Kinderfotos auf Facebook – Was für rechtliche Ansprüche haben eigentlich die Kinder?

Vor wenigen Tagen sorgte ein etwaiger Rechtstreit aus dem Medienrecht für Aufsehen: So möchte angeblich eine nunmehr 18-Jährige Wienerin ihre Eltern wegen der Veröffentlichung ihrer Kinderfotos auf Facebook verklagen. So soll der Vater zahlreiche Fotos des Kindes, die teilweise in etwas „unglücklichen Momenten“ wie beim Sitzen auf der Toilette oder nackt im Kinderbett geschossen worden sind, auf Facebook veröffentlicht und seinen über 700 Facebook-Freunden präsentiert haben. Doch so stolz er auch die Kinderfotos seinen Freunden und Bekannten präsentierte, das Kind störte diese tiefen Einblicke in ihr Privatleben und erbat mehrfach eindringlich die Löschung der Bilder.

Angesichts der wachsenden und ebenso älter werdenden Facebook-Community dürfte diese (wahrscheinlich erdachte?) Geschichte längst kein Einzelfall mehr sein und die Gerichte in einigen Jahren damit beschäftigt werden. Wie ist eigentlich die deutsche Rechtslage diesbezüglich und was für eine Klage käme in Betracht?

Das Recht am eigenen Bild

Grundsätzlich richten sich die rechtlichen Ansprüche der von Fotos oder in Videos abgelichteten Personen nach dem Recht am eigenen Bild (§§ 22, 23 KUG), das als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) anerkannt ist. So ist die Herstellung von Fotos anderer Personen nur mit Einwilligung des Abgebildeten möglich, die ausdrücklich oder unter ganz bestimmten Voraussetzungen in Ausnahmefällen auch konkludent erteilt werden kann (Vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 28.06.2011, Az.: 7 U 39/11). Das Gesetz sieht des Weiteren in § 23 Abs. 1 KUG einige Ausnahmen von diesem Erfordernis vor, wenn der Betroffene beispielsweise während einer öffentlichen Veranstaltung fotografiert wurde oder er nur ein bloßes Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit darstellt. Bei Promis oder bekannten Politikern kann ebenso ein öffentliches Berichterstattungsinteresse als Bildnis „aus dem Bereich der Zeitgeschichte“ angenommen und die Herstellung und Verbreitung des Fotos durch die Presse danach rechtlich zulässig sein, wobei diesbezüglich zahlreiche Indizien und Einzelheiten entwickelt wurden, die für oder gegen diese Begünstigung sprechen.

Bei besonders schwerwiegenden Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, insbesondere wenn dadurch ein erheblicher Schaden beim Betroffenen entstanden ist, sind neben dem Anspruch auf Unterlassung der Herstellung bzw. Verbreitung dieses Bildnisses noch der Anspruch auf Schadensersatz denkbar (§ 823 Abs. 1 bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG). Dem Opfer kann der materielle und oder immaterieller Schadensersatz zugesprochen werden, wobei letzteres auch der Genugtuung bzw. Wiedergutmachung oder als Abschreckungswirkung gelten kann.

All dieses müsste bei den ordentlichen Gerichten nach dem Zivilrecht verhandelt werden, z.B. beim Amtsgericht oder Landgericht.

Kann das Kind die Eltern verklagen?

Aber was ist, wenn der Betroffene noch Minderjährig ist oder aber erst viele Jahre später nach der Veröffentlichung der Bilder klagen möchte? Derartige Umstände machen den Rechtstreit damit interessanter, ohne dabei nur die Bandbreite der Zivilprozessordnung zu durchleuchten. Minderjährige können nicht selber als Kläger auftreten, sondern müssen sich durch ihre Eltern (Erziehungsberechtigte) vor Gericht vertreten lassen (Vgl. §§ 51, 52 ZPO, § 1629 BGB). Ab dem 18. Lebensjahr können sie dann in der Regel selber klagen und dem Prozess alleine beiwohnen. Denkbar ist sogar, dass die Eltern auf beiden Seiten sitzen oder aber ein (Rechts-)Pfleger.

Die 18-Jährige Wienerin soll seit kurzem volljährig sein und wählte nun den Gang zum Gericht, da die Eltern scheinbar uneinsichtig sind/waren und auch auf ihre Bitten nicht eingehen. Maßgeblich ist für die Bestimmung des Zeitpunkts der regelmäßigen Verjährung (nach 3 Jahren) die Kenntnis vom schädigenden Ereignis bzw. des Schadeneintritts (§§ 194, 195 BGB).

In Frankreich existiert seit kurzem eine spezielle Rechtsnorm, wonach die Kinder ab dem 14. Lebensjahr ihre Eltern auf Schadensersatz von bis zu 45.000 Euro (oder ein Jahr Haft) wegen der Veröffentlichung persönlichkeitsverletzender Fotos verklagen können.

So weit geht die deutsche Rechtslage nicht.

Kinderfotos auf Facebook

Woran nur die Wenigsten denken, sind zahlreiche weitere tatsächliche Umstände bei der Veröffentlichung von Fotos auf Facebook. Zum einen wird dem Betreiber des größten Sozialen Netzwerks der Welt das Nutzungsrecht an jedem hochgeladenen Foto eingeräumt – Das US-Amerikanische Unternehmen erhält somit vom Nutzer eine Lizenz, das Foto beispielsweise für eigene Werbung (oder auch den Verkauf an Dritte?) nutzen zu können. Das mag zwar viele Mitglieder auf dem ersten Blick nicht sonderlich stören, kann doch quasi jedes im Internet veröffentlichtes Foto „geklaut“ oder von Fremden für alle denkbaren Zwecke (illegaler weise) genutzt werden. Doch im heutigen Wirtschaftszeitalter sind persönliche Daten wie auch Personenfotos oder E-Mail-Adressen von existierenden Menschen ein hohes Gut, das zunehmend von Unternehmen wirtschaftlich vorteilhaft umgesetzt werden kann. Deshalb wird auch das Datenschutzrecht berührt, wenn personenbezogene Daten an Unternehmen übermittelt werden.

Nicht zuletzt heißt es: Das Internet vergisst nie! Dank uferloser Speicherung und Filtermethoden, wie auch die steigende Verknüpfung von persönlichen Informationen (Profilbildung) kann ein einmal bei Facebook geteiltes Foto kaum wieder gelöscht werden und möglicherweise nach 20 Jahren immer noch einmal in der timeline oder an anderen Stellen im Web auftauchen. Und jeder wird sicherlich das eine oder andere Foto aus seiner Vergangenheit (oder seiner Kindheit) kennen, das ihn in unvorteilhaften Situationen zeigt und nicht unbedingt der ganzen Welt zugänglich gemacht werden soll. Bei Facebook wird es irgendwann wieder einmal in den Vordergrund gerückt werden.

Zum anderen kommen die Gefahren des Identitätsdiebstahls oder der Verwendung von Bildern für Fake-Profile oder stumpfsinnige Bloßstellungen hinzu. Bei Kinderfotos sollte ebenso daran gedacht werden, dass im Internet auch viele Personen unterwegs sind, die sich sexuell durch derartige Fotos erregen oder gar zu Straftaten verleiten lassen. Oder die Bilder für ihre heimliche Fotoserie auf dem Computer speichern.

Die Polizei wendet sich an Eltern

Die Polizei NRW Hagen warnte bereits vor rund einem Jahr mit einer medienwirksamen Kampagne vor der Veröffentlichung von Kinderfotos auf Facebook, die mittlerweile viele Millionen Menschen erreicht hat. Trotz dieser eindrucksvollen Botschaft und den einleuchtenden Argumenten halten sich viele Eltern nicht an diese Anregung, sondern laden fleißig – tagtäglich – neue Babyfotos oder Kinderbilder hoch, vielfach sogar mit einem ganz öffentlichen Profil und ohne angepasste Privatsphäre.

Folglich ist zu erwarten, dass dank Smartphones und immer neuen Apps und Communitys die Verbreitung von solchen sensiblen Bildern weiter zunehmen wird. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis die betroffenen Kinder erwachsen geworden sind und es zu Rechtstreitigkeiten sowie zu ersten Verurteilungen kommt. Bis jetzt sind lediglich die Fälle bekannt, in denen die Eltern untereinander prozessieren wegen der Veröffentlichung von Bildern des Kindes (Vgl. Amtsgericht Menden, Urteil vom 03.02.2010, Az.: 4 C 526/09) oder gegen die Presse.

Doch soweit dürfte es nicht kommen, würden die Interessen und Persönlichkeitsrechte der Kinder und Familienangehörigen besser geschützt werden. Dass das Thema juristisch schwer zu handhaben ist, liegt auch in der Minderjährigkeit der Betroffenen begründet. Gerade deshalb könnte der „französische“ Ansatz insofern richtungsweisend, als das zumindest eine teilweise Heraufstufung der Interessen der Kinder erfolgt. Denkbar wäre es in Deutschland diese juristische Selbstbestimmung an die Altersklassen aus dem Jugendschutz oder die Religionsmündigkeit, oder aber die gesetzlich nicht bestimmte Teilgeschäftsfähigkeit zu knüpfen, die schon bereits mit Vollendung des 14. Lebensjahr bestehen können.

Lesetipp: Das Fotorecht im Zeitalter von Facebook und Co.

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Buchrezension: Wedde, Kurzkommentar zur EU-Datenschutz-Grundverordnung, 1. Auflage 2016

Am 24. Mai 2016 ist die langerwartete Datenschutz-Grundverordnung der EU (EU-DSGVO) in Kraft getreten, die wohl die größten Änderungen des Datenschutzrechts in diesem Jahrtausend mit sich brachte bzw. zukünftig bringt. So wird die Grundverordnung zwar erst ab dem 25. Mai 2018 ihre eigentliche Wirkung entfalten und europaweit das Datenschutzrecht maßgeblich mitbestimmen. Doch bereits heute schon gilt es sich auf die neuen Regelungen vorzubereiten, zumindest so gut es geht. Denn vieles ist derzeit noch Neuland und eher mit einem Blick in die Glaskugel zu vergleichen, da insbesondere im Bereich der Datenverarbeitung im Internet oder beispielsweise beim Beschäftigtendatenschutz neue Gesetze und Vorschriften erst noch zu entwickeln und auszuführen sind.

Handbücher und Gesetzeskommentare zu der Grundverordnung sind bislang an einer Hand abzuzählen.

Im Bund-Verlag wurde vor wenigen Tagen ein Kurzkommentar zur EU-DSGVO inklusive Synopse von Prof. Dr. Peter Wedde veröffentlicht, in dem bereits mehrere Handbücher und Gesetzeskommentare zum Datenschutzrecht und Arbeitsrecht von ihm erschienen sind. (Wie z.B. der BDSG-Kompaktkommentar).

Zum Autor:
Dr. Peter Wedde, Professor für Arbeitsrecht und Recht der Informationsgesellschaft an der Frankfurt University of Applied Sciences und wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Datenschutz, Arbeitsrecht und Technologieberatung in Eppstein.

Aufbau: Kurzkommentar zur EU-Datenschutz-Grundverordnung

Das Werk umfasst 346 Seiten und ist im Wesentlichen in 4 Kapitel aufgeteilt.

Das Vorwort
A. Überblick
B. Erwägungsgründe der EU-DSGVO
C. Kurzkommentar
D. Synopse

Das erste Kapitel (S. 9 bis 30) verschafft dem Leser einen kurzen Überblick über die (neuen) Themengebiete, wie z.B. die Betroffenenrechte, Rechtsbehelfe oder die allgemeinen Begriffsbestimmungen aus der Datenschutz-Grundverordnung.

Anschließend präsentiert der Autor im zweiten Kapitel die kompletten Erwägungsgründe der EU-DSGVO (S. 31 bis 74) aus der deutschen Übersetzung, die der Verordnung im offiziellen Papier der EU vorangestellt sind.

Wedde, Kurzkommentar mit Gegenüberstellung: BDSG - EU-DSGVO
Wedde, Kurzkommentar mit Gegenüberstellung: BDSG – EU-DSGVO

Den Kern des Kurzkommentars bildet das dritte Kapitel (S. 75 bis 190). Prof. Wedde führt auf diesen Seiten den Gesetzestext der EU-DSGVO aus und kommentiert in knappen Worten die einzelnen Normen bzw. dessen Absätze. Die rechtlichen Hinweise orientieren sich in der Regel an den Erwägungsgründen oder beschränken sich allein auf den Verweis auf den jeweiligen Erwägungsgrund. Nur wenige Vorschriften werden hier einer Bewertung unterzogen, die über die inhaltliche Wiedergabe der Erwägungsgründe hinausgeht. Es bleibt bei ersten Gedankenanstößen und Verweisen, die jedoch beim Verständnis der Verordnung und der Einbeziehung der Erwägungsgründe helfen.

Im Rahmen der Synopse (Kapitel 4) wird auf rund 150 Seiten der Gesetzestext der Grundverordnung mit dem derzeitigen Gesetzestext der BDSG gegenübergestellt, wobei der Autor versucht, thematisch und strukturell die Vorschriften zu vergleichen. In der Tabelle mit zwei bzw. drei Spalten werden die einzelnen Absätze und Sätze der jeweiligen Vorschrift in einer Höhe zugeordnet. So können Unterschiede und Ähnlichkeiten der Rechtslage strukturell sofort ins Auge fallen. Vereinzeln sind zusätzliche rechtliche Erklärungen angegeben.

Es fehlt ein abschließendes Stichwortverzeichnis, weswegen die Suche nach bestimmten Themen oder Schlagwörtern und somit insgesamt die Arbeit mit der neuen Materie kaum erleichtert wird.

Fazit

Wie lässt sich der Kurzkommentar nun abschließend bewerten? Der überwiegende Teil des Werks stellt eine Gegenüberstellung der beiden Gesetzestexte und die Wiedergabe der Erwägungsgründe aus der Grundverordnung dar und enthält dementsprechend keine Kommentierung oder Analyse. Durch die tabellarische Anordnung werden die einzelnen Vorschriften teilweise über mehrere Seiten auseinandergerissen, so dass – trotz der eigentlich guten Idee der Synopse – die Übersicht darunter leidet. Vielleicht hätte hier eine andere Gestaltung des Layouts, z.B. die Einstellung des Textes als Querformat oder ohne die dritte Spalte (rechtliche Hinweise) geholfen.

Und auch die Kommentierung der neuen Vorschriften, die in eine kleine Spalte gezwängt wurden, beschränkt sich auf wenige oberflächliche Beschreibungen. Dies mag dem Umstand geschuldet sein, dass es derzeit noch an zu Papier gebrachtem juristischen Wissen zu den bevorstehenden Regelungen des Datenschutzes fehlt. Der Autor hätte sich durchaus etwas mehr Zeit für den Kurzkommentar lassen oder die juristische Literatur einbeziehen können.

Der wissenschaftliche Zugewinn am baldigen Datenschutzrecht durch dieses Werk hält sich daher gering. Der Kurzkommentar liefert jedoch einen guten Überblick über die neuen Regelungen, stellt die veränderte Rechtslage konkret an den einzelnen Normen sehr gut übersichtlich dar. Wer schnell einmal durch die neuen Vorschriften – in Papierform – blättern und die alten und neuen kurz vergleichen möchte, dem sei das Werk empfohlen. Alle anderen müssen sich wohl noch ein wenig gedulden.

Alle Daten im Überblick
Peter Wedde, Kurzkommentar zur EU-Datenschutz-Grundverordnung mit Synopse BDSG/EU-DSGVO
346 Seiten, kartoniert, 1. Aufl. 2016
ISBN: 978-3-7663-6442-5
Verlag: Bund-Verlag
Ladenpreis: 39,90 Euro

Weitere Informationen zu diesem Werk, das Inhaltsverzeichnis sowie eine Leseprobe finden sich auf der Seite des Bund Verlags, auf welcher der hier besprochene Kurzkommentar auch käuflich zu erwerben ist.

 

Hinweis: Das Handbuch wurde mir dank der freundlichen Unterstützung des Bund Verlags für die Rezension zur Verfügung gestellt.

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Drohnen: Viele Zukunftsvisionen, aber auch viel Rechtsunsicherheit

Eines der Hauptthemen der diesjährigen IFA in Berlin sind die Drohnen im Consumer-Bereich. Die kleinen elektronischen Flugkörper für Jedermann werden nicht nur immer beliebter, sondern mittlerweile sogar im professionellen Wettbewerben wie dem Drohnen-Rennen der „Dronemaster Summit“ oder auf den Drohnen „Weltmeisterschaften“ in Dubai eingesetzt. Immer mehr Hersteller drängen in den Markt, was zu sinkenden Preisen und verbesserter Technik führt. Bald gibt es vermutlich die kleinen Flieger für ein paar Hundert Euro im Supermarkt.

Doch auch negative Schlagzeilen sind keine Seltenheit: Es sind bereits mehrere Beinahezusammenstöße bewiesen. So soll sogar der zivile Luftverkehr in Los Angeles gestört worden sein, als eine Drohne einen Airbus A380 von der Lufthansa im Landeanflug nahezu berührte. Auch vor wenigen Wochen ist über München eine Drohne nur wenige Meter entfernt von einem Airbus während des Landeanflugs geflogen, weswegen dem Drohnenbesitzer nun ein Strafverfahren droht.

Nach Angaben der Deutschen Flugsicherung (DFS) sind etwa 30 Beinahezusammenstöße im laufenden Jahr protokolliert worden. In der Schweiz sorgte jüngst ein Fotograf für Aufsehen, der eine Drohne über ein Schweizer Atomkraftwerk steuerte und Bilder aus dem Schornstein aufzeichnete.

Bei steigender Beliebtheit und Flugeinsätzen dieser Fluggeräte sind tödliche Unfälle nur noch eine Frage der Zeit. Hinzu kommt die Gefahr von Rechtsbrüchen durch die heimliche Überwachung oder das ungewollte Filmen von Firmengeländen oder selbst von Nachbars Garten.

Die neue Rechtslage: Der Drohnen-Führerschein wird gefordert

In der Vergangenheit war die Regulierung der privaten oder gewerblichen Nutzung der zivilen Drohnen nur bedingt möglich, was zu einer offenkundigen Rechtsunsicherheit führte. Dies wird sich nun ändern.

Der Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt plante bereits Ende letzten Jahres eine Art „Drohnen-Führerschein“ mit strengeren Regelungen für den Einsatz von Drohnen durch Privatpersonen oder gewerbliche Nutzer. Dabei wird an Schulungen, bestimmte „Grenzen“ und deutlichere Aufklärung als Mindestmaß gedacht.
In der Zwischenzeit initiierte das Bundesverkehrsministerium (BMVI) eine geplante Anpassung des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) und der Luftverkehrsordnung (LuftVO).

Der Plan sieht unter anderem vor:

  • Private Drohnen dürfen nicht höher als 100 Meter und nicht außerhalb der Sichtweite des Steuerers fliegen
  • Der Flug über Kraftwerke, Industrieanlagen, Militärgelände, Bundesfernstraßen und Eisenbahnlinien ist verboten.
  • Ebenso gelten Verbotszonen über Demonstrationen, Menschenansammlungen, Katastrophengebieten oder sonstigen Einsatzgebieten der Polizei oder anderer Sicherheitsbehörden.
  • Die gewerbliche Nutzung von Drohnen, beispielsweise für professionelle Aufnahmen oder Dienstleistungen, wird gesondert geregelt und kann weitestgehend durch die Bundesländer gestaltet werden.
  • Die gewerblichen Betreiber benötigen zukünftig den Drohnenführerschein, der die erfolgreiche Ablegung einer Prüfung beim Luftfahrt-Bundesamt erfordert.

Was für Rechtsverstöße sind denkbar?

Es gibt zwar auch nach einer Neuregelung kein eigenständiges „Drohnen-Gesetz“, aber aus der LuftVO lassen sich hinsichtlich der kleinen elektronischen Flugkörper die genannten Einschränkungen ableiten. Inwieweit diese zukünftig kontrolliert werden, bleibt abzuwarten.

Und auch in den allgemeinen Gesetzen hierzulande finden sich vereinzelt Vorschriften, die diesbezüglich infrage kommen könnten. Im deutschen Strafrecht findet sich z.B. seit wenigen Jahren der Paragraph 201a Strafgesetzbuch (StGB). § 201a StGB verbietet die Herstellung von Bildaufnahmen von geschützten, höchstpersönlichen Lebensbereichen wie dem Wohnzimmer oder eines gegen Einblick besonders geschützten Raumes. Wer also mit einer Drohne unbefugt einen großen Sichtschutz des Nachbars überfliegt und ohne Einwilligung oder gegen den Willen des Bewohners Fotos bewirkt, könnte sich strafbar machen. Zudem schützen §§ 22, 23 KUG (i.V.m. dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 I, 1 I GG grundsätzlich auch vor der Verbreitung oder Zurschaustellung von Bildnissen, auf denen eine Person klar erkennbar als solche abgebildet ist. Weiter Voraussetzungen sind, dass dies ohne Einwilligung des Abgebildeten erfolgt und keine der in § 23 KUG genannten Ausnahmen greifen. Oft wird diesbezüglich argumentiert, die abgebildete Person sei nur ein „Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit“.

Und auch das Datenschutzrecht darf nicht ganz aus dem Auge verloren werden. Die Datenschützer warnten daher bereits vor 2 Jahren vor Rechtsverstößen durch die elektronischen Fluggeräte, die z.B. aus heimlichen Aufnahmen des Nachbargrundstücks oder Firmengeländen resultieren. Wenn Zäune und Sichtschutzanlagen problemlos durch die geräuschlosen Drohnen überflogen werden können, liegt in der Regel nicht nur ein strafbarer Hausfriedensbruch, sondern auch die Verletzung von individuellen Rechtsgütern, z.B. dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 1, Art. 1 1 GG und § 22, 23 KUG vor.

Nun stehen neue gesetzliche Regelungen und ein persönlicher Eignungstest im Raum. Umgesetzt ist davon bislang nichts, was wohl auch daran liegen mag, dass die Europäische Kommission dem Bestreben des deutschen Ministers einen Riegel vorgeschoben hat und eine Beschränkung des Markts hierin erkennt. Und ein solcher „Boom“ wird längst erwartet.

Gesetze für die Zukunft?

Denn nicht zuletzt setzen Industrie und vor allem größere IT-Unternehmen auf innovative Konzepte rund um den Einsatz von Drohnen. Der weltgrößte Online-Händler Amazon arbeitet bereits an einer „eigenen“ Drohne, die eine schnellere Auslieferung der Ware gewährleisten könnte. Mittlerweile ist die Software bzw. Technologie so weit fortgeschritten, dass die „Amazon Drohne“ sogar die Umgebung verstehen, Hindernissen automatisch ausweichen und daher eigenständig den Weg zum Kunden finden soll. Ähnliche Konzepte befinden sich in den selbstfahrenden Fahrzeugen der nahen Zukunft. Facebook sieht sich veranlasst, größere Drohnen als eine Art fliegenden „Sendemast“ über bestimmten Regionen der Welt zu installieren, damit die Netzabdeckung vorangebracht und somit auch die Welt ein bisschen mehr miteinander „verknüpft“ wird.

Selbst die Berliner Polizei macht sich die Drohnen-Technologie für eine bessere Überwachung von öffentlichen Plätzen zunutze.

Die Zukunft der Drohne wie auch der Robotor-Technologie oder der autonomen Fahrzeuge scheint unaufhaltbar zu sein. Von entscheidender Rolle wird daher die Frage sein, wie der Gesetzgeber reagieren und die Vorschriften immer möglichst aktuell an die neuen technischen Möglichkeiten anpassen wird, um so auf die Rechte des Einzelnen weiterhin zu schützen, gleichwohl aber auch die wirtschaftliche Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Deutschland nicht auszubremsen.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, aber auch weitere bestehende Vorschriften (z.B. § 201a StGB, §§ 22, 23 KUG und aus dem Datenschutzrecht § 6b BDSG) müssen auch zukünftig ihre Schutzwirkung entfalten können und sollten nicht durch die fortschrittliche Technologien unterlaufen werden. Doch für die Geltendmachung der (Abwehr)ansprüche bedarf es erst einmal der Kenntnis der Rechtsverstöße – doch in vielen Fällen wird es hieran fehlen, beispielsweise bei versteckter Videoüberwachung oder immer kleineren Flugkörpern.

Interview mit den Copternauten

Passend zum Thema konnte ich vor einiger Zeit ein Interview mit Dennis Möbus und dem Team von den Copternauten führen.

Die Copternauten – haben sich vor über zwei Jahren gegründet. Sie bieten professionelle Luftbildaufnahmen in Foto und Video an, sind eigentlich ein rundum-Dienstleister. Anfänger können Flugschulungen bei Ihnen besuchen. Darüber hinaus reparieren, modifizieren und inspizieren sie auch Drohnen und sind leidenschaftliche Flieger.

Zunächst die Frage: Wie leicht fällt einem Laien eigentlich die Steuerung einer handelsüblichen, privaten Drohne? Und wie schnell bzw. weit kann diese problemlos fliegen?

Dennis Möbus, Copternauten: Sehr leicht. Nach wenigen Flügen beherrscht man bereits die Grundlagen im Fliegen. Einfach ist es durch die GPS-gestützte Steuerung geworden, die den Copter sehr einfach in der Luft hält. Normale Flugmodelle haben diese Möglichkeit nicht und müssen durchgehend gesteuert werden.

Gibt es auch geräuschlose oder kleinere Flugkörper, die schwer wahrnehmbar sind? Oder ist das eher Militärtechnik der Zukunft?

Durch die hohe Drehzahl der Motoren/Rotoren ist immer ein lautes Surren wahrzunehmen, selbst in großen Höhen. Ausspionieren, ohne dass es jemand merkt, ist daher kaum möglich.

Bei größeren Drohnen lassen sich Kameras installieren, insbesondere nutzen Fotografen oder Hobby-Filmer gern diese moderne Technik für ausgefallene Filmaufnahmen aus der Luft. Nimmt dieser Trend weiter zu und eine wesentliche Rolle bei Drohnen ein?

Dieser Trend nimmt sehr stark zu. Ich gehe davon aus, dass der Großteil ausschließlich hierfür gekauft wird. Beliebter werden allerdings immer mehr die Drohnen, die mit Kamera unter 5 KG kommen (leichtere Genehmigungsverfahren).

Dabei besteht jederzeit die Gefahr, dass auf diese Weise rechtwidrige Aufnahmen von Firmengeländen oder selbst durch heimliche Fotos vom Nachbargrundstück entstehen. Wie steht ihr dazu?

Wenn man sich an die geltenden Rechte hält, hat man eigentlich nichts zu befürchten. Wir hatten bisher noch nie Probleme, da wir im Vorfeld immer alle erforderlichen Genehmigungen eingeholt haben. Das gilt nicht nur für die Privatrechte, sondern allgemein auch für die Aufstiegsgenehmigungen an sich.

Jüngst wurden Pläne bekannt, dass Amazon wie auch andere größere Unternehmen an Drohnen als neue Infrastruktur arbeiten. Diese könnten z.B. die Auslieferung von Waren an den Endkunden vereinfachen und beschleunigen. Und auch Facebook arbeitet offiziell seit einiger Zeit an größeren Flugkörpern, die als eine Art „W-LAN“-Station über bestimmte Gebiete fliegen und dort die Verbreitung des Internets fördern sollen. Habt ihr von derartigen Konzepten gehört und haltet ihr dies für realisierbar in naher Zukunft? Und wäre es ein Vorteil?

Ich gehe davon aus, dass dies alles eher Marketingprojekte sind. Die Rechtslage in Deutschland ermöglicht autonome Flüge zum Transport von Gütern jeglicher Art derzeit eigentlich nicht. Zudem darf man nicht über Menschenmengen fliegen und außerdem nur im Sichtbereich des Piloten. All das ist bei einem autonomen Flug nicht gewährleistet und würde entsprechend gegen mehrere gesetzliche Einschränkungen verstoßen. Ich denke hier wird sich in der Zukunft auch nichts ändern. Eher werden die Einschränkungen noch größer.

In letzter Zeit häufen sich die Meldungen, dass es immer wieder zu Zusammenstößen oder Beinaheunfällen in der Luftfahrt kam. So soll eine Passagiermaschine im Landeanflug auf einem bekannten Airport in den USA fast mit einer Drohne kollidiert sein. Wie lässt sich dies regeln oder besser verhindern?

Der Hersteller müsste die Höhengrenze fest in der Drohne beschränken und diese Beschränkung auch nicht aufheben lassen. Hier sind wir wieder beim Thema: Hält man sich an die geltenden Gesetze, sind solche Beinaheunfälle und Zusammenstöße eigentlich unmöglich. Technisch wäre es kein Problem in die Steuerungsapps etwas Entsprechendes einzuprogrammieren, bisher haben sich die Hersteller allerdings noch nicht zu diesem Schritt entschieden – warum auch immer.

In Deutschland kam im vergangenen Jahr aus der Ecke des Verkehrsministeriums der Vorschlag, einen so genannten „Drohnenführerschein“ einzuführen. Dieser sieht je nach Nutzung und Größe gewisse Schulungen und Einschränkungen der Drohnennutzung vor? Eure Meinung dazu? Sinnvoll, übertriebene Vorsichtsmaßnahme oder reine Politik?

Wir begrüßen die Einführung eines entsprechenden Führerscheins. Diese wäre natürlich geknüpft mit einer Vereinheitlichung der Genehmigungslage in Deutschland. Leute, die professionell mit Drohnen arbeiten, sollten es etwas leichter haben, gleichzeitig aber die Hobbypiloten in ihrer Freiheit etwas mehr eingeschränkt werden. Zudem hat jedes Bundesland derzeit noch seine eigenen Regeln, eine bundesweit einheitliche Regelung wäre wünschenswert. Zudem wäre auch eine Kennzeichnungspflicht, ähnlich eines Nummernschildes (was auch digital möglich wäre) wünschenswert. Dann würden sich viele sicher auch mehr Gedanken machen, bevor sie gegen Gesetze verstoßen.

Wie könnte eine stärkere Regulierung oder gar Verschärfung der Rechtslage auch hinderlich für die technische und wirtschaftliche Entwicklung in Europa sein?

Also die Unternehmen, die entsprechende Arbeiten mit Drohnen professionell betreiben, haben meiner Meinung nach keine großen Probleme mit einer Verschärfung.

Wie sieht ihr die Entwicklung des Marktes? Werden dank sinkender Preise und immer neuer Modelle bald Drohnen und vergleichbare Flugkörper zu einem Massengeschäft? Hat bald jeder zweite eine Drohne als Hobby?

Die Flugkörper sind bereits heute ein Massengeschäft und werden es natürlich immer mehr. In Deutschland werden täglich mehrere tausend Flugmodelle verkauft, der Markt wächst stetig und die Modelle verbessern sich in ihrer Technik rasant. Es ist eher interessant, wie die Modelle wohl in ein paar Jahren aussehen werden und vor allem, was sie auch dann alles können.

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