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Kinderfotos auf Facebook – Was für rechtliche Ansprüche haben eigentlich die Kinder?

Vor wenigen Tagen sorgte ein etwaiger Rechtstreit aus dem Medienrecht für Aufsehen: So möchte angeblich eine nunmehr 18-Jährige Wienerin ihre Eltern wegen der Veröffentlichung ihrer Kinderfotos auf Facebook verklagen. So soll der Vater zahlreiche Fotos des Kindes, die teilweise in etwas „unglücklichen Momenten“ wie beim Sitzen auf der Toilette oder nackt im Kinderbett geschossen worden sind, auf Facebook veröffentlicht und seinen über 700 Facebook-Freunden präsentiert haben. Doch so stolz er auch die Kinderfotos seinen Freunden und Bekannten präsentierte, das Kind störte diese tiefen Einblicke in ihr Privatleben und erbat mehrfach eindringlich die Löschung der Bilder.

Angesichts der wachsenden und ebenso älter werdenden Facebook-Community dürfte diese (wahrscheinlich erdachte?) Geschichte längst kein Einzelfall mehr sein und die Gerichte in einigen Jahren damit beschäftigt werden. Wie ist eigentlich die deutsche Rechtslage diesbezüglich und was für eine Klage käme in Betracht?

Das Recht am eigenen Bild

Grundsätzlich richten sich die rechtlichen Ansprüche der von Fotos oder in Videos abgelichteten Personen nach dem Recht am eigenen Bild (§§ 22, 23 KUG), das als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) anerkannt ist. So ist die Herstellung von Fotos anderer Personen nur mit Einwilligung des Abgebildeten möglich, die ausdrücklich oder unter ganz bestimmten Voraussetzungen in Ausnahmefällen auch konkludent erteilt werden kann (Vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 28.06.2011, Az.: 7 U 39/11). Das Gesetz sieht des Weiteren in § 23 Abs. 1 KUG einige Ausnahmen von diesem Erfordernis vor, wenn der Betroffene beispielsweise während einer öffentlichen Veranstaltung fotografiert wurde oder er nur ein bloßes Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit darstellt. Bei Promis oder bekannten Politikern kann ebenso ein öffentliches Berichterstattungsinteresse als Bildnis „aus dem Bereich der Zeitgeschichte“ angenommen und die Herstellung und Verbreitung des Fotos durch die Presse danach rechtlich zulässig sein, wobei diesbezüglich zahlreiche Indizien und Einzelheiten entwickelt wurden, die für oder gegen diese Begünstigung sprechen.

Bei besonders schwerwiegenden Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, insbesondere wenn dadurch ein erheblicher Schaden beim Betroffenen entstanden ist, sind neben dem Anspruch auf Unterlassung der Herstellung bzw. Verbreitung dieses Bildnisses noch der Anspruch auf Schadensersatz denkbar (§ 823 Abs. 1 bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG). Dem Opfer kann der materielle und oder immaterieller Schadensersatz zugesprochen werden, wobei letzteres auch der Genugtuung bzw. Wiedergutmachung oder als Abschreckungswirkung gelten kann.

All dieses müsste bei den ordentlichen Gerichten nach dem Zivilrecht verhandelt werden, z.B. beim Amtsgericht oder Landgericht.

Kann das Kind die Eltern verklagen?

Aber was ist, wenn der Betroffene noch Minderjährig ist oder aber erst viele Jahre später nach der Veröffentlichung der Bilder klagen möchte? Derartige Umstände machen den Rechtstreit damit interessanter, ohne dabei nur die Bandbreite der Zivilprozessordnung zu durchleuchten. Minderjährige können nicht selber als Kläger auftreten, sondern müssen sich durch ihre Eltern (Erziehungsberechtigte) vor Gericht vertreten lassen (Vgl. §§ 51, 52 ZPO, § 1629 BGB). Ab dem 18. Lebensjahr können sie dann in der Regel selber klagen und dem Prozess alleine beiwohnen. Denkbar ist sogar, dass die Eltern auf beiden Seiten sitzen oder aber ein (Rechts-)Pfleger.

Die 18-Jährige Wienerin soll seit kurzem volljährig sein und wählte nun den Gang zum Gericht, da die Eltern scheinbar uneinsichtig sind/waren und auch auf ihre Bitten nicht eingehen. Maßgeblich ist für die Bestimmung des Zeitpunkts der regelmäßigen Verjährung (nach 3 Jahren) die Kenntnis vom schädigenden Ereignis bzw. des Schadeneintritts (§§ 194, 195 BGB).

In Frankreich existiert seit kurzem eine spezielle Rechtsnorm, wonach die Kinder ab dem 14. Lebensjahr ihre Eltern auf Schadensersatz von bis zu 45.000 Euro (oder ein Jahr Haft) wegen der Veröffentlichung persönlichkeitsverletzender Fotos verklagen können.

So weit geht die deutsche Rechtslage nicht.

Kinderfotos auf Facebook

Woran nur die Wenigsten denken, sind zahlreiche weitere tatsächliche Umstände bei der Veröffentlichung von Fotos auf Facebook. Zum einen wird dem Betreiber des größten Sozialen Netzwerks der Welt das Nutzungsrecht an jedem hochgeladenen Foto eingeräumt – Das US-Amerikanische Unternehmen erhält somit vom Nutzer eine Lizenz, das Foto beispielsweise für eigene Werbung (oder auch den Verkauf an Dritte?) nutzen zu können. Das mag zwar viele Mitglieder auf dem ersten Blick nicht sonderlich stören, kann doch quasi jedes im Internet veröffentlichtes Foto „geklaut“ oder von Fremden für alle denkbaren Zwecke (illegaler weise) genutzt werden. Doch im heutigen Wirtschaftszeitalter sind persönliche Daten wie auch Personenfotos oder E-Mail-Adressen von existierenden Menschen ein hohes Gut, das zunehmend von Unternehmen wirtschaftlich vorteilhaft umgesetzt werden kann. Deshalb wird auch das Datenschutzrecht berührt, wenn personenbezogene Daten an Unternehmen übermittelt werden.

Nicht zuletzt heißt es: Das Internet vergisst nie! Dank uferloser Speicherung und Filtermethoden, wie auch die steigende Verknüpfung von persönlichen Informationen (Profilbildung) kann ein einmal bei Facebook geteiltes Foto kaum wieder gelöscht werden und möglicherweise nach 20 Jahren immer noch einmal in der timeline oder an anderen Stellen im Web auftauchen. Und jeder wird sicherlich das eine oder andere Foto aus seiner Vergangenheit (oder seiner Kindheit) kennen, das ihn in unvorteilhaften Situationen zeigt und nicht unbedingt der ganzen Welt zugänglich gemacht werden soll. Bei Facebook wird es irgendwann wieder einmal in den Vordergrund gerückt werden.

Zum anderen kommen die Gefahren des Identitätsdiebstahls oder der Verwendung von Bildern für Fake-Profile oder stumpfsinnige Bloßstellungen hinzu. Bei Kinderfotos sollte ebenso daran gedacht werden, dass im Internet auch viele Personen unterwegs sind, die sich sexuell durch derartige Fotos erregen oder gar zu Straftaten verleiten lassen. Oder die Bilder für ihre heimliche Fotoserie auf dem Computer speichern.

Die Polizei wendet sich an Eltern

Die Polizei NRW Hagen warnte bereits vor rund einem Jahr mit einer medienwirksamen Kampagne vor der Veröffentlichung von Kinderfotos auf Facebook, die mittlerweile viele Millionen Menschen erreicht hat. Trotz dieser eindrucksvollen Botschaft und den einleuchtenden Argumenten halten sich viele Eltern nicht an diese Anregung, sondern laden fleißig – tagtäglich – neue Babyfotos oder Kinderbilder hoch, vielfach sogar mit einem ganz öffentlichen Profil und ohne angepasste Privatsphäre.

Folglich ist zu erwarten, dass dank Smartphones und immer neuen Apps und Communitys die Verbreitung von solchen sensiblen Bildern weiter zunehmen wird. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis die betroffenen Kinder erwachsen geworden sind und es zu Rechtstreitigkeiten sowie zu ersten Verurteilungen kommt. Bis jetzt sind lediglich die Fälle bekannt, in denen die Eltern untereinander prozessieren wegen der Veröffentlichung von Bildern des Kindes (Vgl. Amtsgericht Menden, Urteil vom 03.02.2010, Az.: 4 C 526/09) oder gegen die Presse.

Doch soweit dürfte es nicht kommen, würden die Interessen und Persönlichkeitsrechte der Kinder und Familienangehörigen besser geschützt werden. Dass das Thema juristisch schwer zu handhaben ist, liegt auch in der Minderjährigkeit der Betroffenen begründet. Gerade deshalb könnte der „französische“ Ansatz insofern richtungsweisend, als das zumindest eine teilweise Heraufstufung der Interessen der Kinder erfolgt. Denkbar wäre es in Deutschland diese juristische Selbstbestimmung an die Altersklassen aus dem Jugendschutz oder die Religionsmündigkeit, oder aber die gesetzlich nicht bestimmte Teilgeschäftsfähigkeit zu knüpfen, die schon bereits mit Vollendung des 14. Lebensjahr bestehen können.

Lesetipp: Das Fotorecht im Zeitalter von Facebook und Co.

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Buchrezension: Wedde, Kurzkommentar zur EU-Datenschutz-Grundverordnung, 1. Auflage 2016

Am 24. Mai 2016 ist die langerwartete Datenschutz-Grundverordnung der EU (EU-DSGVO) in Kraft getreten, die wohl die größten Änderungen des Datenschutzrechts in diesem Jahrtausend mit sich brachte bzw. zukünftig bringt. So wird die Grundverordnung zwar erst ab dem 25. Mai 2018 ihre eigentliche Wirkung entfalten und europaweit das Datenschutzrecht maßgeblich mitbestimmen. Doch bereits heute schon gilt es sich auf die neuen Regelungen vorzubereiten, zumindest so gut es geht. Denn vieles ist derzeit noch Neuland und eher mit einem Blick in die Glaskugel zu vergleichen, da insbesondere im Bereich der Datenverarbeitung im Internet oder beispielsweise beim Beschäftigtendatenschutz neue Gesetze und Vorschriften erst noch zu entwickeln und auszuführen sind.

Handbücher und Gesetzeskommentare zu der Grundverordnung sind bislang an einer Hand abzuzählen.

Im Bund-Verlag wurde vor wenigen Tagen ein Kurzkommentar zur EU-DSGVO inklusive Synopse von Prof. Dr. Peter Wedde veröffentlicht, in dem bereits mehrere Handbücher und Gesetzeskommentare zum Datenschutzrecht und Arbeitsrecht von ihm erschienen sind. (Wie z.B. der BDSG-Kompaktkommentar).

Zum Autor:
Dr. Peter Wedde, Professor für Arbeitsrecht und Recht der Informationsgesellschaft an der Frankfurt University of Applied Sciences und wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Datenschutz, Arbeitsrecht und Technologieberatung in Eppstein.

Aufbau: Kurzkommentar zur EU-Datenschutz-Grundverordnung

Das Werk umfasst 346 Seiten und ist im Wesentlichen in 4 Kapitel aufgeteilt.

Das Vorwort
A. Überblick
B. Erwägungsgründe der EU-DSGVO
C. Kurzkommentar
D. Synopse

Das erste Kapitel (S. 9 bis 30) verschafft dem Leser einen kurzen Überblick über die (neuen) Themengebiete, wie z.B. die Betroffenenrechte, Rechtsbehelfe oder die allgemeinen Begriffsbestimmungen aus der Datenschutz-Grundverordnung.

Anschließend präsentiert der Autor im zweiten Kapitel die kompletten Erwägungsgründe der EU-DSGVO (S. 31 bis 74) aus der deutschen Übersetzung, die der Verordnung im offiziellen Papier der EU vorangestellt sind.

Wedde, Kurzkommentar mit Gegenüberstellung: BDSG - EU-DSGVO
Wedde, Kurzkommentar mit Gegenüberstellung: BDSG – EU-DSGVO

Den Kern des Kurzkommentars bildet das dritte Kapitel (S. 75 bis 190). Prof. Wedde führt auf diesen Seiten den Gesetzestext der EU-DSGVO aus und kommentiert in knappen Worten die einzelnen Normen bzw. dessen Absätze. Die rechtlichen Hinweise orientieren sich in der Regel an den Erwägungsgründen oder beschränken sich allein auf den Verweis auf den jeweiligen Erwägungsgrund. Nur wenige Vorschriften werden hier einer Bewertung unterzogen, die über die inhaltliche Wiedergabe der Erwägungsgründe hinausgeht. Es bleibt bei ersten Gedankenanstößen und Verweisen, die jedoch beim Verständnis der Verordnung und der Einbeziehung der Erwägungsgründe helfen.

Im Rahmen der Synopse (Kapitel 4) wird auf rund 150 Seiten der Gesetzestext der Grundverordnung mit dem derzeitigen Gesetzestext der BDSG gegenübergestellt, wobei der Autor versucht, thematisch und strukturell die Vorschriften zu vergleichen. In der Tabelle mit zwei bzw. drei Spalten werden die einzelnen Absätze und Sätze der jeweiligen Vorschrift in einer Höhe zugeordnet. So können Unterschiede und Ähnlichkeiten der Rechtslage strukturell sofort ins Auge fallen. Vereinzeln sind zusätzliche rechtliche Erklärungen angegeben.

Es fehlt ein abschließendes Stichwortverzeichnis, weswegen die Suche nach bestimmten Themen oder Schlagwörtern und somit insgesamt die Arbeit mit der neuen Materie kaum erleichtert wird.

Fazit

Wie lässt sich der Kurzkommentar nun abschließend bewerten? Der überwiegende Teil des Werks stellt eine Gegenüberstellung der beiden Gesetzestexte und die Wiedergabe der Erwägungsgründe aus der Grundverordnung dar und enthält dementsprechend keine Kommentierung oder Analyse. Durch die tabellarische Anordnung werden die einzelnen Vorschriften teilweise über mehrere Seiten auseinandergerissen, so dass – trotz der eigentlich guten Idee der Synopse – die Übersicht darunter leidet. Vielleicht hätte hier eine andere Gestaltung des Layouts, z.B. die Einstellung des Textes als Querformat oder ohne die dritte Spalte (rechtliche Hinweise) geholfen.

Und auch die Kommentierung der neuen Vorschriften, die in eine kleine Spalte gezwängt wurden, beschränkt sich auf wenige oberflächliche Beschreibungen. Dies mag dem Umstand geschuldet sein, dass es derzeit noch an zu Papier gebrachtem juristischen Wissen zu den bevorstehenden Regelungen des Datenschutzes fehlt. Der Autor hätte sich durchaus etwas mehr Zeit für den Kurzkommentar lassen oder die juristische Literatur einbeziehen können.

Der wissenschaftliche Zugewinn am baldigen Datenschutzrecht durch dieses Werk hält sich daher gering. Der Kurzkommentar liefert jedoch einen guten Überblick über die neuen Regelungen, stellt die veränderte Rechtslage konkret an den einzelnen Normen sehr gut übersichtlich dar. Wer schnell einmal durch die neuen Vorschriften – in Papierform – blättern und die alten und neuen kurz vergleichen möchte, dem sei das Werk empfohlen. Alle anderen müssen sich wohl noch ein wenig gedulden.

Alle Daten im Überblick
Peter Wedde, Kurzkommentar zur EU-Datenschutz-Grundverordnung mit Synopse BDSG/EU-DSGVO
346 Seiten, kartoniert, 1. Aufl. 2016
ISBN: 978-3-7663-6442-5
Verlag: Bund-Verlag
Ladenpreis: 39,90 Euro

Weitere Informationen zu diesem Werk, das Inhaltsverzeichnis sowie eine Leseprobe finden sich auf der Seite des Bund Verlags, auf welcher der hier besprochene Kurzkommentar auch käuflich zu erwerben ist.

 

Hinweis: Das Handbuch wurde mir dank der freundlichen Unterstützung des Bund Verlags für die Rezension zur Verfügung gestellt.

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Drohnen: Viele Zukunftsvisionen, aber auch viel Rechtsunsicherheit

Eines der Hauptthemen der diesjährigen IFA in Berlin sind die Drohnen im Consumer-Bereich. Die kleinen elektronischen Flugkörper für Jedermann werden nicht nur immer beliebter, sondern mittlerweile sogar im professionellen Wettbewerben wie dem Drohnen-Rennen der „Dronemaster Summit“ oder auf den Drohnen „Weltmeisterschaften“ in Dubai eingesetzt. Immer mehr Hersteller drängen in den Markt, was zu sinkenden Preisen und verbesserter Technik führt. Bald gibt es vermutlich die kleinen Flieger für ein paar Hundert Euro im Supermarkt.

Doch auch negative Schlagzeilen sind keine Seltenheit: Es sind bereits mehrere Beinahezusammenstöße bewiesen. So soll sogar der zivile Luftverkehr in Los Angeles gestört worden sein, als eine Drohne einen Airbus A380 von der Lufthansa im Landeanflug nahezu berührte. Auch vor wenigen Wochen ist über München eine Drohne nur wenige Meter entfernt von einem Airbus während des Landeanflugs geflogen, weswegen dem Drohnenbesitzer nun ein Strafverfahren droht.

Nach Angaben der Deutschen Flugsicherung (DFS) sind etwa 30 Beinahezusammenstöße im laufenden Jahr protokolliert worden. In der Schweiz sorgte jüngst ein Fotograf für Aufsehen, der eine Drohne über ein Schweizer Atomkraftwerk steuerte und Bilder aus dem Schornstein aufzeichnete.

Bei steigender Beliebtheit und Flugeinsätzen dieser Fluggeräte sind tödliche Unfälle nur noch eine Frage der Zeit. Hinzu kommt die Gefahr von Rechtsbrüchen durch die heimliche Überwachung oder das ungewollte Filmen von Firmengeländen oder selbst von Nachbars Garten.

Die neue Rechtslage: Der Drohnen-Führerschein wird gefordert

In der Vergangenheit war die Regulierung der privaten oder gewerblichen Nutzung der zivilen Drohnen nur bedingt möglich, was zu einer offenkundigen Rechtsunsicherheit führte. Dies wird sich nun ändern.

Der Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt plante bereits Ende letzten Jahres eine Art „Drohnen-Führerschein“ mit strengeren Regelungen für den Einsatz von Drohnen durch Privatpersonen oder gewerbliche Nutzer. Dabei wird an Schulungen, bestimmte „Grenzen“ und deutlichere Aufklärung als Mindestmaß gedacht.
In der Zwischenzeit initiierte das Bundesverkehrsministerium (BMVI) eine geplante Anpassung des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) und der Luftverkehrsordnung (LuftVO).

Der Plan sieht unter anderem vor:

  • Private Drohnen dürfen nicht höher als 100 Meter und nicht außerhalb der Sichtweite des Steuerers fliegen
  • Der Flug über Kraftwerke, Industrieanlagen, Militärgelände, Bundesfernstraßen und Eisenbahnlinien ist verboten.
  • Ebenso gelten Verbotszonen über Demonstrationen, Menschenansammlungen, Katastrophengebieten oder sonstigen Einsatzgebieten der Polizei oder anderer Sicherheitsbehörden.
  • Die gewerbliche Nutzung von Drohnen, beispielsweise für professionelle Aufnahmen oder Dienstleistungen, wird gesondert geregelt und kann weitestgehend durch die Bundesländer gestaltet werden.
  • Die gewerblichen Betreiber benötigen zukünftig den Drohnenführerschein, der die erfolgreiche Ablegung einer Prüfung beim Luftfahrt-Bundesamt erfordert.

Was für Rechtsverstöße sind denkbar?

Es gibt zwar auch nach einer Neuregelung kein eigenständiges „Drohnen-Gesetz“, aber aus der LuftVO lassen sich hinsichtlich der kleinen elektronischen Flugkörper die genannten Einschränkungen ableiten. Inwieweit diese zukünftig kontrolliert werden, bleibt abzuwarten.

Und auch in den allgemeinen Gesetzen hierzulande finden sich vereinzelt Vorschriften, die diesbezüglich infrage kommen könnten. Im deutschen Strafrecht findet sich z.B. seit wenigen Jahren der Paragraph 201a Strafgesetzbuch (StGB). § 201a StGB verbietet die Herstellung von Bildaufnahmen von geschützten, höchstpersönlichen Lebensbereichen wie dem Wohnzimmer oder eines gegen Einblick besonders geschützten Raumes. Wer also mit einer Drohne unbefugt einen großen Sichtschutz des Nachbars überfliegt und ohne Einwilligung oder gegen den Willen des Bewohners Fotos bewirkt, könnte sich strafbar machen. Zudem schützen §§ 22, 23 KUG (i.V.m. dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 I, 1 I GG grundsätzlich auch vor der Verbreitung oder Zurschaustellung von Bildnissen, auf denen eine Person klar erkennbar als solche abgebildet ist. Weiter Voraussetzungen sind, dass dies ohne Einwilligung des Abgebildeten erfolgt und keine der in § 23 KUG genannten Ausnahmen greifen. Oft wird diesbezüglich argumentiert, die abgebildete Person sei nur ein „Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit“.

Und auch das Datenschutzrecht darf nicht ganz aus dem Auge verloren werden. Die Datenschützer warnten daher bereits vor 2 Jahren vor Rechtsverstößen durch die elektronischen Fluggeräte, die z.B. aus heimlichen Aufnahmen des Nachbargrundstücks oder Firmengeländen resultieren. Wenn Zäune und Sichtschutzanlagen problemlos durch die geräuschlosen Drohnen überflogen werden können, liegt in der Regel nicht nur ein strafbarer Hausfriedensbruch, sondern auch die Verletzung von individuellen Rechtsgütern, z.B. dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 1, Art. 1 1 GG und § 22, 23 KUG vor.

Nun stehen neue gesetzliche Regelungen und ein persönlicher Eignungstest im Raum. Umgesetzt ist davon bislang nichts, was wohl auch daran liegen mag, dass die Europäische Kommission dem Bestreben des deutschen Ministers einen Riegel vorgeschoben hat und eine Beschränkung des Markts hierin erkennt. Und ein solcher „Boom“ wird längst erwartet.

Gesetze für die Zukunft?

Denn nicht zuletzt setzen Industrie und vor allem größere IT-Unternehmen auf innovative Konzepte rund um den Einsatz von Drohnen. Der weltgrößte Online-Händler Amazon arbeitet bereits an einer „eigenen“ Drohne, die eine schnellere Auslieferung der Ware gewährleisten könnte. Mittlerweile ist die Software bzw. Technologie so weit fortgeschritten, dass die „Amazon Drohne“ sogar die Umgebung verstehen, Hindernissen automatisch ausweichen und daher eigenständig den Weg zum Kunden finden soll. Ähnliche Konzepte befinden sich in den selbstfahrenden Fahrzeugen der nahen Zukunft. Facebook sieht sich veranlasst, größere Drohnen als eine Art fliegenden „Sendemast“ über bestimmten Regionen der Welt zu installieren, damit die Netzabdeckung vorangebracht und somit auch die Welt ein bisschen mehr miteinander „verknüpft“ wird.

Selbst die Berliner Polizei macht sich die Drohnen-Technologie für eine bessere Überwachung von öffentlichen Plätzen zunutze.

Die Zukunft der Drohne wie auch der Robotor-Technologie oder der autonomen Fahrzeuge scheint unaufhaltbar zu sein. Von entscheidender Rolle wird daher die Frage sein, wie der Gesetzgeber reagieren und die Vorschriften immer möglichst aktuell an die neuen technischen Möglichkeiten anpassen wird, um so auf die Rechte des Einzelnen weiterhin zu schützen, gleichwohl aber auch die wirtschaftliche Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Deutschland nicht auszubremsen.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, aber auch weitere bestehende Vorschriften (z.B. § 201a StGB, §§ 22, 23 KUG und aus dem Datenschutzrecht § 6b BDSG) müssen auch zukünftig ihre Schutzwirkung entfalten können und sollten nicht durch die fortschrittliche Technologien unterlaufen werden. Doch für die Geltendmachung der (Abwehr)ansprüche bedarf es erst einmal der Kenntnis der Rechtsverstöße – doch in vielen Fällen wird es hieran fehlen, beispielsweise bei versteckter Videoüberwachung oder immer kleineren Flugkörpern.

Interview mit den Copternauten

Passend zum Thema konnte ich vor einiger Zeit ein Interview mit Dennis Möbus und dem Team von den Copternauten führen.

Die Copternauten – haben sich vor über zwei Jahren gegründet. Sie bieten professionelle Luftbildaufnahmen in Foto und Video an, sind eigentlich ein rundum-Dienstleister. Anfänger können Flugschulungen bei Ihnen besuchen. Darüber hinaus reparieren, modifizieren und inspizieren sie auch Drohnen und sind leidenschaftliche Flieger.

Zunächst die Frage: Wie leicht fällt einem Laien eigentlich die Steuerung einer handelsüblichen, privaten Drohne? Und wie schnell bzw. weit kann diese problemlos fliegen?

Dennis Möbus, Copternauten: Sehr leicht. Nach wenigen Flügen beherrscht man bereits die Grundlagen im Fliegen. Einfach ist es durch die GPS-gestützte Steuerung geworden, die den Copter sehr einfach in der Luft hält. Normale Flugmodelle haben diese Möglichkeit nicht und müssen durchgehend gesteuert werden.

Gibt es auch geräuschlose oder kleinere Flugkörper, die schwer wahrnehmbar sind? Oder ist das eher Militärtechnik der Zukunft?

Durch die hohe Drehzahl der Motoren/Rotoren ist immer ein lautes Surren wahrzunehmen, selbst in großen Höhen. Ausspionieren, ohne dass es jemand merkt, ist daher kaum möglich.

Bei größeren Drohnen lassen sich Kameras installieren, insbesondere nutzen Fotografen oder Hobby-Filmer gern diese moderne Technik für ausgefallene Filmaufnahmen aus der Luft. Nimmt dieser Trend weiter zu und eine wesentliche Rolle bei Drohnen ein?

Dieser Trend nimmt sehr stark zu. Ich gehe davon aus, dass der Großteil ausschließlich hierfür gekauft wird. Beliebter werden allerdings immer mehr die Drohnen, die mit Kamera unter 5 KG kommen (leichtere Genehmigungsverfahren).

Dabei besteht jederzeit die Gefahr, dass auf diese Weise rechtwidrige Aufnahmen von Firmengeländen oder selbst durch heimliche Fotos vom Nachbargrundstück entstehen. Wie steht ihr dazu?

Wenn man sich an die geltenden Rechte hält, hat man eigentlich nichts zu befürchten. Wir hatten bisher noch nie Probleme, da wir im Vorfeld immer alle erforderlichen Genehmigungen eingeholt haben. Das gilt nicht nur für die Privatrechte, sondern allgemein auch für die Aufstiegsgenehmigungen an sich.

Jüngst wurden Pläne bekannt, dass Amazon wie auch andere größere Unternehmen an Drohnen als neue Infrastruktur arbeiten. Diese könnten z.B. die Auslieferung von Waren an den Endkunden vereinfachen und beschleunigen. Und auch Facebook arbeitet offiziell seit einiger Zeit an größeren Flugkörpern, die als eine Art „W-LAN“-Station über bestimmte Gebiete fliegen und dort die Verbreitung des Internets fördern sollen. Habt ihr von derartigen Konzepten gehört und haltet ihr dies für realisierbar in naher Zukunft? Und wäre es ein Vorteil?

Ich gehe davon aus, dass dies alles eher Marketingprojekte sind. Die Rechtslage in Deutschland ermöglicht autonome Flüge zum Transport von Gütern jeglicher Art derzeit eigentlich nicht. Zudem darf man nicht über Menschenmengen fliegen und außerdem nur im Sichtbereich des Piloten. All das ist bei einem autonomen Flug nicht gewährleistet und würde entsprechend gegen mehrere gesetzliche Einschränkungen verstoßen. Ich denke hier wird sich in der Zukunft auch nichts ändern. Eher werden die Einschränkungen noch größer.

In letzter Zeit häufen sich die Meldungen, dass es immer wieder zu Zusammenstößen oder Beinaheunfällen in der Luftfahrt kam. So soll eine Passagiermaschine im Landeanflug auf einem bekannten Airport in den USA fast mit einer Drohne kollidiert sein. Wie lässt sich dies regeln oder besser verhindern?

Der Hersteller müsste die Höhengrenze fest in der Drohne beschränken und diese Beschränkung auch nicht aufheben lassen. Hier sind wir wieder beim Thema: Hält man sich an die geltenden Gesetze, sind solche Beinaheunfälle und Zusammenstöße eigentlich unmöglich. Technisch wäre es kein Problem in die Steuerungsapps etwas Entsprechendes einzuprogrammieren, bisher haben sich die Hersteller allerdings noch nicht zu diesem Schritt entschieden – warum auch immer.

In Deutschland kam im vergangenen Jahr aus der Ecke des Verkehrsministeriums der Vorschlag, einen so genannten „Drohnenführerschein“ einzuführen. Dieser sieht je nach Nutzung und Größe gewisse Schulungen und Einschränkungen der Drohnennutzung vor? Eure Meinung dazu? Sinnvoll, übertriebene Vorsichtsmaßnahme oder reine Politik?

Wir begrüßen die Einführung eines entsprechenden Führerscheins. Diese wäre natürlich geknüpft mit einer Vereinheitlichung der Genehmigungslage in Deutschland. Leute, die professionell mit Drohnen arbeiten, sollten es etwas leichter haben, gleichzeitig aber die Hobbypiloten in ihrer Freiheit etwas mehr eingeschränkt werden. Zudem hat jedes Bundesland derzeit noch seine eigenen Regeln, eine bundesweit einheitliche Regelung wäre wünschenswert. Zudem wäre auch eine Kennzeichnungspflicht, ähnlich eines Nummernschildes (was auch digital möglich wäre) wünschenswert. Dann würden sich viele sicher auch mehr Gedanken machen, bevor sie gegen Gesetze verstoßen.

Wie könnte eine stärkere Regulierung oder gar Verschärfung der Rechtslage auch hinderlich für die technische und wirtschaftliche Entwicklung in Europa sein?

Also die Unternehmen, die entsprechende Arbeiten mit Drohnen professionell betreiben, haben meiner Meinung nach keine großen Probleme mit einer Verschärfung.

Wie sieht ihr die Entwicklung des Marktes? Werden dank sinkender Preise und immer neuer Modelle bald Drohnen und vergleichbare Flugkörper zu einem Massengeschäft? Hat bald jeder zweite eine Drohne als Hobby?

Die Flugkörper sind bereits heute ein Massengeschäft und werden es natürlich immer mehr. In Deutschland werden täglich mehrere tausend Flugmodelle verkauft, der Markt wächst stetig und die Modelle verbessern sich in ihrer Technik rasant. Es ist eher interessant, wie die Modelle wohl in ein paar Jahren aussehen werden und vor allem, was sie auch dann alles können.

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Selfies am Arbeitsplatz – erlaubt?

In den letzten Wochen sorgte die schwedische Co-Pilotin Maria Pettersson für Aufsehen in den sozialen Netzwerken (Siehe: Spiegel-Online Artikel vom 09.08.2016). Mit Fotos auf ihrem Instagram Account, insbesondere mit ansprechend inszenierten Selfies aus dem Cockpit, erreicht sie mittlerweile über 270.000 Fans – und schaffte es so nach rund 9 Monaten auch in die Medien. Einen Blog gibt es auch, der jedoch weniger Aktivitäten aufweist.

Dies wirft viele interessante medienrechtliche Fragestellungen auf. Sind Selfies am Arbeitspatz überhaupt erlaubt? Und was könnte der Arbeitgeber dagegen unternehmen? Ist alles nur Eigenwerbung oder möglicherweise vom Arbeitgeber sogar gewünscht?

Medienrecht: Das private Handy während der Arbeit

Zunächst gilt es das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG in Ausprägung durch das Recht am eigenen Bild nach § 22 KUG zu achten. Danach ist grundsätzlich die Verbreitung und öffentliche Zur-Schau-Stellung von Bildnissen nur mit Einwilligung des Abgebildeten zulässig. Ausnahmen hiervon greifen, wenn der Betroffene beispielsweise eine Person des öffentlichen Interesses ist, so z.B. bei Promis oder Amtsträgern oder er nur ein bloßes Beiwerk auf dem Foto darstellt. Bei einem Selfie stellt sich diese Diskussion natürlich nicht. Und die Freunde und Kollegen der Pilotin, die zumeist freundlich mit in die Kamera lächeln, erteilen in der Regel (konkludent) damit ihre Einwilligung. Im Arbeitsverhältnis wäre diese schriftlich dem Arbeitgeber gegenüber zu erteilen, wie es bei Mitarbeiterfotos auf der Webseite der Firma verlangt wird.

Anders verhält sich die Situation jedoch während der Arbeitszeit und insbesondere am Arbeitsplatz. Und das ist nun mal das Cockpit für die 32-jährige Co-Pilotin. Allgemein hat der Arbeitnehmer pflichtgemäß seines Arbeitsvertrages während der Arbeitszeit zu handeln und seine Aufmerksamkeit auf die Verrichtung seiner Tätigkeit zu lenken. Ein Zugführer oder Pilot hat während der Fahrt/des Fluges auf die Kontrolle über das Fortbewegungsmittel zu achten und dafür Sorge zu tragen, dass die Gäste und Kollegen unversehrt bzw. plangemäß am Ziel ankommen. Das Surfen am Handy oder Fotografieren lenkt hiervon grundsätzlich ab.

Arbeitsrechtlich kommt dem Arbeitgeber das Weisungs- sowie Direktionsrecht und im Firmengebäude bzw. bei der Anwesenheit des Angestellten am Arbeitsort das Hausrecht zu. Kleiderordnung, Sicherheitskontrollen, Vorgaben hinsichtlich des Auftretens und allgemeine Weisungen zur ordentlichen Arbeit stützen sich hierauf. Maßgeblich ist die jeweilige Schutzwürdigkeit des Interesses des Arbeitnehmers. Die Fabrikation von spezieller Technologie oder das Arbeiten beim Militär ist nicht zu vergleichen mit dem „einfachen“ Bürojob oder einer Aushilfstätigkeit in der Gastronomie.

Der Arbeitnehmer kann darüber hinaus sogar durch Betriebsvereinbarungen (falls ein Betriebsrat existiert) oder Mitarbeiter-Richtlinien zusätzlich zum Arbeitsvertrag die Nutzung von privaten Mobiltelefonen durch seine Angestellten bei der Arbeit regeln. Hiermit könnte sogar die Nutzung des persönlichen Smartphones oder Facebook und Co. während der Arbeit untersagt werden.

In der Regel toleriert es der Arbeitgeber gleichwohl, wenn der Angestellte mal ab und zu auf sein privates Handy schaut oder private E-Mails abruft. Bei zu ausgiebiger Nutzung droht eine Abmahnung oder in besonderen Ausnahmen auch die fristlose Kündigung.
Mithin könnte man daran denken, dass vielleicht auf Grund von Sicherheits- und Geheimhaltungsvorschriften detailtreue Fotos aus dem Cockpit verboten sind, sofern sie die Sicherheit des Flugverkehrs oder dessen Ablauf am Boden gefährden. Das ist anzunehmen, wenn Passwörter oder technische Zugangskontrollsysteme gut erkennbar sind.

Im Übrigen häufen sich die Entscheidungen der Arbeitsgerichte zu (rechtswirksamen) Kündigungen wegen Fotos oder Äußerungen der Angestellten in den sozialen Netzwerken. Wird dem Arbeitgeber beispielsweise durch rechtsradikale Äußerungen des Mitarbeiters bei Facebook oder twitter geschadet, selbst wenn der Azubi oder Sozialarbeiter sich zu diesen Aussagen in der Freizeit hat hinreißen lassen, so spricht vieles für eine wirksame Kündigung (Vgl. Arbeitsgericht Mannheim, Urteil vom 19.02.2016). (Daher empfiehlt es sich den Mitarbeitern so genannte Social Media Guidelines vorzugeben).

Datenschutz im Arbeitsverhältnis

Und was ist mit dem Datenschutz? Nicht nur die auf Fotos klar erkennbaren Menschen zählen zu den personenbezogenen Daten im Sinne von § 3 Abs. 1 BDSG, sondern auch die Klarnamen oder aber weitere Orts- und Zeitangaben in Verbindung mit den Bildern können solche Informationen darstellen, die unter den Datenschutz fallen. Zum Teil können bereits die Flugdaten, Angaben zum Aufenthaltsort insgesamt personenbezogene Daten nach dem deutschen Datenschutzrecht enthalten.

Daran knüpft die allgegenwärtige Situation im internationalen Datenschutz an, die derzeit rund um das EU-US Privacy Shield diskutiert wird. So bestehen weiterhin Bedenken hinsichtlich einer tragfähigen Rechtsgrundlage für die Übermittlung von personenbezogenen Daten in die USA – Beispielsweise auf Server von Facebook, Instagram und weitere Social Media Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU. Unternehmen sollten hierauf achten – bei der privaten Nutzung von sozialen Netzwerken spielt diese Problematik für den Einzelnen eine eher untergewichtete Rolle.

Alles nur Werbung?

Die 32-jährige Schwedin ist seit 2 Jahren in der Crew und hat nie direkt ihren irischen Arbeitgeber erwähnt, gleichwohl sind hier und da auf den Fotos die Logos und Flugdaten der Airline zu erkennen. Eine offizielle Bestätigung dieser Aktivitäten seitens des Unternehmens gab es bislang nicht – wohlmöglich genießt man insgeheim dennoch diese Publicity. Im Wettbewerb der Fluggesellschaften und wegen des angekratzten Images manch einer „Billig-Airline“ sind positive Eindrücke gern gesehen. Und kostenlose Werbung sowieso.

Aber vielleicht steckt sogar eine Marketing-Strategie hinter den Social Media Aktivitäten der Pilotin, die Teil einer viralen Marketingkampagne ist?

Zu denken wäre in diesem Falle an Schleichwerbung und das Wettbewerbsrecht. Schließlich ist Werbung als solche klar kenntlich zu machen (Vgl. § 5a Abs. 6 UWG) und ohnehin weit gefasst, andernfalls liegt eine unlautere Handlung vor (Vgl. § 4 Nr. 3 UWG). Und wer sich nicht an die werberechtlichen Vorgaben hält, begeht unter Umständen einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht oder Telemediengesetz (Vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG). So drohen teure Abmahnungen durch Wettbewerber, die sich benachteiligt sehen. Dies setzt ein Wettbewerbsverhältnis voraus.

Die spaßvollen Fotos aus dem Cockpit oder von der Schwedin bei ihren Yoga-Übungen an den traumhaften Stränden dieser Erde sind wahrlich ein Hingucker und eigentlich fast schon zu professionell hergestellt, als dass sie eben mal so aus dem Handgelenk entstanden sein können. Deshalb sind diese Gedankenspiele gewiss nicht ganz fernliegend. Ein Nachweis wird indes wohl kaum zu erbringen sein.

Die Co-Pilotin selbst strebt keine neue Karriere als Model an, sondern ist mit ihrem Job sehr zufrieden, wie sie in den Medien verlautbaren lies. Und der Arbeitgeber scheinbar auch mit ihr, sonst hätte er im Rahmen der rechtlich zulässigen Maßnahmen diese Social Media Aktivitäten der jungen Schwedin längst unterbunden.

Fazit

Im bisherigen Ausmaße dürfte die irische Fluggesellschaft die Selfies am Arbeitsplatz (noch) tolerieren und möglicherweise auch als virale Image-Kampagne begrüßen. Im heutigen Social Media Zeitalter sind Promis mit Facebook und twitter Accounts, die den Fans und Followern häufig private Einblicke gewähren, längst nicht mehr fortzudenken. Spätestens wenn die Fotos und Beiträge zunehmen und sogar einen Werbecharakter enthalten, sollten sich die internen Juristen Gedanken machen. Ein Handy-Verbot während der Arbeitszeit und die Reglementierung der Nutzung von Smartphones am Arbeitsplatz ist rechtlich zulässig und in der Praxis keine Seltenheit.

Allerdings gilt es den Selfie-Ego-Wahn in den sozialen Netzwerken auch einmal kritisch zu beäugen – Die steigende Sensationslust mit immer spektakuläreren Bildern und Likes um jeden Preis treibt die Menschen zu bedrohlichen Manövern. Nimmt dies auch Einzug in das Berufsleben und werden Fotos an gefährlichen Arbeitsstätten auch noch in den Medien gefeiert, verschieben sich die Grenzen immer weiter. Wohin soll das noch führen?

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Das Fotorecht im Zeitalter von Facebook und Co.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main (Urt. v. 21.04.2016, Az.: 16 U 251/15) traf vor kurzem eine sehr interessante Entscheidung aus dem Medienrecht, die sich mit zahlreichen aktuellen Fragestellungen zum Recht am eigenen Bild im Zeitalter von Sozialen Netzwerken und Blogs befasst. So zeigten die Richter quasi lehrbuchartig auf, wie die rechtliche Differenzierung im Hinblick auf eine etwaige Einwilligung in die Nutzung eines fremden Fotos bei Facebook und Co. vorzunehmen ist. Und warum die Rechte des Abgebildeten gestärkt werden sollten?

Sachverhalt

Der Kläger nahm als Aktivist an der politischen Demonstration „Germany Stop Taji“ im Februar 2014 in Frankfurt teil, die sich gegen die Tötung von Delfinen in Japan richtete. Auf einem Facebook-Account veröffentlichte er sodann eine Gallery mit 74, teilweise selbst geschossenen Fotos von dieser Veranstaltung. Auf einen diese Bilder war auch der Kläger zu erkennen. Der Beklagte verwendete anschließend in einem Bericht über den Angeklagten den Bildausschnitt eines dieser Fotos, wogegen sich der Kläger wehrte und sogar in Gegenberichten (unter anderem auf twitter) auf den Artikel des Beklagten hinwies.

In vorliegender Entscheidung gab das Gericht dem Kläger (erneut) Recht und stellte fest: Der Kläger kann von dem Beklagten die Unterlassung der Verbreitung dieses Bildnisses verlangen, da er dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Denn allein der Umstand, dass der Kläger an der öffentlichen Demonstration teilnahm und hiervon erstellte Fotos auf einem Facebook-Profil veröffentlichte bzw. sogar später auf die Berichterstattung aktiv reagierte, begründet noch keine Einwilligung in die Nutzung des Fotos durch den Beklagten.

Medienrecht: Viele Details des Einzelfalls

Im Rahmen dieser lesenswerten Entscheidung wies das Gericht gleich auf mehrere Aspekte hin.

So wurde das Recht am eigenen Bild (§§ 22, 23 KUG) des Klägers durch die fremde Nutzung des ihm klar erkennbar zeigenden Bildausschnitts verletzt. In diesem konkreten Fall war die Verwendung des Bildes rechtwidrig. Und das trotz der Umstände, dass

  • a) der Kläger während der Aufnahme an einer öffentlichen Veranstaltung teilnahm,
  • b) das ursprüngliche Foto mehrere Personen auf der Demonstration zeigte und daher dem Grunde nach von den Ausnahmen der Panoramafreiheit (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG) und öffentlichen Versammlung (§ 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG) erfasst sein könnte,
  • c) er selbst Fotos (unter anderem das streitgegenständliche Foto!) auf einem Facebook-Profil veröffentlichte,
  • d) ferner er sogar selbst später dasselbe Bild auf anderen Seiten im Internet einstellte
  • e) und der Kläger wegen seiner gesellschaftlichen Aktivität von einer öffentlichen Bedeutung sein könnte.

Eine solch differenzierte Betrachtungsweise ist bemerkenswert, begründeten doch in der Vergangenheit einige dieser Argumente ganz gegenteilige Urteile zu Gunsten der Verbreitung bzw. Veröffentlichung von Informationen.

Facebook ist nicht zwingend die breite Öffentlichkeit

Vielleicht mag die Entscheidung einige überrascht haben. Immerhin vertraten die Richter damit die Ansicht: Wer eigenhändig Fotos oder Inhalte auf Facebook veröffentlicht, erteilt damit noch lange nicht die freie Nutzungserlaubnis für Jedermann. Denn solange diese Daten im soziale Netzwerk nur von angemeldeten Mitgliedern zu sehen sind, möglicherweise sogar nur von ausgewählten Freunden oder Bekannten, ist dies kein „wie ein Marktplatz öffentlicher Raum“.

Des Weiteren wurde die in der Rechtswissenschaft breitdiskutierte Interessenabwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten (nach Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG i.V.m. §§ 22, 23 KUG) und konträren Rechten des Gegenübers dargestellt – sei es die Pressefreiheit (Art. 5.  Abs. 1 S. 2 GG) oder sei es die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) eines Einzelnen. Hierzu führten die Richter aus, dass die Grundrechte einer Privatperson von weniger Gewicht seien wie die der Presse, wenn also beispielsweise die Veröffentlichung eines Bildes oder einer Information von einem öffentlichen Berichterstattungsinteresse der Allgemeinheit getragen ist. Wenn die Presse über aktuelle Themen aus der Politik oder Gesellschaft berichtet, genießt sie einen höheren Schutz als Beiträge von Privaten mit eher persönlichen Intentionen.

Des Weiteren spielten der Ausschnitt und eine etwaige begleitende Berichterstattung zu der Abbildung eine wesentliche Rolle:

„Bei dem herauskopiertes Einzelbild des Klägers handelt es sich um einen Ausschnitt, der aus dem Bildzusammenhang genommen worden ist. Es hat für sich gesehen als solches keinen Informationswert für die öffentliche Meinungsbildung, da es lediglich die Identifizierung des Klägers als Person ermöglicht. Über den Kontext der Demonstration, in dem das Bild aufgenommen wurde, wird gerade nicht berichtet.“

Das Gericht konstatierte damit auch, dass die Panoramafreiheit (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG) oder Ausnahme bei einem Bildnis der Versammlung (§ 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG) dann jedenfalls nicht mehr greifen, wenn mittels Bildausschnitt eine einzelne Person in den Vordergrund rückt.

Insgesamt stärkten die Richter damit die Rechtsposition des Abgebildeten, der trotz seiner Aktivitäten in der Öffentlichkeit und sogar die erneute Verwendung derselben Fotos nicht jedermann ein Nutzungsrecht einräumt. Dies steht zweifelsohne der Auffassung mancher entgegen: Wer etwas bei Facebook veröffentlicht, muss damit ohnehin rechnen, dass andere diese Daten später ohne oder gegen den Willen des Betroffenen verbreiten bzw. nutzen.

Und wie ist es im Datenschutzrecht?

Gleichwohl ließe sich die Entscheidung auch auf Ebene des Datenschutzrechts besprechen. Denn die erkennbare Abbildung einer Person unterliegt dem personenbezogenen Datum nach § 3 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Und für die Verwendung des Fotos durch den Beklagten bedürfe es grundsätzlich der schriftlichen Einwilligung des Abgebildeten nach §§4, 4a BDSG, sofern nicht eine andere Rechtsgrundlage greift. Hier käme möglicherweise das Medienprivileg (§ 41 BDSG) in Betracht, falls der Beklagte als „Presse“ einzustufen wäre. Oder aber § 28 BDSG, wenn der Beklagte den Bericht auf einem gewerblichen Portal zur Erfüllung eigener Geschäftszwecke veröffentlicht hätte.

Mithin bleibt es dann bei der diskussionswürdigen Koexistenz von den Vorschriften §§ 22, 23 KUG und den Regelungen nach dem BDSG.

Fazit

Der Entscheidung ist im vollen Umfang zuzustimmen, stärkt sie doch die Rechte des Einzelnen.

Der Ausgang des Prozesses wäre gewiss anders verlaufen, wenn das streitgegenständliche Foto durch die Presse im Rahmen einer sachlichen, allgemeinen Berichterstattung über dessen Person oder die Veranstaltung erfolgt wäre. Doch zeichneten die Richter alle einzelnen Einflüsse auf, die letztlich in eine Interessenabwägung Einschlag finden.

Vielleicht ist gerade in der heutigen Social Media Welt eine genauere Betrachtungsweise gefragt, wie die überzeugenden Argumente des Gerichts nahelegen. Trotz der vermeintlichen Kenntnis der Nutzungsbedingungen und Funktionsweise von Facebook, twitter und instagram möchte der Nutzer möglicherweise seine Inhalte nur einem Freundes- oder Bekanntenkreis vorstellen, aber nicht sein Leben lang befürchten müssen, dass Ausschnitte vom privaten Urlaubsfotos von Fremden aufgegriffen werden.

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Buchrezension: Wedde, Handbuch: Datenschutz und Mitbestimmung, 1. Auflage 2016

Der Datenschutz im Wandel der Zeit beeinflusst auch immer mehr das betriebliche und unternehmerische Handeln und dadurch insgesamt auch die Organisation von Firmen und Verbänden. Kann das kürzlich erschienene Werk: Peter Wedde (Hrsg.), Handbuch: Datenschutz und Mitbestimmung, 1. Auflage 2016 dem gerecht werden?

So reicht das Datenschutzrecht mittlerweile tief in das Arbeitsrecht hinein und knüpft an verschiedene spezialgesetzliche Regelungen und Verordnungen an, die kaum ein Laie kennt. Hierbei kommt es mit dem sogenannten Beschäftigtendatenschutzrecht, aber auch Regelungen aus dem Betriebsrecht oder vergleichbaren Regelungen für Unternehmen, Behörden und Verbände in Berührung.

Hinzutreten die Folgen der technischen Revolution: Mit den verfeinerten technischen Methoden der Verhaltenskontrolle und Überwachung von Mitarbeitern sowie modernen IT-Lösungen wie das mobile Arbeiten oder cloud-computing ergeben sich weiterführende Rechtsfragen, mit denen sich der bekannte Herausgeber (Prof. Dr. Peter Wedde) dieses Handbuchs weitestgehend praxisnah befasst.

Aber auch in der internen sowie externen Kommunikation und Infrastruktur gilt es, den Anforderungen aus dem Datenschutzrecht nachzukommen und geeignete Konzepte zu finden, die zu einem rechtskonformen und interessengerechten Ergebnis führen sollen. Zumeist werden sich der Schutz der personenbezogenen Daten des Angestellten und das Interesse des Unternehmens oder der Führungsetage nicht konfliktfrei gegenüberstehen. Im Arbeitsalltag sind daher Konflikte vorprogrammiert, die unter Umständen zu Abmahnungen führen können oder sogar vor dem (Arbeits-)Gericht fortgeführt werden müssen – mit teils einschneidenden Konsequenzen wie die einer Kündigung oder Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

Bereits banale Fragestellungen wie: „Darf der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit privat am Arbeitsplatz surfen?“ sorgen für eine Vielzahl an Gerichtsentscheidungen.

Der Herausgeber und die weitere sieben Autoren haben das hier kurz vorgestellte Handbuch in der ersten Auflage vor wenigen Tagen veröffentlicht.

Die Autorinnen und Autoren / der Herausgeber:
Dr. Stefan Brink, Landesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Rheinland-Pfalz.
Isabel Eder, Abteilung Mitbestimmung im Vostandsbereich 2 der IG Bergbau, Chemie, Energie, Hannover.
Nadja Häfner-Beil, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht in der Kanzlei AfA – Arbeitsrecht für Arbeitnehmer, Bamberg.
Prof. Dr. Heinz-Peter Höller, Professor der Fakultät Informatik an der Hochschule Schmalkalden.
Silvia Mittländer, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht in der Kanzlei steiner mittländer fischer, Frankfurt/M.
Marc-Oliver Schulze, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei AfA – Arbeitsrecht für Arbeitnehmer, Nürnberg.
Regina Steiner, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht in der Kanzlei steiner mittländer fischer, Frankfurt/M.
Prof. Dr. Peter Wedde, Professor für Arbeitsrecht und Recht der Informationsgesellschaft an der Frankfurt University of Applied Sciences (FRA-UAS). (Quelle: Bund Verlag)

Der Aufbau: Handbuch – Datenschutz und Mitbestimmung

Das Handbuch mit Hardcover umfasst insgesamt 417 Seiten und ist übersichtlich sowie strukturiert nach den einzelnen Themengebieten gegliedert. Es bleibt wegen des gewählten Formats handlich und leicht.

Das Werk enthält an mehreren Stellen eine themenbezogene Einführung mit allgemeinen Erklärungen und nimmt den Leser dabei an die Hand bzw. führt ihn durch die für Viele unbekannte Materie. Vereinzelte Grafiken/Check-Listen und erläuternde Beispiele aus der Praxis sorgen für eine verbesserte Erklärung, obgleich die Autoren auf farbliche Skizzen oder Schemata verzichten.

Zunächst begegnet dem Leser ein längeres Vorwort des Herausgebers, in welchem die Beweggründe für die Erschaffung des Werks geschildert werden.

Das erste Kapitel dient der Einleitung und stellt die Ziele und arbeitsrechtlichen Ansätze im Datenschutz vor. Im anschließenden Kapitel (S. 45 – 93) werden die Grundsätze des Datenschutzrechts erläutert. Auf mehreren Seiten werden die Geschichte des Datenschutzes in Deutschland und einige Grundthemen nachgezeichnet, die einen ersten Ausblick auf die eigentliche Arbeit mit dem Datenschutz innerhalb von Unternehmensstrukturen liefern.

Wedde, Handbuch Datenschutz und Mitbestimmung, 4. Kapitel (S. 187)
Wedde, Handbuch Datenschutz und Mitbestimmung, 4. Kapitel (S. 187)

Das dritte Kapitel handelt sodann vom konkreten Datenschutzrecht am Arbeitsplatz. Dies stellt gewiss einen der Schwerpunkte des Handbuchs vor und ist von großer Relevanz in der Praxis, wie verschiedene aktuelle Themen z.B. zum Mitarbeiter-Screening, erlaubten und unzulässigen Fragen bei einem Bewerbungsgespräch und die Weitergabe / Nutzung der Mitarbeiter-Fotos verdeutlichen. Es werden unter anderem die Rechte des Beschäftigten (z.B. Schadensersatz) geklärt wie auch die divergierenden Interessen im Arbeitsalltag vorgestellt.

Das vierte Kapitel widmet sich den Interessenvertretungen wie z.B. dem Betriebs- oder Personalrat und organisatorischen Abläufen innerhalb des Unternehmens, zu denen die Schulung der Mitarbeiter und ebenso die Mitwirkung und Mitbestimmung des Betriebsrates zählen. Thematisch richten sich diese Seiten tendenziell eher an die Betriebsräte.

Im fünften Kapitel wird die Rolle und Funktion des Datenschutzbeauftragen dem Leser nähergebracht. Es wird deutlich, weswegen der Gesetzgeber einen Datenschutzbeauftragten in Unternehmen ab einer gewissen Größe vorsieht.

Das sechste Kapitel befasst sich auf rund 30 Seiten mit sehr aktuellen Themen und Fragestellungen, z.B. zu Leistungs- und Verhaltenskontrollen durch den Arbeitgeber, den Bewerberdaten und der Personalakte.
Im vorletzten Kapitel (S. 297 – 391) werden verschiedene Lösungen auf dem aktuellen Stand der Technik ausführlich beschrieben und rechtlich eingeordnet wie z.B. die Telekommunikation innerhalb von Unternehmen, Instant Messenger, das mobile Arbeiten, E-Learning oder die Industrie 4.0. Die erwähnten Programme und Techniken decken einen Großteil der aktuell verwendeten Verfahren und Wege ab.

Es folgt der Anhang mit einer Liste der nationalen Datenschutzbehörden sowie das anschließende Stichwortverzeichnis.

Fazit

Das Handbuch gibt einen aktuellen und sehr übersichtlichen Überblick über praxisrelevante Konstellationen und rechtliche Fragestellungen aus dem betrieblichen Datenschutz, wie es von einem Fachhandbuch zu erwarten ist. Hervorzuheben sind die verständlich erläuterten Praxisbeispiele und die Aktualität des Werkes (Stand April 2016).

Durch die betriebsrechtlichen Bezüge und Erklärungen wird dem Leser die eher unbekannte Materie des Arbeitsrechts im weiteren Sinne anschaulich nahegebracht, so dass das Handbuch auch an Bedeutung für die betriebliche Praxis von größeren Unternehmen gewinnt und dem betroffenen Personal viele Hilfestellungen bzw. Erklärungen im Alltag liefert.

Trotz der Fokussierung auf den Beschäftigtendatenschutzrecht aus Sicht des Unternehmens, insbesondere des Betriebs- und Personalrates, liefert das Handbuch auch Antworten für Angestellte und all jene, die sich mit dem betrieblichen Datenschutz befassen oder hiervon betroffen sind. Gleichzeitig wird deutlich, wie die Interessen der Arbeitnehmer und auch des Unternehmens gewahrt werden können. An vielen Stellen bleibt es jedoch bei der Gegenüberstellung der Interessen ohne Vorgabe eines zu bevorzugenden Lösungsweges, was das Handwerk für beide Parteien öffnet.

Die technischen Prozesse und Methoden werden von den Autoren verständlich erklärt und oberflächlich rechtlich eingeordnet, ohne dabei den Leser vor lauter Spezialwissen zu überfordern. So sind viele Einzelheiten dementsprechend, vielleicht auch teilweise zu oberflächlich für den Fachmann gehalten. Wer sich eine Vielzahl an aktuellen Entscheidungen und Streitstände in der rechtswissenschaftlichen Literatur erwünscht, sollte eher zu einem herkömmlichen Kommentar (zum BDSG) greifen. Aber diesem Anspruch soll das Handbuch auch gar nicht gerecht werden. Für alle anderen gibt das Handbuch einen umfassenden Einblick in den betrieblichen, unternehmensbezogenen Datenschutz und den Arbeitnehmerdatenschutz/Beschäftigtendatenschutz.

Rückseite
Rückseite

Alle Daten im Überblick

Peter Wedde, Handbuch Datenschutz und Mitbestimmung
417 Seiten, gebunden, 1. Aufl. 2016
ISBN: 978-3-7663-6442-5
Verlag: Bund-Verlag
Ladenpreis: 49,90 Euro

Weitere Informationen zu diesem Werk, das Inhaltsverzeichnis sowie eine Leseprobe finden sich auf der Seite des Bund Verlags, auf der das hier besprochene Handbuch auch käuflich zu erwerben ist.

 

Hinweis: Das Handbuch wurde mir dank der freundlichen Unterstützung des Bund Verlags für die Rezension zur Verfügung gestellt.

 

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Social Media Recht – Der richtige Umgang mit den sozialen Netzwerken wie Facebook, twitter und Snapchat

In nahezu allen größeren Live-Sendungen im deutschen Fernsehen wird auf die sozialen Netzwerke, insbesondere auf Facebook oder twitter verwiesen. Die Zuschauer sollen ihre Meinung abgeben und so mit der Moderation oder unter sich kommunizieren. Selbst über den Tatort soll „getwittert“ werden. Aber auch viele Prominente, gleich ob Profisportler oder Schauspieler, sind bereits seit längerem auf Facebook mit ihrer eigenen Seite vertreten. Einige beschränken sich dabei auf Beiträge zu ihren beruflichen Tätigkeiten, andere geben tiefe Einblicke in ihr Privatleben. Der deutsche Sportmoderator Frank „Buschi“ Buschmann ist sogar während der von ihm als Co-Moderator begleitenden Pro7 Sendung mit seinem Smartphone aktiv und gibt seinen Fans auf Facebook einen zusätzlichen Einblick aus der Reporterkabine.

Diese Nähe zu den Zuschauern und vermeintlichen „Fans“ auf Facebook, Snapchat oder twitter hat natürlich auch Schattenseiten, wie es beispielsweise die TV-Moderation und Journalistin Dunja Hayali fast tagtäglich erfahren muss. Die sich deutlich gegen Fremdenhass aussprechende junge Frau wird nicht nur wegen ihrer irakischen Herkunft, sondern auch für ihr Engagement für eine weltoffene Gesellschaft immer wieder Opfer von Beleidigungen und Hassbotschaften.

Doch nicht nur Personen, sondern auch Unternehmen werden schnell Opfer von Shitstorms, wenn z.B. irgendwo in einer Filiale ein Haar in der Suppe gefunden wird, das Funknetz wieder einmal down ist oder das erwartete Paket tagelang in einer Halle verweilt. Grund für die Unzufriedenheit kann natürlich ein schlechter Service sein oder die Nichteinhaltung von versprochener Leistung.
Die Social Media Aktivitäten können positive Publicity bringen, gehen jedoch auch mit rechtlichen Risiken und Gefahren einher. Daran anknüpfend stellen sich für Unternehmen sowie Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens etliche Fragen in der Praxis:

  • Sollte man überhaupt auf Facebook, twitter und Co. präsent und aktiv sein?
  • Sollten sich die Beiträge bzw. Inhalte auf berufliche Themen beschränken oder doch lieber der
  • Einblick in das Privatleben gewährt werden? Wo sind die Grenzen?
  • Wie ist es mit politischen Themen?
  • Wie geht man am besten um, wenn sich „Fans“ und User gegenseitig beleidigen oder ein Shitstorm droht?
  • Wie ist es mit persönlichen, strafbaren Beleidigungen? Sollte man eine Strafanzeige stellen?
  • Und wer haftet für „eigene oder fremde“ Beiträge?

Hierfür gibt es gewiss keine Musterlösung. Vieles muss der Betroffene oder das Unternehmen selber entscheiden und ausloten. Es hängt auch davon ab, wie viel Zeit und Kraft jeweils in die Social Media Aktivitäten gesteckt werden und welche Rolle diese Instrumente spielen sollen. Bleibt es bei der Selbstdarstellung oder Eigenwerbung oder soll ein Produktverkauf angekurbelt werden? Möchte man sogar vielleicht neue Jobs und Aufträge ergattern und daher den Medien „im Kopf“ bleiben?

Promis und Schauspieler in den sozialen Netzwerken

Viel so genannte Promis zeigen sich gern möglichst privat auf ihrem Facebook Profil und veröffentlichen Urlaubsbilder oder Fotos beim Feiern in der Mannschaftskabine, um eine Nähe zu den Fans vorzuspielen. Selbstverständlich sollte angesichts von Persönlichkeitsrechten und Privatsphäre irgendwo eine Grenze gezogen werden. Dies dient letztlich auch dem Schutz des Betroffenen. Die genaue Anschrift, Fotos aus dem Wohnzimmer oder von Kindern sollten grundsätzlich nicht im Internet veröffentlicht werden. Auch bei der persönlichen Meinung scheiden sich schnell die Geister. Wer sich immer mit einer deutlichen Meinung äußert, muss im Internet auch mit Gegenmeinungen oder gar Anfeindungen leben. Dies gilt umso mehr für politische Themen.

Trotz aller „journalistischer Objektivität“ äußert Frank Buschmann oftmals klar seine persönliche Meinung, wofür ihn viele schätzen – aber auch manchmal leichte Kritik aufkommt. So versucht auch er sich daraufhin noch einmal zu rechtfertigen:

Frank Buschmann auf Facebook (Screenshot: 11.05.2016)
Frank Buschmann auf Facebook (Screenshot: 11.05.2016)

Für die berühmten Persönlichkeiten wird es jedenfalls dann heikel, wenn sie sich abseits von ihrer Person oder Tätigkeit zu gesellschaftlichen oder politischen Themen äußern. Dann mag angesichts drohender, hitziger Debatten auf Facebook die Thematik aus dem Ruder laufen und in den Hintergrund treten.

Natürlich spielt diesbezüglich auch die Meinungsfreiheit im Internet eine große Rolle. Wo liegen die Grenzen der Meinungsfreiheit und wann drohen strafrechtliche Folgen? Damit mussten sich in den vergangenen Wochen und Monaten viele Gerichte hierzulande befassen. So kam es beispielsweise zu Verurteilungen wegen Volksverhetzung oder strafbaren Beleidigungen.

Unternehmen und Behörden

Für Unternehmen oder Behörden, die sich aktiv mit einem offiziellen Auftritt in den sozialen Medien der Allgemeinheit stellen, empfiehlt es sich so genannte Social Media Richtlinien bzw. Social Media Guidelines zu erstellen. Darin sollten Regelung für das Verhalten der Mitarbeiter und Angestellten enthalten sein, wie auch viele rechtliche Fragestellungen geklärt werden. Insgesamt wird so mehr Rechtssicherheit für das Unternehmen oder die Behörde erreicht.

Welche Fragen in ein Social Media Guide gehören und wie eine Musterformular aussehen kann, können unter „Social Media Richtlinien – Social Media Guidelines“ nachgelesen werden. Selbstverständlich obliegt dies immer der jeweiligen Philosophie und Ausrichtung des Unternehmens. Doch im Kern unterscheiden sich die grundlegenden Regelungen kaum.

Viele Unternehmen setzen bereits auf vergleichbare interne Regelungen, um für Klarheit zu sorgen. Letztlich sollte dies auch als eine gute Hilfestellung für die Mitarbeiter gesehen werden.

Und wie sieht es in der Praxis der Social Media Agenturen aus, die für Kunden oder im Rahmen von Projekten dann Unternehmen Strategien und Konzepte entwickeln oder sogar eigenhändig umsetzen?

[title size=“2″]Interview mit der Expertin Anja Reimers[/title]

Zu diesem Thema führte ich ein Interview mit Anja Reimers, Projekt Managerin Digital aus Hamburg (XING-Kontakt). Sie hat bereits für mehrere Unternehmen bzw. bei Agenturen aus Hamburg im Bereich „Social Media“ mitgewirkt und kennt die Schwierigkeiten im alltäglichen Umgang mit den sozialen Netzwerken, die individuelle Lösungen und Konzepte im digitalen Bereich erfordern.


Frage: Wie wichtig ist es heutzutage für ein modernes Unternehmen, auf den sozialen Kanälen wie Facebook oder Instagram präsent und aktiv zu sein?

Anja Reimers: Je nach Zielgruppe kann die Nutzung von sozialen Media essential sein. Ist die Anspruchsgruppe des Unternehmens über soziale Media erreichbar? Meistens schon. Dann ist es nur die Frage, auf welcher Plattform genau. Facebook, Twitter, Instagram, Snapchat oder vielleicht sogar Xing und LinkedIn. Es gibt viele Optionen, wo sich potentielle Kunden aufhalten können. Dies herauszufinden ist ein wichtiger Teil der Strategie, die definitiv jedes Unternehmen vorher festlegen muss.
Wenn das Unternehmen weiß, über welche Plattform sie ihre potentiellen Kunden erreichen können, gibt es viele Möglichkeiten, dies zu nutzen. Unternehmen sollten sich nur von dem Gedanken verabschieden, dass Facebook der Mittelpunkt aller Aktivitäten ist. Facebook kann es sein, muss es aber nicht. Die jeweilige Zielgruppe entscheidet.


Viele Unternehmen haben – wie du selbst sagtest – einen Social Media Account und legen einfach mal drauf los. Aber wie wichtig ist es, eine genaue Social Media Strategie zu haben?

Einfach mal ein Facebook-Profil erstellen, weil das gerade alle tun, ist der falsche Weg. Wichtig ist vorab zu definieren, welche Zielgruppe angesprochen werden soll, wo diese Zielgruppe aktiv ist, was genau mit dem Profil erreicht werden soll (Zieldefinition), welcher Content das Profil zum Leben erwecken soll, wie mit den Fans und Followern interagiert werden soll und wie stark diese evtl. auch in Entscheidungen mit einbezogen werden können, wie der Erfolg gemessen wird, etc.

Ebenso wichtig ist die Frage, wer die sozialen Kanäle betreut, also Content erstellt, mit Usern interagiert usw. Ein großer Fehler hierbei ist leider immer noch, dass dies als „Praktikanten-Tätigkeit“ abgetan wird, obwohl viel mehr dahintersteckt. Schließlich handelt es sich auch hierbei um einen Teil von Unternehmenskommunikation, nur eben der über soziale Medien und näher am Kunden.
Wenn ein Unternehmen eine konkrete Strategie verfolgt, deren Ziele auf einer bestimmten Plattform erreicht werden können, ist dies eine tolle Möglichkeit für Unternehmen und Kunden gleichzeitig. Was vermieden werden sollte, ist das so genannte Content-Recycling. Also bitte nicht einfach Texte kopieren und auf mehreren Plattformen nutzen. Wie bereits erwähnt, jeder soziale Kanal hat eine eigene Zielgruppe, an die gedacht und adressiert werden muss.


Die größeren Unternehmen arbeiten mittlerweile mit sogenannten  „Social Media Guidelines“ bzw. Social Media Richtlinien, in denen sie unter anderem den korrekten Umgang der Mitarbeiter mit den Social Media Accounts regeln. Diese beinhalten Fragen wie: Wem gehört der Account, wer darf ihn verwalten, was dürfen die Mitarbeiter sagen und was nicht? Hast du auch dergleichen genutzt und welche Erfahrung konntest du damit machen?

Die Regelung, wem der Account gehört, sollte ganz einfach sein: Dem Unternehmen.

Vor einigen Jahren war dies auf Facebook noch sehr umständlich und jeder musste mit seinem persönlichen Account als Administrator für die Seite hinterlegt werden. Es gab immer wieder Schwierigkeiten, wenn Mitarbeiter gekündigt haben bzw. wurden. Plus: Die Person, die eine Facebook-Page angelegt hat, wurde nochmals besonders hinterlegt. Spricht: Wenn der Gründer der Facebook-Page nicht mehr für das Unternehmen gearbeitet hat, ist meistens ein großes Chaos entstanden.

Über den jetzt verfügbaren Facebook Business Manager ist nun alles viel einfacher. Mitarbeiter können hinzugefügt oder gelöscht werden, Rechte werden hinzugefügt oder entfernt. Diese Professionalisierung macht den Arbeitsalltag wesentlich einfacher. Bei anderen Plattformen, wie bspw. Twitter, ist es ratsam einen allgemeinen Account zu nutzen, der nicht Mitarbeiter-bezogen ist, falls dieser das Unternehmen verlässt.

Guidelines machen die Arbeit mit Social Media Netzwerken auf jeden Fall einfacher, wenn es um bspw. allgemeine Regelungen geht (wer tut was), wie schnell geantwortet werden muss oder allgemein verwendete FAQs. Ebenfalls sinnvoll ist das Festhalten von Regelungen in Krisenzeiten oder wie mit Negativität umzugehen ist. Hierbei ist es wichtig zu klären, wer was wann mit wem absprechen muss, welche Aussagen getätigt werden dürfen etc. Von daher ist die Nutzung von Guidelines ratsam. Diese sollten nur den Social Media Manager nicht in seiner Arbeit einschränken, sondern eher entlasten.


Worauf sollte denn geachtet werden, also was müsste jedenfalls in solchen Richtlinien enthalten sein? Und wie ist es mit der Umsetzung?

Wichtige Inhalte sollten sein: Allgemeine FAQs, Abstimmungswege, Antwortzeiten, Berechtigungen der einzelnen Mitarbeiter, Wording („Du“ vs. „Sie“), Do’s (Ehrlichkeit, Wahrheit), Don’ts (z.B. Aussagen gegen die Konkurrenz, Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen, Falschaussagen, Beleidigungen), rechtliche Bestimmungen oder Beschlüsse und Hausregeln der jeweiligen Plattformen (was wird geduldet, was nicht?).


Angesichts von ständig drohenden Shitstorms und rechtlichen Auseinandersetzungen – sind solche Regelungen nicht sogar mittlerweile notwendig für ein Unternehmen? Sowohl bei der Agentur als erst Recht auch bei einem Unternehmen, das eine eigene Social Media Abteilung hat?

Unternehmen können sich durch die Nutzung von Social Media Guidelines absichern, so dass alle Beteiligten, ob interne Mitarbeiter, Agenturen oder Freelancer, genau wissen, wie zu handeln ist. Eine Garantie, dass dies Shitstorms vermeidet, gibt es leider nicht, aber das Risiko wird dadurch vermindert. Jedoch sollte die Angst vor potentiellen Shitstorms nicht die Kreativität der Beteiligten einschränken. Viel zu viele gute Ideen wurden bereits im Keim erstickt, weil auf Unternehmensseite die Angst zu groß war. Manchmal kommt dann aber tatsächlich ein Konkurrent mit einer ähnlichen Idee daher und wird dafür mit Reichweite und Engagement belohnt. Von daher: Guidelines sind hilfreich, aber sie sollten noch genügend Spielraum für kreative Ideen und spontane Aktionen lassen.


Wie weit sollten also Juristen mitwirken bei der Social Media Strategie oder etwaigen parallel dazu laufenden Konzepten/Schulungen? Oder stecken wir diesbezüglich noch in den Kinderschuhen?

Meiner Meinung nach ist es sinnvoll, einen beratenden Juristen bei der Entstehung von Social Media Strategien mit ins Projektteam zu holen. Potentiell kritische Punkte können so von Anfang an in den Guidelines festgelegt werden, sodass es später nicht zu rechtlichen Überraschungen kommt. Da es aber besonders im digitalen Zeitalter viele Gesetzesanpassungen oder –Änderungen gibt, ist es ebenfalls wichtig, dass diese ggf. vom gleichen Juristen permanent verfolgt werden, sodass die Guidelines im Zweifelsfall zeitnah angepasst werden können.

Dies wird in meinen Augen derzeit zu wenig bis gar nicht realisiert. Viele Social Media Manager bilden sich regelmäßig auf diesem Gebiet weiter, was richtig und gut ist. Jedoch, besonders für große Konzerne, sollte die Investition in einen juristischen Berater mindestens in der Strategieentwicklungsphase getätigt werden, um spätere Schädigungen zu vermindern oder gar vorzubeugen. Zusätzlich kann es hilfreich sein, dass Juristen regelmäßig Schulungen zu rechtlichen Aspekten im Social Web geben, besonders wenn es gerade Anpassungen oder Änderungen gegeben hat.


Wie siehst du die Zukunft vom Social Media? Sollten Schauspieler, Sportler und Politiker immer mehr auf den sozialen Kanälen aktiv werden und so einen privaten Einblick gewähren oder gibt es gewisse Grenzen, unter anderem in der Privatsphäre?

Wie viel privaten Einblick eine Person im Social Web von sich gibt, sollte jedem selbst überlassen sein. Egal ob Schauspieler, Politiker oder die Dame aus der Bäckerei nebenan. Kein Dritter sollte das Recht haben, zu bestimmen, wie viel privater Content auf einer sozialen Plattform veröffentlicht wird. Personen des öffentlichen Lebens sind (meistens) für etwas bekannt, was sie besonders gut können. Alles, was über diese berufliche Informationsweitergabe hinausgeht, ist freiwillig. Dies variiert von Person zu Person, ob bspw. nichts Persönliches veröffentlicht wird (z.B. Stefan Raab) oder ob das ganze Leben digital festgehalten wird (z.B. Kim Kardashian). Besonders in Zeiten von Snapchat, womit ein Promi seine Fans mit in alltägliche Situationen nehmen kann, ist hier die Fan-Promi-Bindung wesentlich höher als noch vor Jahren. Die Person muss dies aber mit sich vereinbaren können und nur das veröffentlichen, was sie auch wirklich öffentlich stehen haben möchten. Druck von außen sollte es meiner Meinung nach nicht geben, jeder hat das Recht seine eigene Privatsphäre zu wahren.

Vielen Dank für das Interview.

 

Weiterführende Artikel:

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LG Hamburg untersagt Böhmermann die erneute Wiedergabe von Teilen des Gedichts

Während vielerorts noch über die vergangene ZDF „Neo Magazin Royale“-Sendung mit Jan Böhmermann und dessen neuesten „Coup“ (#verafake) diskutiert wird, musste der 35-jährige Journalist und Satiriker vor wenigen Stunden wegen des umstrittenen Gedichts „Schmähkritik“ eine erste juristische Niederlage hinnehmen. Wie geht es jetzt weiter?

Seit heute gibt es einen juristischen Erfolg für Recep Tayyip Erdogan. So konnte der türkische Staatspräsident nun durch seinen Rechtsanwalt Hubertus von Sprenger laut Medienberichten vor der Pressekammer am Landgericht (LG) Hamburg eine einstweilige Verfügung gegen Jan Böhmermann erwirken (LG Hamburg, Beschluss vom 17.05.2016, Az.: 324 O 255/16). Der Beschluss sieht unter anderem vor, dass dem Satiriker die erneute Wiedergabe weiter Teile des Gerichts untersagt wird.

Die Pressekammer am Landgericht Hamburg bewertet das fragliche Gedicht zwar in seiner Gesamtheit als Satire und sieht somit auch den Schutzbereich der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz (GG)) eröffnet, betont jedoch, dass viele Passagen des Stückes einen schmähenden und ehrverletzenden Charakter haben, die das türkische Staatsoberhaupt nicht hinzunehmen brauche. Dabei nahm sich das Gericht im Rahmen der Interessenabwägung zwischen der Kunstfreiheit auf Seiten des TV-Moderators und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) des türkischen Staatspräsidenten augenscheinlich jede einzelne Zeile des Erdogan-Gedichts vor.

Einige wenige Textpassagen erachtet die Pressekammer sogar für zulässig, da diese sich mit Kritik an der politischen Person Erdogan und dessen Umgang mit der Meinungsfreiheit im eigenen Lande auseinandersetze und somit einen sachlichen Bezug habe. Dies fehle jedoch bei den Anspielungen auf rein sexuelle Handlungen des türkischen Staatsoberhaupts oder dessen Genitalien. Hier sei die Grenze der zulässigen Satire jedoch überschritten worden, wie es von viele Juristen (und auch in diesem Blog) vorhergesehen wurde.

Konkret heißt es in der heutigen Mitteilung des Pressekammer am LG Hamburg:

„In Form von Satire geäußerte Kritik am Verhalten Dritter finde ihre Grenze, wo es sich um eine reine Schmähung oder eine Formalbeleidigung handele bzw. die Menschenwürde angetastet werde.
Diese Grenze sei nach Auffassung der Kammer durch bestimmte Passagen des Gedichts überschritten, die schmähend und ehrverletzend seien. Zwar gelte für die Einkleidung eines satirischen Beitrages ein großzügiger Maßstab, dieser berechtige aber nicht zur völligen Missachtung der Rechte des Antragstellers. Durch das Aufgreifen rassistisch einzuordnender Vorurteile und einer religiösen Verunglimpfung sowie angesichts der sexuellen Bezüge des Gedichts überschritten die fraglichen Zeilen das vom Antragsteller hinzunehmende Maß.“

Und dies betrifft den überwiegenden Teil des Gedichts. Lediglich sechs Zeilen des Vortrags, wie z.B. „Sackdoof, feige und verklemmst, ist Erdogan, der Präsident“ werden für rechtlich haltbar befunden, wobei diese eher weniger im Mittelpunkt des Interesses stehen.

Wie geht es weiter?

Nach der heutigen Entscheidung ist es Jan Böhmermann untersagt, die betreffenden Textzeilen des Gedichts abermals öffentlich wiederzugeben. Und zwar gleich, ob in einer TV- oder Radio-Sendung oder z.B. auf seiner privaten Facebook-Seite. Denn in der Praxis wird regelmäßig für den Fall der Zuwiderhandlung gegen eine solche einstweilige Verfügung ein Zwangsgeld in Höhe von bis zu 250.000 Euro, andernfalls eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten angedroht. Verstößt der unterliegende Antragsgegner gegen die einstweilige Verfügung, indem er die ihm versagte Äußerung wiedergibt oder verbreitet, muss er ab sofort damit rechnen, auf die Zahlung eines solchen Ordnungsgeldes in Anspruch genommen zu werden. Eine solche Regelung soll auch in dem Beschluss des LG Hamburgs enthalten sein.

Ist der juristische Kampf nun bereits in der ersten Runde entschieden? Wahrscheinlich nicht, wenn man den Worten von Böhmermanns Anwalt Christian Schertz Glauben schenken mag. Dieser kritisierte bereits öffentlich die Herangehensweise des Gerichts, einzelne Sätze des „Werks“ als solche und nicht das Gedicht als Einheit sowie im Kontext der Sendung zu betrachten. Diese Argumentation dürfte angesichts des überwiegenden Teils der von der Kammer für unzulässig erachteten Textpassagen wenig erfolgsversprechend sein. Auch zeigt gerade die vom Gericht vorgenommene Interessenabwägung unter Berücksichtigung jedes einzelnen Satzes mit aller Deutlichkeit, wie umfassend sich das Gericht mit den Rechten beider Seiten auseinandergesetzt haben muss. Von einer übereilten, fehlerhaften Bewertung des streitgegenständlichen Vortrags kann wohl keine Rede sein.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Jan Böhmermann kann gegen die Verfügung noch Widerspruch einlegen, woraufhin das Gericht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung über die Sache zu entscheiden hat. Es ist aber ungewiss, ob die Kammer dann zu einem anderen Ergebnis gelangen wird. Dass sich dort der türkische Präsident jedoch selbst blicken lässt, ist äußerst unwahrscheinlich.

Aber auch im strafrechtlichen Sinne droht Jan Böhmermann noch weiteres Ungemach. So sind über hundert Strafanzeigen gegen ihn bei der Staatsanwaltschaft Mainz eingegangen. Diese ermittelt unter anderem wegen den Straftatbestand nach § 103 Strafgesetzbuch (StGB) wegen der etwaigen Beleidigung des türkischen Staatsoberhauptes. Die Ermächtigung zur strafrechtlichen Ermittlung hatte die Bundesregierung der zuständigen Staatsanwaltschaft trotz großer Kritik erteilt. Gleichwohl wird sogar vom Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) daran gedacht, die auch als „Majestätsbeleidigungs-Paragraphen“ bezeichnete Vorschrift des § 103 StGB spätestens zum 1. Januar 2018 aus dem Gesetz zu streichen. Doch wäre dieser Schritt vielleicht nicht der richtige, wie manch Strafrechtler meint. Es bleibt aber erst einmal abzuwarten, ob es überhaupt zu einer Anklage kommt.

Bildquelle: ZDF / zdf.de

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Störerhaftung und freies W-LAN: Was sagt der BGH, was plant die Bundesregierung?

In den letzten Tagen überschlugen sich fast schon die Nachrichten zum Filesharing und der Störerhaftung. So war in verschiedenen Medien zu lesen, dass die Bundesregierung die Abschaffung der Störerhaftung plane. Auch hieß es, der Bundesgerichtshof (BGH) habe vor wenigen Tagen die Haftung des Anschlussinhabers in einer Entscheidung „entschärft“. Was heißt das nun konkret?

Die Störerhaftung ist eine Besonderheit in der deutschen Rechtsdogmatik, wonach der Anschlussinhaber bzw. der W-LAN Betreiber grundsätzlich für Rechtsverstöße durch Dritte zur Haftung herangezogen werden kann. In der Regel geht es um Ansprüche auf Unterlassung der Wiederholung und somit der abermaligen Rechtsverletzung in der konkreten Sache. (Was ist die Störerhaftung?)

Die Inhaber der Urheber- und Nutzungsrechte (an Filmen, Musik usw.) lassen daher seit Jahren mittels bestimmter Tools in den einschlägigen Tauschbörsen und Netzwerken die IP-Adresse der handelnden „Filesharer“ herausfinden und wenden sich dann, nach einem gewissen juristischen Prozedere durch eine beauftragte Kanzlei, an den Anschlussinhaber mit einer kostenpflichtigen Abmahnung. Von der unerwarteten Abmahnung geschockt, zahlen viele Anschlussinhaber die von dem Rechtsanwalt beigefügten „Anwaltskosten“, unterschreiben die strafbewehrte Unterlassungserklärung und/ oder einigen sich häufig auf Zahlung der Kosten in einer bestimmten Höhe, die in der Regel zwischen 400 und 800 Euro liegt – je nach Anzahl der streitgegenständlichen Werktitel.

Diese Rechtsdogmatik ist vielen Gewerbetreibenden und auch den Befürwortern von „Freifunk“ schon lange ein Dorn im Auge. Denn sie führt in der Regel zur Haftung des Anschlussinhabers, sofern dieser gegen bestimmte Prüfpflichten und Aufklärungs- bzw. Überwachungspflichten verstößt. Wo genau die Grenzen dieser Pflichten liegen und ob bzw. inwiefern sich der Anschlussinhaber von der Haftung freimachen kann, ist seit Jahren umstritten und von den Gerichten unterschiedlich bewertet worden. So haben sich zwar in den Entscheidungen der Gerichte gewisse Grundgedanken und Argumente durchgesetzt, doch obliegt es immer dem Einzelfall und der Darlegungspflicht des Verantwortlichen. Dieser musste dem Grunde nach bislang immer den Beweis dafür erbringen, warum er oder ein Dritter eben nicht diesen Rechtsverstoß begangen hat / haben kann. Oft fällt dieser Beweis aber schwer, wenn man beispielsweise gar nicht weiß, wann welcher Gast oder Mitbewohner den Internetanschluss nutzte. Noch schwerer ist es bei einer unüberschaubaren Anzahl an Gästen.

Nachdem sich die kritischen Stimmen im Hinblick auf diese Rechtsprechung mehrten, weil auch der Ausbau der digitalen Infrastruktur in Deutschland und der in anderen Ländern längs üblichen „free WIFI“-Hotspots in Cafés oder an beliebten Touristenplätzen in der Stadt/ Land unter dieser Rechtslage litten und mittlerweile sogar der EuGH-Generalanwalt Szpunar das deutsche Rechtsmodell der Störerhaftung des W-LAN Betreibers (Anschlussinhabers) infrage stellt, scheint nun etwas Bewegung in die Thematik gekommen zu sein.

Wie vor wenigen Tagen zu lesen war, plant die Bundesregierung noch im Herbst dieses Jahres eine Gesetzesänderung „durchzubringen“, wonach die Störerhaftung für den Betreiber eines W-LAN Netzwerks nahezu abgeschafft wird. Ein Referentenentwurf existiert schon seit längerem, aber viel mehr ist noch nicht bekannt.

Die Richter am Bundesgerichtshof ahnten möglicherweise schon diese neue Entwicklung und sprachen sich am vergangenen Donnerstag in einer interessanten Entscheidung für die Rechtsposition des beklagten Anschlussinhabers und folglich gegen dessen Haftung aus. In diesem Urteil (BGH, Urt. v. 12.05.2016, Az.: I ZR 86/15) weichen die Richter erneut die Prüfungspflichten des Anschlussinhabers auf.

Danach und auch nach vorheriger Rechtsprechung haftet der Anschlussinhaber nicht für das Verhalten seiner erwachsenen Kinder oder auch volljährigen Familienangehörigen als Mitglieder der Wohnungsgemeinschaft, wenn es für ihn keine erkennbaren Anhaltspunkte gibt, dass diese den Internetanschluss für das verbotene Filesharing missbrauchen, also Rechtsverstöße durch illegales Herunterladen von Filmen oder Musik begehen. Er müsse erst dann geeignete Maßnahmen der Überwachung und Einschränkung treffen, wenn er auf Grund eines konkreten Anlasses das rechtwidrige Verhalten zu befürchten habe. Eine anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht bestünde daher nicht.

“ Als Grund für die Haftung kam vorliegend nur in Betracht, dass die Beklagte ihre Nichte und deren Lebensgefährten nicht über die Rechtswidrigkeit der Teilnahme an Internet-Tauschbörsen belehrt hat. Der Beklagten war eine entsprechende Belehrung ohne konkrete Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Nutzung des Internetanschlusses nicht zumutbar. Den Inhaber eines Internetanschlusses, der volljährigen Mitgliedern seiner Wohngemeinschaft, seinen volljährigen Besuchern oder Gästen einen Zugang zu seinem Internetanschluss ermöglicht, trifft keine anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht.“
(Quelle: BGH, Pressemitteilung vom 12.05.2016)

Eine tiefergehende Erklärung wird wohl erst das Urteil geben, das noch nicht veröffentlicht wurde.

Was heißt das nun für die Zukunft?

Gilt damit die Störerhaftung nun komplett abgeschafft, sodass der Anschlussinhaber oder W-LAN Betreiber nicht mehr für Rechtsverstöße durch Dritte haften muss?

Durch die etwaige Gleichstellung des W-LAN Betreibers mit der Rechtstellung eines Access-Providers (§ 8 TMG) bleibt es entgegen der Auffassung einiger Nachrichtenseiten bei gewissen Prüf- und Handlungspflichten und damit auch eingeschränkt bei der Störerhaftung.

So dürfte zwar für den Anschlussinhaber folgende Regelung nach § 7 Abs. 2 TMG gelten:

§ 7 Abs. 2 TMG

(2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 unberührt. Das Fernmeldegeheimnis nach § 88 des Telekommunikationsgesetzes ist zu wahren.”

Doch trotz dieser Haftungserleichterung  sind dem Access-Provider derzeit auch solche Prüfpflichten auferlegt, die unterhalb der Schwelle zur aktiven Überwachungspflicht liegen. Er kann dann zur Haftung herangezogen werden, wenn der eigentliche „Täter“ bzw. die Beteiligten, die unmittelbar für den Rechtsverstoß verantwortlich sind, nicht erreichbar sind oder ermittelt werden können. Zu denken ist diesbezüglich auch an den Seitenbetreiber, der sich aber in der Regel von der Haftung freisprechen dürfte. Jedenfalls muss auch nach der angesprochenen Gesetzesänderung das W-LAN Netzwerk angemessen gegen den Zugriff von Unberechtigten gesichert sein und bei klar erkennbaren Rechtsverstößen eingeschritten werden.

Es bleibt somit bei bestimmten Verpflichtungen des W-LAN Betreibers. Die Störerhaftung ist also nicht abgeschafft. Auch stellt sich die Frage, ob nicht vielleicht weitere Sonderregelungen auf Druck der Film- und Musikindustrie in die neue Vorschrift einfließen werden. Aber hierfür muss erstmal der finale Gesetzesentwurf abgewartet werden. Solange bleibt es bei Spekulationen. Der bekannte Medienrechtsanwalt Christian Solmecke rät daher auch weiterhin davon ab, das W-LAN ohne rechtliche Absicherung für die Allgemeinheit freizugeben.

Eines ist jedoch jetzt schon klar: Diese Verlagerung der Haftung wird auch zu neuen Risiken führen.

Könnte sich der W-LAN Betreiber zukünftig von seiner Haftung freisprechen und sind ihm keine anlasslosen Belehrungs- und Überwachungspflichten zumutbar, so kann die neue Rechtslage als eine Art „Freifahrtsschein“ für das illegale Filesharing angesehen werden. Frei nach dem Motto: Es muss ja keiner dafür geradestehen. Die Frage sei erlaubt, ob bald wieder die Leitungen zu den Tauschbörsen und illegalen Streaming-Angeboten in den Kinderzimmern oder den Räumen im Studentenwohnheim glühen werden?

Durch die angestrebte Haftungsprivilegierung des Anschlussinhabers entstehen viele technische Gefahren und Risiken. Wenn der W-LAN- bzw. Freifunk-Betreiber oder auch der Serveradmin zukünftig nicht mehr genau „hinsehen“ muss, welche Möglichkeiten und Gefahren ergäben sich daraus? Nicht nur, dass das illegale Filesharing wieder aufblühen dürfte, sondern vielmehr könnten mit sinkenden Anforderungen an die IT-Sicherheit, Protokollierung und Prüfpflichten die ungewollten Sicherheitslücken und Hacking-Attacken weiter zunehmen. Und muss dann nicht doch wieder der Netzwerk-Betreiber oder Anschlussinhaber für solche Schäden haften?

Auf der einen Seite werden ein besseres Datenschutzkonzept und größere Sicherheitsvorkehrungen bei WhatsApp oder in den sozialen Netzwerken gefordert, auf der anderen Seite darf sich folglich keiner mehr beschweren, wenn er beim Surfen im öffentlichen WiFi-Netz oder im Café gehackt und seine Daten geklaut werden. Und wer in der Öffentlichkeit in einem fremden Netzwerk über sein Smartphone oder Laptop auch noch Online-Banking vornimmt, der sollte wissen, was im schlimmsten Falle alles passieren kann.

Riesige finanzielle Einbußen haben die Film- und Musikindustrie ohnehin bereits seit Jahren, die weiter unter dem Filesharing und illegalen Streaming-Angeboten leiden. Und das trotz vieler Anbieter wie Netflix, Amazon Prime oder Watchever, die mit attraktiven Preisen oder guten Angeboten die neuesten Serien und Filme teilweise sogar vor dem Verkaufsstart in die heimischen Wohnzimmer der Kunden für wenige Euros im Monat bringen. Aber wer sich lieber stattdessen eine illegale Kopie in schlechter Qualität oder mittels Videomitschnitt aus dem Kinosaal im Netz besorgt, statt sich für 3 bis 5 Euro den Film in HD für 24 Stunden zu leihen, der begeht nach wie vor eine Straftat. Auch wenn die Kampagnen für die Stärkung der Urheberechte mittlerweile rar geworden sind.

Insgesamt dürfte angesichts von der zu erwartenden Lobby-Arbeit wie auch Einflüssen der EU das letzte Wort noch nicht gesprochen sein. Vielleicht kommt es am Ende auch zu einem „faulen Kompromiss“, der alles andere als Rechtssicherheit bringt. Und auch die Gerichte, allen voran das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und der BGH werden ihrerseits dazu beitragen, die Verantwortung für Rechtsverstöße nicht ins Leere laufen zu lassen.

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Der Bundesrat will strengere Rechtsvorschriften für Facebook, WhatsApp, Skype und Co.

Die Medien berichten seit geraumer Zeit von den rechtlichen Gefahren und datenschutzrechtlichen Bedenken bei der Nutzung von Facebook, WhatsApp, Skype und Co. Dennoch geht deren Wachstum unbegrenzt weiter. Laut neuesten Quartalszahlen von Facebook sind derzeit rund 1,65 Milliarden Menschen im Monat auf Facebook aktiv und nutzen rund eine Milliarde Personen monatlich WhatsApp sowie 900 Millionen den Facebook Messenger. Nun müssen sich die bekannten Anbieter wohl auf strengere Regelungen gefasst machen.

Dass die zumeist in den USA ansässigen Anbieter von Messenger-Diensten gleich in mehrfacherweise gegen den deutschen bzw. europäischen Datenschutz verstoßen, hält den Großteil der Nutzer nicht davon ab, private und damit sensible Daten, Selfies aus dem Badezimmer oder Fotos von wichtigen Dokumenten darüber zu versenden. Längst ist so etwas wie Resignation eingetreten, möglicherweise auch mangels Alternativen?

Ein Grund für die offenkundige Rechtsproblematik liegt in der Tatsache, dass sich derartige Unternehmen nicht den deutschen Gesetzen, insbesondere dem Telemediengesetz (TMG) und Telekommunikationsgesetz (TKG) nicht verpflichtet fühlen und häufig auch nicht müssen. Hier klaffen wegen der unterschiedlichen rechtlichen Einordnung der Dienste im Gegensatz zu den klassischen Telekommunikationsanbietern deutliche Rechtslücken. Zudem besteht derzeit immer noch eine gewisse Rechtsunsicherheit nach der „Safe-Harbor“-Entscheidung im Hinblick auf die Übermittlung von personenbezogenen Daten in die USA. Und ohnehin wird WhatsApp dafür kritisiert, dass die vor kurzem eingeführte Verschlüsselung nicht vollumfänglichen Schutz gewährleistet und beispielsweise die Meta-Daten nicht betrifft.

Auf nationaler Ebene könnte sich zumindest hinsichtlich der rechtlichen Einordnung der modernen Chat-Dienste bald etwas ändern, wenn der deutsche Gesetzgeber zeitnah tätig wird. Denn auf Initiative des Bundeslandes Hessen, das vor wenigen Wochen eine Resolution in den Deutschen Bundesrat einbrachte, könnte sich in absehbarer Zeit eine Gesetzänderung anbahnen. Demnach sollen sich unter anderem die sogenannten „Over-the-Top“ (OTT)-Anbieter, die nach und nach die klassischen Telekommunikationswege ersetzen, den Gesetzen für die herkömmlichen Telekommunikationsanbieter unterwerfen. Dies würde bedeuten, dass sich die modernen und zumeist App-basierten Messenger-Dienste auch an die Regelungen des TKG zu halten hätten. Derzeit bieten diese Anbieter ein „deutlich geringeres Schutzniveau“.

Schließlich galten für WhatsApp, Skype, Facebook-Messenger und Co. auf Grund ihrer Technik und Infrastruktur bislang nur die Vorschriften des TMG. Dies Gesetz sieht zwar auch einige Regelungen hinsichtlich der technischen Anforderungen, Datensicherheit und dem Datenschutz vor, erlaubt den Anbietern jedoch auch die Erstellung von Nutzer-Profilen sowie die Auswertung und Nutzung von Kundendaten (Vgl. § 15 TMG). Das TKG beinhaltet hingegen unter anderem konkrete Ausgestaltungen des Fernmeldegeheimnisses (§ 88 TKG), konkrete Anforderungen an den Datenschutz (§§ 91 ff TKG), welche auch den rechtssicheren Umgang mit Standortdaten vorschreiben (§ 108 TKG), und seit Ende letzten Jahres auch zwingende Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung (§ 113b TKG). Allgemein wird daher bei der Umsetzung der Vorgaben aus dem TKG von einem höheren Schutzniveau gesprochen.

Der Bundesrat setzt sich für die Anwendung strengerer Vorschriften ein

Der Bundesrat hat sich dem Bestreben „zur Anpassung des Rechtsrahmens an das Zeitalter der Digitalisierung im Telekommunikationsbereich“ in einer letzten Sitzung angenommen und bereits erste Vorstellungen ausformuliert. Gemäß dem Beschluss vom Bundesrat vom 22. April 2016 sieht der Bundesrat konkreten Änderungsbedarf bei:

“[..]Messengerdienste wie beispielsweise WhatsApp, Line, Telegram. Diese werden zunehmend als Substitut für Kurznachrichten (SMS) und klassische Sprachtelefonie verwendet. In Abhängigkeit von der technischen Ausgestaltung des Messengerdienstes ist die Anwendbarkeit und Durchsetzung des TKG nicht sichergestellt. Messengerdienste, die nach bisheriger Abgrenzung nicht dem TKG unterliegen, haben bezüglich der Verkehrsdaten und vor allem der Inhalte der Kommunikation ein deutlich geringeres Schutzniveau. Für Nutzer ist nicht unterscheidbar, welche technische Lösung bei welchem Messengerdienst greift. Deshalb sollte ein dem TKG entsprechendes Schutzniveau bei allen Diensten mit entsprechender Funktionalität sichergestellt werden.“

Durch die dem technischen Wandel bedingte, angestrebte Angleichung der Rechtslage dürften sich die Messenger-Dienste auf strengere Vorgaben vorbereiten. So wird unter anderem in diesem Zusammenhang vom Bundesrat gefordert, dass sich die ausländischen App-Betreiber auch der deutschen und nicht unumstrittenen Vorratsdatenspeicherung annehmen müssen, die hierzulande auch der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr dienen soll.

Demnach müssten WhatsApp, Facebook und Co. für vier bzw. zehn Wochen anlasslos die Standort- bzw. Verkehrsdaten speichern. Davon umfasst sind beispielsweise die Standortdaten (Ort und Funkzelle) sowie die Rufnummer, Verbindungsdauer und Uhrzeit des Telefonates oder der übermittelten SMS (hier im Überblick).

In der Wirklichkeit bedeutet es angesichts der riesigen Nutzerzahlen viele, viele Millionen Datensätze, die zusätzliche Server beanspruchen. Zumal in der Praxis weitere zahlreiche Fragen daran anknüpfen, inwieweit z.B. tatsächlich im Inland die Datenspeicherung erfolgt und sowohl technische als auch organisatorische Sicherheit gewährleistet wird. Und wie lassen sich die exakten Daten überhaupt rechtskonform speichern? Und wird dadurch der Zugriff von Dritten, insbesondere den amerikanischen Geheimdiensten erleichtert? Jedenfalls bedeutet dies zusätzliche Verfahren und Kosten. Die hiesigen Internet-Provider und Telekommunikationsanbieter können von diesen aufwendigen und teuren Verfahren ein Lied singen.

Allein der Inhalt der Kommunikation und die Daten der aufgerufenen Internetseiten beim mobilen Surfen auf dem Smartphone sind wegen der Grundrechte aus Art. 10 Grundgesetz (GG) von der Speicherung ausgenommen. Die im Inland gesammelten und gespeicherten Daten sind mithin nach Ablauf der jeweiligen Frist zu löschen, was neue technische Systeme und dessen Kontrolle erfordert.

Ganz interessant ist übrigen: Anders als bei vielen Vorschriften aus der Strafprozessordnung (StPO) bedarf es zur Herausgabe dieser Daten zum Zwecke der Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung keiner richterlichen Anordnung.

Die Anpassung der Rechtslage könnte indes noch weitergehen. Grundsätzlich könnten nicht nur die Messenger-Dienste, sondern auch das weite Feld an Apps mit Standortdaten wie Navigations-Apps, Flirt-Apps und mobile Spiele von diesem Vorhaben betroffen sein. Es wird sogar ausdrücklich die „Maschine-to-Maschine“-Kommunikation, auch bekannt als das „Internet der Dinge“ in dem Beschluss des Bundesrates erwähnt. Damit wird ein Ausblick auf uns bevorstehende technische Neuerungen gewagt, also wenn zukünftig der Kühlschrank, das Fahrzeug oder auch die Fernüberwachung über Strom-, Gas- und Wasserzähler untereinander kommunizieren. Denn auch diese könnten personenbezogene Daten sammeln und darüberhinaus auch eine Art „Telekommunikation“ darstellen.

Gleichwohl soll mit diesem Vorhaben ein angemessenes, europäisches Schutzniveau auf Grundlage des digitalen Binnenmarktes erreicht werden, wie der Bundesrat betonte. Ein deutscher Alleingang dürfte indes wohl wenig erfolgsversprechend sein, insbesondere vor dem Hintergrund, dass unter Umständen sowohl das deutsche Bundesverfassungsgericht (BVerfG) als auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Vorschriften der Vorratsdatenspeicherung in der derzeitigen Ausgestaltung kippen werden.

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