu definieren, welche Zielgruppe angesprochen werden soll, wo diese Zielgruppe aktiv ist, was genau mit dem Profil erreicht werden soll (Zieldefinition), welcher Content das Profil zum Leben erwecken soll, wie mit den Fans und Followern interagiert werden soll und wie stark diese evtl. auch in Entscheidungen mit einbezogen werden können, wie der Erfolg gemessen wird, etc.

Ebenso wichtig ist die Frage, wer die sozialen Kanäle betreut, also Content erstellt, mit Usern interagiert usw. Ein großer Fehler hierbei ist leider immer noch, dass dies als „Praktikanten-Tätigkeit“ abgetan wird, obwohl viel mehr dahintersteckt. Schließlich handelt es sich auch hierbei um einen Teil von Unternehmenskommunikation, nur eben der über soziale Medien und näher am Kunden.
Wenn ein Unternehmen eine konkrete Strategie verfolgt, deren Ziele auf einer bestimmten Plattform erreicht werden können, ist dies eine tolle Möglichkeit für Unternehmen und Kunden gleichzeitig. Was vermieden werden sollte, ist das so genannte Content-Recycling. Also bitte nicht einfach Texte kopieren und auf mehreren Plattformen nutzen. Wie bereits erwähnt, jeder soziale Kanal hat eine eigene Zielgruppe, an die gedacht und adressiert werden muss.


Die größeren Unternehmen arbeiten mittlerweile mit sogenannten  „Social Media Guidelines“ bzw. Social Media Richtlinien, in denen sie unter anderem den korrekten Umgang der Mitarbeiter mit den Social Media Accounts regeln. Diese beinhalten Fragen wie: Wem gehört der Account, wer darf ihn verwalten, was dürfen die Mitarbeiter sagen und was nicht? Hast du auch dergleichen genutzt und welche Erfahrung konntest du damit machen?

Die Regelung, wem der Account gehört, sollte ganz einfach sein: Dem Unternehmen.

Vor einigen Jahren war dies auf Facebook noch sehr umständlich und jeder musste mit seinem persönlichen Account als Administrator für die Seite hinterlegt werden. Es gab immer wieder Schwierigkeiten, wenn Mitarbeiter gekündigt haben bzw. wurden. Plus: Die Person, die eine Facebook-Page angelegt hat, wurde nochmals besonders hinterlegt. Spricht: Wenn der Gründer der Facebook-Page nicht mehr für das Unternehmen gearbeitet hat, ist meistens ein großes Chaos entstanden.

Über den jetzt verfügbaren Facebook Business Manager ist nun alles viel einfacher. Mitarbeiter können hinzugefügt oder gelöscht werden, Rechte werden hinzugefügt oder entfernt. Diese Professionalisierung macht den Arbeitsalltag wesentlich einfacher. Bei anderen Plattformen, wie bspw. Twitter, ist es ratsam einen allgemeinen Account zu nutzen, der nicht Mitarbeiter-bezogen ist, falls dieser das Unternehmen verlässt.

Guidelines machen die Arbeit mit Social Media Netzwerken auf jeden Fall einfacher, wenn es um bspw. allgemeine Regelungen geht (wer tut was), wie schnell geantwortet werden muss oder allgemein verwendete FAQs. Ebenfalls sinnvoll ist das Festhalten von Regelungen in Krisenzeiten oder wie mit Negativität umzugehen ist. Hierbei ist es wichtig zu klären, wer was wann mit wem absprechen muss, welche Aussagen getätigt werden dürfen etc. Von daher ist die Nutzung von Guidelines ratsam. Diese sollten nur den Social Media Manager nicht in seiner Arbeit einschränken, sondern eher entlasten.


Worauf sollte denn geachtet werden, also was müsste jedenfalls in solchen Richtlinien enthalten sein? Und wie ist es mit der Umsetzung?

Wichtige Inhalte sollten sein: Allgemeine FAQs, Abstimmungswege, Antwortzeiten, Berechtigungen der einzelnen Mitarbeiter, Wording („Du“ vs. „Sie“), Do’s (Ehrlichkeit, Wahrheit), Don’ts (z.B. Aussagen gegen die Konkurrenz, Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen, Falschaussagen, Beleidigungen), rechtliche Bestimmungen oder Beschlüsse und Hausregeln der jeweiligen Plattformen (was wird geduldet, was nicht?).


Angesichts von ständig drohenden Shitstorms und rechtlichen Auseinandersetzungen – sind solche Regelungen nicht sogar mittlerweile notwendig für ein Unternehmen? Sowohl bei der Agentur als erst Recht auch bei einem Unternehmen, das eine eigene Social Media Abteilung hat?

Unternehmen können sich durch die Nutzung von Social Media Guidelines absichern, so dass alle Beteiligten, ob interne Mitarbeiter, Agenturen oder Freelancer, genau wissen, wie zu handeln ist. Eine Garantie, dass dies Shitstorms vermeidet, gibt es leider nicht, aber das Risiko wird dadurch vermindert. Jedoch sollte die Angst vor potentiellen Shitstorms nicht die Kreativität der Beteiligten einschränken. Viel zu viele gute Ideen wurden bereits im Keim erstickt, weil auf Unternehmensseite die Angst zu groß war. Manchmal kommt dann aber tatsächlich ein Konkurrent mit einer ähnlichen Idee daher und wird dafür mit Reichweite und Engagement belohnt. Von daher: Guidelines sind hilfreich, aber sie sollten noch genügend Spielraum für kreative Ideen und spontane Aktionen lassen.


Wie weit sollten also Juristen mitwirken bei der Social Media Strategie oder etwaigen parallel dazu laufenden Konzepten/Schulungen? Oder stecken wir diesbezüglich noch in den Kinderschuhen?

Meiner Meinung nach ist es sinnvoll, einen beratenden Juristen bei der Entstehung von Social Media Strategien mit ins Projektteam zu holen. Potentiell kritische Punkte können so von Anfang an in den Guidelines festgelegt werden, sodass es später nicht zu rechtlichen Überraschungen kommt. Da es aber besonders im digitalen Zeitalter viele Gesetzesanpassungen oder –Änderungen gibt, ist es ebenfalls wichtig, dass diese ggf. vom gleichen Juristen permanent verfolgt werden, sodass die Guidelines im Zweifelsfall zeitnah angepasst werden können.

Dies wird in meinen Augen derzeit zu wenig bis gar nicht realisiert. Viele Social Media Manager bilden sich regelmäßig auf diesem Gebiet weiter, was richtig und gut ist. Jedoch, besonders für große Konzerne, sollte die Investition in einen juristischen Berater mindestens in der Strategieentwicklungsphase getätigt werden, um spätere Schädigungen zu vermindern oder gar vorzubeugen. Zusätzlich kann es hilfreich sein, dass Juristen regelmäßig Schulungen zu rechtlichen Aspekten im Social Web geben, besonders wenn es gerade Anpassungen oder Änderungen gegeben hat.


Wie siehst du die Zukunft vom Social Media? Sollten Schauspieler, Sportler und Politiker immer mehr auf den sozialen Kanälen aktiv werden und so einen privaten Einblick gewähren oder gibt es gewisse Grenzen, unter anderem in der Privatsphäre?

Wie viel privaten Einblick eine Person im Social Web von sich gibt, sollte jedem selbst überlassen sein. Egal ob Schauspieler, Politiker oder die Dame aus der Bäckerei nebenan. Kein Dritter sollte das Recht haben, zu bestimmen, wie viel privater Content auf einer sozialen Plattform veröffentlicht wird. Personen des öffentlichen Lebens sind (meistens) für etwas bekannt, was sie besonders gut können. Alles, was über diese berufliche Informationsweitergabe hinausgeht, ist freiwillig. Dies variiert von Person zu Person, ob bspw. nichts Persönliches veröffentlicht wird (z.B. Stefan Raab) oder ob das ganze Leben digital festgehalten wird (z.B. Kim Kardashian). Besonders in Zeiten von Snapchat, womit ein Promi seine Fans mit in alltägliche Situationen nehmen kann, ist hier die Fan-Promi-Bindung wesentlich höher als noch vor Jahren. Die Person muss dies aber mit sich vereinbaren können und nur das veröffentlichen, was sie auch wirklich öffentlich stehen haben möchten. Druck von außen sollte es meiner Meinung nach nicht geben, jeder hat das Recht seine eigene Privatsphäre zu wahren.

Vielen Dank für das Interview.

 

Weiterführende Artikel:

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BILD-Kampagne „BILD stellt die Hetzer an den Pranger“ ist zulässig – Der BILD-Pranger verletzt keine Rechte der Betroffenen

Die BILD darf Profilfotos und Facebook-Beiträge von so genannten „Hetzern“ mit Klarnamen online und auch in der Printausgabe der Zeitung veröffentlichen. Dies entschied das Landgericht München I im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Die Antragstellerin sei nach Auffassung des Gerichts nicht in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Auch läge kein Verstoß gegen das Urheberrecht vor. Dies wirft einige rechtliche Fragen auf, die es wert sind, sich näher damit zu beschäftigen.

Der Axel Springer Verlag hat in diesen Tagen gut lachen, gewann das Berliner Verlagshaus doch in den letzten Wochen gleich in mehreren medienwirksamen Rechtstreitigkeiten für das Zugpferd „BILD“ vor Gericht. So entschied jüngst das LG Hamburg in dem Rechtstreit der „BILD“ gegen den Werbeblocker adblock Plus, dass dem Anbieter aus dem Hause der Eyeo GmbH untersagt werde, die Sperre unter www.bild.de durch technische Programme zu umgehen. Die einstweilige Verfügung sieht vor, dass dem Anbieter die Verbreitung der Anleitung zur Umgehung der Adblocker-Sperre der Internetseite der BILD sowie auch die Verbreitung von Filterlisten untersagt werde. Diese einstweilige Verfügung wurde nun bestätigt.

Und vor wenigen Tagen erreichten die Anwälte der BILD-Zeitung – jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – einen weiteren vorläufigen Sieg vor Gericht. Denn das LG München I entschied (LG München I, Urt. v. 10.12.2015, Az. 7 O 20028/15), dass die BILD mit der Kampagne „Bild stellt die Hetzer an den Pranger“ auf ihrem Online-Angebot unter www.bild.de sowie in der Printausgabe nicht gegen das geltende Recht verstoße. Die Antragstellerin sei demnach nicht in Ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt und ebenso sei keine Urheberrechtsverletzung begangen worden, soweit das Gericht dies im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes überhaupt zu prüfen vermochte.

Landgericht München I
Das Landgericht München I entschied

Die Antragstellerin war – wie 39 andere Personen auch – mit ihrem Foto und auf Facebook veröffentlichten Kommentar (Beitrag) in der BILD sowie auch online unter www.bild.de abgebildet worden im Rahmen der genannten BILD-Kampagne, nachdem sie sich vorher öffentlich in der hitzigen Diskussion um Flüchtlinge in Deutschland beteiligt hatte. Dabei sind „grenzüberschreitende Ausdrücke“ der jungen Frau gefallen, wie wir tagtäglich in den sozialen Netzen beobachten und lesen können. Solche fremdenfeindlichen Äußerungen im Internet und insbesondere die Hetze gegen Flüchtlinge nahm die BILD sodann vor wenigen Wochen zum Anlass, einige krasse Aussagen aufzugreifen und 40 Personen beispielshaft „an den Pranger“ zu stellen.

Diese Form der Berichterstattung der BILD wirft viele juristische Fragen aus dem Medienrecht auf, welche den Fall so interessant erscheinen lassen. Es ist durchaus vorstellbar, dass ein etwaiges Hauptsacheverfahren tiefergehende Überlegungen zutage bringen würde (wird), und die möglicherweise zu einem anderen Urteil führen werden.

Einige Rechtsfragen seien an dieser Stelle einmal aufgeführt und kurz angerissen. Das Gericht hat nicht all nachstehende Rechtsfragen zu klären, beschränkt es sich mehr oder weniger im Verfahren vor dem ordentlichen Gericht auf die zivilrechtlichen Aspekte.

Verstößt die Verbreitung des Fotos der Abgebildeten gegen das Recht am eigenen Bild nach §§ 22, 23 KUG? und somit gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht?

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) umfasst in seiner Ausprägung auch grundsätzlich das Recht am eigenen Bild, das seinen Schutz in §§ 22, 23 KUG wiederfindet.

Nach diesen Vorschriften ist es unzulässig, Bildnisse zu verbreiten oder öffentlich zur Schau zu stellen, sofern es an der Einwilligung des Abgebildeten oder einer Ausnahme nach § 23 I KUG fehlt. Denn eine Einwilligung des Betroffenen bedarf es dann nicht, wenn es sich beispielsweise um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt oder die abgebildeten Personen nur ein Beiwerk neben einer Landschaft oder Öffentlichkeit bei einer Versammlung darstellen.

Ob die betroffene Facebook-Nutzerin nun hier eine (absolute oder relative) Person der Zeitgeschichte ist, mag sicherlich diskutabel sein. Vermutlich ist diese junge Frau erst durch diese Aktion zu einer relativen Person der Zeitgeschichte geworden, wenn „halb“ Deutschland ihr Foto in der BILD sieht und ihre Aussage diskutiert. Aber einerseits ist diese Rechtsfigur der „relativen Person der Zeitgeschichte“ wohl in den Hintergrund getreten (Vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.02.2008, Az. 1 BvR 1602/07, Anders aber: BGH, Urt. v. 08.04.2014, Az. VI ZR 197/13 – Mieterfest) und zum anderen war sie es wohl nicht, bevor und während die Redaktion der BILD den Screenshot erstellte und später publizierte. Derweil sich nach Vorgabe des EGMR diese Ausnahmevorschrift nur auf „public figure“ als Personen der Öffentlichkeit beschränkt wie z.B. Politiker oder hochrangige Amtsträger (Vgl. EGMR, Urt. v. 07.02.2012, Az. 40660/08; 60641/08). Promis und selbst Politiker in klar erkennbaren privaten Situationen wie z.B. am Strand beim Spielen mit den Kindern oder beim Dinner im gedimmten Raum eines romantischen Restaurants unterfallen danach wohl zumeist dem Schutzbereich der Privatsphäre (Vgl. EGMR, Urt. v. 24.06.2004, Az. 59320/00; BGH, 06.03.2007, Az. VI ZR 52/06).

Doch selbst wenn diese o.a. Bedingungen erfüllt sind, so darf durch die Verbreitung oder zur Schaustellung nicht das berechtigte Interesse der Abgebildeten verletzt sein (§ 23 Abs. 2 KUG).

Allgemein: Die Interessenabwägung (Presserecht vs. Rechte des Betroffenen)

Hieran knüpft nun oftmals die im Presserecht bzw. Medienrecht schwerwiegende Abwägung zwischen den Rechten der Betroffenen (z.B. Art. 2 Abs. 1, 1. Abs. 1 GG i.V.m. §§ 22, 23 KUG) und den Rechten der Presse (aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG), in die zahlreiche Umstände einfließen können, die sich aus der Person als solche und dessen Bekanntheit, der Art der Berichterstattung sowie dem öffentlichen Interesse an dieser Berichterstattung ergeben wie z.B.:

  • Entstammt das Bild bzw. die Information aus dem Bereich der Intimsphäre, Privatsphäre oder Sozialsphäre? Was öffentlich auf twitter oder Facebook eingestellt oder geschrieben wird, entstammt in der Regel der weniger schützenwürdigen Sozialsphäre – gilt als virtuelle Öffentlichkeit.
  • Was sind Rolle und Verhalten des Betroffenen? Geht er aktiv in die Medien, stellt er sich selbst zur Diskussion oder hat er sich immer zurückhaltend verhalten?
  • Steht der Betroffene ohnehin wegen seiner Funktion im Fokus der Medien oder ist er ein unscheinbarer Privatbürger?
  • Besteht ein öffentliches Interesse an diesem Bild bzw. Informationen der Person? Vorliegend nahm das Gericht angesichts der derzeitigen Diskussion um die Flüchtlingskrise und den Fremdenhass ein solches öffentliches Interesse an.
  • Ist die Berichterstattung sachlich oder hetzerisch mit Prangerwirkung? Wie sind Art und Ausmaß der Berichterstattung? Zeigt der Bericht Pro/contra auf oder ist er durchweg einseitig zu Ungunsten der Person verfasst?
  • Findet z.B. eine Vorverurteilung statt?
  • Sind die Fotos z.B. heimlich durch Weitwinkel-Kameras oder Drohnen aufgenommen wurden oder war der Fotograf in dieser Funktion erkennbar? Musste der Betroffene damit rechnen oder war es nicht wahrnehmbar?
  • Welcher zeitlicher Abstand besteht zwischen dem Ereignis und dem Bericht bzw. den Fotos?

Je nach Erkenntnis schlägt das Pendel im konkreten Einzelfall in die eine oder andere Richtung aus. Hier wäre es auch gut vertretbar gewesen, das persönliche Interesse der betroffenen „Opfer“ der Kampagne überwiegen zu lassen, da sie sich trotz ihrer Aussage im Internet (vielleicht gar) nicht bewusst an die gesamte Öffentlichkeit, respektive der Leserschaft der größten Zeitung des Landes wenden wollten und auch in ihrem schutzwürdigen Interesse daher verletzt sind. Es mag wohl das Interesse eines jeden Einzelnen sein, nicht als „Hetzer“ in den Medien vorgeführt zu werden.

Und was ist mit der Unschuldsvermutung?

Zwar kann die BILD als Presse unter anderem auf die Grundsätze der so genannten Verdachtsberichterstattung zurückgreifen, muss sich gleichwohl diesbezüglich aber an strenge Vorgaben halten. So darf die Unschuldsvermutung nicht unterlaufen werden, sondern gilt ein Tatverdächtiger bis zum Urteilsspruch (genauer: Bis zur Feststellung seiner Schuld durch das Urteil) als unschuldig. Selbst wenn die von der BILD an den „Pranger“ gestellten Personen durch ihre Aussagen auf Facebook oder in anderen sozialen Netzwerken möglicherweise eine strafbare Handlung begangen haben könnten, denn als solche steht die strafbare Beleidigung nach § 185 StGB oder die Volksverhetzung nach § 130 StGB freilich im Raume, darf keine Vorverurteilung oder einseitige Berichterstattung erfolgen. Erst Recht darf nicht der Eindruck erweckt werden, die Strafbarkeit stünde eindeutig fest. Mithin darf weder Selbstjustiz noch eine Hetze gegen die Tatverdächtigen betrieben werden, was bei einem großflächigen Bericht in der Zeitung mit der größten Auflage in Deutschland und der Stigmatisierung der Personen („Bild stellt die Hetzer an den Pranger“) naheliegend möglich erscheint. Die Presse ist kein Organ der Rechtspflege und Niemand darf im Vorfelde (etwaiger) strafrechtlicher Ermittlungen als Täter aufgeführt werden.

Mithin wird man jedoch hier zu berücksichtigen haben, dass die BILD die Äußerungen der 40 Personen klar erkennbar als Zitat (Screenshot) unverfälscht wiedergibt und sich hiermit inhaltlich und nicht einseitig auseinandersetzt, jedenfalls nicht die Betroffenen als Straftäter bezeichnet. Es wird sachlich abgebildet, was die Personen auf Facebook öffentlich geschrieben haben. Somit dürfte sich diese Aktion im Rahmen der zulässigen Meinungsäußerung bzw. Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) bewegen.

Liegt ein Verstoß gegen das Urheberrecht vor?

Und was ist mit dem Urheberrecht? Schließlich druckt die BILD mehrere Screenshots vom Profilfoto und der Person ab. Ein Urheberrechtsverstoß kommt z.B. in Betracht, wenn ein nach § 2 UrhG geschütztes Werk ohne Einwilligung des Urhebers vervielfältigt oder verbreitet wird (§§ 15, 31 UrhG). Unterstellt sei an dieser Stelle einmal, dass die Facebook-Profilfotos den Nutzer abbilden und somit als Lichtbildwerk (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG) oder jedenfalls als Lichtbild nach § 72 Abs. 1 UrhG anzuerkennen sind. Der Urheber hat (wohl) der BILD nicht das Recht zur Verbreitung (§17 UrhG) bzw. Vervielfältigung (§ 16 UrhG) des Werks eingeräumt, so dass vorläufig von einem Verstoß gegen das Urheberrechtrecht auszugehen ist, falls keine Schranke des Urheberrechts greift.

Ob dies der Fall ist, wird von vielen Medienrechtlern diskutiert (z.B. kritisch von RA Lampmann, RA Härting).

Schnell kann man an folgende Paragraphen aus dem UrhG denken:

Ist die Abbildung von Bild und Text vom Zitatrecht nach § 51 UrhG umfasst?

Gleichwohl darf ein öffentliches Werk auch ohne Einwilligung des Urhebers zum Zwecke des Zitats vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergegeben werden (§ 51 UrhG). Dies setzt zunächst einmal das Werk als solches voraus und ebenso die Wiedergabe zum Zwecke des Zitats. Ein einfacherer Abdruck eines Bildes oder eines Textausschnitts reicht dafür allerdings nicht aus. Vielmehr muss sich der Autor mit dem Zitat auseinandersetzen, „so dass der Zitierende eine innere Verbindung zwischen dem fremden Werk und den eigenen Gedanken herstellt und das Zitat als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbständige Ausführungen des Zitierenden erscheint“ (BGH, Urt. v. 30.11.2011, Az. I ZR 212/10). Das Zitat muss als solches dargestellt werden, idealerweise den Urheber benennen und das Ganze in einen redaktionellen Rahmen eingebunden werden.

Neben dem Zitatrecht lassen sich noch weitere Schranken des Urheberrechts heranziehen. So ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig, wenn sie der Berichterstattung über Tagesereignisse (§ 50 UrhG) dient. Ebenso dürfen nach § 48 UrhG Reden vervielfältigt und verbreitet werden, die bei „bei öffentlichen Versammlungen gehalten oder durch öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 19a oder § 20 veröffentlicht worden sind“.

Wie den Medienberichten zu entnehmen ist, nahm das Gericht gleich mehrere dieser Schranken an: Demnach sei die Veröffentlichung der Screenshots aus Facebook vom Zitatrecht (§ 51 UrhG) und als Tagesereignis von § 50 UrhG wie auch als analoge Anwendung des § 48 UrhG für die Wiedergabe öffentlicher Reden durch die Medien umfasst und somit keine Urheberrechtsverletzung begründet (Urt. v. 10.12.2015, Az. 7 O 20028/15).

Des Weitern bezogen sich die Richter auch noch auf eine Entscheidung des EuGH zu den „embedded“-Youtube-Videos (EuGH, Beschluss v. 21.10.2014, Az. C-348/13), die sogar die Verlinkung auf Inhalte anderer Seiten erlaubt, wenn sie auf der eigenen Webseite eingebunden ist und als Inline-Link erscheint. Wer also auf der eigenen Webseite z.B. Youtube-Videos erkennbar durch Inline-Links „einbettet“ in Form von spezielle Skripten / Programmierungszeilen, begeht danach keine Urheberrechtsverletzung. Dies auf Screenshots und Grafiken ohne Links und eingebettete Ausschnitte anzuwenden, erscheint äußerst fragwürdig.

Ein Schwenk zum öffentlichen Recht: Könnte ein Verstoß gegen das Datenschutzrecht vorliegen?

Was die Richter nicht prüfen, aber rechtlich diskutiert werden mag: Hat die BILD möglicherweise gegen Vorschriften aus dem Datenschutz verstoßen, indem sie personenbezogene Daten der Betroffenen ohne dessen Einwilligung oder sonstiger Rechtfertigung erhoben, gespeichert und verbreitet hat? Denn Klarnamen sowie das Foto des Betroffenen, sofern er erkennbar ist, stellen personenbezogene Daten im Sinne von § 3 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) dar, weil sie „Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener)“ sind. Eine Einwilligung des Betroffenen gemäß § 4a BDSG fehlt hier. Inwieweit das Medienprivileg nach § 41 BDSG greift und die sich BILD als Presse nur eingeschränkt an die Bestimmungen des BDSG zu halten hat, müsste diskutiert werden. Derartige Privilegierungen der Presse sind aber wohl vertretbar, insbesondere wenn die personenbezogenen Daten im Kontext der Pressearbeit stehen.
Selbstverständlich wäre ein etwaiger datenschutzrechtlicher Verstoß erst einmal durch den Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zu beanstanden aufgrund des Hauptsitzes des Axel Springer Verlags in Berlin und nicht Gegenstand dieses Verfahrens vor dem Zivilgericht. Interessant wäre dennoch zu sehen, was sich aus einer solchen Eingabe des betroffenen Petenten ergibt.

Welche Folgen könnte diese Entscheidung haben?

Man wird wohl mit einem kritischen Auge auf diesen „Freispruch“ der BILD schauen müssen, die sich mit ihrem reißerischen Stil dieses Mal als eine Art Sprachrohr der Gesellschaft sieht und gewollt Fotos bzw. Meinungen von Dritten ohne dessen Einwilligung verbreitet. Jetzt kam ihr zu Gute, dass diese Daten auf Grundlage einer öffentlichen Berichterstattung über eines der meistdiskutierten Themen der letzten Monate (Stichwort: Flüchtlingskrise) verbreitet wurden und diese Kampagne „gegen Ausländer-Hetze“ von vielen gefeiert werden dürfte. So hat sich beispielsweise eine Task Force vom Bundesjustizminister Heiko Maas zu Bekämpfung von fremdenfeindlicher Hetze in den sozialen Netzwerken gegründet, der sich auch Facebook angeschlossen hat. In einem anderen Kontext der Berichterstattung über persönliche Informationen von Nutzern sieht die Sache aber wieder ganz anders aus. Denn nicht jeder Beitrag ist Teil der gesellschaftlichen Diskussion, auch wenn manche das gerne so hätten.

Was auf Facebook steht ...
Was erst einmal auf Facebook steht …

Ebenso darf bezweifelt werden, ob die „Freundesliste“ oder „Öffentlichkeit“ bei Facebook, woran auch eine ungenügende Privatsphären-Einstellung des sozialen Netzwerks einen Teil dazu beiträgt, gleichzusetzen ist mit der allgemeinen Öffentlichkeit, aus welcher sich Presse und Unternehmen bedienen können. Was im Internet über die Suchmaschinen zu finden ist, gilt gemeinhin als öffentlich (allgemeinzugängliche Quelle). Gleiches mag für denjenigen gelten, der über Twitter seine paar Zeichen über das Internet verschickt. Wer allerdings unter individueller Privatsphären-Einstellung auf Facebook nur für seine 200 Freunde eine Statusmeldung von sich gibt, muss nicht automatisch damit rechnen dürfen, dies dadurch der gesamten deutschen Öffentlichkeit auf dem silbernen Tablett zu präsentieren und übermorgen in Presse oder Rundfunk mit Klarnamen und Foto aufzutauchen. Selbst in den Zeiten der gewohnten Selbstdarstellung im Internet sollte zwischen ausgewählter und allgemeiner Öffentlichkeit unterschieden werden.

Was wir daraus in jedem Fall lernen sollten: Alles was im Internet, insbesondere auch bei Facebook oder Twitter veröffentlicht wird, kann der Allgemeinheit frei zugänglich sein und jedem auch schaden. Es sind schon viele Fälle bekannt, in denen eine „unglückliche“ Formulierung oder Information auf Facebook zur Kündigung im Job führte.

Erst Recht gilt dies bei krassen Aussagen unter dem eigenen Klarnamen mit eigenen Profilfoto und sonstigen persönlichen Informationen. Diese Problematik sollte sich jeder vor Veröffentlichung der Infos vor Auge halten. Leichter gesagt, denn in der Hitze der Diskussion, sind vermutlich jedem von uns hier und da einmal „unbedachte Wörter“ herausgerutscht. Als Rat kann ich nur geben: Kühlen Kopf bewahren und zweimal überlegen, bevor man auf „senden“ drückt. Denn jede Ursache hat auch ihre Wirkung, und die kann nicht nur die Umgebung (Freundeskreis), sondern eben auch die BILD Zeitung erreichen.

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Task Force zur Bekämpfung von Hassbotschaften und Hetze im Internet stellt erste Maßnahmen vor

Der Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) stellte gestern ein Ergebnispapier der so genannten Task Force „Umgang mit rechtswidrigen Hassbotschaften im Internet zur Bekämpfung von fremdenfeindlicher Hetze in den sozialen Netzwerken vor. Die sich der Task Force angeschlossenen Unternehmen wie Facebook, Youtube und twitter und die prominenten Organisationen werden zukünftig stärker zusammenarbeiten und zahlreiche Maßnahmen treffen. So sollen gemeldete Beiträge schneller kontrolliert und gegebenenfalls innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden.

 

Die im September dieses Jahres gegründete Arbeitsgruppe von Bundesjustizminister Heiko Maas verfolgt das Ziel, Hetze und Hass gegen Ausländer im Internet, insbesondere in den sozialen Netzwerken wie Facebook oder auf Youtube und twitter stärker strafrechtlich zu verfolgen und tatsächlich einzudämmen. Trotz medienwirksamer Ermittlungsverfahren und strafrechtlicher Verurteilungen in jüngster Zeit nahmen Beleidigungen und Fremdenhass auf Facebook und twitter spätestens mit der Flüchtlingskrise im deutschsprachigen Web rasant zu. Die teils überforderten Ermittlungsbehörden und Betreiber der Internet-Portale stehen folgerichtig seit Wochen unter starkem Beschuss der Politik. Und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) traf sich persönlich mit Facebook-Kopf Mark Zuckerberg am Rande einer UN-Versammlung in New York wegen dieser Problematik.

Nun konnte Heiko Maas das langersehnte Ergebnis der Gespräche und Planungen seiner Task Force der Öffentlichkeit präsentieren. So sieht das Konzept vor, dass sich die der Arbeitsgruppe angeschlossenen Internet-Anbieter Facebook, YouTube und twitter zukünftig noch stärker um die Löschung von Fremdenhass auf ihren Internet-Angeboten bemühen und gemeinsam mit weiteren Verbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen näher zusammenzuarbeiten wollen, um ein Zeichen für Weltoffenheit und Toleranz zu setzen. Unter ihnen befinden sich zahlreiche bekannte Verbände / Organisationen wie die „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter“ (FSM), jugendschutz.net, klicksafe und eco – der Verband der Internetwirtschaft e.V. Einige dieser Organisationen bemühen sich seit Jahren – mehr oder weniger erfolgreich – im Jugendschutz hierzulande um die so genannte „freiwillige Selbstkontrolle“ bzw. Selbstregulierung durch die Anbieter.

Nun also gibt es erstmals „auf Papier gedruckte“ Lösungsansätze. Obgleich die Nutzungsbedingungen der drei Unternehmen aus den USA die Löschung von strafbaren Beleidigungen und Fremdenhass in Kommentaren und Beiträgen ohnehin schon seit geraumer Zeit vorsehen, soll sich zukünftig die Bearbeitung von gemeldeten Beiträgen näher an dem deutschen Strafrecht, genauer an dem Straftatbestand der Volksverhetzung nach § 130 StGB orientieren. Hierfür sollen weitere Mitarbeiter in den Unternehmen eingestellt bzw. mit der Prüfung von Hassbotschaften beauftragt werden, um zügiger auf die Beschwerden zu reagieren.

Konkret lauten die neuen Vorgaben:

„Rechtswidrige Inhalte werden unverzüglich nach Inkenntnissetzung entfernt; die Mehrzahl der gemeldeten Inhalte werden in weniger als 24 Stunden geprüft und, falls erforderlich, entfernt.“

Dies war in jüngster Zeit häufig an Facebook kritisiert worden, denn teilweise wurden gemeldete Beiträge nicht oder nur mit zeitlichem Abstand entfernt. Facebook selber begründete diese Ungenauigkeit (unter vorgehaltener Hand) mit den sprachlichen Schwierigkeiten der zuständigen Mitarbeiter, die zumeist aus Dublin agieren, und zusätzlich mit der Fülle an täglichen Meldungen und Support-Anfragen.

Möglicherweise hatte die Staatsanwaltschaft Hamburg aus diesem Grund auch strafrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts der Anstiftung zur Volksverhetzung gegen mehrere Manager von Facebook eingeleitet und so die Verantwortlichen unter Zugzwang gesetzt.

Die richtigen Schritte

Das knapp 5-seitige Ergebnispapier beinhaltet unter anderem folgende Lösungsansätze:

  • Die der Task Force angeschlossenen Unternehmen werden zukünftig technische und organisatorische Maßnahmen ergreifen, um noch besser auf Beschwerden und Beanstandungen von fremdenfeindlichen (rechtswidrigen) Inhalten zu reagieren und diese zügig – in der Regel – innerhalb von 24 Stunden zu löschen.
  • Die Richtlinien der Unternehmen sollen noch transparenter werden und deutlich darauf hinweisen, dass rechtswidrige Inhalte mit Fremdenhass und Hetze überprüft und geeignete Maßnahmen hiergegen ergriffen werden wie z.B. das Löschen dieser Inhalte oder die Sperrung von Nutzerkonten.
  • Auch wollen die Unternehmen und Organisationen zukünftig die Zivilcourage der Mitglieder unterstützen und sich gegen Fremdenhass und Diskriminierung von Minderheiten einsetzen. Sie werden daher die Gegenrede („Counter Speech“) als offene und respektvolle Kommunikationskultur auf Grundlage einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe aktiv aufgreifen und stärken.
  • Die sich der Task Force unterworfenen Unternehmen und Organisationen versprechen nicht nur einen stärkeren Informationsaustausch untereinander, sondern werden darüber hinaus gemeinsam Informationen und insbesondere einen Leitfaden zum Thema „Hate Speech“ in den sozialen Netzwerken erarbeiten.

Die Meinungsfreiheit als wesentliche Grundlage der Gesellschaft

Gleichwohl betonten alle Mitwirkenden die elementare Bedeutung der Meinungsfreiheit und freien Meinungsäußerung für die vollständige Entwicklung der Persönlichkeit eines jeden Einzelnen als wesentliche Grundlage der freien und demokratischen Gesellschaft. Hierzu gehören natürlich auch verschiedene politische Ansichten. Um nicht der Gefahr zu laufen, sich eine Art der Internet-„Zensur“ vorwerfen zu lassen, sollten Facebook, Youtube und twitter gut daran tun, nicht jedes beanstandete Wort zu löschen, sondern weiterhin unter Achtung der geltenden Gesetzeslage auch ungeliebte Meinungen und krasse Aussagen zuzulassen. Auch die Internet-Demokratie muss dies aushalten können. Hingegen würde eine Überregulierung oder auch Klarnamenpflicht im Internet über das Ziel hinausschießen.

Nichtsdestotrotz ist damit zu rechnen, dass die geplanten Änderungen der Task Force sehr bald erste wahrnehmbare Ergebnisse bringen. Schließlich haben alle Akteure ein großes Interesse daran, Hassbotschaften und Diskriminierung zu bekämpfen und einen toleranten, fairen Umgang miteinander zu fördern. Dies spielt gewiss auch Facebook und Co. in die Karten, die als Anbieter unter negativer Publicity als Plattform für „Hassbotschaften“ und „Hetze im Internet“ in der Vergangenheit herhalten mussten.

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