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Kinderfotos auf Facebook – Was für rechtliche Ansprüche haben eigentlich die Kinder?

Vor wenigen Tagen sorgte ein etwaiger Rechtstreit aus dem Medienrecht für Aufsehen: So möchte angeblich eine nunmehr 18-Jährige Wienerin ihre Eltern wegen der Veröffentlichung ihrer Kinderfotos auf Facebook verklagen. So soll der Vater zahlreiche Fotos des Kindes, die teilweise in etwas „unglücklichen Momenten“ wie beim Sitzen auf der Toilette oder nackt im Kinderbett geschossen worden sind, auf Facebook veröffentlicht und seinen über 700 Facebook-Freunden präsentiert haben. Doch so stolz er auch die Kinderfotos seinen Freunden und Bekannten präsentierte, das Kind störte diese tiefen Einblicke in ihr Privatleben und erbat mehrfach eindringlich die Löschung der Bilder.

Angesichts der wachsenden und ebenso älter werdenden Facebook-Community dürfte diese (wahrscheinlich erdachte?) Geschichte längst kein Einzelfall mehr sein und die Gerichte in einigen Jahren damit beschäftigt werden. Wie ist eigentlich die deutsche Rechtslage diesbezüglich und was für eine Klage käme in Betracht?

Das Recht am eigenen Bild

Grundsätzlich richten sich die rechtlichen Ansprüche der von Fotos oder in Videos abgelichteten Personen nach dem Recht am eigenen Bild (§§ 22, 23 KUG), das als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) anerkannt ist. So ist die Herstellung von Fotos anderer Personen nur mit Einwilligung des Abgebildeten möglich, die ausdrücklich oder unter ganz bestimmten Voraussetzungen in Ausnahmefällen auch konkludent erteilt werden kann (Vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 28.06.2011, Az.: 7 U 39/11). Das Gesetz sieht des Weiteren in § 23 Abs. 1 KUG einige Ausnahmen von diesem Erfordernis vor, wenn der Betroffene beispielsweise während einer öffentlichen Veranstaltung fotografiert wurde oder er nur ein bloßes Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit darstellt. Bei Promis oder bekannten Politikern kann ebenso ein öffentliches Berichterstattungsinteresse als Bildnis „aus dem Bereich der Zeitgeschichte“ angenommen und die Herstellung und Verbreitung des Fotos durch die Presse danach rechtlich zulässig sein, wobei diesbezüglich zahlreiche Indizien und Einzelheiten entwickelt wurden, die für oder gegen diese Begünstigung sprechen.

Bei besonders schwerwiegenden Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, insbesondere wenn dadurch ein erheblicher Schaden beim Betroffenen entstanden ist, sind neben dem Anspruch auf Unterlassung der Herstellung bzw. Verbreitung dieses Bildnisses noch der Anspruch auf Schadensersatz denkbar (§ 823 Abs. 1 bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG). Dem Opfer kann der materielle und oder immaterieller Schadensersatz zugesprochen werden, wobei letzteres auch der Genugtuung bzw. Wiedergutmachung oder als Abschreckungswirkung gelten kann.

All dieses müsste bei den ordentlichen Gerichten nach dem Zivilrecht verhandelt werden, z.B. beim Amtsgericht oder Landgericht.

Kann das Kind die Eltern verklagen?

Aber was ist, wenn der Betroffene noch Minderjährig ist oder aber erst viele Jahre später nach der Veröffentlichung der Bilder klagen möchte? Derartige Umstände machen den Rechtstreit damit interessanter, ohne dabei nur die Bandbreite der Zivilprozessordnung zu durchleuchten. Minderjährige können nicht selber als Kläger auftreten, sondern müssen sich durch ihre Eltern (Erziehungsberechtigte) vor Gericht vertreten lassen (Vgl. §§ 51, 52 ZPO, § 1629 BGB). Ab dem 18. Lebensjahr können sie dann in der Regel selber klagen und dem Prozess alleine beiwohnen. Denkbar ist sogar, dass die Eltern auf beiden Seiten sitzen oder aber ein (Rechts-)Pfleger.

Die 18-Jährige Wienerin soll seit kurzem volljährig sein und wählte nun den Gang zum Gericht, da die Eltern scheinbar uneinsichtig sind/waren und auch auf ihre Bitten nicht eingehen. Maßgeblich ist für die Bestimmung des Zeitpunkts der regelmäßigen Verjährung (nach 3 Jahren) die Kenntnis vom schädigenden Ereignis bzw. des Schadeneintritts (§§ 194, 195 BGB).

In Frankreich existiert seit kurzem eine spezielle Rechtsnorm, wonach die Kinder ab dem 14. Lebensjahr ihre Eltern auf Schadensersatz von bis zu 45.000 Euro (oder ein Jahr Haft) wegen der Veröffentlichung persönlichkeitsverletzender Fotos verklagen können.

So weit geht die deutsche Rechtslage nicht.

Kinderfotos auf Facebook

Woran nur die Wenigsten denken, sind zahlreiche weitere tatsächliche Umstände bei der Veröffentlichung von Fotos auf Facebook. Zum einen wird dem Betreiber des größten Sozialen Netzwerks der Welt das Nutzungsrecht an jedem hochgeladenen Foto eingeräumt – Das US-Amerikanische Unternehmen erhält somit vom Nutzer eine Lizenz, das Foto beispielsweise für eigene Werbung (oder auch den Verkauf an Dritte?) nutzen zu können. Das mag zwar viele Mitglieder auf dem ersten Blick nicht sonderlich stören, kann doch quasi jedes im Internet veröffentlichtes Foto „geklaut“ oder von Fremden für alle denkbaren Zwecke (illegaler weise) genutzt werden. Doch im heutigen Wirtschaftszeitalter sind persönliche Daten wie auch Personenfotos oder E-Mail-Adressen von existierenden Menschen ein hohes Gut, das zunehmend von Unternehmen wirtschaftlich vorteilhaft umgesetzt werden kann. Deshalb wird auch das Datenschutzrecht berührt, wenn personenbezogene Daten an Unternehmen übermittelt werden.

Nicht zuletzt heißt es: Das Internet vergisst nie! Dank uferloser Speicherung und Filtermethoden, wie auch die steigende Verknüpfung von persönlichen Informationen (Profilbildung) kann ein einmal bei Facebook geteiltes Foto kaum wieder gelöscht werden und möglicherweise nach 20 Jahren immer noch einmal in der timeline oder an anderen Stellen im Web auftauchen. Und jeder wird sicherlich das eine oder andere Foto aus seiner Vergangenheit (oder seiner Kindheit) kennen, das ihn in unvorteilhaften Situationen zeigt und nicht unbedingt der ganzen Welt zugänglich gemacht werden soll. Bei Facebook wird es irgendwann wieder einmal in den Vordergrund gerückt werden.

Zum anderen kommen die Gefahren des Identitätsdiebstahls oder der Verwendung von Bildern für Fake-Profile oder stumpfsinnige Bloßstellungen hinzu. Bei Kinderfotos sollte ebenso daran gedacht werden, dass im Internet auch viele Personen unterwegs sind, die sich sexuell durch derartige Fotos erregen oder gar zu Straftaten verleiten lassen. Oder die Bilder für ihre heimliche Fotoserie auf dem Computer speichern.

Die Polizei wendet sich an Eltern

Die Polizei NRW Hagen warnte bereits vor rund einem Jahr mit einer medienwirksamen Kampagne vor der Veröffentlichung von Kinderfotos auf Facebook, die mittlerweile viele Millionen Menschen erreicht hat. Trotz dieser eindrucksvollen Botschaft und den einleuchtenden Argumenten halten sich viele Eltern nicht an diese Anregung, sondern laden fleißig – tagtäglich – neue Babyfotos oder Kinderbilder hoch, vielfach sogar mit einem ganz öffentlichen Profil und ohne angepasste Privatsphäre.

Folglich ist zu erwarten, dass dank Smartphones und immer neuen Apps und Communitys die Verbreitung von solchen sensiblen Bildern weiter zunehmen wird. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis die betroffenen Kinder erwachsen geworden sind und es zu Rechtstreitigkeiten sowie zu ersten Verurteilungen kommt. Bis jetzt sind lediglich die Fälle bekannt, in denen die Eltern untereinander prozessieren wegen der Veröffentlichung von Bildern des Kindes (Vgl. Amtsgericht Menden, Urteil vom 03.02.2010, Az.: 4 C 526/09) oder gegen die Presse.

Doch soweit dürfte es nicht kommen, würden die Interessen und Persönlichkeitsrechte der Kinder und Familienangehörigen besser geschützt werden. Dass das Thema juristisch schwer zu handhaben ist, liegt auch in der Minderjährigkeit der Betroffenen begründet. Gerade deshalb könnte der „französische“ Ansatz insofern richtungsweisend, als das zumindest eine teilweise Heraufstufung der Interessen der Kinder erfolgt. Denkbar wäre es in Deutschland diese juristische Selbstbestimmung an die Altersklassen aus dem Jugendschutz oder die Religionsmündigkeit, oder aber die gesetzlich nicht bestimmte Teilgeschäftsfähigkeit zu knüpfen, die schon bereits mit Vollendung des 14. Lebensjahr bestehen können.

Lesetipp: Das Fotorecht im Zeitalter von Facebook und Co.

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Selfies am Arbeitsplatz – erlaubt?

In den letzten Wochen sorgte die schwedische Co-Pilotin Maria Pettersson für Aufsehen in den sozialen Netzwerken (Siehe: Spiegel-Online Artikel vom 09.08.2016). Mit Fotos auf ihrem Instagram Account, insbesondere mit ansprechend inszenierten Selfies aus dem Cockpit, erreicht sie mittlerweile über 270.000 Fans – und schaffte es so nach rund 9 Monaten auch in die Medien. Einen Blog gibt es auch, der jedoch weniger Aktivitäten aufweist.

Dies wirft viele interessante medienrechtliche Fragestellungen auf. Sind Selfies am Arbeitspatz überhaupt erlaubt? Und was könnte der Arbeitgeber dagegen unternehmen? Ist alles nur Eigenwerbung oder möglicherweise vom Arbeitgeber sogar gewünscht?

Medienrecht: Das private Handy während der Arbeit

Zunächst gilt es das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG in Ausprägung durch das Recht am eigenen Bild nach § 22 KUG zu achten. Danach ist grundsätzlich die Verbreitung und öffentliche Zur-Schau-Stellung von Bildnissen nur mit Einwilligung des Abgebildeten zulässig. Ausnahmen hiervon greifen, wenn der Betroffene beispielsweise eine Person des öffentlichen Interesses ist, so z.B. bei Promis oder Amtsträgern oder er nur ein bloßes Beiwerk auf dem Foto darstellt. Bei einem Selfie stellt sich diese Diskussion natürlich nicht. Und die Freunde und Kollegen der Pilotin, die zumeist freundlich mit in die Kamera lächeln, erteilen in der Regel (konkludent) damit ihre Einwilligung. Im Arbeitsverhältnis wäre diese schriftlich dem Arbeitgeber gegenüber zu erteilen, wie es bei Mitarbeiterfotos auf der Webseite der Firma verlangt wird.

Anders verhält sich die Situation jedoch während der Arbeitszeit und insbesondere am Arbeitsplatz. Und das ist nun mal das Cockpit für die 32-jährige Co-Pilotin. Allgemein hat der Arbeitnehmer pflichtgemäß seines Arbeitsvertrages während der Arbeitszeit zu handeln und seine Aufmerksamkeit auf die Verrichtung seiner Tätigkeit zu lenken. Ein Zugführer oder Pilot hat während der Fahrt/des Fluges auf die Kontrolle über das Fortbewegungsmittel zu achten und dafür Sorge zu tragen, dass die Gäste und Kollegen unversehrt bzw. plangemäß am Ziel ankommen. Das Surfen am Handy oder Fotografieren lenkt hiervon grundsätzlich ab.

Arbeitsrechtlich kommt dem Arbeitgeber das Weisungs- sowie Direktionsrecht und im Firmengebäude bzw. bei der Anwesenheit des Angestellten am Arbeitsort das Hausrecht zu. Kleiderordnung, Sicherheitskontrollen, Vorgaben hinsichtlich des Auftretens und allgemeine Weisungen zur ordentlichen Arbeit stützen sich hierauf. Maßgeblich ist die jeweilige Schutzwürdigkeit des Interesses des Arbeitnehmers. Die Fabrikation von spezieller Technologie oder das Arbeiten beim Militär ist nicht zu vergleichen mit dem „einfachen“ Bürojob oder einer Aushilfstätigkeit in der Gastronomie.

Der Arbeitnehmer kann darüber hinaus sogar durch Betriebsvereinbarungen (falls ein Betriebsrat existiert) oder Mitarbeiter-Richtlinien zusätzlich zum Arbeitsvertrag die Nutzung von privaten Mobiltelefonen durch seine Angestellten bei der Arbeit regeln. Hiermit könnte sogar die Nutzung des persönlichen Smartphones oder Facebook und Co. während der Arbeit untersagt werden.

In der Regel toleriert es der Arbeitgeber gleichwohl, wenn der Angestellte mal ab und zu auf sein privates Handy schaut oder private E-Mails abruft. Bei zu ausgiebiger Nutzung droht eine Abmahnung oder in besonderen Ausnahmen auch die fristlose Kündigung.
Mithin könnte man daran denken, dass vielleicht auf Grund von Sicherheits- und Geheimhaltungsvorschriften detailtreue Fotos aus dem Cockpit verboten sind, sofern sie die Sicherheit des Flugverkehrs oder dessen Ablauf am Boden gefährden. Das ist anzunehmen, wenn Passwörter oder technische Zugangskontrollsysteme gut erkennbar sind.

Im Übrigen häufen sich die Entscheidungen der Arbeitsgerichte zu (rechtswirksamen) Kündigungen wegen Fotos oder Äußerungen der Angestellten in den sozialen Netzwerken. Wird dem Arbeitgeber beispielsweise durch rechtsradikale Äußerungen des Mitarbeiters bei Facebook oder twitter geschadet, selbst wenn der Azubi oder Sozialarbeiter sich zu diesen Aussagen in der Freizeit hat hinreißen lassen, so spricht vieles für eine wirksame Kündigung (Vgl. Arbeitsgericht Mannheim, Urteil vom 19.02.2016). (Daher empfiehlt es sich den Mitarbeitern so genannte Social Media Guidelines vorzugeben).

Datenschutz im Arbeitsverhältnis

Und was ist mit dem Datenschutz? Nicht nur die auf Fotos klar erkennbaren Menschen zählen zu den personenbezogenen Daten im Sinne von § 3 Abs. 1 BDSG, sondern auch die Klarnamen oder aber weitere Orts- und Zeitangaben in Verbindung mit den Bildern können solche Informationen darstellen, die unter den Datenschutz fallen. Zum Teil können bereits die Flugdaten, Angaben zum Aufenthaltsort insgesamt personenbezogene Daten nach dem deutschen Datenschutzrecht enthalten.

Daran knüpft die allgegenwärtige Situation im internationalen Datenschutz an, die derzeit rund um das EU-US Privacy Shield diskutiert wird. So bestehen weiterhin Bedenken hinsichtlich einer tragfähigen Rechtsgrundlage für die Übermittlung von personenbezogenen Daten in die USA – Beispielsweise auf Server von Facebook, Instagram und weitere Social Media Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU. Unternehmen sollten hierauf achten – bei der privaten Nutzung von sozialen Netzwerken spielt diese Problematik für den Einzelnen eine eher untergewichtete Rolle.

Alles nur Werbung?

Die 32-jährige Schwedin ist seit 2 Jahren in der Crew und hat nie direkt ihren irischen Arbeitgeber erwähnt, gleichwohl sind hier und da auf den Fotos die Logos und Flugdaten der Airline zu erkennen. Eine offizielle Bestätigung dieser Aktivitäten seitens des Unternehmens gab es bislang nicht – wohlmöglich genießt man insgeheim dennoch diese Publicity. Im Wettbewerb der Fluggesellschaften und wegen des angekratzten Images manch einer „Billig-Airline“ sind positive Eindrücke gern gesehen. Und kostenlose Werbung sowieso.

Aber vielleicht steckt sogar eine Marketing-Strategie hinter den Social Media Aktivitäten der Pilotin, die Teil einer viralen Marketingkampagne ist?

Zu denken wäre in diesem Falle an Schleichwerbung und das Wettbewerbsrecht. Schließlich ist Werbung als solche klar kenntlich zu machen (Vgl. § 5a Abs. 6 UWG) und ohnehin weit gefasst, andernfalls liegt eine unlautere Handlung vor (Vgl. § 4 Nr. 3 UWG). Und wer sich nicht an die werberechtlichen Vorgaben hält, begeht unter Umständen einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht oder Telemediengesetz (Vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG). So drohen teure Abmahnungen durch Wettbewerber, die sich benachteiligt sehen. Dies setzt ein Wettbewerbsverhältnis voraus.

Die spaßvollen Fotos aus dem Cockpit oder von der Schwedin bei ihren Yoga-Übungen an den traumhaften Stränden dieser Erde sind wahrlich ein Hingucker und eigentlich fast schon zu professionell hergestellt, als dass sie eben mal so aus dem Handgelenk entstanden sein können. Deshalb sind diese Gedankenspiele gewiss nicht ganz fernliegend. Ein Nachweis wird indes wohl kaum zu erbringen sein.

Die Co-Pilotin selbst strebt keine neue Karriere als Model an, sondern ist mit ihrem Job sehr zufrieden, wie sie in den Medien verlautbaren lies. Und der Arbeitgeber scheinbar auch mit ihr, sonst hätte er im Rahmen der rechtlich zulässigen Maßnahmen diese Social Media Aktivitäten der jungen Schwedin längst unterbunden.

Fazit

Im bisherigen Ausmaße dürfte die irische Fluggesellschaft die Selfies am Arbeitsplatz (noch) tolerieren und möglicherweise auch als virale Image-Kampagne begrüßen. Im heutigen Social Media Zeitalter sind Promis mit Facebook und twitter Accounts, die den Fans und Followern häufig private Einblicke gewähren, längst nicht mehr fortzudenken. Spätestens wenn die Fotos und Beiträge zunehmen und sogar einen Werbecharakter enthalten, sollten sich die internen Juristen Gedanken machen. Ein Handy-Verbot während der Arbeitszeit und die Reglementierung der Nutzung von Smartphones am Arbeitsplatz ist rechtlich zulässig und in der Praxis keine Seltenheit.

Allerdings gilt es den Selfie-Ego-Wahn in den sozialen Netzwerken auch einmal kritisch zu beäugen – Die steigende Sensationslust mit immer spektakuläreren Bildern und Likes um jeden Preis treibt die Menschen zu bedrohlichen Manövern. Nimmt dies auch Einzug in das Berufsleben und werden Fotos an gefährlichen Arbeitsstätten auch noch in den Medien gefeiert, verschieben sich die Grenzen immer weiter. Wohin soll das noch führen?

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Das Fotorecht im Zeitalter von Facebook und Co.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main (Urt. v. 21.04.2016, Az.: 16 U 251/15) traf vor kurzem eine sehr interessante Entscheidung aus dem Medienrecht, die sich mit zahlreichen aktuellen Fragestellungen zum Recht am eigenen Bild im Zeitalter von Sozialen Netzwerken und Blogs befasst. So zeigten die Richter quasi lehrbuchartig auf, wie die rechtliche Differenzierung im Hinblick auf eine etwaige Einwilligung in die Nutzung eines fremden Fotos bei Facebook und Co. vorzunehmen ist. Und warum die Rechte des Abgebildeten gestärkt werden sollten?

Sachverhalt

Der Kläger nahm als Aktivist an der politischen Demonstration „Germany Stop Taji“ im Februar 2014 in Frankfurt teil, die sich gegen die Tötung von Delfinen in Japan richtete. Auf einem Facebook-Account veröffentlichte er sodann eine Gallery mit 74, teilweise selbst geschossenen Fotos von dieser Veranstaltung. Auf einen diese Bilder war auch der Kläger zu erkennen. Der Beklagte verwendete anschließend in einem Bericht über den Angeklagten den Bildausschnitt eines dieser Fotos, wogegen sich der Kläger wehrte und sogar in Gegenberichten (unter anderem auf twitter) auf den Artikel des Beklagten hinwies.

In vorliegender Entscheidung gab das Gericht dem Kläger (erneut) Recht und stellte fest: Der Kläger kann von dem Beklagten die Unterlassung der Verbreitung dieses Bildnisses verlangen, da er dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Denn allein der Umstand, dass der Kläger an der öffentlichen Demonstration teilnahm und hiervon erstellte Fotos auf einem Facebook-Profil veröffentlichte bzw. sogar später auf die Berichterstattung aktiv reagierte, begründet noch keine Einwilligung in die Nutzung des Fotos durch den Beklagten.

Medienrecht: Viele Details des Einzelfalls

Im Rahmen dieser lesenswerten Entscheidung wies das Gericht gleich auf mehrere Aspekte hin.

So wurde das Recht am eigenen Bild (§§ 22, 23 KUG) des Klägers durch die fremde Nutzung des ihm klar erkennbar zeigenden Bildausschnitts verletzt. In diesem konkreten Fall war die Verwendung des Bildes rechtwidrig. Und das trotz der Umstände, dass

  • a) der Kläger während der Aufnahme an einer öffentlichen Veranstaltung teilnahm,
  • b) das ursprüngliche Foto mehrere Personen auf der Demonstration zeigte und daher dem Grunde nach von den Ausnahmen der Panoramafreiheit (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG) und öffentlichen Versammlung (§ 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG) erfasst sein könnte,
  • c) er selbst Fotos (unter anderem das streitgegenständliche Foto!) auf einem Facebook-Profil veröffentlichte,
  • d) ferner er sogar selbst später dasselbe Bild auf anderen Seiten im Internet einstellte
  • e) und der Kläger wegen seiner gesellschaftlichen Aktivität von einer öffentlichen Bedeutung sein könnte.

Eine solch differenzierte Betrachtungsweise ist bemerkenswert, begründeten doch in der Vergangenheit einige dieser Argumente ganz gegenteilige Urteile zu Gunsten der Verbreitung bzw. Veröffentlichung von Informationen.

Facebook ist nicht zwingend die breite Öffentlichkeit

Vielleicht mag die Entscheidung einige überrascht haben. Immerhin vertraten die Richter damit die Ansicht: Wer eigenhändig Fotos oder Inhalte auf Facebook veröffentlicht, erteilt damit noch lange nicht die freie Nutzungserlaubnis für Jedermann. Denn solange diese Daten im soziale Netzwerk nur von angemeldeten Mitgliedern zu sehen sind, möglicherweise sogar nur von ausgewählten Freunden oder Bekannten, ist dies kein „wie ein Marktplatz öffentlicher Raum“.

Des Weiteren wurde die in der Rechtswissenschaft breitdiskutierte Interessenabwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten (nach Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG i.V.m. §§ 22, 23 KUG) und konträren Rechten des Gegenübers dargestellt – sei es die Pressefreiheit (Art. 5.  Abs. 1 S. 2 GG) oder sei es die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) eines Einzelnen. Hierzu führten die Richter aus, dass die Grundrechte einer Privatperson von weniger Gewicht seien wie die der Presse, wenn also beispielsweise die Veröffentlichung eines Bildes oder einer Information von einem öffentlichen Berichterstattungsinteresse der Allgemeinheit getragen ist. Wenn die Presse über aktuelle Themen aus der Politik oder Gesellschaft berichtet, genießt sie einen höheren Schutz als Beiträge von Privaten mit eher persönlichen Intentionen.

Des Weiteren spielten der Ausschnitt und eine etwaige begleitende Berichterstattung zu der Abbildung eine wesentliche Rolle:

„Bei dem herauskopiertes Einzelbild des Klägers handelt es sich um einen Ausschnitt, der aus dem Bildzusammenhang genommen worden ist. Es hat für sich gesehen als solches keinen Informationswert für die öffentliche Meinungsbildung, da es lediglich die Identifizierung des Klägers als Person ermöglicht. Über den Kontext der Demonstration, in dem das Bild aufgenommen wurde, wird gerade nicht berichtet.“

Das Gericht konstatierte damit auch, dass die Panoramafreiheit (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG) oder Ausnahme bei einem Bildnis der Versammlung (§ 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG) dann jedenfalls nicht mehr greifen, wenn mittels Bildausschnitt eine einzelne Person in den Vordergrund rückt.

Insgesamt stärkten die Richter damit die Rechtsposition des Abgebildeten, der trotz seiner Aktivitäten in der Öffentlichkeit und sogar die erneute Verwendung derselben Fotos nicht jedermann ein Nutzungsrecht einräumt. Dies steht zweifelsohne der Auffassung mancher entgegen: Wer etwas bei Facebook veröffentlicht, muss damit ohnehin rechnen, dass andere diese Daten später ohne oder gegen den Willen des Betroffenen verbreiten bzw. nutzen.

Und wie ist es im Datenschutzrecht?

Gleichwohl ließe sich die Entscheidung auch auf Ebene des Datenschutzrechts besprechen. Denn die erkennbare Abbildung einer Person unterliegt dem personenbezogenen Datum nach § 3 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Und für die Verwendung des Fotos durch den Beklagten bedürfe es grundsätzlich der schriftlichen Einwilligung des Abgebildeten nach §§4, 4a BDSG, sofern nicht eine andere Rechtsgrundlage greift. Hier käme möglicherweise das Medienprivileg (§ 41 BDSG) in Betracht, falls der Beklagte als „Presse“ einzustufen wäre. Oder aber § 28 BDSG, wenn der Beklagte den Bericht auf einem gewerblichen Portal zur Erfüllung eigener Geschäftszwecke veröffentlicht hätte.

Mithin bleibt es dann bei der diskussionswürdigen Koexistenz von den Vorschriften §§ 22, 23 KUG und den Regelungen nach dem BDSG.

Fazit

Der Entscheidung ist im vollen Umfang zuzustimmen, stärkt sie doch die Rechte des Einzelnen.

Der Ausgang des Prozesses wäre gewiss anders verlaufen, wenn das streitgegenständliche Foto durch die Presse im Rahmen einer sachlichen, allgemeinen Berichterstattung über dessen Person oder die Veranstaltung erfolgt wäre. Doch zeichneten die Richter alle einzelnen Einflüsse auf, die letztlich in eine Interessenabwägung Einschlag finden.

Vielleicht ist gerade in der heutigen Social Media Welt eine genauere Betrachtungsweise gefragt, wie die überzeugenden Argumente des Gerichts nahelegen. Trotz der vermeintlichen Kenntnis der Nutzungsbedingungen und Funktionsweise von Facebook, twitter und instagram möchte der Nutzer möglicherweise seine Inhalte nur einem Freundes- oder Bekanntenkreis vorstellen, aber nicht sein Leben lang befürchten müssen, dass Ausschnitte vom privaten Urlaubsfotos von Fremden aufgegriffen werden.

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Social Media Recht – Der richtige Umgang mit den sozialen Netzwerken wie Facebook, twitter und Snapchat

In nahezu allen größeren Live-Sendungen im deutschen Fernsehen wird auf die sozialen Netzwerke, insbesondere auf Facebook oder twitter verwiesen. Die Zuschauer sollen ihre Meinung abgeben und so mit der Moderation oder unter sich kommunizieren. Selbst über den Tatort soll „getwittert“ werden. Aber auch viele Prominente, gleich ob Profisportler oder Schauspieler, sind bereits seit längerem auf Facebook mit ihrer eigenen Seite vertreten. Einige beschränken sich dabei auf Beiträge zu ihren beruflichen Tätigkeiten, andere geben tiefe Einblicke in ihr Privatleben. Der deutsche Sportmoderator Frank „Buschi“ Buschmann ist sogar während der von ihm als Co-Moderator begleitenden Pro7 Sendung mit seinem Smartphone aktiv und gibt seinen Fans auf Facebook einen zusätzlichen Einblick aus der Reporterkabine.

Diese Nähe zu den Zuschauern und vermeintlichen „Fans“ auf Facebook, Snapchat oder twitter hat natürlich auch Schattenseiten, wie es beispielsweise die TV-Moderation und Journalistin Dunja Hayali fast tagtäglich erfahren muss. Die sich deutlich gegen Fremdenhass aussprechende junge Frau wird nicht nur wegen ihrer irakischen Herkunft, sondern auch für ihr Engagement für eine weltoffene Gesellschaft immer wieder Opfer von Beleidigungen und Hassbotschaften.

Doch nicht nur Personen, sondern auch Unternehmen werden schnell Opfer von Shitstorms, wenn z.B. irgendwo in einer Filiale ein Haar in der Suppe gefunden wird, das Funknetz wieder einmal down ist oder das erwartete Paket tagelang in einer Halle verweilt. Grund für die Unzufriedenheit kann natürlich ein schlechter Service sein oder die Nichteinhaltung von versprochener Leistung.
Die Social Media Aktivitäten können positive Publicity bringen, gehen jedoch auch mit rechtlichen Risiken und Gefahren einher. Daran anknüpfend stellen sich für Unternehmen sowie Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens etliche Fragen in der Praxis:

  • Sollte man überhaupt auf Facebook, twitter und Co. präsent und aktiv sein?
  • Sollten sich die Beiträge bzw. Inhalte auf berufliche Themen beschränken oder doch lieber der
  • Einblick in das Privatleben gewährt werden? Wo sind die Grenzen?
  • Wie ist es mit politischen Themen?
  • Wie geht man am besten um, wenn sich „Fans“ und User gegenseitig beleidigen oder ein Shitstorm droht?
  • Wie ist es mit persönlichen, strafbaren Beleidigungen? Sollte man eine Strafanzeige stellen?
  • Und wer haftet für „eigene oder fremde“ Beiträge?

Hierfür gibt es gewiss keine Musterlösung. Vieles muss der Betroffene oder das Unternehmen selber entscheiden und ausloten. Es hängt auch davon ab, wie viel Zeit und Kraft jeweils in die Social Media Aktivitäten gesteckt werden und welche Rolle diese Instrumente spielen sollen. Bleibt es bei der Selbstdarstellung oder Eigenwerbung oder soll ein Produktverkauf angekurbelt werden? Möchte man sogar vielleicht neue Jobs und Aufträge ergattern und daher den Medien „im Kopf“ bleiben?

Promis und Schauspieler in den sozialen Netzwerken

Viel so genannte Promis zeigen sich gern möglichst privat auf ihrem Facebook Profil und veröffentlichen Urlaubsbilder oder Fotos beim Feiern in der Mannschaftskabine, um eine Nähe zu den Fans vorzuspielen. Selbstverständlich sollte angesichts von Persönlichkeitsrechten und Privatsphäre irgendwo eine Grenze gezogen werden. Dies dient letztlich auch dem Schutz des Betroffenen. Die genaue Anschrift, Fotos aus dem Wohnzimmer oder von Kindern sollten grundsätzlich nicht im Internet veröffentlicht werden. Auch bei der persönlichen Meinung scheiden sich schnell die Geister. Wer sich immer mit einer deutlichen Meinung äußert, muss im Internet auch mit Gegenmeinungen oder gar Anfeindungen leben. Dies gilt umso mehr für politische Themen.

Trotz aller „journalistischer Objektivität“ äußert Frank Buschmann oftmals klar seine persönliche Meinung, wofür ihn viele schätzen – aber auch manchmal leichte Kritik aufkommt. So versucht auch er sich daraufhin noch einmal zu rechtfertigen:

Frank Buschmann auf Facebook (Screenshot: 11.05.2016)
Frank Buschmann auf Facebook (Screenshot: 11.05.2016)

Für die berühmten Persönlichkeiten wird es jedenfalls dann heikel, wenn sie sich abseits von ihrer Person oder Tätigkeit zu gesellschaftlichen oder politischen Themen äußern. Dann mag angesichts drohender, hitziger Debatten auf Facebook die Thematik aus dem Ruder laufen und in den Hintergrund treten.

Natürlich spielt diesbezüglich auch die Meinungsfreiheit im Internet eine große Rolle. Wo liegen die Grenzen der Meinungsfreiheit und wann drohen strafrechtliche Folgen? Damit mussten sich in den vergangenen Wochen und Monaten viele Gerichte hierzulande befassen. So kam es beispielsweise zu Verurteilungen wegen Volksverhetzung oder strafbaren Beleidigungen.

Unternehmen und Behörden

Für Unternehmen oder Behörden, die sich aktiv mit einem offiziellen Auftritt in den sozialen Medien der Allgemeinheit stellen, empfiehlt es sich so genannte Social Media Richtlinien bzw. Social Media Guidelines zu erstellen. Darin sollten Regelung für das Verhalten der Mitarbeiter und Angestellten enthalten sein, wie auch viele rechtliche Fragestellungen geklärt werden. Insgesamt wird so mehr Rechtssicherheit für das Unternehmen oder die Behörde erreicht.

Welche Fragen in ein Social Media Guide gehören und wie eine Musterformular aussehen kann, können unter „Social Media Richtlinien – Social Media Guidelines“ nachgelesen werden. Selbstverständlich obliegt dies immer der jeweiligen Philosophie und Ausrichtung des Unternehmens. Doch im Kern unterscheiden sich die grundlegenden Regelungen kaum.

Viele Unternehmen setzen bereits auf vergleichbare interne Regelungen, um für Klarheit zu sorgen. Letztlich sollte dies auch als eine gute Hilfestellung für die Mitarbeiter gesehen werden.

Und wie sieht es in der Praxis der Social Media Agenturen aus, die für Kunden oder im Rahmen von Projekten dann Unternehmen Strategien und Konzepte entwickeln oder sogar eigenhändig umsetzen?

[title size=“2″]Interview mit der Expertin Anja Reimers[/title]

Zu diesem Thema führte ich ein Interview mit Anja Reimers, Projekt Managerin Digital aus Hamburg (XING-Kontakt). Sie hat bereits für mehrere Unternehmen bzw. bei Agenturen aus Hamburg im Bereich „Social Media“ mitgewirkt und kennt die Schwierigkeiten im alltäglichen Umgang mit den sozialen Netzwerken, die individuelle Lösungen und Konzepte im digitalen Bereich erfordern.


Frage: Wie wichtig ist es heutzutage für ein modernes Unternehmen, auf den sozialen Kanälen wie Facebook oder Instagram präsent und aktiv zu sein?

Anja Reimers: Je nach Zielgruppe kann die Nutzung von sozialen Media essential sein. Ist die Anspruchsgruppe des Unternehmens über soziale Media erreichbar? Meistens schon. Dann ist es nur die Frage, auf welcher Plattform genau. Facebook, Twitter, Instagram, Snapchat oder vielleicht sogar Xing und LinkedIn. Es gibt viele Optionen, wo sich potentielle Kunden aufhalten können. Dies herauszufinden ist ein wichtiger Teil der Strategie, die definitiv jedes Unternehmen vorher festlegen muss.
Wenn das Unternehmen weiß, über welche Plattform sie ihre potentiellen Kunden erreichen können, gibt es viele Möglichkeiten, dies zu nutzen. Unternehmen sollten sich nur von dem Gedanken verabschieden, dass Facebook der Mittelpunkt aller Aktivitäten ist. Facebook kann es sein, muss es aber nicht. Die jeweilige Zielgruppe entscheidet.


Viele Unternehmen haben – wie du selbst sagtest – einen Social Media Account und legen einfach mal drauf los. Aber wie wichtig ist es, eine genaue Social Media Strategie zu haben?

Einfach mal ein Facebook-Profil erstellen, weil das gerade alle tun, ist der falsche Weg. Wichtig ist vorab zu definieren, welche Zielgruppe angesprochen werden soll, wo diese Zielgruppe aktiv ist, was genau mit dem Profil erreicht werden soll (Zieldefinition), welcher Content das Profil zum Leben erwecken soll, wie mit den Fans und Followern interagiert werden soll und wie stark diese evtl. auch in Entscheidungen mit einbezogen werden können, wie der Erfolg gemessen wird, etc.

Ebenso wichtig ist die Frage, wer die sozialen Kanäle betreut, also Content erstellt, mit Usern interagiert usw. Ein großer Fehler hierbei ist leider immer noch, dass dies als „Praktikanten-Tätigkeit“ abgetan wird, obwohl viel mehr dahintersteckt. Schließlich handelt es sich auch hierbei um einen Teil von Unternehmenskommunikation, nur eben der über soziale Medien und näher am Kunden.
Wenn ein Unternehmen eine konkrete Strategie verfolgt, deren Ziele auf einer bestimmten Plattform erreicht werden können, ist dies eine tolle Möglichkeit für Unternehmen und Kunden gleichzeitig. Was vermieden werden sollte, ist das so genannte Content-Recycling. Also bitte nicht einfach Texte kopieren und auf mehreren Plattformen nutzen. Wie bereits erwähnt, jeder soziale Kanal hat eine eigene Zielgruppe, an die gedacht und adressiert werden muss.


Die größeren Unternehmen arbeiten mittlerweile mit sogenannten  „Social Media Guidelines“ bzw. Social Media Richtlinien, in denen sie unter anderem den korrekten Umgang der Mitarbeiter mit den Social Media Accounts regeln. Diese beinhalten Fragen wie: Wem gehört der Account, wer darf ihn verwalten, was dürfen die Mitarbeiter sagen und was nicht? Hast du auch dergleichen genutzt und welche Erfahrung konntest du damit machen?

Die Regelung, wem der Account gehört, sollte ganz einfach sein: Dem Unternehmen.

Vor einigen Jahren war dies auf Facebook noch sehr umständlich und jeder musste mit seinem persönlichen Account als Administrator für die Seite hinterlegt werden. Es gab immer wieder Schwierigkeiten, wenn Mitarbeiter gekündigt haben bzw. wurden. Plus: Die Person, die eine Facebook-Page angelegt hat, wurde nochmals besonders hinterlegt. Spricht: Wenn der Gründer der Facebook-Page nicht mehr für das Unternehmen gearbeitet hat, ist meistens ein großes Chaos entstanden.

Über den jetzt verfügbaren Facebook Business Manager ist nun alles viel einfacher. Mitarbeiter können hinzugefügt oder gelöscht werden, Rechte werden hinzugefügt oder entfernt. Diese Professionalisierung macht den Arbeitsalltag wesentlich einfacher. Bei anderen Plattformen, wie bspw. Twitter, ist es ratsam einen allgemeinen Account zu nutzen, der nicht Mitarbeiter-bezogen ist, falls dieser das Unternehmen verlässt.

Guidelines machen die Arbeit mit Social Media Netzwerken auf jeden Fall einfacher, wenn es um bspw. allgemeine Regelungen geht (wer tut was), wie schnell geantwortet werden muss oder allgemein verwendete FAQs. Ebenfalls sinnvoll ist das Festhalten von Regelungen in Krisenzeiten oder wie mit Negativität umzugehen ist. Hierbei ist es wichtig zu klären, wer was wann mit wem absprechen muss, welche Aussagen getätigt werden dürfen etc. Von daher ist die Nutzung von Guidelines ratsam. Diese sollten nur den Social Media Manager nicht in seiner Arbeit einschränken, sondern eher entlasten.


Worauf sollte denn geachtet werden, also was müsste jedenfalls in solchen Richtlinien enthalten sein? Und wie ist es mit der Umsetzung?

Wichtige Inhalte sollten sein: Allgemeine FAQs, Abstimmungswege, Antwortzeiten, Berechtigungen der einzelnen Mitarbeiter, Wording („Du“ vs. „Sie“), Do’s (Ehrlichkeit, Wahrheit), Don’ts (z.B. Aussagen gegen die Konkurrenz, Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen, Falschaussagen, Beleidigungen), rechtliche Bestimmungen oder Beschlüsse und Hausregeln der jeweiligen Plattformen (was wird geduldet, was nicht?).


Angesichts von ständig drohenden Shitstorms und rechtlichen Auseinandersetzungen – sind solche Regelungen nicht sogar mittlerweile notwendig für ein Unternehmen? Sowohl bei der Agentur als erst Recht auch bei einem Unternehmen, das eine eigene Social Media Abteilung hat?

Unternehmen können sich durch die Nutzung von Social Media Guidelines absichern, so dass alle Beteiligten, ob interne Mitarbeiter, Agenturen oder Freelancer, genau wissen, wie zu handeln ist. Eine Garantie, dass dies Shitstorms vermeidet, gibt es leider nicht, aber das Risiko wird dadurch vermindert. Jedoch sollte die Angst vor potentiellen Shitstorms nicht die Kreativität der Beteiligten einschränken. Viel zu viele gute Ideen wurden bereits im Keim erstickt, weil auf Unternehmensseite die Angst zu groß war. Manchmal kommt dann aber tatsächlich ein Konkurrent mit einer ähnlichen Idee daher und wird dafür mit Reichweite und Engagement belohnt. Von daher: Guidelines sind hilfreich, aber sie sollten noch genügend Spielraum für kreative Ideen und spontane Aktionen lassen.


Wie weit sollten also Juristen mitwirken bei der Social Media Strategie oder etwaigen parallel dazu laufenden Konzepten/Schulungen? Oder stecken wir diesbezüglich noch in den Kinderschuhen?

Meiner Meinung nach ist es sinnvoll, einen beratenden Juristen bei der Entstehung von Social Media Strategien mit ins Projektteam zu holen. Potentiell kritische Punkte können so von Anfang an in den Guidelines festgelegt werden, sodass es später nicht zu rechtlichen Überraschungen kommt. Da es aber besonders im digitalen Zeitalter viele Gesetzesanpassungen oder –Änderungen gibt, ist es ebenfalls wichtig, dass diese ggf. vom gleichen Juristen permanent verfolgt werden, sodass die Guidelines im Zweifelsfall zeitnah angepasst werden können.

Dies wird in meinen Augen derzeit zu wenig bis gar nicht realisiert. Viele Social Media Manager bilden sich regelmäßig auf diesem Gebiet weiter, was richtig und gut ist. Jedoch, besonders für große Konzerne, sollte die Investition in einen juristischen Berater mindestens in der Strategieentwicklungsphase getätigt werden, um spätere Schädigungen zu vermindern oder gar vorzubeugen. Zusätzlich kann es hilfreich sein, dass Juristen regelmäßig Schulungen zu rechtlichen Aspekten im Social Web geben, besonders wenn es gerade Anpassungen oder Änderungen gegeben hat.


Wie siehst du die Zukunft vom Social Media? Sollten Schauspieler, Sportler und Politiker immer mehr auf den sozialen Kanälen aktiv werden und so einen privaten Einblick gewähren oder gibt es gewisse Grenzen, unter anderem in der Privatsphäre?

Wie viel privaten Einblick eine Person im Social Web von sich gibt, sollte jedem selbst überlassen sein. Egal ob Schauspieler, Politiker oder die Dame aus der Bäckerei nebenan. Kein Dritter sollte das Recht haben, zu bestimmen, wie viel privater Content auf einer sozialen Plattform veröffentlicht wird. Personen des öffentlichen Lebens sind (meistens) für etwas bekannt, was sie besonders gut können. Alles, was über diese berufliche Informationsweitergabe hinausgeht, ist freiwillig. Dies variiert von Person zu Person, ob bspw. nichts Persönliches veröffentlicht wird (z.B. Stefan Raab) oder ob das ganze Leben digital festgehalten wird (z.B. Kim Kardashian). Besonders in Zeiten von Snapchat, womit ein Promi seine Fans mit in alltägliche Situationen nehmen kann, ist hier die Fan-Promi-Bindung wesentlich höher als noch vor Jahren. Die Person muss dies aber mit sich vereinbaren können und nur das veröffentlichen, was sie auch wirklich öffentlich stehen haben möchten. Druck von außen sollte es meiner Meinung nach nicht geben, jeder hat das Recht seine eigene Privatsphäre zu wahren.

Vielen Dank für das Interview.

 

Weiterführende Artikel:

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Der Bundesrat will strengere Rechtsvorschriften für Facebook, WhatsApp, Skype und Co.

Die Medien berichten seit geraumer Zeit von den rechtlichen Gefahren und datenschutzrechtlichen Bedenken bei der Nutzung von Facebook, WhatsApp, Skype und Co. Dennoch geht deren Wachstum unbegrenzt weiter. Laut neuesten Quartalszahlen von Facebook sind derzeit rund 1,65 Milliarden Menschen im Monat auf Facebook aktiv und nutzen rund eine Milliarde Personen monatlich WhatsApp sowie 900 Millionen den Facebook Messenger. Nun müssen sich die bekannten Anbieter wohl auf strengere Regelungen gefasst machen.

Dass die zumeist in den USA ansässigen Anbieter von Messenger-Diensten gleich in mehrfacherweise gegen den deutschen bzw. europäischen Datenschutz verstoßen, hält den Großteil der Nutzer nicht davon ab, private und damit sensible Daten, Selfies aus dem Badezimmer oder Fotos von wichtigen Dokumenten darüber zu versenden. Längst ist so etwas wie Resignation eingetreten, möglicherweise auch mangels Alternativen?

Ein Grund für die offenkundige Rechtsproblematik liegt in der Tatsache, dass sich derartige Unternehmen nicht den deutschen Gesetzen, insbesondere dem Telemediengesetz (TMG) und Telekommunikationsgesetz (TKG) nicht verpflichtet fühlen und häufig auch nicht müssen. Hier klaffen wegen der unterschiedlichen rechtlichen Einordnung der Dienste im Gegensatz zu den klassischen Telekommunikationsanbietern deutliche Rechtslücken. Zudem besteht derzeit immer noch eine gewisse Rechtsunsicherheit nach der „Safe-Harbor“-Entscheidung im Hinblick auf die Übermittlung von personenbezogenen Daten in die USA. Und ohnehin wird WhatsApp dafür kritisiert, dass die vor kurzem eingeführte Verschlüsselung nicht vollumfänglichen Schutz gewährleistet und beispielsweise die Meta-Daten nicht betrifft.

Auf nationaler Ebene könnte sich zumindest hinsichtlich der rechtlichen Einordnung der modernen Chat-Dienste bald etwas ändern, wenn der deutsche Gesetzgeber zeitnah tätig wird. Denn auf Initiative des Bundeslandes Hessen, das vor wenigen Wochen eine Resolution in den Deutschen Bundesrat einbrachte, könnte sich in absehbarer Zeit eine Gesetzänderung anbahnen. Demnach sollen sich unter anderem die sogenannten „Over-the-Top“ (OTT)-Anbieter, die nach und nach die klassischen Telekommunikationswege ersetzen, den Gesetzen für die herkömmlichen Telekommunikationsanbieter unterwerfen. Dies würde bedeuten, dass sich die modernen und zumeist App-basierten Messenger-Dienste auch an die Regelungen des TKG zu halten hätten. Derzeit bieten diese Anbieter ein „deutlich geringeres Schutzniveau“.

Schließlich galten für WhatsApp, Skype, Facebook-Messenger und Co. auf Grund ihrer Technik und Infrastruktur bislang nur die Vorschriften des TMG. Dies Gesetz sieht zwar auch einige Regelungen hinsichtlich der technischen Anforderungen, Datensicherheit und dem Datenschutz vor, erlaubt den Anbietern jedoch auch die Erstellung von Nutzer-Profilen sowie die Auswertung und Nutzung von Kundendaten (Vgl. § 15 TMG). Das TKG beinhaltet hingegen unter anderem konkrete Ausgestaltungen des Fernmeldegeheimnisses (§ 88 TKG), konkrete Anforderungen an den Datenschutz (§§ 91 ff TKG), welche auch den rechtssicheren Umgang mit Standortdaten vorschreiben (§ 108 TKG), und seit Ende letzten Jahres auch zwingende Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung (§ 113b TKG). Allgemein wird daher bei der Umsetzung der Vorgaben aus dem TKG von einem höheren Schutzniveau gesprochen.

Der Bundesrat setzt sich für die Anwendung strengerer Vorschriften ein

Der Bundesrat hat sich dem Bestreben „zur Anpassung des Rechtsrahmens an das Zeitalter der Digitalisierung im Telekommunikationsbereich“ in einer letzten Sitzung angenommen und bereits erste Vorstellungen ausformuliert. Gemäß dem Beschluss vom Bundesrat vom 22. April 2016 sieht der Bundesrat konkreten Änderungsbedarf bei:

“[..]Messengerdienste wie beispielsweise WhatsApp, Line, Telegram. Diese werden zunehmend als Substitut für Kurznachrichten (SMS) und klassische Sprachtelefonie verwendet. In Abhängigkeit von der technischen Ausgestaltung des Messengerdienstes ist die Anwendbarkeit und Durchsetzung des TKG nicht sichergestellt. Messengerdienste, die nach bisheriger Abgrenzung nicht dem TKG unterliegen, haben bezüglich der Verkehrsdaten und vor allem der Inhalte der Kommunikation ein deutlich geringeres Schutzniveau. Für Nutzer ist nicht unterscheidbar, welche technische Lösung bei welchem Messengerdienst greift. Deshalb sollte ein dem TKG entsprechendes Schutzniveau bei allen Diensten mit entsprechender Funktionalität sichergestellt werden.“

Durch die dem technischen Wandel bedingte, angestrebte Angleichung der Rechtslage dürften sich die Messenger-Dienste auf strengere Vorgaben vorbereiten. So wird unter anderem in diesem Zusammenhang vom Bundesrat gefordert, dass sich die ausländischen App-Betreiber auch der deutschen und nicht unumstrittenen Vorratsdatenspeicherung annehmen müssen, die hierzulande auch der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr dienen soll.

Demnach müssten WhatsApp, Facebook und Co. für vier bzw. zehn Wochen anlasslos die Standort- bzw. Verkehrsdaten speichern. Davon umfasst sind beispielsweise die Standortdaten (Ort und Funkzelle) sowie die Rufnummer, Verbindungsdauer und Uhrzeit des Telefonates oder der übermittelten SMS (hier im Überblick).

In der Wirklichkeit bedeutet es angesichts der riesigen Nutzerzahlen viele, viele Millionen Datensätze, die zusätzliche Server beanspruchen. Zumal in der Praxis weitere zahlreiche Fragen daran anknüpfen, inwieweit z.B. tatsächlich im Inland die Datenspeicherung erfolgt und sowohl technische als auch organisatorische Sicherheit gewährleistet wird. Und wie lassen sich die exakten Daten überhaupt rechtskonform speichern? Und wird dadurch der Zugriff von Dritten, insbesondere den amerikanischen Geheimdiensten erleichtert? Jedenfalls bedeutet dies zusätzliche Verfahren und Kosten. Die hiesigen Internet-Provider und Telekommunikationsanbieter können von diesen aufwendigen und teuren Verfahren ein Lied singen.

Allein der Inhalt der Kommunikation und die Daten der aufgerufenen Internetseiten beim mobilen Surfen auf dem Smartphone sind wegen der Grundrechte aus Art. 10 Grundgesetz (GG) von der Speicherung ausgenommen. Die im Inland gesammelten und gespeicherten Daten sind mithin nach Ablauf der jeweiligen Frist zu löschen, was neue technische Systeme und dessen Kontrolle erfordert.

Ganz interessant ist übrigen: Anders als bei vielen Vorschriften aus der Strafprozessordnung (StPO) bedarf es zur Herausgabe dieser Daten zum Zwecke der Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung keiner richterlichen Anordnung.

Die Anpassung der Rechtslage könnte indes noch weitergehen. Grundsätzlich könnten nicht nur die Messenger-Dienste, sondern auch das weite Feld an Apps mit Standortdaten wie Navigations-Apps, Flirt-Apps und mobile Spiele von diesem Vorhaben betroffen sein. Es wird sogar ausdrücklich die „Maschine-to-Maschine“-Kommunikation, auch bekannt als das „Internet der Dinge“ in dem Beschluss des Bundesrates erwähnt. Damit wird ein Ausblick auf uns bevorstehende technische Neuerungen gewagt, also wenn zukünftig der Kühlschrank, das Fahrzeug oder auch die Fernüberwachung über Strom-, Gas- und Wasserzähler untereinander kommunizieren. Denn auch diese könnten personenbezogene Daten sammeln und darüberhinaus auch eine Art „Telekommunikation“ darstellen.

Gleichwohl soll mit diesem Vorhaben ein angemessenes, europäisches Schutzniveau auf Grundlage des digitalen Binnenmarktes erreicht werden, wie der Bundesrat betonte. Ein deutscher Alleingang dürfte indes wohl wenig erfolgsversprechend sein, insbesondere vor dem Hintergrund, dass unter Umständen sowohl das deutsche Bundesverfassungsgericht (BVerfG) als auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Vorschriften der Vorratsdatenspeicherung in der derzeitigen Ausgestaltung kippen werden.

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Die Grenzen der Meinungsfreiheit im Internet – und wann rechtliche Konsequenzen drohen

Wer im Eifer des Gefechts auf Facebook oder auf anderen sozialen Kanälen seine Meinung äußert und dabei kein Blatt vor dem Mund nimmt, kann sich nicht immer auf die Kunst- oder Meinungsfreiheit berufen. Neben strafrechtlichen Ermittlungen drohen sogar häufig arbeitsrechtliche Konsequenzen wie die Kündigung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses, wie aktuelle Gerichtsentscheidungen beweisen.

 

Ganz Deutschland diskutiert seit Tagen über den Fall Böhmermann und damit einhergehend auch die Frage, wieweit die Meinungsfreiheit und Kunstfreiheit gehen darf. Doch abseits dieser Debatte um den jungen Satiriker sind in jüngster Zeit einige weitere Gerichtsentscheidungen zum so genannten Äußerungsrecht ergangen, die das zulässige Feld weiter abstecken.

Es ist wohl der aktuellen Zeit und Technik geschuldet, dass immer mehr Menschen über die sozialen Kanäle, allen voran auf Facebook ihre Meinung kundtun – und sich mittlerweile auch dafür vor Gericht zu verantworten haben. Das Internet ist eben doch kein rechtsfreier Raum, wie es jahrelang immer wieder geheißen hat.

Die Gerichte betonen immer wieder die für die Gesellschaft und Demokratieenorm wichtige Bedeutung der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG).  Jeder soll grundsätzlich das Recht haben, „seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten“ wie es im Grundgesetz vorgesehen ist.

Gleichwohl kann nicht jedes Wort erlaubt sein. Die Grenzen der Meinungsfreiheit finden sich unter anderem in den allgemeinen Gesetzen wieder. Verletzt die Äußerung z.B. die Rechte eines Anderen oder erfüllt sie den Tatbestand der Beleidigung (§ 185 Strafgesetzbuch (StGB)) in Form von Schmähkritik, so kann sich der Äußernde nicht mehr auf die Meinungsfreiheit berufen. Dies ist gegeben, wenn eine Diffamierung und Herabwürdigung des Gegenübers oder einer anderen Person erfolgt und es längst nicht mehr um eine Auseinandersetzung in der Sache geht.

Ferner gilt es, bei sich gegenüberstehenden Grundrechten eine Interessenabwägung vorzunehmen, wie die Praxis im Presserecht zeigt. Hier kollidiert unter anderem das öffentliche Berichterstattungsinteresse mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des „Opfers“ nach Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG.

Was ist erlaubt? Was nicht?

So entschied gestern das Landgericht Düsseldorf (LG Düsseldorf, Urt. v. 19.04.2016, Az. 6 O 226/15), dass der frühere DFB-Präsident und ehemaliges Mitglied des Exekutivkomitees der FIFA, Dr. Theo Zwanziger das umstrittene Land Katar als „Krebsgeschwür des Weltfußballs“ bezeichnen darf. Die Klage der Qatar Football Association (QFA) auf Unterlassung dieser Aussage wies das Gericht damit ab. Zwar räumte der Richter ein, dass die Bezeichnung „Krebsgeschwür“ ein so genanntes Werturteil und letztlich eine strafbare Beleidigung im Sinne von § 185 StGB sei, jedoch wegen der anhaltenden öffentlichen Debatte über die Vergabe der Fußball-WM nach Katar durch die Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG geschützt.

„Der Vergleich der Klägerin mit einem Krebsgeschwür übersteige (noch) nicht die Grenze der Erforderlichkeit und Angemessenheit und sei keine Schmähkritik. Es habe nicht die öffentliche Diffamierung der Qatar Football Association, sondern die Rechtmäßigkeit und Überprüfung der Vergabeentscheidung für die Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar im Vordergrund gestanden.“
(Auszug aus der Pressemitteilung vom 19.04.2016; LG Düsseldorf, Urteil vom 19.04.2016, Az. 6 O 226/15)

Inwieweit ein Verband oder eine unbestimmte Personengruppe überhaupt „Opfer“ einer Beleidigung werden können, ist in der Rechtswissenschaft umstritten. Die Personengruppe muss dabei hinreichend bestimm- und überschaubar sein und auch ein Ehrgefühl entwickeln können (Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2015, Az. 1 BvR 1036/14). Diskutiert wurde dies unter anderem bei einer Kollektivbeleidigung der „Cops“ und „Soldaten“. Hier hatte Theo Zwanziger den Vorteil auf seiner Seite, dass viele Politiker nachwievor eine Neuvergabe der WM fordern und die Medien über Missstände in Katar berichten. Das öffentliche Berichterstattungsinteresse überwog folgerichtig.

Aber es gibt auch andere Beispiele: Üblicherweise stellen Betroffene sodann Strafanzeige bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft wegen der fraglichen Äußerung. Die Strafgerichte haben dann im Falle der Anklage z.B. die Beleidigungsdelikte oder den Straftatbestand der Volksverhetzung zu prüfen und müssen teilweise auch einen Blick für das Medienrecht entwickeln.

So wurde Youtube-Blogger “Julien” S. vor wenigen Wochen vom Amtsgericht Tecklenburg wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung sowie zur Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 15.000 Euro verurteilt, nachdem er in einem Youtube-Video nicht nur die GDL mit krassen Schimpfwörtern betitelte („Mistviecher“, „Drecksbastarde“), sondern andeutete, diese sogar eigenhändig nach Ausschwitz fahren zu wollen. Ein solcher KZ-Vergleich dürfte wohl in keinem Kontext zulässig sein.

Und auch der PEGIDA-Mitgründer Lutz Bachmann ist derzeit vor dem Amtsgericht Dresden unter anderem wegen Volksverhetzung angeklagt. Er soll im September 2014 auf Facebook in mehreren Kommentaren sowie auf seiner Seite Flüchtlinge beleidigt und zum Hass gegen sie angestachelt haben. Dabei sollen seinerseits Worte wie „Dreckspack“ und „Viehzeug“ gefallen sein. Durch diese Herabwürdigung der Flüchtlinge und dem Aufruf zur Gewalt gegen diese Menschengruppe könnte der Tatbestand der Volksverhetzung nach § 130 StGB erfüllt sein. Dabei wird wohl auch das gesamte Auftreten von Lutz Bachmann zu berücksichtigen sein, wie auch vorherige Strafverfahren gegen den „umstrittenen“ politischen Aktivisten. Ihm droht im Falle der Verurteilung eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.

Auch an das Arbeitsrecht denken!

In vielen Fällen sind nicht nur strafrechtliche Konsequenzen, sondern auch arbeitsrechtliche Folgen denkbar. Neben einer arbeitsrechtlichen Abmahnung steht auch die fristlose Kündigung im Raum, wenn der Arbeitnehmer durch seine – selbst im Privatleben – getätigte Äußerung das Ansehen des Unternehmens oder seiner Position im erheblichen Maße gefährdet und die weitere Zusammenarbeit mit ihm nicht mehr zumutbar ist. Zu denken sind dabei an krasse Beleidigungen des Vorgesetzten oder von Mitarbeitern oder sonstige rufschädigende Handlungen.

So wurde in der Vergangenheit eine Erfurter AWO-Mitarbeiterin wegen eines fremdenfeindlichen Facebook-Postings in der Freizeit gekündigt wie auch einem 17-jährigen Azubi von Porsche, der ein Foto eines syrischen Mädchens im Regen eines Wasserwerfers mit den folgenschweren Worten kommentierte: „Flammenwerfer währe [Originalschreibweise] da die bessere Lösung„. Es dürfte klar sein, dass solche Entgleisungen nicht hinzunehmen sind. Da hilft auch die spätere Entschuldigung nur in den seltensten Fällen.

In einem anderen Rechtstreit hatte ein Lokführer der Deutschen Bahn Regio auf seinem privaten Facebook-Account ein Foto des KZ Ausschwitz mit der Bildunterschrift auf polnischer Sprache „Polen ist bereit für die Flüchtlingsaufnahme“ eingestellt. Da er in seinem Profil auch den Arbeitgeber ausdrücklich angegeben hatte, erklärte ihm die Deutsche Bahn daraufhin die ordentliche und außerordentliche Kündigung. Das Arbeitsgericht (Arbeitsgericht Mannheim, Urteil vom 19.02.2016) befand zwar beide Kündigungen in der Sache für unwirksam, stellte jedoch klar: Das KZ-Foto im Zusammenhang mit der Bildunterschrift seien „menschenverachtend“ und weder Satire noch von der Meinungsfreiheit gedeckt. Ferner könne sich dies zu Lasten des Arbeitgebers „ruf- und geschäftsschädigend“ auswirken. Das positive „Nachtatverhalten“ und auch die mehrjährige Angehörigkeit im Unternehmen wurden letztlich zu Gunsten des Angestellten berücksichtigt.
Die Entscheidungen machen deutlich, wieviel trotz eines kleinen Satzes im Netz auf dem Spiel stehen kann. Ein Rechtsanwalt oder Strafverteidiger sollte in jedem Fall konsultiert werden, um strafrechtliche und arbeitsrechtliche Folgen bestmöglich abzuwehren.

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BILD – „Pranger der Schande“ nun doch unzulässig?

Das OLG München (OLG München, Urt. v. 17.03.2016, Az. 29 U 368/16) hält die BILD-Kampagne „BILD stellt die Hetzer an den Pranger“ aus dem letzten Jahr entgegen der Auffassung des LG München in erster Instanz für unzulässig. Nach Auffassung des Gerichts habe das Foto der Antragstellerin keinerlei Mehrwert. Die Veröffentlichung der Inhalte der Antragstellerin in der beanstandeten Form sei somit rechtswidrig.

Die BILD veröffentlichte Ende Oktober 2015 in der Print-Ausgabe sowie auf der Web-Präsenz die großflächige Kampagne „BILD stellt die Hetzer an den Pranger“. Gezeigt wurden 40 Personen aus den sozialen Netzwerken jeweils mit Profilfoto und persönlicher Meinungsäußerung, die sich in hetzerischer und anstößiger Weise mit der Flüchtlingskrise befasst – so wie es tagtäglich bei Facebook oder twitter zu beobachten ist. Mit dieser Berichterstattung wollte sich das schlagkräftigste Blatt des Berliner Axel Springer Verlags in die Debatte um die Hetze in den sozialen Netzwerken gegenüber politisch Verfolgten und Minderheiten einklinken und exemplarisch einige „Hetzer“ einer Strafverfolgung aussetzen. Immerhin war der Abdruck der krassen Aussagen nicht nur an die Bevölkerung, sondern auch ausdrücklich an die Staatsanwaltschaft gerichtet mit der Bitte um Einschreiten.

Eine der namentlich genannten und abgebildeten Personen hatte sich daraufhin gerichtlich – im einstweiligen Rechtsschutz – gegen die Abbildung ihres Fotos bzw. Textes gewehrt. Doch sie kassierte vor dem Landgericht München I sodann im Januar eine Niederlage (LG München I, Urt. v. 10.12.2015, Az. 7 O 20028/15). Das damalige Gericht sah die Antragstellerin nicht in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 I, 1 I GG) verletzt. Einige bekannte Medienrechtler „beschworen“ bereits zuvor die Rechtsmäßigkeit dieser Aktion der BILD trotz einiger Bedenken. Schließlich gab es eine Vielzahl an Argumenten für die Seite der Presse, jedoch auch einige Kritikpunkte.

Vor wenigen Tagen hatte nun das OLG München (OLG München, Urt. v. 17.03.2016, Az. 29 U 368/16) in der Berufung hierüber zu entscheiden und gelangte nun offensichtlich zu einem anderen Ergebnis. Demgemäß erachteten die Richter die streitgegenständliche BILD-Kampagne hinsichtlich der Veröffentlichung und Verbreitung des Profilfotos der Antragstellerin im konkreten Einzelfall für rechtswidrig. So sei sie in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Denn die Darstellung des Fotos der Frau sei ein intensiver Eingriff in ihre Rechte, insbesondere schaffe das Lichtbild im Kontext der Berichterstattung über ihre Meinungskundgabe auf Facebook keinen Mehrwert.

Anders (und in gebotener Vorsicht) formuliert: Der gesamte Artikel und die Wiedergabe der Aussage der Frau auf der Seite des sozialen Netzwerks wären wohl auch mit einem verpixelten Foto ausgekommen. Die Erkennbarkeit der Frau anhand des Bildes habe nur geringen – oder gar keinen? – Einfluss auf den redaktionellen Inhalt und dessen Aussagegehalt. Folglich soll das Interesse der Betroffenen überwiegen.

Wie kam es zu dem völlig anderen Ausgang?

Wie der Rechtsanwalt der Antragstellerin auf seiner Homepage mitteilte, seien die Richter in der mündlichen Verhandlung gar nicht auf die zahlreichen urheberechtlichen Vorschriften eingegangen, die möglicherweise aus urheberrechtlicher Sichtweise die Veröffentlichung und Verbreitung des Lichtbildes der Antragstellerin durch die Presse erlaube. Es wurde allein „das“ Presserecht geprüft, also die übliche einzelfallbezogene Interessenabwägung beider Parteien vorgenommen. Hierbei fließen verschiedene Umstände des konkreten Falls ein, die es zu berücksichtigen gilt.

Über die genauen Argumente und Ausführungen des Gerichts wird wohl noch in naher Zukunft zu diskutieren sein, wenn und soweit sie für die Öffentlichkeit nachzulesen sind. Gleiches gilt der Frage, ob die Berichterstattung bei Verwendung von verpixelten Bildern bei gleichzeitiger Nennung des vollständigen Klarnamens nun rechtmäßig gewesen wäre, also allein die Erkennbarkeit der Person den Ausschlag gab.

Wie geht es jetzt weiter? Eine Revision gegen diese Entscheidung ist ausgeschlossen. Die Anwälte der BILD haben aber bereits angekündigt, das Hauptsacheverfahren abzuwarten und auf eine Klärung dieser (einer Grundsatzentscheidung anmutenden) Rechtsfragen zu beharren. Es ist also davon auszugehen, dass sich der Rechtstreit noch um einige Jahre weiter hinauszögert.

Warum die Entscheidung einige interessante Rechtsfragen beinhaltet, kann in einem früheren Artikel auf dieser Seite nachgelesen werden. Aber vielleicht gibt es bald weitere Erkenntnisse.

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Amazon arbeitet am Bezahlsystem mit Gesichtserkennung – Was ist mit dem Datenschutz?

Im Bereich der “Identitätskontrolle” einer Person im Wege der Eröffnung eines Kontos können Banken dem Kunden seit einer Weile eine neue technische Lösung präsentieren: Das PostIndent-Verfahren lässt sich online mittels Webcam durchführen. Und auch die Altersverifikationssysteme (AVS) für bestimmte Internet-Inhalte bzw. -Dienstleistungen sind auf diese Weise längst etabliert. Hier besteht ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Person. Wie ist es aber beim Shoppen?

Im Oktober letzten Jahres meldete mit Amazon der vermeintlich größte Online-Händler der Welt für Elektronik und Bücher laut Medienberichten ein neues Patent an, wodurch sich das US-Amerikanische Unternehmen diese neuartige Technik der Gesichtserkennung zur Identitätskontrolle beim Bestellvorgang sichert. Die Käufer könnten in naher Zukunft „live“ durch ein selbst aufgenommenes Video über die Frontkamera des Smartphones oder möglicherweise über eine Webcam die Käufe abschließen. So soll die Identität des Kunden geprüft und das sonst übliche Passwort zur Anmeldung und Bestätigung im Shop ersetzen werden. Die Medien schrieben bereits schon über dieses vereinfachte Bestellsystem mit knackigen Überschriften: „Selfie statt Passwort“ oder „Bezahlen per Selfie“.

Ganz neu ist das nicht: Die Kreditkartenfirma Mastercard will eine Technik zur Feststellung der Person durch ein Video/Foto noch in diesem Jahr einführen, wie jüngst auf dem Mobile World Congress (MWC) angekündigt wurde. Ebenso setzen bereits mehrere Banken und allen voran Telemedienanbieter auf Grundlage von Altersverifikationssysteme für „ü18-Inhalte“ im Internet vergleichbare Lösungen beim PostIdent-Verfahren mittels Webcam an. In erster Linie soll so der Abgleich mit dem Foto aus dem Personalausweis oder anderen Ausweispapiern stattfinden. Nicht zuletzt bieten auch die Smartphones mit Windows 10 oder die neueste Android-Version die Entsperrung der Geräte mittels Gesichtserkennung über die Frontkamera an.

Das von Amazon entwickelte Verfahren könnte die Sicherheit des Rechtsverkehrs (Vertragsabschluss im Internet) erhöhen. Denn viele Nutzer wählen ohnehin zu einfache Passwörter, die schnell gehackt werden können, oder gehen sorglos mit ihren Zugangsdaten um. Nachher heißt es immer: Ich war das gar nicht! Hingegen lässt sich wegen der Einzigartigkeit jedes Menschen auf Grundlage der biometrischen Daten ein in der Theorie unknackbarer virtueller Fingerabdruck erstellen.

Gefahren und Probleme der Gesichtserkennung

Doch wo viel Licht ist, ist auch überreichlich Schatten. Den positiven Aspekten dieser Technik stehen die Gesetze in Deutschland und Europa, insbesondere der Datenschutz gegenüber. Dies gilt zwar schon für eine „Webcam“-Session mit einem Unternehmen oder das Übermitteln eines Fotos zur Überprüfung der Person mit dessen zuvor hinterlegten Personalausweises, umso mehr aber bei automatischen Gesichtserkennungssystemen.

Schließlich erheben und speichern die Gesichtserkennungsprogramme die biometrischen Daten des Betroffenen, die sich aus der Gesichtsform und einer Vielzahl an individuellen, optischen Merkmalen des Menschen zusammensetzen und durch ein Computerprogramm berechnet werden. Aus dem Foto wird ein Hashwert erzeugt, der sich in allen zukünftigen anderen Bildern des Nutzers wiederfindet und somit verglichen werden kann. Diese Daten sind personenbezogene Daten nach § 3 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und unterfallen damit dem Datenschutzrecht. Sie sind so etwas wie ein Fingerabdruck, da sie einzigartige Merkmale darstellen und in hohem Maße schutzwürdige Interessen des Einzelnen berühren. Es ist vielmehr als nur ein Foto, sondern es ist ein elektronischer Schlüssel.

Die Datenschützer warnen vor den Folgen von Gesichtserkennungsprogrammen

Wegen der hohen Bedeutung der biometrischen Daten des Einzelnen haben die Datenschutzbehörden bereits vor Jahren gegen die Gesichtserkennungsprogramme starke Einwände vorgebracht und mit hohen Anforderungen verknüpft.

Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI), Prof. Johannes Caspar hatte beispielsweise im Jahre 2012 eine Anordnung gegen Facebook erlassen bezüglich der vom sozialen Netzwerk eingeführten Software für die Gesichtserkennung. So wurde dem Unternehmen vom Gründer Mark Zuckerberg untersagt, die von den Nutzern eingestellten Fotos durch eine spezielle Software auszulesen und die biometrischen Daten des abgebildeten Mitglieds zu erheben bzw. zu speichern, um auf dessen Grundlage unter anderen weitere Fotos der Person vorzuschlagen. Facebook verzichtete (vorläufig) auf diese Technik der automatischen Gesichtserkennung seiner Mitglieder in Deutschland.

Und auf der 87. Konferenz der Datenschutzbeauftragen des Bundes und der Länder am 27. und 28. Mai 2014 in Hamburg wurde die Entschließung „Biometrische Gesichtserkennung durch Internetdienste – nur mit Wahrung des Selbstbestimmungsrechts Betroffener“ getroffen, die einige Voraussetzungen für die datenschutzrechtlich zulässige Erzeugung so genannter biometrischer Templates der Gesichter von Personen durch Internet-Dienste und dessen Anwendung aufführt.

In diesem Arbeitspapier wird eine wirksame Einwilligung des Betroffenen im Sinne von § 4a BDSG  gefordert, die aktiv und ausdrücklich erteilt werden muss. Dies setzt eine klare und verständliche Information des Benutzers über den Zweck und Risiken des Verfahrens voraus. Diese Einwilligung darf auch nicht in Nutzungsbedingungen oder Datenschutzerklärungen des Unternehmens versteckt sein. Fehlt es hieran oder werden die biometrischen Daten von Dritten gespeichert, sind diese Daten umgehend zu löschen. Eine nachträgliche (rückwirkende) Erlaubnis ändert daran nichts.

An dieser Stelle weisen die Datenschützer noch einmal auf die uns allen aus Agenten-Kinofilmen bekannten Gefahren hin:

„Die biometrische Gesichtserkennung ist eine Technik, die sich zur Ausübung von sozialer Kontrolle eignet und der damit ein hohes Missbrauchspotential immanent ist.“

Wer diesen Schlüssel (Hashwert) besitzt, könnte unter Verwendung der genannte Verfahren nicht nur Verträge im Namen anderer abschließen und somit Missbräuche begehen, sondern gegebenenfalls die Person auch in naher Zukunft überwachen.

Es ist kein Geheimnis, dass immer mehr Videokameras und Überwachungssysteme weltweit installiert und vernetzt werden und sich beim Besitz der biometrischen Daten angesichts der zunehmenden technischen Auswertungsmethoden zukünftig auch Standorte der Person im öffentlichen Raum feststellen lassen könnten. Noch klingt das nach James Bond.

Sollten Amazon, Mastercard und auch weitere Unternehmen auf das Verfahren der Gesichtserkennung zurückgreifen oder jedenfalls einmalig die biometrischen Daten des Kunden erheben und speichern für den zukünftigen Abgleich, müssten sie die geltenden Gesetze hierzulande einhalten. Nach dem deutschen Verständnis des Datenschutzes müsste sich das Unternehmen also die ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen bei gleichzeitiger Information und Aufklärung einholen und die Grundsätze der Zweckgebundenheit und der Datensparsamkeit einhalten. Ebenfalls ist auch die Sicherheit dieser Daten vor Zugriffen Dritter zu gewährleisten.

Schon die Anforderungen an die wirksame Einwilligung sollten nicht unterschätzt werden. Mit eben einem schnellen Lächeln oder Nicken während des Videos kann der Betroffene wohl kaum in die Speicherung seiner personenbezogenen Daten einwilligen. Vielmehr müsste er jedenfalls einmalig ausdrücklich (elektronisch / schriftlich) zustimmen und zuvor in angemessener Weise aufgeklärt worden sein. Das Akzeptieren von langen Nutzungsbedingungen durch ein einfaches Kontrollfeld, wohlmöglich noch auf einer fremden Sprache, dürfte folglich nicht genügen angesichts der Sensibilität dieser biometrischen Daten.

Und dann wären da noch – abgesehen vom Missbrauchspotenzial – die Gefahren und Probleme der Technik wie die Fehlerquote beim Abgleich der Templates, die Falscherkennung oder aber ein Defekt der Kamera? Wenn wegen schlechter Lichtverhältnisse oder veränderten Typus auf einmal der Abgleich misslingt, funktioniert das System nicht (mehr). Und was ist mit denjenigen, die gar kein Smartphone besitzen oder die Teilnahmen an diesen Verfahren verweigern?

Es droht der Verlust der Anonymität

Immerhin würden die Anonymität und der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unterwandert werden, wenn man bei der Anmeldung eines Online-Shops oder beim Kauf eines Films oder bestimmter Ware sein Gesicht zeigen müsste. Schließlich sind an die Person und ihre Merkmale sehr viele sensible Faktoren geknüpft wie die Hautfarbe, das Geschlecht, ungefähre Alter usw. Aus diesen Erkenntnissen könnten die Unternehmen nicht nur sehr wertvolle Daten über die Kunden gewinnen und besser analysieren, sondern auch erhebliche Nachteile für die Betroffenen entstehen. Im schlimmsten Falle droht sogar die Gefahr der Diskriminierung. Mithin dürften diese biometrischen Daten und gespeicherten Fotos nicht mit anderen Angeboten wie Facebook oder Bildersuchmaschinen oder mit Werbezwecken verknüpft werden, selbst wenn es den Werbern in den Fingern juckt.

Diese Erkennungstechnik darf auf keinen Fall das einzige Kriterium sein, sondern muss immer nur eine zusätzliche Alternative zu anderen Identifikationskontrollen und herkömmlichen Zugangskontrollen bilden. Es ist daher zweifelhaft, dass dies Verfahren die Eingabe eines Passworts, PINs oder das einfache Login ersetzen wird, auch wenn Unternehmen wie Amazon ein immenses Interesse an der neuen Technologie haben dürften. Könnten sie sich unter Umständen auf diesem Wege zahlreiche zusätzliche Daten des einzelnen Kunden beschaffen und zur Steigerung der personalisierten Werbung einsetzen, wenngleich dies gegen das deutsche Datenschutzrecht verstößt. Trotz dieses Bestrebens der freien Wirtschaft hinsichtlich der Umsetzung dieser Technik, könnten die Überlegungen der Datenschützer lauten: Diese Verfahren sollten nur ganz bestimmten, öffentlichen Stellen vorbehalten sein, wie am Flughafen bei notwendigen Sicherheitskontrollen.

Doch jüngst tauchten bereits erste Informationen auf zu einem Nachfolgemodell auf. Eine neuartige technische Entwicklung führt bereits zu einer Art „Gesichtserkennung 2.0“. Hierbei sollen allein die Figur, Haarfarbe, Gestik, Bewegungen und sonstige messbare Merkmale des Menschen ausgewertet werden ohne dabei das Gesicht als solches erkennbar aufzunehmen. Ob dies datenschutzfreundlicher ist, lässt sich sicherlich diskutieren.

Der Schutz des Individuums und seiner Grundrechte darf aber unter keinen Umständen gefährdet werden, wie ein bekannter Datenschützer aus Hamburg betont:

„Die Bedrohung des Verlustes der Anonymität in der Öffentlichkeit hat Auswirkungen auf unser demokratisches Gemeinwesen.“ Dr. Moritz Karg, Referent beim HmbBfDI (Humbold Forum Recht, Ausgabe 7, 2012, S. 120ff).

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

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LG Düsseldorf: Facebook Like-Button verstößt gegen das Datenschutzrecht – drohen jetzt Abmahnungen?

Das Landgericht (LG) Düsseldorf entschied gestern im Rechtsstreit zwischen der Verbraucherzentrale NRW und der Unternehmensgruppe Peek & Cloppenburg KG, dass der so genannte Facebook Like-Button in der ursprünglichen Form auf der Firmenseite des Modehändlers gegen das Datenschutzrecht verstoße (LG Düsseldorf, Urteil vom 09.03.2016, Az. 12 O 151/15). Das Gericht gab somit der Verbraucherzentrale Recht, die die Einbindung des Facebook Like-Button auf mehreren bekannten Webseiten gerügt hatte. Das Hauptargument: Facebook wertet bereits beim Aufruf der Seite durch den Nutzer erhebliche Daten aus, selbst wenn dieser gar nicht auf dem sozialen Netzwerk angemeldet ist.

Der Facebook Like-Button („Gefällt-mir“ Button) ist den deutschen Datenschützern schon seit Jahren ein Dorn im Auge. Ist dieser doch auf gefühlt 90 Prozent aller deutschsprachigen Webseiten integriert, um die Nutzer zu animieren, sich auf Facebook mit dem jeweiligen Unternehmen zu verknüpfen. Der Like-Button kann durch die manuelle Integration des Code-Schnipsels im Quellcode der Seite oder bei z.B. WordPress durch zahlreiche social plugins sehr einfach integriert werden und ist für die meisten Seitenbetreiber (und Social Media Abteilungen) längst ein „must have“. Doch trotz der einfachen Bedienung weiß niemand so recht, welche Analyseprogramme im Hintergrund des Browsers zwischengeschaltet sind, die ihre Ergebnisse auf die Server und Facebook-Server ablegen. Ob nun in anonymisierter Form oder nicht: Es werden möglicherweise etliche Nutzerdaten wie beispielsweise die IP-Adresse und Datum des Seitenbesuchs – nach hiesiger Auffassung – als personenbezogene Daten im Sinne von § 3 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) auf die Server in die USA übermittelt, dort gesammelt und unter Umständen mit anderen Daten zusammengeführt werden . Im „worst case“ entsteht auf diese Weise eine lange Liste, auf welchen Seiten der Facebook-Nutzer X oder auch das Nichtmitglied Y zum Zeitpunkt Z unterwegs war und was angeklickt worden ist. Über weitere Meta-Daten und Speicherdauer, Umfang usw. kann nur spekuliert werden. Wird die Seite über das Smartphone aufgerufen, könnten theoretisch sogar noch Standortdaten übermittelt werden. Damit hinterlässt der User ein Zustandstripel aus Gegenstand, Ort und Zeit. Wie viel Aussagekraft und Geldwert dieses Datensammelsurium hat, kann sich jeder an den Umsätzen von facebook ansehen.

Aus diesem Grund ging die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen (VZ) schon im Frühjahr 2015 dagegen vor und mahnte mehrere Unternehmen ab, die den Like-Button auf Ihren Webseiten integriert hatten. Von den insgesamt 6 abgemahnten Unternehmen hatten vier bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben und die Funktion entfernt. Gegen die Unternehmensgruppe Peek & Cloppenburg KG und das Unternehmen Payback erhob die VZ sodann später die Klage wegen eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht nach dem UWG.

Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist es von entscheidender Bedeutung, inwieweit der Seitenbetreiber seine Seitenbesucher über die datenschutzrechtlich bedenkliche Übermittlung von personenbezogenen Daten an Server von Facebook in die USA und dazwischen befindliche Schnittstellen aufklärt und ob sie in diesem technischen Vorgang im Hintergrund der Webseite ausdrücklich einwilligen – aber auch diesem widersprechen können. Hieran fehlt es in der Regel, wenn der Facebook Like-Button in der ursprünglichen Form bereits beim Seitenaufruf aktiviert ist und keinerlei (optisch auffälliger) Hinweis auf die Datenverarbeitung erfolgt.

Deshalb entwickelten bereits einige Programmierer vermeintlich datenschutzkonforme Like-Buttons und Social Plugins, bei welchen analog des „Double Opt-in“ das zweimalige „aufklappen“ bzw. bestätigen erforderlich ist, ehe die Funktion der verlinkten sozialen Netzwerke aktiviert wird. Allerdings fehlt auch hierbei die vorherige Aufklärung des Nutzers über Umfang und Zweck der Datenübermittlung. Diese „Zwei-Klick“-Variante stand zwar in diesem Rechtstreit nicht zur Diskussion, könnte aber zukünftig die Gerichte abermals beschäftigen.

Das LG Düsseldorf (Urteil vom 09.03.2016, Az. 12 O 151/15) folgte in seinem Urteil grundsätzlich der Ansicht der Verbraucherzentrale NRW. Das Gericht sah den Datenschutzverstoß durch die Nutzung des Facebook Like-Button in der beanstandeten Art und auch die damit einhergehende Übermittlung der Daten des Nutzers an Server in die USA ohne die informierte und ausdrückliche Einwilligung des Nutzers als begründet an.

Die vom Gericht vorgenommene Prüfung der Rechtslage erfolgt angesichts der Vorgehens der Verbraucherzentrale auf Grundlage des Wettbewerbsrecht. So sei die Einbindung unlauter im Sinne von § 3a UWG  i.V.m. § 13 TMG , da der Seitenbetreiber hiermit den datenschutzrechtlichen Vorschriften zuwiderhandele und der Verstoß auch geeignet sei, die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen. Ein Rechtsverstoß gegen § 12, 13 TMG wurde bejaht. Zudem sei auch der Gefällt-mir Button nicht unabdingbar für den Betrieb einer Seite. Ferner soll ein Hinweis diesbezüglich in den Datenschutzbedingungen auch nicht ausreichen.

Welche Folgen könnte diese Entscheidung haben?

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Und auf die Entscheidung im Rechtsstreit in gleicher Sache gegen Payback vor dem LG München ist noch zu warten. Es kann somit nur darüber spekuliert werden, ob diese Entscheidung rechtskräftig wird und welche Folgen daraus entstehen. Die VZ begrüßte und feierte das Urteil hingegen bereits jetzt schon als Sieg des Verbrauchers:

„[..] Mit dem heutigen Urteil des LG Düsseldorf hat die Verbraucherzentrale NRW nun eine Stärkung der Datenschutzrechte von Verbrauchern in puncto Facebook-Like-Button erreicht. „Der Praxis von Facebook, Daten ohne Wissen und Einwilligung der Nutzer abzugreifen, wird nun ein Riegel vorgeschoben“, bringt Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW die Bedeutung des Landgerichturteils für den Verbraucherschutz auf den Punkt.[..]“ (Pressemitteilung VZ vom 09.03.2016)

Es wäre denkbar, dass zukünftig zahlreiche weitere Unternehmen durch die VZ oder andere abmahnfähige Verbände abgemahnt werden mit dem Hinweis auf dieses Urteil! Grundsätzlich steht es nach dem UWG sogar jedem Mitbewerber zu, Ansprüche nach § 8 ff UWG bei unlauteren geschäftlichen Handlungen eines Konkurrenten geltend zu machen. Fraglich ist, ob der Verstoß gegen das Datenschutzrecht auch als ein Wettbewerbsverstoß zu qualifizieren ist.

Um sich vor Abmahnungen und teuren Rechtsstreitigkeiten zu schützen, könnte die Facebook „Gefällt-mir“ Schaltfläche schneller aus dem Netz wieder verschwinden als gedacht oder möglicherweise durch die 2-Klick-Lösung ersetzt werden, über welche dann die Gerichte zu befinden haben werden. Auch müsste wohl der rechtliche Hinweis bezüglich des Datenschutzes bei den social plugins deutlich auffälliger und erkennbarer gestaltet werden, wie auch immer dies aussehen wird. Die Entscheidung kann sich also in einem nächsten Schritt auch auf ähnliche Funktionen bei twitter, xing und anderen Social Media Diensten auswirken. Bekannte Rechtsanwälte aus dem Medienrecht raten bereits zum Einsatz der 2-Klick-Variante. Die Rechtsanwälte dürften sich vielleicht über diese zusätzliche Arbeit freuen. Wer auf der sicheren Seite sein will, sollte also derartige Like/Share Schaltflächen gänzlich von seiner Webseite verbannen.

Ungeachtet dessen ist es nicht ganz unwahrscheinlich, dass sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit diesem Fall noch zu beschäftigen haben wird (wenn es also in die nächste Instanz geht). Zu viele grundlegende Rechtsfragen sind von dieser Thematik tangiert. So ist es immer noch umstritten, ob die IP-Adresse als ein personenbezogenes Datum nach dem BDSG gilt und wie eine datenschutzrechtskonforme Einwilligung des Nutzers in die Übermittlung und Auswertung seiner personenbezogenen Daten durch die sozialen Netzwerke auszusehen hat. Zumal im Datenschutzrecht bekanntlich derzeit viel im Wandel ist.

Offen ist derzeit auch, inwieweit sich die Datenschutzbehörden der Thematik erneut öffentlich und nachdrücklich annehmen, die ihrerseits schon im Jahre 2011 rechtliche Bedenken geäußert haben.

“[..]In Deutschland ansässige Unternehmen, die durch das Einbinden von Social Plugins eines Netzwerkes auf sich aufmerksam machen wollen oder sich mit Fanpages in einem Netzwerk präsentieren, haben eine eigene Verantwortung hinsichtlich der Daten von Nutzerinnen und Nutzern ihres Angebots. Es müssen zuvor Erklärungen eingeholt werden, die eine Verarbeitung von Daten ihrer Nutzerinnen und Nutzer durch den Betreiber des sozialen Netzwerkes rechtfertigen können. Die Erklärungen sind nur dann rechtswirksam, wenn verlässliche Informationen über die dem Netzwerkbetreiber zur Verfügung gestellten Daten und den Zweck der Erhebung der Daten durch den Netzwerkbetreiber gegeben werden können.[..]“ (Vgl. Entschließung des Düsseldorfer Kreises vom 8. Dezember 2011)

In Betracht käme die Anordnung eines Bußgeldverfahren nach § 43 BDSG für die verantwortliche Stelle.

Viel ist in dieser Zeit nicht passiert, obgleich das Unternehmen Facebook eigentlich an einer rechtskonformen Einsatzmöglichkeit der wohl wichtigsten, externen Funktion seines Netzwerks interessiert sein dürfte. Insgesamt könnte durch diese Entscheidung des LG Düsseldorf nun wieder Bewegung in die Sache kommen, drohen doch eine offensichtliche Rechtsunsicherheit und Abmahn-Gefahr für unzählige Seitenbetreibern hierzulande. Zumal das Entfernen dieser social plugins zum Verlust eines bedeutenden Marketinginstruments im Internet führt.

Facebook dürfte diese Gerichtsentscheidung mit: Gefällt mir nicht – bewerten.

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Aktuelles zum Datenschutz: Von „EU US Privacy Shield“, Klarnamenpflicht bei Facebook und der Vorabentscheidung des EuGH zu Facebook-Fanpages *UPDATE*

Im Bereich des Datenschutzes ist in den letzten Tagen viel in Europa passiert, auch wenn noch viel in der Diskussion steht. Grund genug für einen kurzen Überblick über aktuelle Themen und Verfahren zum nationalen und internationalen Datenschutz und einen kleinen vorläufigen Ausblick.

1. EU US Privacy Shield

Am 2. Februar konnten sich die EU-Kommission und Vertreter der USA grundsätzlich auf das „EU-US Datenschutzschild“ („EU-US Privacy Shield“) einigen, wie der estnische Vizepräsident der Europäischen Kommission, Andrus Ansip und die tschechische Justizkommissarin Vera Jourava per Pressemitteilung verlautbaren ließen.

Die auf großen politischen Druck hin schnell gestrickte Vereinbarung soll als Nachfolger von „Safe Harbor“ dienen und die nach der wegweisenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entstandene Rechtslücke für den Datenaustausch von personenbezogenen Daten zwischen Europa und den USA mehr oder weniger wirksam schließen.

Denn der EuGH hatte bekanntlich Anfang Oktober 2015 mit einem spektakulären Urteil das einige Jahre lang geltende Safe-Harbor Abkommen zwischen Europa und den USA für unzulässig erklärt. Dies galt unter anderem als Rechtsgrundlage für die Übermittlung von personenbezogenen Daten aus Europa in die USA und stufte diese als mit dem deutschen/europäischen Datenschutz-Level im Einklang stehenden „sicheren Hafen“ ein. Daneben existieren für die in Deutschland ansässigen Unternehmen unter anderem noch die „EU-Standardvertragsklausel“ und die deutlich strengeren Regelungen aus dem deutschen Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), wenn sie solche Datenverarbeitungsprozesse vornehmen oder vornehmen lassen.

Der EuGH in Luxemburg
Der EuGH in Luxemburg

Mit diesem Paukenschlag versetzte der EuGH nicht nur hierzulande die Datenschutzbehörden in Alarmbereitschaft, sondern vielmehr auch alle in Deutschland agierenden Unternehmen, die auf Grundlage von technischen Vorgängen wie dem (internen) E-Mail-Verkehr, Mitarbeiter-Intranet oder mittels ihren Webseiten bzw. Servern personenbezogene Daten in die USA transportieren. Theoretisch betrifft dies quasi jedes zweite oder dritte Unternehmen, das auf Web-Server oder Mail-Server aus den USA zugreift oder spezielle Dienste auf Ihren Webseiten integriert hat, die einen Datentransfer in die USA vorsehen (z.B. auch Analyse-Tools, Skripte oder Sicherheits-Tools für die Webseite).

Trotz der grundlegenden Einigung über das neue „EU-US Privacy Shield“-Abkommen, das vorläufig nur im stillen Kämmerchen der EU-Gebäude geschmiedet wurde, fehlt es bislang an verbindlichem und aussagekräftigem Info-Material (und dem genauen Wortlaut der Regelung). Zwar konnten schon einige Datenschützer eine erste Einschätzung vornehmen, doch im Grunde tappen wir alle noch im dunklen.

Die „Angemessenheitsentscheidung“ wird derzeit von der Europäischen Kommission vorbereitet, wonach „festgelegt wird, dass ein Drittland aufgrund seiner innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder der von ihm eingegangenen internationalen Verpflichtungen ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleistet.“ (Quelle: European Data Protection Supervisor). Und auch die nationalen Mitgliedsstaaten sowie der europäische „Zusammenschluss“ der jeweiligen nationalen Datenschutzbehörden als „Art. 29 Gruppe“ sind noch zu beteiligen, ehe das Abkommen dann rechtswirksam umgesetzt werden kann.

Einige Datenschützer haben sogar schon angedeutet, dass wohl auch dieses Abkommen die Bedenken am Schutzlevel der betroffenen Daten in den USA, insbesondere auch dem Schutz vor Zugriffen von US-amerikanischen Geheimdiensten und Organisationen auf die personenbezogenen Daten von Europäern nicht vollends aus der Welt schaffe und keine gefestigte Rechtsgrundlage für den Datentransfer liefere. Es wird sich sehr bald zeigen, wie die Europäische Kommission dies sieht.

Sehr gute und aktuelle Analysen zu diesem datenschutzrechtlichen Abkommen lassen sich im eigens zu diesem Thema ins Leben gerufenen Blog ( www.euusprivacyshield.de) von dem Datenschutzexperten Dr. Carlo Piltz nachlesen.

UPDATE 05.03.2016

In den vergangenen Tagen veröffentlichte die Europäische Kommission den ersten Entwurf der Angemessenheitsentscheidung. Nun darf darüber diskutiert werden, ob diese Entwurf den Anforderungen des EuGH gerecht werden. Eine erste Analyse findet sich im genannten Blog von Rechtsanwalt Dr. Carlo Piltz. Seiner Ansicht nach blieben derzeit noch einige Fragezeichen im Raum.

 

2. Der HmbBfDI leitet erste Verfahren ein

Wie der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI) Prof. Johannes Caspar vor wenigen Tagen gegenüber dem Handelsblatt mitteilte, habe die Hamburger Datenschutzbehörde bereits erste Bußgeldverfahren gegen mehrere in Hamburger ansässige Unternehmen wegen der Datenschutzverstöße in der Post-Safe-Harbor Ära eingeleitet.

Diese Unternehmen seien Töchterunternehmen von Firmen aus den USA und würden nach Auffassung des Hamburgischen Datenschützers personenbezogene Daten derzeit ohne rechtliche Grundlage in die USA übermitteln. Und dies trotz mehrerer offiziellen Hilfestellungen und der großen Ankündigung der Behörde im vergangenen Jahr, die fraglichen Unternehmen zu Beginn des Jahres unter die Lupe zu nehmen bezüglich ihres Datenaustausches mit Mutterkonzernen in den USA.

Im Raum steht ein Bußgeld von bis zu 300.000 Euro bei einem vorsätzlichen oder fahrlässigen Handeln (§ 43 BDSG) gegen die Vorschriften aus dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Jedoch wolle man erst einmal die betroffenen Unternehmen anhören und gegebenenfalls danach ein Bußgeldbescheid erlassen.

Es bleibt also abzuwarten, inwiefern die deutschen Aufsichtsbehörden ernst machen und solche Bußgeldverfahren einleiten bzw. Bußgelder verhängen. Oder ob das neue Datenschutz-Abkommen zwischen Europa und den USA dann als wirksame Rechtsgrundlage Anerkennung findet.

 

3. Der Streit um die Klarnamenpflicht bei Facebook

Und noch einmal Hamburg: Im Verwaltungsverfahren wegen des Streits zwischen der Hamburger Datenschutzbehörde und Facebook um die so genannte Klarnamenpflicht im größten sozialen Netzwerk der Welt herrscht seit Monaten Stillstand. Wenig Neues gibt es zu dem am Verwaltungsgericht Hamburg seit einem halben Jahr anhängigen Verfahren, wie auch die Behörde im jüngst veröffentlichten Tätigkeitsbericht konstatiert.

Prof. Johannes Caspar wird indes nicht müde auf die derzeitige Rechtslage in Deutschland zu verweisen, an die sich auch Facebook zu halten habe. So sagte er am gestrigen Tage, während der Facebook-Chef Mark Zuckerberg seinen Besuch in Berlin fortsetzte und medienwirksam morgens bei Schnee und Regen durch das Brandenburger Tor joggte: „Facebook sammelt zu viele Daten, verfolgt seine Nutzer und besteht auf deren Klarnamen, auch wenn es gegen das Gesetz ist.“

Schließlich ist im deutschen Recht in § 13 Abs. 6 Telemediengesetz (TMG) auch die anonymisierte Nutzung eines Telemedienangebots ausdrücklich verankert, die das Interesse des Einzelnen zum Schutz der Privatsphäre bei seinen Internet-Aktivitäten verfolgt. Niemand soll gezwungen sein, im Internet oder in Foren mit seinem Klarnamen zu diskutieren – und erst Recht nicht sich durch amtliche Ausweispapiere bei einer Anmeldung zu legitimieren.

Vor diesem Hintergrund hatte der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit wegen dieses Verstoßes gegen das Telemediengesetz und das Personalausweisgesetz am 28.07.2015 eine Anordnung gegen die Facebook Ireland Ltd. erlassen (Siehe Pressemitteilung), gegen die sich das Unternehmen gerichtlich wehrt.

Alerdings ist in der bevorstehenden EU-Datenschutzgrundverordnung eine solche Regelung zur anonymen Nutzung von Telemedien zum Leidwesen vieler Datenschützer jedenfalls nicht ausdrücklich erwähnt. Insofern könnte sich dieses Bestreben und folglich das gesamte Verfahren in spätestens einem Jahr nach dem derzeitigen Stand der Dinge von selber erledigt haben.

Zudem argumentieren die Rechtsanwälte von Facebook, die Klarnamenpflicht diene auch der Gewährleistung der Rechtsverfolgung. Ihr Motto könnte daher lauten: Wer das social network unter seinem echten Namen nutzt, betreibt (wohl) seltener Unfug in diesem und kann bei Rechtsverstößen oder Straftaten effektiver zur Verantwortung gezogen werden. Dass dieses Argument nur bedingt greift, beweisen die zahlreichen derzeit diskutierten Fälle der Facebook-Hetze, wo sich unzählige Bürger auch unter ihrem Klarnamen und mit klar erkennbaren Profilfoto an den Diskussionen bis hin zur strafbaren Volksverhetzung beteiligen. Also eine Klarnamenpflicht würde demgemäß wohl nicht zu einem stilvollen und rechtstreuen Umgang auf Facebook führen.

UPDATE 05.03.2016

Ende der Woche berichteten diverse Medien von einem „Sieg“ von Facebook im Verwaltungsrechtstreit zwischen dem HmbBfDI und der Facebook Ireland Ltd. Diese Schlagzeilen sind eigentlich falsch, denn das Unternehmen konnte lediglich im einstweiligen Rechtsschutz vor dem VG Hamburg (Beschl. v. 03.03.2016, Az. 15 E 4482/15) die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Anordnung der Behörde wiederherstellen lassen – die Anordnung kann daher zunächst nicht vollzogen werden.

Das Gericht argumentierte: Das deutsche Recht sei gar nicht anwendbar, sondern vielmehr das Recht des EU-Landes, mit dem die streitgegenständliche „Datenverarbeitung am engsten verbunden sei“. Dies sei hier wegen des Sitzes der Facebook Ireland Ltd. in Dublin das irische Gesetz. Eine tiefgehende materielle Prüfung der eigentlichen Frage, namentlich: Inwieweit Facebook die anonyme Nutzung nach der deutschen Rechtslage (TMG) zu gewährleisten hat, wurde somit gekonnt umschifft.

Auf der Seite der Hamburger Datenschutzbehörde findet sich hierzu bereits eine lesenswerte Pressemitteilung mit Hinweisen auf – möglicherweise – anderslautende Entscheidungen hinsichtlich der Prüfung des anzuwendenden Rechts für grenzüberschreitende Fallkonstellationen. Die Behörde geht daher weiterhin von der Rechtmäßigkeit der Anordnung aus.

„Die Auffassung, wonach das Recht desjenigen Mitgliedstaats der EU anzuwenden ist, in dem sich diejenige Niederlassung befindet, mit deren Tätigkeit die streitige Datenverarbeitung am engsten verbunden ist, vermag nicht zu überzeugen. Das Ziel der EU-Datenschutzrichtlinie, einen umfassenden und wirksamen Schutz der Grundrechte, insbesondere des Rechts auf Achtung der Privatsphäre und des Datenschutzes zu gewährleisten, wird durch diese enge Auslegung im Beschluss verfehlt. Wir werden uns daher weiterhin für das Recht auf pseudonyme Nutzung einsetzen und die erforderlichen Schritte prüfen.“
(Prof. Johannes Caspar, Pressemitteilung vom 4.03.2016).

 

4. Der EuGH hat nun im Fall ULD vs. Facebook sechs Fragen zu klären

Und auch das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) in Kiel befindet sich derzeit in einem äußerst interessanten Verwaltungsrechtsstreit, welches auch Facebook betrifft und nun in die nächste Runde geht.

Das ULD ist knapp seit fünf Jahren der Ansicht, der Betrieb einer Facebook-Fanpage verstoße gegen nationales und europäisches Datenschutzrecht. Konkret wurde beanstandet, dass die von Facebook integrierten Analyse-Tools (wie z.B. „Facebook Insights“) zur Auswertung des Nutzungsverhaltens der Seitenbesucher sowie deren Verknüpfung mit der ohnehin erfolgten Verarbeitung der Nutzerdaten für Werbezwecke einer ausdrücklich erklärten Einwilligung der Seitenbesucher bedürfe. Hieran fehle es aber, weswegen diese Facebook-Fanpage  zu deaktivieren sei. Aus diesem Grund erließ das ULD eine Anordnung gegenüber einem in Schleswig-Holstein ansässigem Bildungsunternehmen, das auf Grund der Eigenschaft als Betreiber der Facebook-Fansite als „verantwortliche Stelle“ nach dem BDSG angesehen wurde und sich anschließend mit der Klage im Verwaltungsverfahren in beiden Instanzen gegen diese Anordnung wehrte. Die Betreiberin des Netzwerks, die Facebook Ireland Ltd. ist zwar nur Beigeladene, ließ es sich aber nicht nehmen, eigene Stellungnahmen zu dem Verfahren abzugeben.

Am gestrigen Tag fand vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig die mündliche Verhandlung in dieser Sache statt mit dem Ergebnis: Nun wird erstmal der EuGH angerufen zur Klärung der datenschutzrechtlichen Verantwortung für die beim Aufruf einer Facebook-Fanpage erhobenen Nutzerdaten. Dem EuGH werden sechs konkrete Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt (BVerwG 1 C 28.14 – Beschluss vom 25. Februar 2016). Solange dies nicht geklärt ist, wird das anhängige Revisionsverfahren erst einmal ausgesetzt.

Die Leiterin des ULD, Marit Hansen kommentiert in der gestrigen Pressemitteilung diese Entscheidung des Gerichts wie folgt:

„Nach mehr als fünf Jahren und drei Instanzen hatte ich auf klare Aussagen und einen Abschluss des Rechtsstreits gehofft. Vor dem Hintergrund, dass wir in zwei Jahren mit der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung arbeiten werden, steht zu befürchten, dass der ursprüngliche Sachverhalt in der rechtlichen und technischen Umsetzung überholt sein wird. Mit Blick auf die jüngsten Urteile des EuGH mit Datenschutzbezug ist aber hier mit deutlichen Impulsen für den Schutz der Betroffenenrechte zu rechnen. Außerdem freue ich mich darüber, dass das Bundesverwaltungsgericht in der Verhandlung die Wirksamkeit der Grundrechte auch in komplexen Verarbeitungszusammenhängen im Internet betont hat.“ (Quelle: Pressemitteilung des ULD)

Fazit zur aktuellen Bestandsaufnahme: Es bleibt also spannend, wie es in den nächsten Wochen weiter geht mit der aktuellen Materie des Datenschutzes und ob weitere aufsichtsbehördliche Schritte in Hamburg eingeleitet und umgesetzt werden. Vieles liegt auch nicht in der Hand der deutschen Datenschützer, sondern muss auf EU-Ebene diskutiert werden. Entscheidend wird sein, ob das „EU-US Privacy Shield“-Abkommen in Kürze zur Zufriedenheit der Beteiligten besprochen und sodann abgesegnet wird – und wie anschließend die nationalen Datenschutzbehörden darauf reagieren. Bestehen weiterhin ernsthafte Zweifel an dem Datenschutz-Level in den USA, dürfte sich das Spiel wiederholen.

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